In den Medien wird insbesondere im Sommer täglich vor Wasserknappheit gewarnt, doch kann uns das Wasser überhaupt ausgehen? Wasser wird in Millionen Jahren noch da sein. Der Mensch eher nicht.

Von Uta Böttcher.

Jeder kennt die Wetterkarten, die in glutroten Farben vor dem menschengemachten Klimawandel mahnen. In letzter Zeit tauchten in den Medien aber dazu vermehrt „Dürremonitore“ auf – die Böden koloriert in den Farben getrockneten und frischen Blutes. Deutschland ein Wassermangelland, dem schon bald die Austrocknung ganzer Regionen blüht? Die gute Nachricht: Deutschland wird niemals ein Wassermangelgebiet sein. Aber tatsächlich kann es regional zu Trinkwassermangel kommen. Die Gründe sind vielfältig. „Klima“ ist es nicht. In vier Folgen betrachten wir den Wasserhaushalt in Deutschland aus hydrogeologischer Sicht.

Wenn uns in den Medien die „Dürremonitore“ gezeigt werden, so ist damit der Oberboden, das sind die obersten 20 bis 30 Zentimeter, oder der Gesamtboden gemeint, der bis in 1,80 Meter Tiefe reicht (siehe auch 1).

Nach den etwas niederschlagsärmeren Jahren 2018, 2019 und 2020 war diese oberste Schicht relativ trocken. Derzeit jedoch meldet das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in seinem „Dürremonitor Deutschland“ (siehe auch 2), dass in den letzten 12 Monaten im Mittel mehr Niederschlag fiel als üblich. So viel, dass selbst das ZDF seit Mitte September 2023 damit aufgehört hat, die Dürre-Karte wöchentlich zu aktualisieren (siehe auch 3).

Wie ist es aktuell um unsere Grundwasserressourcen bestellt?

Eine kurzzeitige Trockenheit des Oberbodens hat ohnehin nicht viel mit dem Zustand der Grundwasserleiter zu tun. Unser Trinkwasser wird zu etwa 70 Prozent aus Grundwasser gewonnen. Grundwasser ist also unsere wichtigste Trinkwasserressource. Aus Sicht der Wasserversorgung macht ein Dürremonitor daher wenig Sinn.

Wie also ist es aktuell um unsere Grundwasserressourcen bestellt? Die mittlere Wasserbilanz der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) betrachtet die Jahre 1961 bis 1990 und belegt für Deutschland eine mittlere Grundwasserneubildung von 48,2 Mrd. Kubikmetern jährlich. Dem entgegen steht die Menge des geförderten Grund- und Quellwassers, die 6,1 Mrd. Kubikmeter im Jahr 2019 betrug. Das entspricht 12,6 Prozent der Grundwasserneubildung (siehe auch 4).

In Deutschland ist es gesetzlich vorgeschrieben, alle sechs Jahre den mengenmäßigen Grundwasserzustand zu erfassen. Das geschieht im Rahmen der Grundwasserverordnung und der Wasserrahmenrichtlinie der EU. Die letzte Kontrolle war im Jahr 2021. Es wird hierbei die Entwicklung der Grundwasserstände und Quellschüttungen kontrolliert, um sicherzustellen, dass die Grundwasserentnahme die Grundwasserneubildung nicht übersteigt (§ 4 der GrwV). Der Grundwasserspiegel darf also langfristig nicht absinken. Das Ergebnis: Von allen 1.291 im Rahmen der Grundwasserverordnung kontrollierten Grundwasserkörper verfehlen aktuell lediglich 62 (4,8 Prozent) den sogenannten guten mengenmäßigen Zustand.

In Deutschland herrscht kein Wassermangel

Was sind die Ursachen für den schlechten Zustand der 62 Kontrollstellen? Nein, es ist nicht der menschengemachte Klimawandel. Das Grundwasser des Flussgebietes Warnow/Peene ist aufgrund von Salzwasserintrusionen aus der Ostsee und den Boddengewässern sowie durch den Zufluss von Tiefenwässern in schlechtem Zustand. Diese empfindlichen hydrogeologischen Systeme bedürfen einer besonderen Bewirtschaftung des Grundwassers, um Salzwasserzuflüsse zu vermeiden. Das Problem hier lautet also: Versalzung des Grundwassers aufgrund von ungeschicktem Wassermanagement.

In den Flussgebieten Elbe, Maas, Oder und Rhein ist der schlechte Zustand vorwiegend eine Folge des Abbaus von Braunkohle. Für den Abbau wurde über viele Jahrzehnte der Grundwasserspiegel stark abgesenkt. Selbst nach Beendigung des Bergbaus wird es Jahrzehnte dauern, bis sich der natürliche Grundwasserspiegel wiedereingestellt hat. Hier besteht das Problem also in einem zu niedrigem Wasserstand in den Messpegeln, mit Absicht erzeugt zugunsten des Braunkohletagebaus (siehe auch 5, 6).

