Der Nachfolger von Jason-3, Sentinel-6a, hat gerade die Bodenerprobung abgeschlossen und soll im November 2020 von der Vandenberg AFB [Air Force Base] aus starten. Ein bisschen Hintergrund. Diese Satelliten befinden sich notwendigerweise in einer niedrigen Erdumlaufbahn (Low Earth Orbit, LEO). Das bedeutet, dass sie einem geringen atmosphärischen Widerstand (von der Thermosphäre der Erde) ausgesetzt sind, so dass sich ihre Umlaufbahn verändert und sie nicht lange halten: durchschnittlich nur 5 Jahre im Betrieb. Jason-3 wurde Anfang 2016 gestartet. Dieser 4Q2020-Start ermöglicht eine etwa sechsmonatige Kalibrier-Überlappung, bevor Jason-3 aufgrund seines orbitalen Zerfalls außer Dienst gestellt werden muss. Es wird knapp werden, da der Start von Sentinel-6a ursprünglich für das 1. Quartal 2020 geplant war. Das folgende konzeptionelle Bild von Sentinel-6a wurde mit freundlicher Genehmigung der ESA erstellt. Die „dachähnlichen“ Projektionen sind die Solarzellen des Sentinel-6a. Die nach unten gerichteten Projektionen sind Antennen, die auf die Erde gerichtet sind. Und die seltsame hausähnliche Konfiguration erklärt, warum der thermosphärische Widerstand ein so großes Problem für die LEO-Umlaufbahn ist.
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Bei Sentinel-6 handelt es sich eigentlich um zwei identische Satelliten, (a) und (b), die beide in die gleiche LEO-Umlaufbahn wie Jason-3 in 1336 km mittlerer Höhe gebracht werden sollen. (b) wird inventarisiert und um ~2025 gestartet, um (a) für eine Gesamtlebensdauer der Mission bis etwa 2030 zu ersetzen. Beide wurden in Europa von der ESA gebaut, unter Einbeziehung einiger vom JPL [Jet Propulsion Laboratory] der NASA entwickelter Instrumente. Beide werden von der NASA gestartet.
In der großen Pressemitteilung der NASA vom gestrigen Tag über den Abschluss der operationellen Bodentests von Sentinel 6 heißt es, dass sie eine „Zentimeter-Präzision“ liefern wird: „die für 90% der Weltmeere auf den Zentimeter genau gemessen wird.“ Ist das wahr? Keine Ahnung, und es gibt noch keine Möglichkeit, dies zu sagen, denn nach vielen Stunden Forschung haben weder die ESA noch die NASA offensichtlich eine detaillierte Beschreibung der Genauigkeit und Präzision ihrer kommenden Sentinel-6-Datenprodukte vorgelegt. Aber wir wissen einige relevante Dinge…
Es stimmt, dass Sentinel-6 neue und verbesserte Instrumente enthält. Die fünf von der NASA und der ESA speziell für SLR genannten Instrumente sind:
● Poseidon-4, ein neuer Radar-Höhenmesser mit synthetischer Apparatur und höherer Auflösung,
● AMR-C, ein neues Multifrequenz-Radiometer für Luftfeuchtigkeit mit ‚Klimaqualität‘,
● GNSS-POD, ein GPS-geführter POD (positioneller Orbit-Detektor),
● LRA, ein Laser-Retroflektor-Array für POD,
● DORIS, eine „Doppler-Orbitotographie und satellitengestützte Funkpositionierung“ für POD – was immer das tatsächlich ist und zu was es angeblich gut ist.
Diese NASA/ESA-Techno-Blase erfordert sowohl eine Übersetzung als auch eine kontextbezogene Positionierung. Erinnert sich noch jemand an die drei wichtigsten Jason-3-Genauigkeits-/Präzisionsschwächen aus meinem früheren technischen Jason-3-Beiträgen: orbitaler Zerfall, feuchtigkeits-verzögerter Radar-Altimetrie und Wellenhöhe der Meeresoberfläche.
Der Radarhöhenmesser mit synthetischer Apertur ermöglicht bei höheren Impulsraten eine grobe Schätzung der Wellenhöhen, zumindest derjenigen, die über dem von der Jason-3-Signalverarbeitung angenommenen willkürlichen Mittelwert von 2 Metern liegen. Das hilft einigen.
Das Multifrequenz-Radiometer (verschiedene Frequenzen für verschiedene Höhen) liefert eine bessere Abschätzung der feuchtigkeits-verzögernden Wirkung auf den Haupthöhenmesser.
Die letzten drei Instrumente liefern zusammengenommen eine robustere Triangulation der unvermeidlichen Orbital-Änderung mit der Zeit.
Es ist also konzeptionell möglich, dass Sentinel-6 eine statistisch robuste Auflösung von 1 cm Seehöhe erreichen könnte. Aber nirgendwo, wo ich heute eine solche „Tatsache“ finden kann, wird diese „Tatsache“ durch veröffentlichte technische Spezifikationen erklärt. Es gibt einfach (noch?) nichts Spezifisches online über die Gesamtgenauigkeit und Präzision des „Datenprodukts“ Sentinel-6. Absichtlich?
