Der September 2013 bescherte uns letztmalig ein paar Sommertage, doch schon ab dem 9. setzte der herbstliche Temperaturrückgang ein. Über 2 Wochen dominierte feucht- kalte Witterung, ehe sich- wie üblich- im letzten Monatsdrittel eine Schönwetterphase einstellte, die zur Freude der Späturlauber bis zum 4. Oktober andauerte. Allerdings verlief diese als „Altweibersommer“ bekannte Singularität diesmal recht kühl, denn es gab mehrfach und verbreitet schon Boden- und vereinzelt auch erste Luftfröste, und die Tagestemperaturen blieben trotz der Herbstsonne wegen des unangenehmen, kalten Nordostwindes meist schon weit unter der 20- Grad- Marke, so dass es eher ein „Kaltweibersommer“ war. Bis Mitte Oktober herrschte nass- kaltes Regenwetter vor, ehe ein Wärmerückfall aus Südwest zwar wechselhaftes, aber sehr mildes Wetter einleitete, das bis fast zum Monatsende andauerte und an einzelnen Tagen noch Höchstwerte über 20, in Süddeutschland vereinzelt sogar über 25°C, brachte. Auch in der ersten Novemberdekade waren vielerorts noch zweistellige Tagesmaxima zu beobachten. Ab der Monatsmitte sanken die Temperaturen auf Spätherbstniveau mit schon häufigen Nachtfrösten, und im letzten Monatsdrittel kündigte sich schon der Winter mit vorübergehenden Schneefällen bis ins Flachland an. Wegen der zeitigen Septemberkälte fiel das Laub relativ schnell, zumal einige Stürme in der letzten Oktober- und der ersten Novemberdekade den Blattfall beschleunigten.
Die kurzfristige Entwicklung der Herbsttemperaturen
Die folgende Grafik verdeutlicht, dass bei Betrachtung der letzten 15 Jahre (ein sehr kurzer Zeitraum, aber immerhin schon eine halbe Klimanormalperiode) kein Anstieg der Herbsttemperaturen erfolgte, sondern eher ein (keinesfalls signifikanter!) geringer Rückgang.
Die Station in Erfurt ist fast identisch im Temperturverhalten der letzten 15 Jahre mit den Herbsttemperaturen Deutschlands: Die CO2-Konzentrationen sind gestiegen (kleine eingeblendete Grafik), die Wirkung von CO2 scheint in den letzten 15 Jahren Herbst in Deutschland aber ausgesetzt zu haben.
Betrachtet man die einzelnen Herbstmonate, so zeigen September und Oktober Stagnation bis Abkühlung, während im November eine unbedeutende Erwärmung stattfand. (siehe Grafiken am Ende des Artikels)
Die langfristige Entwicklung der Herbsttemperaturen in Deutschland und deren mögliche Ursachen
Die folgenden zwei schematischen Grafiken verdeutlichen, wie sich die Herbsttemperaturen (jeweils rötliche, zweite Kurve von oben) im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten seit 1761 entwickelt haben. Um etwas über den deutschen „Tellerrand“ hinauszuschauen, sind in der unteren Grafik die Mittelwerte von Zentralengland (CET = Central England Temperature Records) dargestellt. Man erkennt einen erheblichen, in beiden Messreihen sehr ähnlichen, kräftigen Anstieg der Herbst- und Frühjahrstemperaturen, während die Wintertemperaturen in Deutschland stärkere, periodische Schwankungen als in England aufweisen und neuerdings in Deutschland seit über 20 Jahren wieder fallend sind. Außerdem zeigt sich in England seit kurzem ein Nachlassen des sommerlichen Temperaturanstiegs, während in Deutschland die Sommerwerte im Vergleich zu 1761 noch steigen und erst die letzten 15 Jahre eine Stagnation zeigen, die aber in der langfristigen Trendlinie noch nicht angezeigt wird.