Regionen, die tatsächlich durch die klimatischen Bedingungen von Wasserknappheit betroffen sind, liegen auf beiden äquatorparallelen Gürteln entlang der Wendekreise, also auf den Kreisen geografischer Breite, an denen die Sonne zur Zeit der Sonnenwende mittags im Zenit steht. Die großen Wüsten, wie die Sahara oder die Kalahari, befinden sich dort. An diesen Orten kann es fast nicht regnen, weil der Regen vorwiegend in den tropischen Regenwäldern des äquatorialen Gürtels niedergeht (siehe auch 7, 8). Deutschland gehört dagegen zu den wasserreichen Ländern dieser Erde. Hier wird die sich erneuernde Wassermenge, das sogenannte Wasserdargebot, zu nicht einmal einem Viertel genutzt, gut vier Prozent davon als Trinkwasser. In Deutschland herrscht also KEIN Wassermangel, auch in absehbarer Zeit nicht – es sei denn, die Kontinentaldrift beschleunigt sich plötzlich um ein Vielfaches Richtung Süden.

Kann in Deutschland das Trinkwasser knapp werden?

Unser Trinkwasser muss erst produziert werden, im Gegensatz zum Grundwasser, das sich auf natürliche Weise nachbildet. Es entsteht größtenteils durch die Aufbereitung von Grundwasser in rund 6.200 deutschen Wasserversorgungsunternehmen. Die Anwendung der Trinkwasserverordnung sorgt mit ihren Grenzwerten und Kontrollverfahren für die hohe Qualität des Wassers, das zu Hause aus unseren Leitungen kommt.

Dafür ist – je nach Güte des Rohwassers – eine mehr oder weniger aufwändige Aufbereitung im Wasserwerk erforderlich. Das erzeugte Trinkwasser muss anschließend gespeichert und an die Verbrauchsstellen verteilt werden. Es braucht also dem Bedarf entsprechende Wasserspeicher, Leitungen bis zu den Hausanschlüssen und Pumpwerke, bzw. Drosselstationen, um den Wasserdruck zu regulieren. Das komplexe Versorgungsnetz aus Trinkwasserbrunnen, Transportleitungen und Behältern muss sich in seiner Leistungsfähigkeit an den Verbrauchsspitzen orientieren und gut aufeinander abgestimmt sein. Die Verteilung des Wassers verursacht bis zu 80 Prozent der Kosten der Wasserversorgung (siehe auch 9).

Wenn – wie zum Beispiel aktuell in städtischen Ballungsräumen – die Einwohnerzahl wächst, muss die gesamte Infrastruktur der Wasserversorgung mitwachsen und das ist sehr kostenintensiv. Auch in kleineren Gemeinden mit eigener Trinkwasserversorgung kann es dann zu Engpässen kommen, wenn keine ausreichend großen Speicherbecken vorhanden sind und ein Neubau eines solchen nicht finanzierbar ist. Undichte Trinkwasserleitungen können ebenfalls zu Wasserverlusten auf dem Weg zum Abnehmer führen – das bereitgehaltene Trinkwasser kommt so gar nicht erst in den Haushalten an.

Journalistische Märchenstunden

Am häufigsten kommt es zu Problemen, wenn auf einen Schlag sehr viel mehr Wasser angefordert wird, als in der Planung des Wasserversorgers vorgesehen ist. Zum Beispiel, wenn im Hochsommer wegen Corona-Maßnahmen mehr Menschen als üblich ihren Urlaub im eigenen Garten verbringen und daher alle gleichzeitig ihren Pool füllen möchten. Und es gibt in Deutschland auch Regionen, die in trockenen Jahren durch die geologischen Gegebenheiten, also die Gesteine, die den Grundwasserspeicher bilden, zu Wasserknappheit neigen. Auch das kann sich auf die Trinkwasserversorgung auswirken. Engpässe in der Trinkwasserversorgung kann es örtlich begrenzt also tatsächlich geben, wenn die Infrastruktur in der Trinkwasseraufbereitung und im Trinkwassernetz unzureichend, nicht passend, veraltet oder defekt ist, das Wassermanagement nicht angepasst ist oder die geologischen Gegebenheiten dies zulassen.

Journalistische Märchenstunden sind also Schlagzeilen wie diese: „37 Grad im Schatten – und aus dem Wasserhahn kommen nur einzelne Tropfen. Das könnte in Zukunft immer mehr Regionen in Deutschland drohen. Hitzesommer und Dürreperioden haben die Grundwasserstände in den letzten Jahren deutlich absinken lassen. Das Trinkwasser wird knapper.“ (siehe auch 10). „Die Weltbevölkerung (ver-)braucht Wasser. Sehr viel davon und häufig mehr als sie sollte. Vielerorts droht die Stunde Null – jener Moment, an dem kein fließendes Wasser mehr verfügbar und Leben nur noch bedingt möglich ist.“ (siehe auch 11).

