Robert Bryce

Als ich gestern Nachmittag im Rathaus von Christiana eintraf, standen Mark A. Cook, der Vorsitzende der Stadt, und zwei örtliche Landbesitzer, John Barnes und Roxann Engelstad, bereit und warteten. Sie hatten mehrere Karten und Diagramme dabei, die den Grundriss und die Details des von Invenergy geplanten 300-Megawatt-Solarenergiezentrums Koshkonong zeigten.

Cook kam gleich zur Sache. Christiana, sagte er, „basiert auf der Landwirtschaft, seit die Menschen hier siedeln. Dieses Projekt wird die Landwirtschaft in dieser Stadt für Generationen auslöschen“. Das Solarprojekt zielt auf „unser bestes Ackerland. Es ist ja nicht so, dass sie uns das minderwertige Land wegnehmen. Das ist das Beste, was wir haben.“ Er fuhr fort, dass das Unternehmen Ackerland ins Auge fasst, weil es relativ flach ist und sich daher leicht mit Paneelen bedecken lässt. Außerdem befindet sich Christiana in der Nähe eines an das Hochspannungsnetz angeschlossenen Gaskraftwerkes. Dank dieser Lage kann das geplante Solarprojekt seinen Strom problemlos in das Netz einspeisen.

In Christiana, das 70 Meilen westlich von Milwaukee liegt, leben etwa 1.800 Menschen. Die Stadt liegt inmitten einer malerischen Hügellandschaft mit landwirtschaftlichen Betrieben, die hauptsächlich Mais und Sojabohnen anbauen. Die Landschaft ist geprägt von dicht bewaldeten Flächen mit Bäumen und Sträuchern, die in den nicht beackerten Bereichen nachgewachsen sind. Der Boden ist von einem satten, dunklen Braun. Bei bewölktem Himmel sieht das bearbeitete Land fast schwarz aus.

Cook, der auch Präsident der Cambridge Area Fire and EMS Commission ist, sagte mir, dass Christiana mit einem Budget von etwa 3,8 Millionen Dollar arbeitet. Man hat bereits etwa 200.000 Dollar an Rechtskosten für den Kampf gegen das Invenergy-Projekt ausgegeben und eine Klage eingereicht, um das 650-Millionen-Dollar-Projekt zu stoppen. Bald wird eine weitere Klage gegen die Wisconsin Public Service Commission folgen. Die Stadt behauptet, die Behörde habe gegen die Verfassung von Wisconsin und die eigenen Vorschriften der Kommission verstoßen, als sie im vergangenen Jahr eine Genehmigung für das Projekt erteilte. Mehr über die rechtlichen Details in Kürze.

Der Kampf in Christiana ist eine weitere Momentaufnahme der Landnutzungskonflikte um erneuerbare Energien, die im ganzen Land toben. Menschen wie Cook, Barnes, Engelstad und die anderen Menschen in Christiana sind keine NIMBYs*, das Schimpfwort, das Projektentwickler und viele Klimaaktivisten gerne benutzen, um Menschen zu beschreiben, die sich gegen große erneuerbare Projekte wehren.

[*NIMBY = Not In My Back Yard = nicht vor meiner Haustür. A. d. Übers.]

Vielmehr stehen ihre Bemühungen, Christiana und sein Ackerland vor der Energieausbreitung zu schützen, die mit Großprojekten für erneuerbare Energien einhergeht, in direktem Einklang mit den Ansichten einer überwältigenden Mehrheit der Amerikaner. Im März veröffentlichte ein neues Medienunternehmen namens Heatmap („das sich auf die größte Geschichte der Welt konzentriert: die große Klima- und Energiewende“) die Ergebnisse einer Umfrage unter 1.000 erwachsenen Amerikanern.

Die Umfrage, an der Menschen aus allen 50 Bundesstaaten teilnahmen ergab, dass 79 % der Amerikaner der Meinung sind, dass neue erneuerbare Energien „langsam“ und nicht „schnell“ eingeführt werden sollten und dass die Erhaltung von Land und Wildtieren Vorrang vor einer schnellen Reduzierung der Treibhausgase haben sollte:

Eine im März veröffentlichte Umfrage ergab, dass fast 80 % der Erwachsenen in den USA der Meinung sind, dass Umweltschutz wichtiger ist als eine rasche Einführung erneuerbarer Energien. Quelle: Heatmap Klima-Umfrage.

Robinson Meyer von Heatmap erklärte weiter, dass „nur 21 % der Amerikaner der Aussage zustimmten, dass wir erneuerbare Energien schnell einführen sollten, um die Emissionen so schnell wie möglich zu senken, selbst wenn dies bedeutet, dass natürliche Flächen oder wilde Tiere geschädigt werden“. Meyer fügte eine Zeile hinzu, die Sie nicht in der New York Times oder NPR lesen werden: „Mit anderen Worten: Man muss nicht unbedingt auf Astroturfing oder geheime Verbindungen zu fossilen Brennstoffen zurückgreifen, um zu erklären, warum so viele Amerikaner gegen neue erneuerbare Projekte sind“.

