Paul Holland, ein Klimamodellierer des British Antarctic Survey, hat die letzten zehn Jahre damit verbracht, das Meereis der Antarktis und das Südpolarmeer zu untersuchen. In letzter Zeit hat er die Jahreszeiten der Antarktis unter die Lupe genommen und untersucht, wie schnell das Eis kommt und geht. Holland glaubt, dass diese Jahreszeiten ein Schlüssel zu einem Rätsel sein könnten: Falls die Temperaturen auf der Erde steigen und das Meereis in der Arktis schnell schrumpft, warum nimmt dann das Meereis in der Antarktis langsam zu?
Gegensätzliches an den Polen
Meereis ist einfach gefrorenes Meerwasser. Obwohl es nur in der Arktis und der Antarktis vorkommt, beeinflusst es das Klima der Erde iumr n großem Maße. Seine helle Oberfläche reflektiert das Sonnenlicht zurück ins All. Eisige Gebiete absorbieren weniger Sonnenenergie und bleiben relativ kühl. Wenn die Temperaturen mit der Zeit steigen und mehr Meereis schmilzt, reflektieren weniger helle Oberflächen das Sonnenlicht zurück ins All. Das Eis und das freiliegende Meerwasser absorbieren mehr Sonnenenergie und dies führt zu mehr Schmelzen und mehr Erwärmung.
Wissenschaftler haben diese Rückkopplungsschleife von Erwärmung und Schmelzen in der Arktis beobachtet. Für sie ist das arktische Meereis ein zuverlässiger Indikator für ein sich veränderndes globales Klima. Am meisten Aufmerksamkeit schenken sie im September, wenn das arktische Meereis auf seine geringste Ausdehnung pro Jahr schrumpft. Diese minimale Ausdehnung, die seit 1979 von Satelliten gemessen wird, hat bis zu 13,7 Prozent pro Jahrzehnt abgenommen. Das antarktische Meereis hingegen wurde bisher nicht als Indikator für den Klimawandel angesehen. Während das arktische Meereis meist mitten im landumschlossenen Ozean liegt – und damit empfindlicher auf Sonnenlicht und sich erwärmende Luft reagiert – umgibt das antarktische Meereis das Land und ist ständig starkem Wind und Wellengang ausgesetzt.
Laut Klimamodellen sollten steigende globale Temperaturen das Meereis in beiden Regionen schrumpfen lassen. Doch Beobachtungen zeigen, dass die Eisausdehnung in der Arktis schneller geschrumpft ist als von den Modellen vorhergesagt, und in der Antarktis hat sie leicht zugenommen. Die Forscher schauen sich die Antarktis viel genauer an und fragen: „Moment mal, was geht da unten vor?“ Holland ist einer von denen, die fasziniert sind.
„Der Fall Antarktis ist genauso interessant wie der Fall Arktis“, sagte Holland. „Man kann das eine nicht verstehen, ohne das andere zu verstehen.“
Der Umgang mit den Modellen
Für Holland stellt die Diskrepanz Teile der Klimamodelle in Frage. Modellierungsgruppen aus der ganzen Welt arbeiten am Coupled Model Intercomparison Project Phase 5 (CMIP5) zusammen, welches [vermeintlich] das Klima der Erde simuliert und vorhersagt, wie es sich in naher Zukunft verändern wird. Weltpolitiker und Entscheidungsträger verlassen sich darauf, um zu entscheiden, wie stark die Länder den Kohlenstoffausstoß begrenzen sollten, von dem bekannt ist, dass er einige Aspekte des Klimawandels verursacht.
„Fast alle CMIP5-Modelle simulieren eine Abnahme des antarktischen Meereises“, sagte Holland. „Es gibt ein Problem in dem Teil, der die letzten 30 Jahre der Meereis-Variabilität reproduziert.“ Holland war auf der Suche nach Daten, um seine eigene Modellierung der Trends im antarktischen Eis zu verbessern und zu verifizieren, als er bemerkte, dass andere Forscher feststellten, dass die Trends in den verschiedenen Jahreszeiten unterschiedlich stark ausfallen.
Die meisten Studien über Trends im antarktischen Meereis konzentrieren sich auf Veränderungen der Eisausdehnung. Für Holland war es wichtiger, zu untersuchen, wie schnell das Eis von Saison zu Saison wächst oder schrumpft. „Änderungen der Klimaerwärmung wirken sich direkt auf die Geschwindigkeit des Eiswachstums aus“, sagte er, „nicht auf die Menge des Eises.“ Eine Abkühlung von Jahr zu Jahr im Herbst kann zum Beispiel ein schnelleres Eiswachstum im Herbst verursachen, aber nicht unbedingt eine Zunahme der Eismenge im Herbst.
