Erstmals über 800 Sommersonnenstunden

Welche Witterung könnte uns im Herbst und Winter erwarten?

Stefan Kämpfe

Mit höchstens 19,4°C im Deutschland-Mittel verfehlte der 2022er Sommer den Rekord des Sommers 2003 (19,7°C). Dafür knackte er aber erstmals die magische Grenze von 800 Sonnenstunden. Die Super-Sommer 2015, 2018, 2019, 2020 und 2022 bescherten uns die möglicherweise längste Serie extrem heißer Sommer seit dem Mittelalter. Aber die Grenze der möglichen sommerlichen Erwärmung für Deutschland, welches auf der gleichen geografischen Breite wie Südkanada und Südsibirien liegt, scheint nun erreicht; zumal der absolute Temperatur-Rekord von 2003 bei einer um etwa 40 ppm weitaus geringeren CO2-Konzentration als momentan, aufgestellt wurde. Müssen wir uns angesichts der von links-grünen Ideologen verschuldeten Energiekrise auf einen kalten Herbst und Winter einstellen?

Langfristig: Kräftige Sommer-Erwärmung, aber erst seit 1982

Heuer sind unsere Sommer deutlich wärmer, als noch vor 40 bis 50 Jahren. Doch schaut man sich die bis 1881 zurückreichende Reihe genauer an, so stellt man fest, dass der weitaus größte Teil der Erwärmung erst in den 1980er Jahren einsetzte.

Abbildung 1: Entwicklung der deutschen Sommertemperaturen 1881 bis 2022. Zwischen 1948 und 1981 gab es – trotz der damals schon merklich steigenden CO2-Konzentration, sogar eine minimale Abkühlung. Hinweis: Diese Grafik zeigt keine Klimasensitivität des CO2, sie verdeutlicht jedoch, dass die Temperaturentwicklung über volle 100 Jahre nicht zur steigenden CO2-Konzentration passte.

Etwa vier Fünftel der sommerlichen Erwärmung fanden in nur 41 Jahren statt – diese sprunghafte Erwärmung lässt sich mit der Wirkung der „Treibhausgase“ nicht gut erklären – zumal sich Frühling und Herbst im selben Zeitraum deutlich weniger stark erwärmten.

Sommer-Erwärmung am Limit – trotz eines neuen Sonnenschein-Rekords

Schauen wir uns die Entwicklung der Sommertemperaturen seit 1982 einmal genauer an. Der rekordwarme Sommer 2003 liegt nun schon zwei Jahrzehnte zurück.

Abbildung 2: Die seit 1982 eingetretene sommerliche Erwärmung scheint auf den ersten Blick ungebrochen – doch Trends darf man niemals in die Zukunft extrapolieren!

Der wichtigste sommerliche Temperaturtreiber, die Sonnenscheindauer, nahm im selben Betrachtungszeitraum enorm stark um fast 100 Sonnenstunden zu.

Abbildung 3: Wenn schon kein neuer Temperatur-, so doch ein neuer Sonnenscheinrekord für den Sommer 2022, die magische Grenze von 800 Sonnenstunden wurde erstmals überschritten. Die enorme Besonnungszunahme ist auf die strengen Luftreinhaltemaßnahmen, die zunehmende Austrocknung Deutschlands infolge wachsender Versiegelung, Bebauung und Melioration, vor allem aber auf geänderte Zirkulationsverhältnisse (Großwetterlagen) zurückzuführen; zu Letzterem findet sich eine plausible Erklärung unter anderem hier. Berechnet man den linearen Korrelationskoeffizienten zwischen Sonnenscheindauer und Lufttemperaturen, so liegt dieser im Zeitraum 1982 bis 2022 für das DWD-Mittel über 0,8, was signifikant ist und einem Bestimmtheitsmaß von mehr als 0,6 entspricht – zwei Drittel der sommerlichen Temperaturvariabilität werden also von der Sonnenscheindauer bestimmt!