„79 % der Amerikaner gaben an, dass neue erneuerbare Energien ‚langsam‘ und nicht ’schnell‘ eingeführt werden sollten und dass die Erhaltung von Land und Wildtieren Vorrang vor einer schnellen Reduzierung der Treibhausgase haben sollte… Mit anderen Worten, man braucht nicht unbedingt den Rückgriff auf Astroturfing-Programme oder geheime Verbindungen zu fossilen Brennstoffen, um zu erklären, warum so viele Amerikaner gegen neue erneuerbare Projekte sind“.

Wie die Renewable Rejection Database (Datenbank zur Ablehnung erneuerbarer Energien) zeigt, lehnen in der Tat sehr viele Amerikaner in ländlichen Gebieten von Maine bis Hawaii Wind- und Solarprojekte ab. Seit 2015 haben lokale Gemeinden und Gerichtsbarkeiten fast 500 Mal Wind- oder Solarprojekte abgelehnt oder eingeschränkt. Die Menschen im ländlichen Raum wehren sich gegen diese Projekte, weil sie um ihre Grundstückswerte besorgt sind – und das zu Recht. Eine Studie aus dem Jahr 2020 in Rhode Island ergab, dass die Preise für Häuser in der Nähe von Solarprojekten bis zu 7 % gesunken sind. Eine im letzten Monat veröffentlichte Studie des Lawrence Berkeley National Laboratory kam zu dem Schluss, dass Solarprojekte den Wert von Grundstücken in der Nähe bis zu 5 % verringern können.

Die Geschichte, die ich gestern in Christiana gehört habe reflektiert, was ich in den letzten zehn Jahren von Menschen in Dutzenden von anderen Gemeinden gehört habe. Die Szenarien sind fast immer die gleichen: Ein großes, ausländisches Unternehmen für erneuerbare Energien kommt in eine ländliche Gemeinde, erhält im Stillen Pachtverträge von einer Handvoll großer (oft abwesender) Landbesitzer und lässt dann die lokale Regierung wissen, dass es plant, große Landstriche mit Windturbinen oder Solarzellen zu belegen. Sobald sich die Nachricht verbreitet, organisieren sich die Anwohner, um die Projekte zu bekämpfen. Sie sind immer unterlegen. Sie haben nie genug Geld und können daher nicht mit der Finanzkraft der großen Konzerne mithalten. Manchmal gelingt es ihnen, die Projekte in Schach zu halten. Manchmal gelingt es ihnen aber auch nicht.

Die Einwohner von Christiana sehen sich mit Invenergy einem gewaltigen Feind gegenüber. Das Unternehmen, kontrolliert von dem Milliardär Michael Polsky (geschätztes Nettovermögen: 1,5 Milliarden Dollar), ist das weltweit größte Unternehmen für erneuerbare Energien in Privatbesitz. Invenergy hat sich einen Ruf als eines der aggressivsten und streitlustigsten Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien erworben. Letztes Jahr verklagte das Unternehmen Worth County, Iowa, um den Bezirk zu zwingen, ein Windprojekt zu akzeptieren, das der Bezirk nicht will. Außerdem verklagte das Unternehmen im vergangenen Jahr die Gemeinde Fulton in Michigan, kurz nachdem diese eine Genehmigung verweigert hatte, die es dem Unternehmen erlaubt hätte, 12 Windturbinen in der Gemeinde zu errichten.

Julie Kuntz, die sich selbst als „Bauernmädchen aus Iowa in der fünften Generation“ bezeichnet, sagte mir letztes Jahr im Power Hungry Podcast, dass Invenergy mit „ruchlosen Taktiken“ versucht hat, ländliche Landbesitzer in Iowa zur Unterzeichnung von Pachtverträgen zu bewegen. (Das Interview ist auch hier abrufbar.) Kuntz, die in Grafton, Iowa, wohnt, sagte, sie habe E-Mails von einem der Anwälte von Invenergy erhalten, die ihrer Meinung nach darauf abzielten, sie einzuschüchtern. „Das ist die Art und Weise, wie dieses Unternehmen arbeitet, nämlich durch Einschüchterung.“

Diese von Roxann Engelstad entworfene Karte zeigt, wie viel von Christiana durch das geplante Koshkonong-Solarprojekt abgedeckt werden soll.

Nun zurück zu Koshkonong. Das von Invenergy vorgeschlagene Projekt wird etwa 6.400 Acres oder 26 km² umfassen. Wie auf der obigen Karte zu sehen ist, wird das Projekt, wenn es gebaut wird, etwa ein Drittel der Stadt Christiana abdecken. Zusätzlich zu den Solarmodulen, die etwa 7,2 Quadratmeilen Ackerland bedecken könnten, sehen die Projektpläne auch ein Batteriespeichersystem mit einer Leistung von 165 MW (667 MWh) vor, das, wenn es gebaut wird, nur wenige hundert Meter von einer örtlichen Grundschule entfernt liegen würde.