Neben Schwankungen der Sonnenaktivität (die jeweiligen Maxima des etwa 210- jährigen Hauptsonnenzyklus bilden sich in den insgesamt relativ hohen Temperaturen zum Ende des 18. und des 20. Jahrhunderts ab) sind zunehmende Erwärmungseffekte durch Besiedlung, Bautätigkeit und geänderte Landnutzung ein wesentlicher Treiber des Temperaturanstiegs gewesen. Man beachte, dass die in den obigen Grafiken gezeigten Messreihen nicht um diesen Effekt bereinigt wurden! Für Deutschland hatten KOWATSCH/LEISTENSCHNEIDER diesen Effekt für den Zeitraum 1891 bis 2012 untersucht und ihre Ergebnisse in folgender Grafik zusammengefasst:
Nach diesen Untersuchungen geht der in Deutschland beobachtete Temperaturanstieg fast gänzlich auf das Konto der verschiedenen, nutzungsbedingten Erwärmungseffekte (hier der Vereinfachung halber „Wärmeinseleffekt“ genannt). Allerdings wurden bislang nur Jahreswerte untersucht. Vertiefende Untersuchungen zu den einzelnen Jahreszeiten stehen noch aus, so dass momentan noch keine Aussagen getroffen werden können, wie stark sich der Wärmeinseleffekt auf die Herbsttemperaturen auswirkte. Eine vertiefende Studie von KÄMPFE/LEISTENSCHNEIDER/KOWATSCH (2013) wies nach, dass Stationen ähnlicher Breiten- und Höhenlage immer dann deutlich wärmer waren, wenn sie nahe bei oder gar in Großstädten lagen:
Die hier zwischen einer (mit knapp über 100.000 Einwohnern nicht einmal sehr bevölkerungsreichen) Großstadt sowie ländlichen Stationen ähnlicher Breiten- und Höhenlage ermittelten Temperaturunterschiede von bis zu fast 1K erhärten den Verdacht, dass wesentliche Anteile des beobachteten Temperaturanstieges in Deutschland vermutlich in allen Jahreszeiten, auf das Konto der Stationen bei Großstädten und/oder an Flughäfen gehen. Und neuerdings gibt es besonders im ländlichen Raum eine rasant anwachsende Wärmequelle, deren erwärmende Wirkung noch einer näheren Untersuchung bedarf- die „Erneuerbaren Energien“. Der massive Ausbau der Windkraftanlagen bremst den Wind und vermindert damit auch die kühlend wirkende Verdunstung sowie den Abtransport warmer Luft in Bodennähe. Die Solarpaneele (mittlerweile nehmen sogenannte „Solarparks“ beispielsweise in Thüringen riesige Flächen ein) verringern mit ihrer sehr dunklen Oberfläche die sogenannte Albedo, also die Reflexion auftreffender Sonnenstrahlung in das Weltall. Etwa 10% der auftreffenden Sonnenstrahlung werden in elektrischen Strom verwandelt, während der große Rest die Paneele regelrecht aufheizt, während hingegen reife, helle Kornfelder durch ihre höhere Albedo, gewachsener Boden und Vegetationsflächen hauptsächlich durch Verdunstung und Transpiration, deutlich kühler bleiben.
Was für Thüringen gilt, gilt natürlich auch für andere städtische Wärmeinseln in Deutschland. Düsseldorf ist immer etwas wärmer als die Station in einem Vorort von Bochum. Und wenn der DWD auf seiner homepage neue zukünftige Temperaturrekorde im Sommer ankündigt, dann gelten solche Vorhersagen immer für Städte. z.B. für München
Bleiben wir aber beim Herbst. Nun bleibt noch die Frage nach möglichen Ursachen des rhythmischen Temperaturverlaufs, welcher sich auch bei den Herbsttemperaturen sowohl in Deutschland als auch in England zeigt. KÄMPFE wies 2013 nach, dass das Häufigkeitsverhalten der Großwetterlagen das Temperaturverhalten in Deutschland wesentlich mitbestimmt. Als eine mögliche Ursache für das Häufigkeitsverhalten der Großwetterlagen erwies sich die Atlantische Mehrzehnjährige Oszillation (AMO). Die nächste Grafik zeigt anhand der Werte der Säkularstation Potsdam (Quelle: PIK), dass die Häufigkeit von Großwetterlagen mit südlichem Strömungsanteil (unterste, rote Kurve), die Sonnenscheindauer (gelb), die Herbsttemperaturen in Potsdam (braun) und die AMO (grün) während der vergangenen 120 Jahre einen ähnlichen Verlauf aufwiesen; allerdings bedarf es dazu noch vertiefender Untersuchungen:
Man erkennt eine deutliche Zunahme der Großwetterlagen mit Südanteil. Und genau diese waren auch die Hauptursache für den milden Oktober 2013, der insgesamt recht sonnenscheinarm ausfiel. Im Jahresverlauf war der Einfluss der Großwetterlagen mit Südanteil auf die Lufttemperaturen in Deutschland im Oktober am größten:
Als letzte mögliche Ursache der insgesamt gestiegenen Herbsttemperaturen bliebe noch die Sonnenscheindauer zu betrachten, welche während der vergangenen 30 Jahre in allen Jahreszeiten mehr oder weniger deutlich zunahm. In den strahlungsreichen Jahreszeiten (Frühling und Sommer) beeinflusste sie das Temperaturverhalten in Deutschland mit Bestimmtheitsmaßen von 30 bis 70% ganz wesentlich- je länger die Sonne schien, desto wärmer wurde es. Im Herbst lässt jedoch der positive Einfluss der Sonnenscheindauer auf die Lufttemperaturen stark nach; lediglich die Septembertemperaturen werden noch relativ deutlich von der Sonnenscheindauer beeinflusst (nächste 3 Grafiken; Datenquelle PIK):
Betrachtet man den Herbst (September, Oktober und November) insgesamt, so ergibt sich ein Bestimmtheitsmaß von 20%.
Alle verwendeten Temperaturwerte haben wir vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach und vom PIK Potsdam erhalten.
September:
Der September in Deutschland zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die Jahrestemperaturen in Deutschland. Es hat sich eigentlich nicht viel getan im letzten Vierteljahrhundert. Allerdings zeigt dieser Monat keine Sommerverlängerung mehr in den Herbst hinein wie man noch vor einigen Jahren hätte glauben können, die Temperaturen vom September sinken in Deutschland in den letzten Jahren. Der Leser möge die kleine eingeblendete Grafik beachten, hierin sind die steigenden CO2-Konzentrationen der letzten 25 Jahre zum Vergleich abgebildet. Keinesfalls hat nun die behauptete Erwärmungswirkung von CO2 im September ausgesetzt, diese gibt es schlichtweg nicht. Die Korrelation ist Null.
Auch der Oktober zeigt in Deutschland einen ähnlichen Verlauf wie der September. Nur der diesjährige Oktober 2013 war etwas milder als die letzten sechs Oktober der vergangenen Jahre. Deshalb ist die Polynomkurve am Schluss kaum fallend. Im ganzen Zeitraum der letzten 25 Jahre sind die CO2-Konzentration natürlich kontinuierlich angestiegen, ohne jede Wirkung auf die Temperaturen.
Ein klein wenig abweichend zeigt sich der November der letzten 25 Jahre in Deutschland.
Der November ist einer der wenigen Monate in Deutschland, der in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten etwas milder geworden ist. Das zeigt sich in der leicht steigenden Polynomkurve der letzten 25 Jahre. So richtig winterlich kalte November gab es in den letzten 10, 12 Jahren kaum mehr, allerdings in den letzten vier Jahren auch keinen Trend zu einer weiteren Erwärmung.
Fazit: September und Oktober sind über die letzten 25 Jahre gleich geblieben, wobei die letzten 12 Jahre sogar leicht fallend sind.
Der November zeigt über die letzten 25 Jahre einen leichten Temperaturanstieg, die letzten 12 Jahre sind stagnierend. Über den ganzen Zeitraum sind die Kohlendioxidkonzentrationen jedoch kontinuierlich angestiegen.
Alle drei Monate zusammen bilden den Herbst ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine aktivere Sonne, zunehmende Wärmeinseleffekte in der Umgebung der Messstationen, eine steigende Häufigkeit von Großwetterlagen mit südlichem Strömungsanteil sowie zu einem geringen Teil auch eine längere Sonnenscheindauer (nicht 2013) im Wesentlichen den beobachteten langfristigen, wenn auch sehr geringen Temperaturanstieg im Herbst verursachten, der im letzten Vierteljahrhundert hauptsächlich durch den milder gewordenen Novembers verursacht wurde. Von einer panikartigen Klimaerwärmung aufgrund steigender CO2-Konzentrationen kann aber keine Rede sein.