Der sonnigste Sommer 2022 war also nicht der wärmste – ein wichtiger Hinweis auf die erreichte Grenze der möglichen Erwärmung. Zumal viele wolkenarme Sommernächte, besonders im Juni/Juli 2022, sehr kühl verliefen; stellvertretend sei hier der Temperaturverlauf (Minima und Maxima) an der wärmeinselarmen Station Dachwig (Thür. Becken) für den Juli gezeigt.

Abbildung 4: Tägliche Temperaturmaxima und –Minima in 2 Metern Messhöhe an der WI-armen Station Dachwig nordwestlich von Erfurt im Juli 2022. In den oft wolkenlosen Sommernächten fielen diese nicht selten auf Werte um oder unter 10°C, während an den sonnigen Tagen oft Spitzenwerte um oder weit über 30°C erreicht wurden.

Wenn man also die wesentlichen Erwärmungsursachen der sommerlichen Temperaturen kennt, wird klar, warum es nun nicht mehr wesentlich wärmer werden kann. Die aktuelle AMO-Warmphase hat ihren Höhepunkt vermutlich schon überschritten und wird bald in eine Kaltphase wechseln. Ein Sommer hat auch nur 92 Tage, an denen im Bestfall stets erwärmende Großwetterlagen auftreten können, und die astronomisch mögliche Sonnenscheindauer beträgt maximal etwa 1500 Stunden – aber da dürfte es im gesamten Sommer keine einzige Wolke und niemals Frühdunst geben, was in Deutschland nie annähernd eintreten wird; mehr als allerhöchstens 900 Sonnenstunden sind praktisch unmöglich. Blieben die weiter wachsenden Wärmeinsel-Effekte, welche sicherlich noch etwas zur Sommer-Erwärmung beitragen können – insgesamt scheint die Erwärmung aber nun ausgereizt zu sein. Ähnlich wie 2003, war auch diesmal, abweichend von der Regel, nicht der Juli, sondern der August der wärmste Sommermonat; ob wenigstens er nicht nur bei der Besonnung, sondern auch bei der Monatsmitteltemperatur, die alten Rekorde von 2003 brechen konnte, stand zum Redaktionsschluss dieses Beitrages noch nicht fest. Dafür ist klar: Trotz des ganzen medialen Getöses um die angeblich immer schlimmeren Dürren und Waldbrände schaffte es der 2022er Sommer mit mindestens 150 mm Niederschlag im DWD-Flächenmittel nicht unter die fünf trockensten seit 1881 – denn 1904, 1911, 1976, 1983 und 2018 regnete es im Sommer noch weniger.

Abbildung 5: Nur leichte, aber nicht signifikante Niederschlagsabnahme im Sommer seit 1881. Einige besonders trockene und nasse Sommer sind gekennzeichnet; der sehr trockene 2022er Sommer schaffte es nicht unter die fünf niederschlagsärmsten.

Relativ viel arktisches Meereis und bislang fehlende Hurrikane

In diesem Sommer verlief die Eisschmelze in der Arktis auffallend langsam; obwohl uns doch die Katastrophisten die baldige Todesspirale des arktischen Meereises angedroht hatten.

Abbildung 6: Entwicklung der von Eis bedeckten Meeresoberfläche (Arktis) von Mai bis zum 27. August 2022 in Millionen km². Die blaue Linie für 2022 verlief seit dem Juni beständig über der grün gestrichelten für 2012, dem Jahr mit der bislang geringsten Eisbedeckung. Bildquelle: NSIDC

Erstaunliches ist auch von den Hurrikanen (Tropische Wirbelstürme im Nordatlantik) zu vermelden: Bis zum 27. August hat es nur drei Tropenstürme gegeben, von denen keiner Hurrikan-Stärke erreichte. Dabei ist in der Hurrikan-Saison, welche (offiziell) am 1. Juni beginnt und am 30. November endet, der August neben dem September einer der Hurrikan-trächtigsten Monate. Dazu folgende Anmerkung: „Following those three storms, the basin was inactive into late-August due to a combination of high wind shear and drier air, plus the presence of the Saharan Air Layer over the tropical Atlantic.” Quelle. Große Windscherung, trockene Luft und der Sahara-Staub verhinderten also (bislang) die Hurrikan-Entstehung, obwohl doch die angebliche Erwärmung zu immer mehr und immer stärkeren Hurrikanen führen soll. Im Langjährigen Mittel sind etwa 5 bis 7 Hurrikane zu erwarten; mal schauen, was der September noch bringt. Deren Beobachtung ist auch für Mitteleuropa wichtig, weil sie oft in unser herbstliches Wettergeschehen eingreifen und als dann außertropische Tiefs eine drastische Wetterumstellung einleiten. Bleiben sie weiterhin aus, so könnte der sommerliche, beständige Witterungscharakter noch eine ganze Weile erhalten bleiben.

