von Jürgen Langeheine
„Windenergie ist kostenlos!“ verkündet Wirtschafts- und „Klimaminister“ Habeck ständig. Eine politische Aussage, die bei dem Versuch, diese Energien für zivilisatorische Zwecke massiv zu nutzen, zu katastrophalen Schäden bezüglich landwirtschaftlicher Erträge, zu weitreichenden Umweltschäden und verstärkter Klimaerwärmung führt.
Die Umwandlung von Windenergie in elektrische Energie durch Fotovoltaik- Felder und Windfarmen bedeutet einen massiven Eingriff in den Energiehaushalt der unteren Atmosphäre. Es erfolgt nicht nur eine Umverteilung der Energie selbst, sondern ein wesentlich maßgeblicherer Eingriff in den Wasserkreislauf.
Abgesehen von einer geringen, durch radioaktive und chemische Prozesse im Erdinneren erzeugte Menge, bezieht die Erde ihre Energie von der Sonne. Diese liefert jährlich eine Strahlungsenergie von 5,36· 106 EJ.
(1EJ sind 1018 J), (1 J = 1Watt·Sekunde)
Etwa 30% dieser jährlichen Einstrahlung wird sofort wieder ohne energetische Wirkung von der Erde und ihrer Atmosphäre in den Weltraum zurückgestrahlt.
Abb.1: Die Verteilung der solaren Einstrahlung über die Breitenkreise der Erde: obere durchgezogene Kurve, Einstrahlung der Sonne; untere durchgezogene Kurve, Energieabsorption des Gesamtsystems Erdoberfläche, Ozean, Atmosphäre; gestrichelte Kurve, Infrarot-Abstrahlung des Gesamtsystems Erdoberfläche, Ozean, Atmosphäre in Watt/m² (Sellers 1968)1
Die restlichen 3,75· 106 EJ entfalten ihre Wirkung auf der Erdoberfläche und in der Atmosphäre und führen zu einer bezüglich der Breitengrade schwach veränderten Abstrahlung jedoch in gleicher absoluter Größe s. Abb.1.
Die in der Atmosphäre, vorwiegend als Wasserdampf ständig enthaltene Wassermenge beträgt ca. 1,3 · 1013 m³ (Langeheine, 2012)2. Verteilt man dieses Volumen auf die Erdoberfläche von 511· 106 km², so ergibt sich eine Wassersäule von ca. 25 mm.
Die mittlere Niederschlagsrate beträgt weltweit ca. 1000mm Wassersäule pro Jahr (Baumgartner und Reichel 1975)3. Es fallen danach ca. 511· 1012 m³ Niederschlag pro Jahr, Das bedeutet, dass der Zyklus Verdampfung mit Wärmeaufnahme an der Erdoberfläche und Kondensation mit Wärmeabgabe in der Atmosphäre ca. 40mal pro Jahr abläuft und die mittlere Verweilzeit des Wassers in der Atmosphäre ca. 10 Tage beträgt.
Eine genauere Aufschlüsselung der Flüsse (Baumgartner und Reichel 1975) im globalen Wasserkreislauf zeigt die folgende Abbildung:
Tab 1: Wasserkreislauf in der Atmosphäre (Baumgartner und Reichel 1975)
Mit der Verdampfungswärme von Wasser von 2256 kJ/kg bedeutet das einen Transport von latenter Energie von ca. 1,09·106 EJ pro Jahr in die obere Atmosphäre. Diese Energie wird überwiegend in den Weltraum abgegeben. Damit stehen der Erde noch ca. 2,5· 106 EJ pro Jahr zur Verfügung.
Dieser Energietransport wird durch Luftbewegungen in der Atmosphäre bewirkt. Eine erste Abschätzung der in der Atmosphäre enthaltenen kinetischen Energie stammt von Lorenz, E.N., 19764 und Peixoto J.P.; Quort, A.H.; 19925. Ca.1% der von der Erde absorbierten Sonnenenergie sollen in kinetische Energie umgewandelt werden. Damit wären in der Bewegungsenergie der Luftmassen ca. 2,5· 104 EJ pro Jahr enthalten.
