..Die Bankenkrise bietet die Chance, den Inklusions- und Klima-Hype zu beenden
Edgar L. Gärtner
Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in Kalifornien und die Phagozytose der Schweizer Großbank Crédit Suisse (CS) durch ihre Konkurrentin UBS Group AG zeigen drastisch, wohin es führt, wenn Unternehmen nicht mehr in erster Linie auf Wertschöpfung und Gewinn ausgerichtet sind, sondern für alle möglichen ökologischen und gesellschaftlichen Ziele funktionalisiert werden.
Es ist noch nicht lange her, da galt „Shareholder Value“, die Bewertung großer Aktiengesellschaften an der Börse, als das oberste Management-Ziel. Um den Börsenwert von Großbanken und Industriekonzernen zu steigern, schreckten Top-Manager nicht davor zurück, diese in ihre Einzelteile zu zerpflücken, wenn flinke Investmentbanker und Unternehmensberater ihnen vorgerechnet hatten, dass der Börsenwert der Einzelteile, jedes für sich genommen, den Wert des Ganzen weit übersteigen könnte. Trotz solcher Exzesse ging es damals immerhin in der Hauptsache noch darum, Gewinne durch den Verkauf von Waren und Dienstleistungen zu erwirtschaften, die von Marktteilnehmern nachgefragt wurden, auch wenn dabei nicht immer alles mit rechten Dingen zuging. Inzwischen ist in Geschäftsberichten und anderen für die Öffentlichkeit bestimmten Firmenmitteilungen von „shareholder value“ allenfalls noch an untergeordneter Stelle die Rede. Im Vordergrund stehen neue Schlagworte wie „Stakeholder Value“ „Klimaschutz“, „Sustainable Development“ und „Nachhaltigkeit“ sowie eine Reihe geheimnisvoller Abkürzungen wie ESG und CSR.
ESG steht für „Environmental, Social, Governance“, d.h. für Umweltschutz-, Sozial- und Unternehmensführungs-Kriterien für die Bewertung der angenommenen Nachhaltigkeit von Kapitalinvestitionen. CSR steht für Corporate Social Responsibility. Ich habe das schon im Jahre 2012 im 6. Kapitel meines Buches „Öko-Nihilismus“ als Schwindel entlarvt und war damals zu folgendem Schluss gekommen: „Bei den bisherigen Versuchen, das Leitbild sustainable development in die Unternehmenspraxis zu übersetzen, fällt folgender Widerspruch auf: Einerseits gilt Nachhaltigkeit (zu recht) als unerreichbares Ideal, als allgemeine Orientierungshilfe im Hinterkopf, das heißt als „regulative Idee“ im Sinne Kants, die nicht das Ziel, sondern nur die Richtung von Veränderungen angibt. Gleichzeitig tun die zum Teil aufwändigen Bewertungs- und Messmethoden des Global Reporting jedoch so, als wüsste man bereits, was nachhaltig ist. Nachhaltigkeit wird dabei unter der Hand zur platonischen Idee über das Gutsein der Welt, zur säkularisierten Erlösungshoffnung. Die Welt tut uns aber vermutlich nicht den Gefallen, sich entsprechend diesen Heilserwartungen zu entwickeln.“
Im Rückblick kann ich sagen, dass alles noch schlimmer kam, denn anstelle quantitativer Indikatoren kamen in der Zwischenzeit immer mehr „weiche“ Kriterien der Nachhaltigkeit und der Inklusion ins Spiel. Als solche gelten die Förderung der LGBTQ+-Lobby und der „Woke“-Bewegung. Es wurde bekannt, dass Jay Ersapah, die Interims-Risikomanagerin der kalifornischen SVB-Bank, die sich selbst als „queere farbige Person aus der Arbeiterklasse“ vorstellte, sich kaum um die geschäftichen Belange kümmerte, sondern sich die Zeit mit der Organisation von „Lesbian Visibility Days“ und einer „Trans Awareness Week“ vertrieb. Kurz vor dem Untergang der SVB wurde Ersapah vom Management-Netzwerk „Outstanding“ in die Top 100 der LGBTQ-Leader gewählt. Bei der ebenfalls untergegangen bzw. verschlungenen Crédit Suisse scheint es ähnlich zugegangen zu sein. Ersapahs „Kollege“ Pips Bunce soll jeden zweiten Tag sein virtuelles Geschlecht gewechselt haben. Die zuständige Managerin Della Sabessar brüstete sich noch vor kurzem damit, dass mehr als 1800 Führungsverantwortliche im Jahr 2021 Schulungen zum Thema Führung und Inklusion besucht haben und 6000 Mitarbeiter als LGBTQ+-Allys aktiv waren. Ob das den Absturz des einstigen Schweizer Nationalheiligtums beschleunigt hat, lässt sich freilich nicht formell beweisen.
