Sicher können Sie sich an den vergangenen Sommer noch gut erinnern. Hoch Harald liegt über Mitteleuropa, kein Lüftchen weht. Am Horizont ragen die Rotoren eines Windparks reglos gleich riesiger Kreuze eines hünenhaften Friedhofs in die Höhe. Das letzte Sonnenlicht spiegelt sich in den Solarpanels auf Nachbars Dach und während dieser noch etwas an seinen Sträuchern herum schneidet und dann den neuen SUV in die Doppelgarage zirkelt, stellt seine Fotovoltaik die Stromproduktion sanft ein. In den Häusern ringsum gehen die ersten Lichter an.
Sicher haben Sie sich bei einer solchen oder ähnlichen Szenerie schon gefragt, wie viel Geld Ihr Nachbar wohl mit seinem Solardach jährlich verdient, das heißt, in welcher Höhe er die Einspeisevergütung kassiert.
Diese wurde bereits mit dem Stromeinspeisegesetz 1990 eingeführt und später im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschrieben. Die Besonderheit besteht in der technologiebezogenen zwanzigjährenden Festschreibung des Vergütungssatzes, ein Privileg, das kein anderer Investor für ein Produkt im Wirtschaftsleben für sich in Anspruch nehmen kann. Die degressive Gestaltung hat inzwischen zu einem deutlichen Abfall der Vergütung der eingespeisten elektrischen Energiemenge abhängig vom Jahr der Inbetriebnahme geführt. Für Dachanlagen kleiner 10 Kilowattpeak gibt es statt ehemals 51,8 Cent pro Kilowattstunde (2006) für 2016 nur noch 12,31 Cent pro kWh. Die eigene Dachanlage lohnt sich heute im Grunde nur noch, wenn man über Zwischenpuffer und Eigenverbrauch die eigene Stromrechnung reduzieren kann.
Für alle alternativlos zur Kasse gebetenen Stromkunden bedeutet dieser Rucksack an langfristigen Vergütungszusagen eine andauernde Belastung. Prognosen der Energiewender gehen davon aus, dass die EEG-Umlage ab 2023 wieder fallen könnte.
Sonne ohne Rechnung?
Zurück zum Nachbarn. Sein Dach hat reine Südausrichtung, die Anlage leistet nach seiner Angabe 9,2 Kilowattpeak und ging 2006 in Betrieb. Nehmen wir an, wir befinden uns am Stadtrand von Potsdam und der zuständige Verteilnetzbetreiber ist die Netzgesellschaft Potsdam. Also schauen wir mal nach:
http://www.50hertz.com/de/EEG/Veroeffentlichung-EEG-Daten/EEG-Jahresabrechnung
Wir scrollen etwas runter und werden für die Jahre 2014 und 2015 fündig. Als Netzbetreiber wählen wir die Netzgesellschaft Potsdam GmbH aus, entfernen alle Häkchen außer „Solar“, wählen das Jahr aus und als Spannungsebene „Niederspannung“ (NS). Weiterhin das Bundesland Brandenburg und das Inbetriebnahmejahr 2006 eintragen.
Unter „Details ansehen“ erhalten wir jetzt eine Zusammenfassung aller in Frage kommenden Anlagen und können eine Excel-Tabelle herunterladen, die uns weiterführt. In diesem Fall sehen wir 11 in Frage kommende Anlagen, von denen nur eine in der Größe 9,2 Kilowattpeak verzeichnet ist. Wir brauchen also nicht mehr über die Postleitzahl eingrenzen (nur die ersten drei Ziffern sind angegeben) oder mehrere in Frage kommende Anlagen vergleichen, um wenigstens die Größenordnung des Geldbetrages zu erfahren.
4.824,65 Euro für 2015 erfüllen nun nicht die Erwartungen der oben aufgemachten und mit Neidpotenzial angereicherten Szenerie. Knapp fünftausend Euro im Jahr sind zu wenig für echte Bereicherung, aber über die vergangenen zehn Jahre dürften um die 48.000 Euro geflossen sein und für die kommenden zehn Jahre ist ein ähnlicher Betrag garantiert, sonnenarme Jahre und Kapazitätsverlust durch Alterung der Anlage mal vernachlässigt. Bei Immobilienbesitzern im Berliner Speckgürtel mit 9-kWp-Fotovoltaik auf dem Dach kann man ohnehin eine ausreichende finanzielle Grundausstattung vermuten und den SUV hätte sich der Nebenmann auch ohne das Glitzerdach leisten können. Reiche werden reicher.
Wir wissen jetzt auch, dass sein Dach im Durchschnitt übers Jahr 1,06 Kilowatt liefert, was einer Arbeitsverfügbarkeit von 11,5 Prozent entspricht und vergessen in diesem Zusammenhang alle Begriffe, die das Wort „Versorgung“ betreffen – die eventuelle Nachrüstung mit einer Pufferbatterie für die vergleichmäßigende Einspeisung in den eigenen Haushalt nicht betrachtet.
Immerhin können Sie jetzt in Kenntnis seines allen Bürgern abgezapften Betrags das nächste Gespräch über den Gartenzaun anders gestalten, sollte der Nachbar Unzufriedenheit mit seiner diesbezüglichen Lebenssituation äußern.