Frühjahrs-ÜberraschungHolland verwendete Daten des National Snow and Ice Data Center Distributed Active Archive Center (NSIDC DAAC) der NASA, um die Wachstumsrate der Eiskonzentration für jeden einzelnen Tag zu berechnen, die er als Intensivierung bezeichnete, und die Wachstumsrate der gesamten Eisfläche, die er als Expansion bezeichnete. „Ich habe das für alle dreißig Jahre an Daten gemacht und die Trends aufgezeichnet“, sagte er. Hollands Diagramme zeigten, dass die verschiedenen Regionen im Südlichen Ozean zum Gesamtanstieg beitrugen, aber sie hatten sehr unterschiedliche Trends im Meereiswachstum. Das deutet darauf hin, dass die Geografie und unterschiedliche Windmuster eine Rolle spielen. Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, untersuchte Holland daher die saisonalen Windtrends für die verschiedenen Regionen.
Holland fand heraus, dass die Winde das Meereis in einigen Regionen ausbreiten und in anderen komprimieren oder intakt halten, und dass diese Effekte im Frühjahr begannen. Dies widersprach einer früheren Studie, in der Holland und Ron Kwok vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA anhand von Daten zur Eisdrift feststellten, dass zunehmende Nordwinde im Herbst die Schwankungen verursachten.
„Ich dachte immer – und soweit ich weiß, dachten das auch alle anderen – dass die größten Veränderungen im Herbst stattfinden müssen“, sagte Holland. „Aber interessant für mich ist jetzt, dass wir uns den Frühling ansehen müssen. Der Trend ist im Herbst größer, aber es scheint, dass er im Frühling entsteht.“
„Paul hat zwei weitere Meereis-Maßzahlen erstellt, mit denen wir beurteilen können, wie das antarktische Meereis reagiert“, sagte die Forscherin Sharon Stammerjohn und bezog sich dabei auf die Maße der Intensivierung und Ausdehnung. Die neuen Maßzahlen helfen dabei zu beurteilen, wie das System reagiert, im Gegensatz zur einfachen Überwachung des Zustands des Systems. „Sagen wir, Ihre Temperatur liegt bei 37,3°C“, sagte Stammerjohn. „Sie haben keinen Einblick in diese Temperatur, es sei denn, Sie messen sie eine Stunde später erneut und sehen, dass sie sich auf 38,3°C verändert hat. Dann können Sie sagen, okay, mein System reagiert auf etwas.“
Partielle Erklärungen
Holland untersucht weiterhin den antarktischen Frühling, um besser zu verstehen, warum sich das antarktische Meereis verändert. Während Hollands Arbeit den Forschern hilft, das Problem im Detail zu sehen, entwickeln Wissenschaftler weiterhin Ideen darüber, warum sich das Eis ausdehnt.
Eine Studie legt paradoxerweise nahe, dass die Erwärmung der Ozeane und das verstärkte Abschmelzen des antarktischen Eisschildes die kleine, aber statistisch signifikante Meereisausdehnung in der Region verursacht. Eine andere Studie deutet darauf hin, dass Regen, der durch ein wärmeres Klima verursacht wird, einen Zustrom von Süßwasser in den Südlichen Ozean verursacht hat, wodurch dieser weniger dicht wird und die ozeanische Wärme daran gehindert wird, das Meereis in der Antarktis zu erreichen. Bis heute gibt es keinen Konsens über den Grund für die Ausdehnung.
„Es wurden teilweise Erklärungen angeboten, aber wir haben kein vollständiges Bild“, sagte Ted Scambos, ein Wissenschaftler am NSIDC DAAC. „Dies könnte einfach ein Fall von ‚wir wissen es noch nicht‘ sein.“
References
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Scambos, T. A., R. Ross, T. Haran, R. Bauer, and D.G. Ainley. 2013. A camera and multisensor automated station design for polar physical and biological systems monitoring: AMIGOS. Journal of Glaciology 59(214): 303–314, doi:10.3189/2013JoG12J170.
Stammerjohn, S., R. Massom, D. Rind, and D. Martinson. 2012. Regions of rapid sea ice change: An interhemispheric seasonal comparison. Geophysical Research Letters 39, L06501, doi:10.1029/2012GL050874.
