Von Vernunftkraft e.V

CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Platz der Republik 1
11011 Berlin

– Offener Brief –

(nachrichtlich an Vertreter der Presse)

Berlin, im Januar 2025

Warum wir so nicht weitermachen können und was getan werden muss.

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Merz,

sehr geehrter Herr Spahn,

am 7. März 2024 stellte der Bundesrechnungshof in seinem Sonderbericht zur deutschen Energiewende fest:

„Die Versorgungssicherheit ist gefährdet, der Strom ist teuer und die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt kann die Bundesregierung nicht umfassend bewerten.“

Diese klare Feststellung, dass die deutsche Energiewende die im Energiewirtschafts-gesetz festgeschriebenen Ziele verfehlt, schlägt sich leider nicht deutlich im Programm der CDU nieder.

Angesichts der katastrophalen Bilanz ist eine komplette Neujustierung der Energiepolitik unumgänglich – je später diese erfolgt, desto schmerzhafter wird diese ausfallen und desto größer werden die bis dahin entstehenden Schäden sein.

Die Energiekosten sind zur existenziellen Belastung des Standorts geworden

Die jüngsten Wachstumsprojektionen von IWF und OECD verweisen Deutschland auf einen letzten Platz unter allen großen Industrienationen. Dies zeigt, dass unsere Probleme hausgemacht sind – neben Überbürokratisierung werden auch stets die hohen Strompreise in Deutschland genannt. Diese sind seit Einführung des EEG im Jahre 2000 überproportional gewachsen (+198% im Vergleich zu +58% Steigerung der allg. Teuerung), wir halten die Spitzenposition bei den Haushaltsstrompreisen der EU, unsere Industriestrompreise sind gegenüber internationalen Konkurrenten wie den USA und China nicht mehr konkurrenzfähig und die Produktion der energieintensiven Industrie ging um über 20% zurück.

Studien zeigen, dass die deutschen Strompreise weiter steigen werden, insbesondere durch die drastisch steigenden Netzentgelte, die unmittelbar auf den weiteren Ausbau der sogenannten erneuerbaren Stromerzeuger zurückzuführen sind.

Die Subventionen für die Energiewende sind außer Kontrolle geraten

In diesem Jahr steigen die Subventionen für die EE-Erzeuger auf 20 Mrd. €, eine aktuelle Projektion des energiewirtschaftlichen Instituts der Uni Köln (EWI) sieht diese bis 2030 auf 23 Mrd. € steigen. Insgesamt sind für die sog. Energiewende bisher ca. 500 Mrd. € an Förderungen geflossen, eine aktuelle Studie des Fraunhofer IES sieht den weiteren Finanzbedarf bis 2045 bei 8,6 Billionen €. Pläne wie die zusätzliche Subventionierung der Netzentgelte ohne eine nachvollziehbare Perspektive auf sinkende Strompreise verschärfen nur das Problem – zulasten kommender Generationen.

Die Versorgungssicherheit ist nicht mehr gewährleistet

Der Vorstandsvorsitzende der RWE, Markus Krebber, hat angesichts der Dunkelflaute Anfang November eindringlich davor gewarnt, dass in Zukunft Situationen eintreten können, in denen wir die Spitzenlast nicht mehr abdecken können. Dann drohen in Deutschland großflächige Stromabschaltungen. In den Sommermonaten hingegen drohen Netzabschaltungen ganzer Wohngebiete, weil Überschussstrom aus nicht-regelbaren PV-Anlagen die lokalen Netze überlastet. Die letzte Bundesregierung hielt dennoch strikt an der Abschaltung grundlastfähiger Kraftwerke sowie dem Zubau der diese Zustände verursachenden erneuerbaren Stromerzeuger fest – damit wird die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Ereignisse zunehmen. Die Solidarität unserer europäischen Nachbarn mit dieser destruktiven Energiepolitik wird zunehmend fragiler.