Josef Kowatsch, Hüttlingen
Stefan Kämpfe, Weimar
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@ #1:
Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die in den 1960er und 1970er Jahren herrschende Luftverschmutzung die Intensität der Sonneneinstrahlung geschwächt und damit die bodennahe Erwärmung verzögert hat. Ab den 1980er Jahren griffen dann zunehmend Luftreinhaltemaßnahmen; was dazu führte, dass die Häufigkeit von Nebel und Hochnebel (Stratus, Schlüsselzeichen CL 6 im internationalen Wolkenschlüssel) bis in die 2000er Jahre hinein abnahm. Dadurch schien die Sonne häufiger und intensiver, was die Erwärmung beschleunigte. Allerdings ist ein Teil auch auf die hohe Sonnenaktivität bis etwa zur Jahrtausendwende zurückzuführen („Svensmark- Effekt“). Somit dürfte sich der Trend neuerdings umkehren, weil wieder mehr Kondensationskerne entstehen (schwächer werdendes Solarmagnetfeld lässt mehr Kosmische Strahlung durch). In diesem Zusammenhang wären Daten aus den 1960er und 1970er Jahren über die Staubkonzentration und andere Luftbeimengungen hilfreich- leider gibt es die nur ganz vereinzelt, weil Staubmessungen schwierig und oft sehr fehlerbehaftet sind; erst im Zuge der völlig übertriebenen „Feinstaubhysterie“, die in den späten 1990er und den frühen 2000er Jahren einsetzte, wurden sie häufiger und nach vereinheitlichten Standards durchgeführt. Besonders schade ist, dass die sehr guten Forschungen zu Luftbeimengungen an der FU Berlin (meteorologisches Institut) leider eingestellt wurden- das dortige Aerosol- Labor wurde schon vor längerer Zeit geschlossen.
Wer also weiß, wie man an seriöse, längere Datenreihen über Staub und SO2- Belastung in Mitteleuropa kommt- ich hätte großes Interesse daran.
Vielen Dank den Autoren für diese klasse Zusammenstellung!
Die derzeitige aktuelle Wetterlage erinnert mich auch an die Arbeiten von Kowatsch und Leistenschneider (K & L). Das zyklonale Aktionszentrum auf dem Nordatlantik ist derzeit so stark ausgeprägt, wie ich es seit vielen Jahren nicht mehr gesehen habe; ich glaube, noch nie in diesem Jahrhundert. In den achtziger und neunziger Jahren kam das dagegen fast regeläßig vor.
Und das, nachdem der hierfür verantwortliche zonale Grundstrom die ganzen letzten Jahre so schwach war.
K & L zufolge sind solche Schwankungen typisch für den Übergang in eine Kaltphase. Im vorigen Jahr im Dezember hatten wir erst eine tödliche Kältewelle bis nach Polen und Ostdeutschland, bevor gerade zu Weihnachten mildes Westwindwetter von einem plötzlich erwachten zonalen Grundstrom innerhalb weniger Tage bis zum Ural getrieben worden ist. Vielleicht ist es ja diesmal umgekehrt.
Und dass die Winter bei uns mit starken Schwankungen immer kälter werden, haben K & L ja auch schon in anderen Arbeiten nachgewiesen.
Es wird spannend. Liebe Autoren, bitte bleiben Sie dran! Mir fehlt die Zeit für eine so akribische Arbeit!
Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt
Es ist denkbar, dass der Wärmeinseleffekt bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts zumindest in Westeuropa und den USA sogar „gedämpft“ war. Wenn ich an die zahlreichen Luftverschmutzungsquellen in den Ballungsräumen, wie z.B. den massenhaften, ungefilterten Kohle- und Briketthausbrand, denke, könnte es gut sein, dass damals die Intensität der Sonneneinstrahlung in den Ballungsgebieten geringfügig niedriger lag.
Die Luftreinhaltemaßnahmen der 70er und 80er Jahre reduzierten diese „Dämpfung“ anschließend.
In diesem Zusammenhang wären Daten zur damaligen Feinstaub- und SO2 Konzentration in der Luft der entsprechenden Gebiete interessant.