Tag des Artenschutzes: Vor 50 Jahren wurde das Washingtoner Abkommen unterzeichnet.  Doch mit einer „Notverordnung“ hat die Ampelregierung den Schutz nun praktisch außer Kraft gesetzt

Dagmar Jestrzemski (Red. PAZ)*

Der Welttag des Artenschutzes am 3. März soll an das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (auch CITES genannt) erinnern, das am 3. März 1973 unterzeichnet wurde. Jedoch war das Datum in diesem Jahr Anlass, bittere Bilanz aufgrund einer Politik zu ziehen, die den Artenschutz nicht mehr als tragende Säule für den Erhalt der Ökosysteme wahrnimmt und damit unsere existentiellen Lebensgrundlagen gefährdet.

Hinsichtlich der Klimapolitik ist unsere Demokratie de facto den autoritären und diktatorischen Herrschaftssystemen sehr nahe gekommen. Im Februar trat eine „Notverordnung“ des Wirtschafts- und Energieministers Habeck zur Durchsetzung eines schnelleren Ausbaus der Windenergie in Kraft. Für 18 Monate sollen auf dieser Basis die Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Windkraftanlagen an Land und auf See beschleunigt werden. Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtliche Prüfungen müssen nicht mehr vorliegen. Erforderlich ist lediglich eine „strategische“ Umweltprüfung für Windeignungsgebiete. Mindestabstände zwischen Wohnbauten und Windrädern gelten nicht mehr, und auch die Beteiligung der Öffentlichkeit an den Genehmigungsverfahren ist ausgehebelt. Unter Berufung auf die willkürlich festgesetzten politischen Klimaziele segnete das Kabinett die vom BUND befürchtete „Hauruck-Novelle“ Habecks ab. Zuvor hatten BUND und Nabu die mehrfach verschärften energiepolitischen Ziele der Bundesregierung mitgetragen. Nun fühlen sie sich hintergangen.

„Offensichtlich rechtswidrig“

Umgehend legte Brandenburgs Landtag neue Flächenziele für die Windkraft fest. Im Land sind bis Ende 2027 1,8 Prozent und bis Ende 3032 2,2 Prozent der Fläche für den Bau neuer Windparks auszuweisen. Landschaftsschutzgebiete können mit einbezogen werden, Umweltprüfungen sind nicht mehr erforderlich. Für Vorranggebiete gilt der im Mai 2022 beschlossene Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Windrädern und Wohnbebauungen nicht mehr. Nahezu dieselben Vorgaben beschloss auch der Landtag in Nordrhein-Westfalen.

Der Verein Naturschutz Initiative (NI) und der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) kritisieren die Pläne des Ministers scharf. Noch nie seit der Flurbereinigung in den 1960er und 70er Jahren sei der Naturschutz so missachtet und demontiert worden wie unter dieser Ampelregierung, erklärten die Bundesvorsitzenden Harry Neumann und Johannes Bradtka. Mit der Aussetzung des gesetzlich gebotenen Artenschutzes durch Politik, Behörden und willfährige Gutachter zugunsten eines forcierten Ausbaus von Windkraft und Photovoltaik würden die Ergebnisse der Weltnaturkonferenz in Montreal vom Dezember 2022 zum Schutz der Biodiversität konterkariert. Das Vorgehen des Wirtschaftsministers sei ein massiver und offensichtlich rechtswidriger Angriff auf den Natur- und Artenschutz sowie auf die Beteiligung von Bürgern und Umweltverbänden. Die Bundesregierung verstoße gegen den Artikel 20 a des Grundgesetzes, durch den unsere Lebensgrundlagen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen zu schützen sind. Die NI lässt die „Notverordnung“ rechtlich überprüfen.

Die ironischerweise als grün bezeichnete, raumgreifende und rohstoffverschlingende Wind- und Solarindustrie sorgt weltweit zunehmend für Kollateral-Schäden an den Ökosystemen. Insbesondere tragen Windparks in erheblichem Umfang zum Insektensterben bei und stellen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine der Hauptursachen für die erschreckende Abnahme insbesondere der Feld- und Wiesenvögel dar. Berechnungen einer Studie des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums zufolge werden jährlich etwa 1200 Tonnen Insekten durch Kollisionen mit Windradrotoren (Durchmesser bis 180 Meter) vernichtet. 

Darauf bezogen sich Bundestagsabgeordnete der AfD im September 2019 bei ihrer Forderung an die Bundesregierung, das Ausmaß des Insektensterbens an Windkraftanlagen auch in Verantwortung für künftige Generationen umfassend untersuchen zu lassen. Eine Reaktion der Regierung blieb aus. Nicht verwunderlich, dass auch die Ampelregierung und die Ämter um jeden Preis vermeiden wollen, den Insektenschwund mit der Windkraft in Verbindung zu bringen.

Kürzlich protestierte die schwedische Aktivistin Greta Thunberg in Oslo zusammen mit Aktivisten der Sami gegen den Bau von 151 Windrädern im Norden Norwegens, wo Angehörige der samischen Urbevölkerung Skandinaviens noch die traditionelle Rentierzucht betreiben. Ein Teil der Windräder gehört der Stadt München. „Eine Klimawende, die die Menschenrechte verletzt, ist keine Klimawende, die ihres Namens würdig ist“, erklärte Thunberg den erstaunten Reportern. Noch ist keine endgültige Entscheidung gefallen. Gänzlich ungestört betreibt hingegen die schwedische Regierung seit Jahren den Windparkausbau in der seit Menschengedenken unberührten Wildnis Lapplands. Nahe der Stadt Piteå entsteht Europas größter Windpark Markbygden.

Insektentod durch Rotoren

Gemeinsam mit dem deutschen Hersteller Enercon errichtet das deutsch-schwedische Unternehmen Svevind in einem der letzten ausgedehnten Weidegebiete der frei lebenden Rentiere insgesamt 1101 Räder. Die neuesten Giganten in der europäischen Taiga sind mit 300 Metern fast so hoch wie der Eiffelturm. Darüber berichtete kürzlich die Phoenix-Dokumentation „Der Stress der Rentiere“. Ein Mitarbeiter des Windparks behauptete, die Rentiere würden nur während der Bauphase der Windräder unter Stress stehen. Lachend erklärte er, dass er neulich 15 schlafende Rentiere unter einem Windrad gesehen habe. Grund dafür sei der enorme Auftrieb der Luft durch die Rotoren der Windräder. Dadurch würden die Insekten hochgewirbelt und die Rentiere wären von der Mückenplage befreit.

Diese Beobachtung erhellt die unglaubliche Verantwortungslosigkeit aller Beteiligter, permanent bedenkenlos derart gewaltige Luftumwälzungen zu erzeugen, deren Auswirkungen auf das lokale bis regionale Wettergeschehen unausbleiblich sind. Weiterhin erklärt diese Beobachtung den Mechanismus der Insektenvernichtung, wobei die Verwirbelung der Insekten durch die Windradrotoren erstaunlicherweise schon am Boden ansetzt.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung;  17. März 2023, S.12; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie der Autorin  Dagmar Jestrzemski  für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln :   https://www.preussische-allgemeine.de/ ; Hervorhebungen im Text: EIKE-Redaktion.

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