Gut begründen lässt sich hingegen die Vermutung, dass die Großbanken durch politische bzw. ideologische Vorgaben, staatliche Milliarden-Subventionen und die Verbilligung von Krediten durch die Nullzins-Politik der Zentralbanken dazu bewegt wurden, massiv in hochriskante Projekte zu investieren. Geprüft wurden diese in der Regel nur auf ihre politische Korrektheit, nicht auf einen vorhandenen Bedarf und entsprechende Umsatz- und Gewinnchancen. Die führende Wirtschaftsjournalistin Kimberley Strassel hat am 16. März im „Wall Street Journal“ herausgearbeitet, dass die untergegangene SVB in der Hauptsache Start-ups betreute, die ohne das von US-Präsident Joe Biden aufgelegte Billionen-Infrastrukturprogramm mit Subventionen in der Größenordnung von Hunderten von Milliarden US-Dollar für „neue“, das heißt unausgereifte und unerprobte Technologien gar nicht existieren würden. Die SVB rühmte sich selbst, mit über 1.500 Start-ups für „Klima-Technologien“ zusammenzuarbeiten. Viele dieser Unternehmen begnügten sich damit, die ihnen wie das himmlische Manna in den Schoß gefallenen Dollars zu verbrennen und dann Konkurs anzumelden. Andere, die weiterarbeiten wollten, setzten darauf, dass die Zinsen nahe Null bleiben würden. Sie kamen ins Trudeln, als die Zentralbank FED begann, die Zinsen herauf zu setzen, um die Inflation zu bekämpfen. Frau Strassel fragt sich, warum die Direktorin der FED von San Franzisko sich mehr Sorgen über hypothetische Klima-Risiken als über die reale Gefahr von Bank-Zusammenbrüchen machte.
Ähnliches war bei der Crédit Suisse zu beobachten. Noch im vergangenen Jahr bekannte sich die für „Sustainability“ zuständige Managerin Emma Crystal zum „Net Zero“-Ziel. Sie hat wohl nicht geahnt, dass die Bank viel früher als 2050 am Nullpunkt angelangt sein würde.
So wird verständlich, warum große internationale Investment-Fonds, allen voran Vanguard, der zweitgrößte Fonds hinter dem Marktführer BlackRock, nun offen auf Distanz zu ESG, CSR und dem ganzen Klima- und Inklusions-Gedöns gehen. Vanguard wirbt nun im Internet mit folgender Anzeige um die Gunst der Anleger:
Auch die US Großbank JP Morgan und sogar die US-Notenbank FED in Washington D.C. stellen ESG neuerdings nicht mehr in den Vordergrund. Es wird nun darauf ankommen, wie der Investment-Marktführer BlackRock und andere Großbanken wie Citigroup, HSBC, BNP Paribas, Goldman Sachs und nicht zuletzt die nun übergroß gewordene UBS sich verhalten werden. Solange das internationale Währungssystem mit ungedecktem, d.h. politisch manipulierbarem Geld (Fiat Money) weiterbesteht, ist jedoch nicht zu erwarten, dass nun im Finanz-Sektor die Stunde der Wahrheit beginnt. Vielmehr ist die Gefahr groß, dass der Klima- oder der Woke-Hype durch einen neuen angstgesteuerten Hype abgelöst wird. Ich habe auf dieser Plattform schon vor drei Jahren darauf hingewiesen, dass sich Geld- und Wissensordnung von Gesellschaften tendenziell entsprechen und dass im ganzen Westen nach dem Ende des Kalten Krieges das Regulativ Wahrheit zunehmend durch das Regulativ Angst verdrängt wurde. Es ist nicht mehr möglich, den Westen hinter dem positiven Ziel der Freiheit zu einen. Ein untrügliches Zeichen seiner Dekadenz.
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Soweit man aus Klima- und (geringer) Anleger-Erfahrung urteilen kann, ein sehr treffender und kompetenter Artikel! Wie hieß nochmals der Ex-Deutsche Bank-Chef Schweizer Herkunft, der Investmentbanking puschte, von 25% Rendite schwärmte, die Bank fast in die Pleite trieb, und ein Ex-Chamäleon beriet? Andererseits: Das Streben nach Gewinn auf Seiten aller Geschäfts-Beteiligten hat ertragreiches und erfolgreiches Wirtschaften und Warenaustausch überhaupt erst ermöglicht, so lange es Menschen gibt. Wobei man vor Übervorteilung stets auf der Hut sein musste. Erst das Vermischen mit fachfremder und utopischer Ideologie garantieren Schäden bis hin zum Ruin, eine Art staatlich gepuschter Betrug am Kunden! Insofern kann man dem Autor nur zustimmen!
Es ist ja zur Zeit viel die Rede von der Verteidigung der „westlichen Werte“. Geht es nach Frau von der Leyen, muß man das auf Kosten unserer Wirtschaft tun oder nach Frau Baerbock „bis zum letzten Mann“ auf dem Schlachtfeld. Vielleicht ist es an der Zeit, in Europa den Begriff “ Freiheit“ noch einmal ganz frisch definieren zu müssen . Auch in Bezug auf Geld. In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung heißt es: Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit. Letzteres bedeutet nicht, so viel Geld als möglich besitzen zu dürfen und deshalb steht da auch nicht „Eigentum“. Der Ausdruck „Streben nach Glückseligkeit“, der von keinem geringeren als Gottfried Wilhelm Leibniz stammt, bedeutet nichts weniger, als einen Beitrag ( wie groß auch immer ) zum Fortschritt der Menschheit leisten zu können. Die vollständige Deregulierung der Finanzmärkte ab 1986 machte aber Geld und dessen Manager zum Maßstab unserer Gesellschaft, abgekoppelt aller moralischen oder ethischen Kriterien. Jahrzehnte später kommt die Rechnung.