Die Dichte und Temperatur der Luft nimmt mit wachsendem Abstand zur Erdoberfläche ab. Beides führt zu einem mit zunehmender Höhe stark verringerten Wassergehalt der Atmosphäre. Ca. 90% des Wassergehaltes der Atmosphäre verteilen sich auf die ersten 5500 Höhenmeter. Wetterprozesse spielen sich deshalb im Wesentlichen in einem Höhenbereich bis ca. 5500m ab.
Geht man davon aus, dass die gesamte Niederschlagsmenge von 483· 1012 m³ pro Jahr in Form von Wasserdampf durch die Luftbewegungen in der Atmosphäre auf die Höhe von ca. 5500m transportiert wird, so ist eine Energie von ca. 2,75· 204 EJ pro Jahr in Form von Hubarbeit erforderlich, die von der Luftströmung aufgebracht werden muss. Diese Berechnung bestätigt die oben angeführten Angaben von Peixoto J.P und Quort 1992 und Lorenz 1967.
Ausgehend von einer Bewegungsenergie der Luftmassen ca. 2,75· 104 EJ pro Jahr ergibt sich eine auf die Fläche der Erde bezogene jährliche gemittelte Windenergie von 5· 107 J/m².
Dieser Energiebetrag stellt das 40-fache des heutigen Energieverbrauchs dar und scheint über die Ausnutzung dieser im Wind enthaltenen Energie eine unerschöpfliche Energiequelle für die Menschen zu sein. Die Frage stellt sich jedoch nach der Reaktion der Atmosphäre bei einer verstärkten Energieentnahme.
Die kinetische Energie der Atmosphäre wird durch den Wind beobachtbar. Der geostrophische Wind*, der eng mit den wahren Luftströmungen in der oberen Atmosphäre verbunden ist, erlaubt eine verlässliche Aussage über Veränderungen der kinetischen Energie der Atmosphäre.
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*Als Geostrophie bezeichnet man in der Physik und Meteorologie das Gleichgewicht zwischen Corioliskraft und Druckgradientenkraft bei Strömungen an der Erdoberfläche. Sie ist eine Vereinfachung für ein reibungsfreies System. Den in der Atmosphäre oberhalb der planetaren Grenzschicht resultierenden Wind nennt man geostrophischen Wind
2020 betrug die weltweit installierte Leistung von Windkraftanlagen im „onshore“ und „offshore“ Betrieb ca. 750 GW. Bei einer durchschnittlichen Auslastung der Nennkapazität von 40% wurden durch den Betrieb der Anlagen der kinetischen Energie des Windes ca. 10 EJ entzogen und anderen Orten in Form von Wärme freigesetzt. Das sind 0,13% der jährlichen über die Landflächen der Erde gemittelten Windenergie.
In Deutschland findet der weltweit stärkste Entzug von kinetischer Energie aus der Atmosphäre statt. Abb. 2 zeigt die Verteilung von Windkraftanlagen mit der im Norden hohen Flächendichte.
Abb. 2: Flächendichte der Windkraftanlagen im Norden Deutschlands
Innerhalb Deutschlands ist Niedersachsen das Land mit der höchsten Flächendichte. Auswirkungen durch den Entzug kinetischer Energie durch den Betrieb dieser Anlagen können hier am deutlichsten erkannt werden.
Bezogen auf die Landfläche von Niedersachsen (47614km²) hat die mittlere, im Wind enthaltene kinetische Energie einen Betrag von 2,4 EJ.
Im Jahr 2019 listet die Statistik für Niedersachsen allein 6342 Windkraftanlagen an Land mit einer Leistung von ca. 11000 MW auf. In Küstennähe befinden sich Windkraftanlagen mit einer Leistung von ca. 1000 MW. Bei einer 40-prozentigen Auslastung der Anlagen werden der kinetischen Energie der Atmosphäre ca. 0,35 EJ entsprechend ca. 15% entzogen. Das ist ein um den Faktor 100 höherer Wert als das weltweite Mittel.
Da die kinetische Energie des Windes mit dem Quadrat der Windgeschwindigkeit steigt, bedeutet eine Energieabnahme von 15 % eine Reduktion des geostrophischen Windes über Niedersachsen um ca. 10 %.
Die folgende Abb.3 aus dem Niedersächsischen Klimareport6 zeigt ein deutliches Absinken der geostrophischen Windgeschwindigkeit nach 1990, den Jahren des verstärkten Ausbaus der Windenergie.