Äußerst mangelhafte Windenergie-Ausbeute im Sommer 2022

Erstmals seit dem Sommer 2017 wurde zwar in diesem Sommer 2022 eine unterdurchschnittliche Tageszahl mit den meist besonders windarmen Unbestimmten XX-Wetterlagen registriert – trotzdem verlief er äußerst windschwach. Schon seit Mitte April fehlten längere, wenigstens über 5 bis 7 Tagen anhaltende Phasen mit lebhaftem Wind, so dass mit den Sommermonaten eine nun schon viereinhalbmonatige Schwachwind-Periode zu verzeichnen ist, die im August kulminierte. So musste im Juli 2022 noch mehr Erdgas verstromt werden, als im ohnehin schon windschwachen Juli 2021. Der Blick auf die Wetterkarten zeigt: Auch Bestimmte (mit eindeutiger Anströmrichtung) Wetterlagen verlaufen zunehmend sehr flau; stellvertretend sei hier die Lage vom 2. Juli 2022 gezeigt, als eine riesige Hochdruckbrücke von den Azoren über Mitteleuropa nach Nordwestrussland verlief (Wetterlage SWAAT nach der Objektiven Klassifikation des DWD).

Abbildung 7: Kaum Wind durch eine ausgedehnte Hochdruckbrücke über weiten Teilen Europas am 2. Juli 2022. Über Deutschland herrschte in höheren Luftschichten eine südwestliche Anströmung; diese Strömung war in allen Höhen antizyklonal und die Luft trocken (SWAAT). Bildquelle: wetterzentrale.de

Zwar konnten in diesem Rekord-Sonnen-Sommer die Verfechter der „Erneuerbaren“ Energien besonders viel Solarenergie bejubeln, doch die mit Abstand wichtigste erneuerbare Quelle, die Windenergie, spielte fast durchgängig nur eine Nebenrolle; nicht selten fehlte sie fast völlig, besonders im August. Und dann deuten sich wegen einer sehr schlechten Maisernte 2022 (Dürre!) auch noch mögliche Engpässe beim Biogas an. Man mag sich nicht ausmalen, was bei Flaute passieren wird, wenn die extrem fleißige Sonne ab spätestens Mitte Oktober nicht mehr ausreichend scheint.

Abbildungen 8a bis 8c: Deutsche Stromproduktion nach Energieträgern im Juni (8a, oben), im Juli (8b, Mitte) und im August 2022 (8c, unten, bis 27. Aug.).

Zu diesen Abbildungen: Von den benötigten 50.000 bis 70.000 MW (Last, schwarze Linie) konnten die über 30.000 Windräder oft nur lächerliche 300 bis 15.000 MW beisteuern; meist deutlich unter 10.000 MW (hell blau-grünliche Fläche, dazu noch die ganz schmale graue Fläche darunter für Off-Shore-Wind); nur an wenigen Tagen 20.000 bis 30.000 MW. Im August fehlte der Wind fast völlig. Die extrem fleißige Sommersonne stand nur für die Tageszeit zur Verfügung; nicht aber in den Nächten (keine Grundlastfähigkeit). Summa summarum leisteten Braun- und Steinkohle, Kernenergie und das politisch momentan sehr unbeliebte Erdgas stets 30 bis 80% der Stromproduktion! Biomasse (grün) und Wasserkraft (dunkelblau) sind praktisch nicht mehr ausbaufähig. Ab Januar 2023 fällt dann auch noch die Kernkraft (rot) weg. Deutschland, einst ein zuverlässiger Stromexporteur, wird zunehmend von Stromimporten abhängig (weiße Flächen unter der schwarzen Lastlinie) und muss seine Überschüsse (gelbe Spitzen über der Lastlinie) meist billig verschleudern. Zur Beachtung: Es handelt sich nur um die Stromproduktion; bei der Primärenergie (Heizen, Verkehr, Industrie) schnitten die „Erneuerbaren“ noch viel, viel schlechter ab. Bildquellen energy-charts.info, ergänzt.