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Kann unser Wasser überhaupt verbraucht werden?

Der Wasserkreislauf sollte eigentlich in der Schule gelernt werden. Nicht jeder hat offenbar dabei aufgepasst. Auf unserem Planeten befindet sich das Wasser in einem ständigen Kreislauf zwischen verschiedenen Zonen, wie dem Meer und der Atmosphäre. Dabei wechselt es häufig seinen Aggregatzustand – ist also einmal Wasser, dann wieder Dampf und ein andermal Eis. Aber es kann niemals „verbraucht“ werden. Erdöl oder Erdgas sind Beispiele für endliche Ressourcen, aber unser Wasser wird lediglich genutzt und gelangt danach in den Kreislauf zurück. Dieser Kreislauf hat aber tatsächlich zwei undichte Stellen: in das Weltall und in die steinerne Hülle unseres Planeten, die Lithosphäre.

Wasserstoff ist das leichteste unserer Elemente

Es entweichen jährlich knapp 100.000 Tonnen Wasserstoff ins Weltall. Denn Bakterien spalten bei ihren Stoffwechselprozessen Wassermoleküle (H2O) auf, und aus dem freiwerdenden Wasserstoff entsteht zusammen mit Kohlenstoff Methan (CH4). Weil Methan ein Gas ist, kann es in die Luft entweichen und bis in höhere Luftschichten aufsteigen, wo es von der energiereichen Sonnenstrahlung wieder in seine Bestandteile zerlegt wird. Wasserstoff als das leichteste unserer Elemente kann dort die Fluchtgeschwindigkeit erreichen, die Geschwindigkeit, bei der die Wasserstoffatome der Anziehungskraft der Erde entkommen können. Dieser Wasserstoff ist der Erde dann für immer entflohen und kehrt nicht zurück in die Ozeane.

In die Minerale, aus denen Gesteine bestehen, wird neben anderen Elementen wie Silizium und Eisen auch Wasserstoff eingebaut. Bei den dynamischen Prozessen unserer Erde wird ununterbrochen vorhandenes Gestein in tiefere Schichten transportiert, und es entsteht an anderer Stelle neues Gestein (Kontinentaldrift, Plattentektonik, Vulkanismus). In dieser Form – als Gestein – ist der Wasserstoff dem Wasserkreislauf dauerhaft – oder zumindest für lange Zeit – entzogen.

Seit der Erdfrühzeit, vor etwa 4 Milliarden Jahren, ging auf diese Weise etwa ein Viertel des ursprünglich vorhandenen Wassers verloren. Das entspricht der Wassermenge des gesamten heutigen Atlantik und bedeutet, dass der Meeresspiegel ohne diese Verluste heute etwa 800 Meter höher wäre (siehe auch 12, 13, 14). An diesen Prozessen ist der Mensch aber weder schuld, noch hat er einen Einfluss darauf. Wasser wird in Millionen Jahren noch da sein. Der Mensch eher nicht.

 

Uta Böttcher ist Diplom-Geologin, mit dem Fachbereich angewandte Geologie, speziell Hydrogeologie. 

 

Quellen:

(1) https://www.agrarheute.com/pflanze/getreide/duerremonitor-boeden-immer-noch-viel-trocken-572192

(2) https://www.ufz.de/index.php?de=37937

(3) https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/duerre-trockenheit-deutschland-karte-100.html

(4) https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Wasser/grundwasser_deutschland.html

(5) https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/grundwasser/zustand-des-grundwassers/mengenmaessiger-zustand-des-grundwassers , vom 5.4.2024

(6)https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/221010_uba_fb_wasserrichtlinie_bf.pdf, für 2021

(7) https://www.wri.org/insights/highest-water-stressed-countries

(8) https://wellfair.ngo/gibt-es-genug-wasser/

(9) https://www.bmuv.de/themen/wasser-und-binnengewaesser/trinkwasser/wasserwerk-wassergewinnung-aufbereitung-und-verteilung

(10) Infomail von Campact vom 3. Juli 2024

(11) https://wellfair.ngo/wasserstress-wasserknappheit-wassermangel/

(12) https://www.friedrich-verlag.de/friedrich-plus/sekundarstufe/geographie/wasser/wie-das-wasser-auf-die-erde-kam/

(13) https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wasserbilanz-die-erde-hat-ein-leck-a-819868.html

(14) https://www.pnas.org/doi/abs/10.1073/pnas.1115705109

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

 

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