Weitere Informationen
NASA National Snow and Ice Data Center Distributed Active Archive Center (NSIDC DAAC)
Link: https://wattsupwiththat.com/2021/02/01/unexpected-ice/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
„Weltpolitiker und Entscheidungsträger verlassen sich darauf (auf die Klimamodelle), um zu entscheiden, wie stark die Länder den Kohlenstoffausstoß begrenzen sollten, von dem bekannt ist, dass er einige Aspekte des Klimawandels verursacht.“ Man frägt sich immer wieder, wie kann man sich nur auf Klimamodelle verlassen: Die Modelle stimmen nicht, wie, neben vielen anderen Abweichungen von der Realität, auch die Antarktis zeigt – letztere will, entgegen der heiligen CO2-Klima-Katastrophen-Lehre, einfach nicht kälter werden, obwohl es dort nicht weniger CO2 gibt als anderswo. Ähnliches bei der Periodizität der Meereisausdehnung in der Arktis, auf die unten bereits G. Wedekind hinweist: Während der vergleichbar warmen Temperaturen in den 1930er-Jahren war das arktische Meereis genauso weit zurück gegangen wie heute – bei damals noch wenig anthropogenem CO2. Kommt aber in den Klimamodellen nicht vor. Aber unsere Entscheidungsträger sind, wie man immer wieder sieht, ganz wild auf CO2-Klimakatastrophe. Das gibt eine Ahnung für die Zukunft: Egal, was das Wetter und Klima macht, es wird dem schändlichen Treiben des Menschen und seinen „Giftgas“-Emissionen zugeschrieben werden. Und weil die Straße, die Medien und Politiker sich so bereitwillig Klima-verdummen lassen, stehen den Grünen herrliche Zeiten bevor – auch wenn es dem grün-verdummten Westen die Zukunft kostet. Die Hauptsache, unsere Politiker und die Grünen spielen bis in alle Ewigkeit Klima-Dauer-Weltuntergang.
Wenn sich die Wirklichkeit über relevant lange Perioden anders verhält als ein Modell, dann gibt es nur eine Erkenntnis, nämlich: das Modell ist falsch! Das selbe gilt für Berechnungen: wenn eine Berechnung ergibt, -18°C wäre die errechnete Mitteltemperatur und die Wirklichkeit zeigt ca. +15°C, dann ist diese Rechnungsart zur Lösung des Problems falsch. Beides scheint in die Köpfe der Alarmklimatologie nicht hineinzupassen. Und zur Eisschmelze in der Arktis: mir erscheint das Schmelzverhalten weniger eines zu sein, das von der Lufttemperatur getrieben wird, sondern eher eines, das durch die Ausläufer des Golfstromes bestimmt wird. Das schwimmende Eis schmilzt, weil wärmeres Wasser von Süden nachkommt. Das spricht eher für eine Verstärkung des Golfstromes als für eine Abschwächung, wie Rahmstorf behauptet und dafür eine Auszeichnung in Millionenhöhe einstreift.
Zwei Fragen:Erstens:“Seine helle Oberfläche (des Eises) reflektiert das Sonnenlicht zurück ins All. Eisige Gebiete absorbieren weniger Sonnenenergie und bleiben relativ kühl. Wenn die Temperaturen mit der Zeit steigen und mehr Meereis schmilzt, reflektieren weniger helle Oberflächen das Sonnenlicht zurück ins All. Das Eis und das freiliegende Meerwasser absorbieren mehr Sonnenenergie und dies führt zu mehr Schmelzen und mehr Erwärmung.“Stimmt das so wirklich?? In den Polarregionen steht die Sonne immer relativ flach über dem Horizont. Unter dieser Bedingung spielt die Reflexion des Lichtes an der Oberfläche eine große Rolle. Rauhes Eis reflektiert das Licht praktisch nicht, im Gegensatz zum Wasser, dessen Oberfläche wie ein Spiegel wirkt. Man braucht nur bei tiefstehender Sonne an einem See zu stehen und in Richtung Sonne zu schauen. Eine Eisscholle sieht dann viel dunkler aus als das lichtreflektierende Wasser: Nimmt also unter diesen Bedingungen nicht das Eis mehr Wärme auf als eine Wasseroberfläche? Wie ist die Energiebilanz wirklich?Zweitens:“Diese minimale Ausdehnung, die seit 1979 von Satelliten gemessen wird, hat bis zu 13,7 Prozent pro Jahrzehnt abgenommen.“Das Datum ist falsch. Es gab bereits vor 1979 Satellitenmessungen zur arktischen Eisausdehnung, und zwar seit etwa 1973, siehe z.B. Daten der NOAA oder Hupfer,P., Kuttler, W. „Witterung und Klima“. Diese Daten zeigen, daß die Ausdehnung im 1976 ein Maximum erreicht hatte, brav den Temperaturverläufen in der Arktis folgend.Auch gibt es rekonstruierte Daten ab 1900, und die zeigen, daß um 1930 herum das Sommereis genauso weit zurückgegangen war wie heute, ebenfalls den Temperaturverläufen in der Arktis folgend.Mal wieder ein Alarmismus, bei dem Daten abgeschnitten wurden?MfGG.Wedekind