Die Klimapolitik bedroht den sozialen Frieden

Neben den hohen Systemkosten einer auf Wind und Solar basierenden Erzeugung sind vor allem die in den letzten sechs Jahren stark gestiegenen CO2-Zertifikatskosten für zunehmende Stromkosten und Industrieabwanderung verantwortlich. Diese Entwicklung wird 2025 durch die drastische Erhöhung der CO2-Steuer auf Treibstoffe und Erdgas immer weiter in den privaten Bereich ausgedehnt. Im Verbund mit klein-teiligen Eingriffen in die Wirtschaft wie dem Gebäudeenergiegesetz oder dem Verbrennerverbot gefährdet dies zunehmend den sozialen Frieden. Dabei steht diesen drastischen Folgen kein Vorteil bei der Entwicklung der globalen CO2-Emissionen gegenüber: Der deutsche Anteil von 1,6% an diesen entspricht mengenmäßig der jährlichen Erhöhung der CO2-Emissionen Chinas. Durch die zunehmende Erhöhung der CO2-Kosten findet global betrachtet keine Reduktion, sondern lediglich eine Verlagerung der Nutzung fossiler Brennstoffe aus Deutschland heraus statt, wobei davon auszu-gehen ist, dass die verlagerte Produktion regelmäßig unter geringeren technologischen bzw. ökologischen Standards erfolgt.

Natur-, Arten- und Landschaftsschutz werden systematisch in die Bedeutungslosigkeit verbannt.

Da Wind und Solar Stromerzeugungsformen mit geringer Energiedichte sind, erfordern sie einen hohen Flächenbedarf, der in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland bei den hier verfolgten Ausbauzielen notwendigerweise mit dem Natur- und Artenschutz kollidiert. Dieser Konflikt wurde von der jetzigen Bundesregierung einseitig zugunsten der Wind- und Solarindustrie entschieden, insbesondere durch §35 und §249 BauGB, §6 WindBG, §45b NatSchG sowie §2 EEG. Die Grundgedanken des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes wurden dadurch systematisch ausgehöhlt. Aufgrund der Flächen-zielvorgaben werden schützenswerte Regionen, Landschaftsschutzgebiete, Naturparks, Erholungsorte und Wälder in Industriegebiete verwandelt. Teilweise werden Amtsgemeinden mit über 10% Windfläche ausgewiesen, wobei sich einzelne Windfelder über 10 km erstrecken. Der Bau von Windindustrieanlagen in Wäldern beraubt diese ihrer ökologischen Funktion und schädigt die Biodiversität dieser wichtigen Lebensräume in nicht absehbarer Weise. Der Artenschutz wurde durch die Reduktion bzw. Aufhebung der Schutzabstände kollisionsgefährdeter Arten unterlaufen. So wurde beispielsweise für den Seeadler der Schutzabstand zum Horst von 3.000 m auf 500 m reduziert, für den Schwarzstorch wurde das Erfordernis eines Schutzabstandes sogar komplett gestrichen. Diese Erleichterungen für die Windindustrie stehen im Widerspruch zu dem von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten ausgearbeiteten „Helgoländer Papier“ – ohne dass eine belastbare Evaluation der Folgen für die heimische Avifauna existierte. §6 WindBG ermöglicht den Bau von Windkraftanlagen ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Eine einmalige Natur- und Landschaftszerstörung, die durch entsprechende Gesetze legitimiert wurde.

Die notwendige ökologische Gesamtbetrachtung fehlt

Neben den Umweltwirkungen am Ort ihrer Errichtung müsste eine ganzheitliche Betrachtung von Windkraft- und Solaranlagen auch die ökologischen Folgen des Abbaus der zu ihrer Herstellung notwendigen Rohstoffe, insbesondere die großflächige Kontaminierung und radioaktive Verseuchung von ganzen Landstrichen in China durch den Abbau der benötigten Seltenen Erden, umfassen. Eine korrekte Ökobilanz müsste zudem die Entsorgungsproblematik berücksichtigen. Nach Angaben des UBA steigt die Menge an nicht-recycelbarem Windkraftmüll in dieser Dekade auf 20.000 Tonnen pro Jahr, in den 2030er Jahren steigt diese Abfallmenge auf 50.000 Tonnen pro Jahr. Es ist zu befürchten, dass sich die Windkraftindustrie zunehmend dieser Altlasten durch den Export ausrangierter Anlagen zum Weiterbetrieb in Drittstaaten entledigen könnte, wodurch es unkontrolliert zur wilden Deponierung im Ausland kommen kann.