Ausgerechnet die bei den Klimaschützern so verhasste Braunkohle muss nun große Teile der Stromerzeugung sichern – Energiepolitik in den Farben der DDR; Erich Honecker wäre hellauf begeistert und die „karbonfreie“ Energiewirtschaft wurde auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben… .

Heißer Sommer 2022 – kalter Winter 2022/23?

Die landläufige Meinung, die Natur sei stets auf Ausgleich bedacht und lasse deshalb einem heißen Sommer einen kalten Winter folgen, erweist sich aus statistischer Sicht als unhaltbar – angesichts der Energiekrise zum Glück für uns alle. Tendenziell zeigt sich eher das Gegenteil – warmen Sommern folgen eher milde Winter.

Abbildung 9: Tendenziell eher milde Winter nach warmen Sommern (positiver Zusammenhang); freilich ohne Signifikanz. Einige besonders markante Paare sind gekennzeichnet.

Während in dieser Abbildung alle Sommer-Folgewinterpaare seit 1881 dargestellt wurden und wegen fehlender Signifikanz für Prognosen unbrauchbar sind, verdeutlicht sich der Zusammenhang, wenn man nur die fünfundzwanzig wärmsten Sommer und deren Folge-Winter betrachtet (siehe Anhang). Bei diesen 25 Paaren zeigt sich Folgendes: Den neun wärmsten Sommern (unter die sich auch 2022 locker weit oben einordnen wird) folgten nur Winter mit über 0°C im Deutschland-Mittel; der „kälteste“ war noch 1983/84 mit 0,5°C. Unter allen 25 Paaren gab es nur ganze 4 mit unter 0°C; aber 3 davon waren nur knapp unter 0°C kalt; einziger Strengwinter war der von 1995/96 mit minus 2,3°C, doch ging diesem ein sehr kühler Juni voraus; nur Juli und August waren 1995 sehr warm. Statistik ist nicht alles und sollte NIE alleine für Witterungsprognosen verwendet werden – aus rein statistischer Sicht ist ein Strengwinter 2022/23 aber wenig wahrscheinlich, freilich noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Winterfans müssen also jetzt noch nicht alle Hoffnungen auf Schnee und Kälte begraben, weil sich erst anhand der Herbstwitterung endgültig zeigen wird, wie der Winter ausfallen könnte.

Herbstwitterung 2022 – nichts Genaues weiß man nicht

Prognosen für Übergangsjahreszeiten sind noch viel schwieriger, als für die Hauptjahreszeiten, und sollten deshalb besser unterbleiben. Für den Herbst und speziell für den September hat aber der Witterungscharakter um den Monatswechsel August/September („Ägidientagsregel“) eine gewisse Bedeutung, welcher diesmal mäßig warm und nur leicht unbeständig verlaufen wird. Danach könnte sich der Sommer aber nochmals zurückmelden – vielleicht aber durch örtliche Schauer oder Gewitter getrübt. Momentan sehen alle Vorhersageinstitute und Langfristmodelle (DWD, Metoffice, IRI, NASA, CFSv2, Meteoschweiz und andere) einen mehr oder weniger zu warmen Herbst vorher, was aber einzelne Kaltphasen nicht gänzlich ausschließt. Und die Verlässlichkeit dieser Prognosen bleibt trotz aller Forschung gering. Sollte der September merklich zu warm ausfallen, so würde das die Wahrscheinlichkeit für einen Mildwinter 2022/23 aber weiter erhöhen.

Anhang: Die 25 wärmsten Sommer seit 1881 und ihre Folge-Winter (DWD-Daten, Deutsches Flächenmittel)

Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 

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