Damit sein Zusatzeinkommen auch dann nicht abbricht, wenn die 20-jährige Förderperiode endet, lässt das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium zur Zeit untersuchen , wie man die Unterstützung verlängern und vorhandenen Reichtum weiter mehren kann. Denkbar wären feste Gebühren analog der GEZ, die natürlich Geringverbraucher deutlich benachteiligen würden, oder auch die Verbreiterung der Geldquelle, das heißt die zusätzliche Belastung der Energieträger Kohle, Öl, Benzin und Gas. Ziel ist, die Profite der Hersteller und Betreiber von Ökoenergieanlagen um jeden Preis (im wahrsten Sinne des Wortes) zu sichern.
Frank Drieschner schrieb dazu in der ZEIT: „Rund um die Erneuerbaren-Energien-Branche ist ein regelrechter politisch-ökonomischer Komplex herangewachsen . . . Alle Akteure in diesem Komplex verbindet ein Interesse: Probleme der Energiewende müssen lösbar erscheinen, damit die Wind- und die Sonnenbranche weiter subventioniert werden.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wer liefert wann?
Natürlich schickt die Sonne keine Rechnung. Das Kohleflöz unter der Erde auch nicht, beide sind Geschenke der Natur. Entscheidend sind die Wandlungskosten und der Zeitpunkt der Stromentstehung. Zur realen Solarstromkalkulation gehören zwingend Speicher- und Regelkosten dazu (bei „100-Prozent-Erneuerbar“ fallen sie auch an), während die Kohleverstromung die Speicherung in den vorgelagerten Prozessen (Flöz, Halde, Bunker) bereits beinhaltet. Verstromt wird dann zeitgerecht.
Nebel liegt über dem Land. Die stehenden Rotoren der Windkraftanlagen am Horizont sind nicht zu sehen. Neuschnee bedeckt Straßen und Dächer. Der Nachbar tritt aus dem Haus und greift zum Schneeschieber. Seinen Strom bekommt er zuverlässig vom nächstgelegenen Kraftwerk, völlig ungeachtet seines Ökostromtarifs. Er wird auch für dieses Jahr über den festgeschriebenen Vergütungssatz knappe 5.000 Euro überwiesen bekommen, unabhängig von der Höhe des den Rest an Markt abbildenden Großhandelspreises. Beruhigt stellt er nach ein paar Minuten den Schneeschieber wieder weg.
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Etwas am Rande: Gestern ist der Sendung „quer“ des BR: einem Nachbarn eines solardachhauses ist es gelungen bei Gericht durchzusetzen, daß der Solardachbesitzer seine Solardach immer dann vollständig abdecken muß, wenn der Nachbar durch die vom Solardach reflektierten Sonnstrahlen in seinem Haus geblendet wird.
Was ist wenn Dachsanierungen fällig werden? Bei mir wurde nach 27 Jahren eine Sanierung fällig. Firststeine erneuern und die Betondachsteine säubern, impregnieren und neu lackieren. Mit einer PV-Anlage auf dem Dach gar nicht zu machen bzw. sehr teuer weil Ab- und Rückmontage der PV Anlage mehr kosten als die Dachsanierung! Das hat auch kein „Klimaretter“ auf der Rechnung….
Danke für den Beitrag!
Ich halte nichts von diesen ganzen Rechnereien.
Ohne diesen, an den Haaren herbeigezogenen, Energiewende-Schwachsinn muss gerechnet werden.
Da gäbe es gar keinen Anlass für eine private Netzeinspeisung.
Würde man schlicht und einfach den Strompreis für den Endverbraucher, ohne die künstliche Verteuerung von heute, zu Grunde legen, käme keiner auf die Idee, seinen Strom selber zu erzeugen.
Wer kaufte den Solarschwindel ohne Subventionen und ohne seinen Mitmenschen auf der Tasche zu liegen, wenn doch die Preise so schön niedrig wären?
Keiner, denn einen Nutzen kann man dann überhaupt nicht erkennen.
Wer mit unbewiesenem Klamauk die Welt retten will, darf das, wenn er es auch bezahlt. Wir sind ein freies Land.
Oder?
Eine sehr interessante und aufschlussreiche Rechnung. Leider fehlt aber eine ganz wesentliche Angabe um eine abschliessende Beurteilung durchführen zu können: Was hat die Solaranlage in der Anschaffung gekostet, welche Folgekosten entstehen regelmäßig? Erst wenn Sie auch diese Zahlen auf den Tisch legen weiß der Leser ob es sich lohnt oder nicht. 5000 € pro Jahr hören sich toll an, aber nur wenn die Anlage einschließlich der Abschreibungen weniger pro Jahr kostet wirft sie einen Gewinn ab. Ich bezweifele, dass die meisten Solaranlagen im Gewinnbereich liegen. Man darf auch die heutigen niedrigen Anschaffungskosten nicht den hohen Vergütungen vor 10 Jahren gegenüber stellen. Damals waren die Anschaffungskosten deutlich höher.