Mögliche gesundheitliche Folgen werden ausgeblendet

In Frankreich wurden durch das Berufungsgericht von Toulouse letztinstanzlich Windkraftanlagen als Verursacher der gesundheitlichen Beschwerden eines Ehepaares anerkannt und diesem Schadensersatz zuerkannt, dieses Urteil hat in Frankreich eine breitere Diskussion über gesundheitliche Beschwerden durch Windkraftanlagen nahe von Wohnsiedlungen ermöglicht. Dagegen werden in Deutschland durch die hohen Ausbauziele immer geringere Abstände zu Wohngebieten zugelassen, wodurch die Betroffenen mit ihren Problemen allein gelassen oder gar als Simulanten hingestellt werden. Ebenso problematisch ist die Kontamination der Böden und des Grundwassers in der Nähe von Windkraftanlagen durch den Abrieb toxischer Substanzen, insbesondere Bisphenol-A. Im Fall von Bränden von Windkraftanlagen ist die Bevölkerung üblicherweise unzureichend gegen die Exposition potenziell karzinogener CFK-Fasern geschützt. Zu allen diesen Sachverhalten ist festzustellen, dass der Ausbau von Windkraftanlagen ohne eine neutrale wissenschaftliche Begutachtung der damit verbundenen Gefahrenpotenziale erfolgt.

Was jetzt zu tun ist

Eine grundlegende Neujustierung der deutschen Energiepolitik ist unumgänglich. Wir haben diese in den nachfolgenden 11 Punkten zusammengefasst:

  1. Die Aushöhlung des Natur- und Artenschutzes, insbesondere die verpflichtenden Flächenziele durch das „Wind an Land“ Gesetz und die Windkraftprivilegierung im §35 BauGB und §2 EEG müssen rückgängig gemacht werden.
  2. Die Anpassungen im BNatSchG zu Gunsten der Windkraftanlagen müssen rückgängig gemacht und wieder in Einklang mit dem ornithologischen Kenntnisstand gebracht werden. Landschaftsschutzgebiete müssen für Windkraftanlagen wieder tabu werden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss für jede Windkraftanlage wieder zur Pflicht werden.
  3. Die EEG-Förderungen müssen sofort beendet und die dadurch seit Jahrzehnten subventionierten Erzeugungsformen in den Markt entlassen werden.
  4. Die Abschaltung grundlastfähiger Kraftwerkskapazitäten und der weitere Ausbau der volatilen Erzeugung muss eingestellt werden, bis eine neue Energiestrategie erarbeitet worden ist, die die Aspekte Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Umweltverträglichkeit in den Vordergrund stellt.
  5. Eine neutrale und ergebnisoffene Untersuchung muss klären, welche Kernkraft-werke an den Markt zurückgeholt werden können. Bis zu dieser Klärung muss der Rückbau der Kernkraftwerke eingestellt werden.
  6. Deutschland muss eine technologieoffene Politik verfolgen. Dies muss auch die Errichtung neuer Kernkraftwerke bzw. SMR sowie die CCS-Technologie ermöglichen.
  7. Die hohen Netzkosten dürfen nicht alleinig dem Verbraucher oder dem Steuerzahler auferlegt werden. Insbesondere müssen Redispatchkosten verursachungsgerecht den Betreibern von Solar- und Windkraftanlagen auferlegt werden. Diese dürfen zudem für netztechnisch notwendige Abschaltungen ihrer Anlagen nicht weiter auf Kosten des Stromkunden entschädigt werden.
  8. Im Sinne der Systemdienlichkeit muss jede EE-Anlage mit einer Nennleistung über 10 kW von den Netzbetreibern entschädigungsfrei abgeschaltet werden können.
  9. Die CO2-Preisbelastungen der deutschen Industrie und Privatverbraucher müssen auf EU-Ebene auf ein internationales Durchschnittsniveau gesenkt werden, sodass die europäische Industrie nicht dauerhaft im Nachteil zur chinesischen oder amerikanischen Konkurrenz steht. Die Einführung des ETS-2-Systems auf Treib-stoffe und Erdgas muss verschoben werden.
  10. Zum präventiven Schutz der Anwohner müssen Mindestabstände von Windkraft-anlagen zu Wohnsiedlungen von mindestens der zehnfachen Anlagenhöhe eingeführt werden.
  11. Der Einsatz von CFK, Bisphenol A und PFAS in Windkraftanlagen ist einheitlich zu untersagen, Betreiber von Bestandsanlagen müssen verpflichtet werden, diese Substanzen aus ihren Anlagen zu entfernen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Nikolai Ziegler Dr. Detlef Ahlborn

1. Vorsitzender 2. Vorsitzender

Vernunftkraft e.V.

 

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