Im Mai 2022 erteilte die Wisconsin PSC [Wisconsin ‚Public Service Commission‘] Invenergy eine so genannte Bescheinigung der öffentlichen Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit. Diese Genehmigung hindert Christiana effektiv daran, irgendwelche Bebauungsvorschriften durchzusetzen, die das Projekt stoppen würden. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass Invenergy die Genehmigung von der PSC erhalten hat, das Solarprojekt in Koshkonong jedoch an zwei Versorgungsunternehmen verkaufen will: Die in Milwaukee ansässige WEC Energy Group und Madison Gas and Electric.

Frank Jablonski, ein in Madison ansässiger Anwalt, der Engelstad und ihren Ehemann Edward Lovell in ihrer Klage gegen die PSC vertritt, erklärte mir telefonisch, dass das, was die PSC beim Koshkonong-Projekt tut, Invenergy und den beiden Energieversorgern, die das Projekt kaufen wollen, erlaubt, „staatliche Vorschriften zu umgehen, die eine strengere Analyse erfordern würden“. Er fügte hinzu, dass die WEC Energy Group und Madison Gas and Electric, wenn sie das Projekt selbst hätten bauen wollen, ein viel strengeres Regulierungs- und Umweltprüfungsverfahren hätten durchlaufen müssen.

Kurz gesagt, was in Christiana passiert, ist ein weiteres Beispiel für Klimakorporatismus. Anfang dieses Monats schrieb ich über Jamie Dimon, den Chef von Amerikas größter Bank J.P. Morgan, der kürzlich vorschlug, die Regierungen sollten häufiger von der Möglichkeit der Enteignung Gebrauch machen, damit mehr Wind- und Solarprojekte gebaut werden könnten. Dimon vergaß zu erwähnen, dass seine Bank einer der größten Akteure im lukrativen Geschäft der Steuerfinanzierung ist, einer Branche mit einem Jahresumsatz von 20 Milliarden Dollar, die eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Wind- und Solarprojekten spielt. Wie ich in diesem Artikel erklärt habe, ist Klimakorporatismus der Einsatz von Regierungsmacht, um die Profite großer Unternehmen auf Kosten der Verbraucher – und insbesondere auf Kosten kleiner (und meist ländlicher) Landbesitzer – im Namen des [Kampfes gegen den] Klimawandel zu steigern.

Die Nutzung staatlicher Macht, um es Invenergy und den beiden Versorgungsunternehmen zu ermöglichen, mehr Geld zu verdienen, ist eindeutig das, was in Christiana geschieht. Das ist in der Tat eine der Hauptforderungen in Engelstads Klage gegen die PSC. Er behauptet, dass die PSC durch die Erteilung des Zertifikats für die öffentliche Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit an Invenergy den Versorgungsunternehmen die Möglichkeit gibt, sich der detaillierten Offenlegung und Analyse zu entziehen, die nach dem Recht des Bundesstaates Wisconsin erforderlich wäre. Außerdem wird behauptet, dass der Plan von Invenergy, das Koshkonong-Projekt an die beiden Versorgungsunternehmen zu verkaufen, dem Unternehmen einen „Wettbewerbsvorteil gegenüber potenziellen, gutgläubigen kommerziellen Entwicklern verschafft und damit gegen die staatliche Politik zur Förderung des Wettbewerbs verstößt, für deren Umsetzung die PSC zuständig ist.“

Eine der vielen Gegner des Koshkonong-Projekts ist Carissa Lyle, die mit ihrem Mann Nathan und drei kleinen Kindern in einem jahrhundertealten Bauernhaus in Christiana lebt. Sollte das Koshkonong-Projekt gebaut werden, würde es ihr drei Hektar großes Grundstück auf drei Seiten umschließen. Letztes Jahr schickte mir Lyle, die auch Stadtschreiberin ist, eine E-Mail. Sie schrieb: „An alle, die dies lesen und unsere Sorgen und Ängste abtun wollen, bitte ich Sie, sich in unsere Lage zu versetzen… Wir wissen nicht, wie die Zukunft unserer Familie aussehen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir vor schwierigen Entscheidungen. Wenn dieses Projekt genehmigt wird, müssen wir entscheiden, ob wir das Risiko eingehen wollen, an diesem Standort zu bleiben. Wenn wir entscheiden, dass es die Sicherheit unserer Familie nicht wert ist und wir umziehen müssen, werden wir dann verkaufen können? Und wenn wir verkaufen, wie hoch ist der Verlust, den wir hinnehmen müssen?“

Am Mittwoch Nachmittag traf ich Lyle persönlich im Rathaus von Christiana. Wir unterhielten uns, während ihre drei kleinen Kinder Carter, Miles und Brinley zwischen den Tischen und Stühlen im Sitzungssaal des Rathauses herumtobten. „Hier geht es um soziale Kompetenz“, sagte sie mir. „Es geht um Großgrundbesitzer, Städte und große Unternehmen, die uns vorschreiben wollen, was wir zu tun haben.

Autor: Robert Bryce is the host of the Power Hungry Podcast, executive producer of the documentary, Juice: How Electricity Explains the World, and the author of six books, including most recently, A Question of Power: Electricity and the Wealth of Nations

Link: https://www.cfact.org/2023/05/01/wisconsin-town-fights-big-solar-and-climate-corporatism/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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