Das sind ziemlich abseitige Interpretationen Ihrerseits zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, die ich so nicht unterschreiben würde. Die Erklärung sollte ausdrücken, dass niemand zur Mitwirkung am „Fortschritt der Menschheit“ verpflichtet werden kann. So gerade eben nicht! Weil der „Fortschritt der Menschheit“ eben immer nur von den machthabenden Eliten definiert wird. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, später die Verfassung, wehrt sich genau dagegen, weil das Individum das Recht auf eigene Definition seiner Glückseligkeit besitzt. Und sodann nicht bei gesellschaftlichen Missionen zu Mitwirkung gezwungen werden darf, sei es die historische Mission der Arbeiterklasse, sei es die historische Mission der Klimarettung.
Und es sind eben nicht (nur) die bösen gierigen Manager der Unternehmen und der Banken die Krisen auslösen. In der Mehrzahl der Fälle, von großen Krisen, auch Finanzkrisen, war es die Politik die die Krisen iniziierten, sei es durch übermäßiges Schuldenmachen, sei es durch falsche Gesetze, sei es durch falsches Einhegen der Wirtschaftenden, sei es durch dauerhaft falsche Zinspolitik, sei es durch Kriege, sei es durch Naivität, …. Und wenn es dann dadurch zur Krise kommt sind es die Regierungen, die am lautesten rufen „Haltet den Dieb“. Und sich sodann per zwangsrekrutiertem Steuergeld auch noch als die großen Retter darstellen. Sie, die Regierungen, sind mitnichten moralisch gut bzw. besser als die vielgescholtenen Manager.
Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es schwierig ist, die beiden Bank-Zusammenbrüche formell auf ESG usw. zurückzuführen. Am ehesten wäre das wohl noch bei der SVB möglich, die sich anfangs auf die Finanzierung von Start-ups des Internet-Hypes um die Jahrtausendwende konzentrierte. Viele der damals geförderten jungen Unternehmen wurden profitabel und dann meist von etablierten Konzernen übernommen. Beim Klima-Hype war der Weg zur Rentabilität ungleich schwieriger, weil die hier ausgekochten Innovationen auf eine abstrakte Bedrohung (den hypothetischen Klimakollaps) antworteten, die nicht so leicht in geschäftliche Vorteile umsetzbar sind, weil sie in der Regel mit Kostensteigerungen verbunden sind. Das Management beider Banken war wohl nicht auf Wertsteigerung im Sinne der Aktionäre fokussiert.
Die beiden Banken sind nicht, wie im Beitrag geschildert, im Zusammenhang mit ESG und CRS gestrauchelt. Insofern sind die Beispiele für den an sich richtigen Gedankengang, dass ESG und CRS nicht die Wirtschaftlichkeit allein dominieren können, falsch gewählt. Im kapitalistischen Wirtschaften kommt es grundsätzlich und regelmäßig zu solchen Aussortierungen. Das ist gut so, weil es insgesamt die Ertragsfähigkeit des Gesamtsystem steigert und am Ende allen nützt. Das ist Wettbewerb, tausendmal effektiver als Planwirtschaft. Aufgabe der Regierungen wäre es dafür zu sorgen, dass Unternehmen und Banken nie eine Größe erreichen dürfen, durch die sie im Falle des Scheiterns systemrelevant werden. Und scheitern werden im Zeitverlauf am Ende alle Unternehmen und Banken, das ist guter Kapitalismus. Unsere Regierungen handeln falsch, da sie dafür sorgen, dass Gewinne unangetastet bleiben und gleichzeitig Verluste per Steuergeld vergesellschaftet werden.
Noch falscher, oder besser widerlicher handeln Regierungen, weil sie die Bürger missionieren und ihnen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben, was sie essen sollen, wie sie heizen sollen, wie mobil sie sein dürfen, wie ihr Haus auszusehen hat, ob und wie sie sich impfen lassen müssen, dass sie ihre Nachbarn überwachen und verpetzen sollen, für was sie in den Krieg ziehen sollen, …
Wind-und Solarstrom rechnet sich leider solange der mit Vorrang ausgestattete teuerste Lieferant den Preis bestimmt. – Dieses unsinnige Privileg ist lediglich auch weiterhin „sicher“, weil seine Streichung ein wirtschaftliches und politisches Erdbeben zur Folge hätte.
Zu hoffen ist allerdings, dass weitere Investitionen gebremst werden und insbesondere die irrsinnigen Eskalationen, wie z. B. in Wasserstoff als Energiespeicher unterbleiben.
Das Märchen von Klimawandel und Energiewende wird allerdings weiter Parole bleiben, damit nicht zu viele Bürger erkennen, dass sie schamlos betrogen werden.