Zwei abschließende Gedanken:
Erstens, die besten langzeit-kalibrierten (auf vertikale Landbewegungen) Tidenpegel-Schätzungen der SLR liegen bei etwa 2,2 mm/Jahr, ohne Beschleunigung UND Schließung. Selbst wenn also die neuen 1cm-Behauptungen des Sentinel-6 zutreffen, sind sie immer noch um einen Faktor von etwa 4x SLR mm/Jahr nicht für den Zweck geeignet. Und diese Satalt hält nur ~5 Jahre.
Zweitens, wenn Sentinel-6 wirklich so gut ist, dann sollte es (ungenau) etwa 2,2 mm SLR pro Jahr finden, was beweist, dass Jason-3 ein Fehlschlag war, wie die veröffentlichte technische Spezifikation zeigte. Persönlich denke ich, dass die Chancen für ein datengesteuertes wissenschaftliches Ergebnis nahe Null liegen, da die Überlappungsperiode der Jason-3/Sentinel-6-Kalibrierung alle notwendigen „Anpassungen“ des Sentinel-6-Datenverarbeitungs-Algorithmus ermöglicht. Wir haben solche „Adjustierungen“ bereits auf viele verschiedene Arten für die NOAA/NASA-Oberflächentemperatur-UHI-Homogenisierung gezeigt.
Link: https://wattsupwiththat.com/2020/09/07/sentinel-6-and-sea-level-rise/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
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Da ich gerade für eine Vermessungsfachzeitschrift, einen sachlichen Fachartikel über „Satellitenmessung der Meeresspiegel“ recherchiere und später nach Prüfung durch Vermessungsexperten, dort dann auch einmal veröffentlichen möchte, habe ich mich wegen Kontakt an die Presseabteilung der Herstellerfirma AIRBUS gewandt. Die haben da aber bisher trotz 3 Mails, noch gar nicht reagiert. Seit diesem Artikel hier, wundert mich das aber nicht mehr.
Dabei geht es mir zunächst nur allein darum, WAS und WIE GENAU kann überhaupt eine MESSUNG/MESS-Rohdaten per Radar erfolgen und WAS ist dann anstatt Messung, nur noch rein mathematisch „interpoliert“ und dies dann nunmal nach willkürlich setzbaren Parametern und tlw. wackeligen „Kalibrierungen“? Nicht unwesentlich ist dabei aber auch, daß für solche Satelliten, immense Forschungsmittel, also Steuergeld aufgewendet wird, für die man natürlich passende Begründungen braucht…
Was bisher wohl so nirgends beschrieben steht, ist die Tatsache, daß alle „Satellitenmessungen des Meeresspiegels“ beide Polregionen völlig auslassen! Somit also im Wesentlichen, sehr grob formuliert, nur etwa zwischen Südgrönland und Patagonien „gemessen“ wird aber das nachherige „Ergebnis“ angeblich trotzdem für den gesamten Planeten gilt, trotz Polabplattung und völlig ungleichmäßiger „Kartoffelform“ des Planeten (bis 169m Abweichungen), anstatt einer schönen Kugel mit Millimeter-Genauigkeiten.
Schuld am Auslassen der Polregionen, ist nicht nur die verfälschende Vereisung, sondern auch mathematische Riesenprobleme, durch die unregelmäßige Abplattung der Polregionen des Planeten mit „Höhen und Senken“ zu einem der diversen und nur rein mathematisch berechneten Erdmittelpunkte. Sollte Ihnen da mal irgendwer behaupten, es gäbe nur EINEN solchen Erdmittelpunkt (auf den sich ja die ganzen Meeresspiegelveränderungen beziehen müßssen und dies demnach sogar auf Millimeter), dann lassen Sie sich bitte schriftlich genau bestätigen, WER diesen Punkt demnach WANN und in welcher Wissenschaftseinrichtung, für die ganze Welt gültig, festgelegt hat? Auf diese Antwort bin ich gespannt!
Ansonsten hat man schon beim „Kalibrieren“ der Vorgängersatelliten, mit GPS-Hochseebojen 2001/2002, enorme Probleme bekommen und mußte da schon des Öfteren „manuell eingreifen“ also dies schon beim „Kalibrieren“ vor einer Messung!
Von daher kann man eigentlich nur noch den offiziellen und seit 150 Jahren akribisch geführten Hafenpegeln glauben. Diese besagen „bisher keinerlei Beschleunigung des natürlichen Meeresspiegelanstiegs seit der letzten Eiszeit“ von ca. 24 oder 25 cm JE EINHUNDERT Jahre und bei der Nordsee sogar noch langsamer!
Werner Eisenkopf
Wäre ja schrecklich, wenn die neuen Satelliten genauere Daten liefern würden und der immer schnellere Anstieg der Meeresspiegel verschwände. Der arme Herr Rahmstorf.
Alles kein Problem. Man braucht nur die historischen Daten nach unten „justieren“.
Was kann man daraus für die Satellitenmessungen des Meeresspiegelanstiegs schließen, die ja üblicherweise um einen Faktor 2 bis 3 höher liegen als die üblichen Tidenmessungen? Wem kann man nun mehr glauben?