Abb.3; Jahresmittel des geostrophischen Windes, berechnet aus den bodennahen Luftdruckdaten der Stationen Hamburg, Emden und List
Das Niedersächsische Klimaministerium fordert einen Ausbau der Windenergie auf ca. 30 GW ( Minister Olaf Liess) und unterliegt damit der gleichen Fehleinschätzung wie Wirtschaftsminister Habeck. Bei Realisierung dieses Zieles würde das einen Entzug von ca.1 EJ bzw. 40 % aus der kinetischen Energie des Windes über Niedersachsen (von 2, 4 EJ) bedeuten. Die mittlere geostrophische Windgeschwindigkeit würde um 22,5% sinken.
Abgesehen davon, dass die verringerte Windgeschwindigkeit eine Verringerung der Leistung installierter Windkraftanlagen bedeutet, steuert Niedersachsen mit dem Ausbau der Windenergie auf eine agrarpolitische Katastrophe zu, da eine verringerte Windgeschwindigkeit eine verringerte Verdunstung und geringere Niederschläge bedeutet. Die Landwirtschaft Niedersachsens wird durch den bevorstehenden Wassermangel massiv gefährdet.
Die derzeitige Verdunstungsrate für Niedersachsen liegt bei 550mm/a. Da die Verdunstungsrate proportional zur Windgeschwindigkeit ist, ist jetzt schon von einer Verringerung der Verdunstung und damit auch einer Verringerung der Niederschläge um 10% in den letzten Jahren auszugehen.
Dieser Prozess wird sich weiter verstärken und bei Realisierung der Ausbaupläne für Windkraft eine Reduktion der derzeitigen Niederschläge (750mm pro Jahr) um 20% bewirken. Im Jahresmittel könnten dann nur noch ca. 600mm /m² Niederschlag fallen und würden deutliche Ertragseinbrüche in der Landwirtschaft zur Folge haben.
Durch die nicht verdampfte Wassermenge entfällt auch die Bodenkühlung, die Verdampfungswärme wird dem Boden nicht entzogen. Eine höhere Temperatur in Bodennähe ist die Folge, und die durch die Klimaänderung hervorgerufene Temperaturerhöhung wird noch verstärkt.
Wie die nachfolgende Abbildung 4 einer Windfarm der Firma Vattenfall7 deutlich zeigt, hat die Energieentnahme durch Windfarmen Auswirkungen über große Entfernungen. Die Energieentnahme führt zu einer Druckreduktion hinter den Windkraftanlagen und damit zur Übersättigung der mit Wasser gesättigten Luft oberhalb der Wasseroberfläche. Der Wasserdampf kondensiert und bildet den durch Strömungsturbulenzen verstärkten Nebelschleier hinter den Windkraftanlagen.
Abb. 3 Windpark, Vattenfall7
Der sog. „wake“ Effekt (Nachlauf- Effekt) ist bis zu 50 km hinter einer Windfarm messbar, wie Untersuchungen von Platis, A. et al. 20187 zeigen. Bei Umgebungswindgeschwindigkeiten von ca.10m/sec konnte eine Zone von bis zu 3m/ sec reduzierter Windgeschwindigkeit in einer Entfernung von 5 km von den Anlagen nachwiesen werden. In 45 km Entfernung war noch eine Reduktion von 1m/sec zu beobachten. s. Abb.5
Abb. 5 Satellitenbild eines „Wake“ Effekts, erzeugt von Windkraftanlagen der drei Windparks Amrumbank West, Nordsee Ost und Meerwind Süd/Ost. Die weißen Punkte sind das Radarsignal der Windkraftanlagen, der dunkle Schatten das Gebiet geringerer Strömungsgeschwindigkeit7
Wind ist eine begrenzte Ressource und nicht kostenlos, wie Wirtschaftsminister Habeck ununterbrochen verlauten lässt. Wenn kinetische Energie, wie in einem Goldrausch in immer größerem Umfang abgeschöpft wird, werden im Umfeld dieser Anlagen massive Umweltschäden auftreten. Abgesehen davon, dass installierte Windfarmen immer weniger Ertrag liefern, werden die Grundwasserstände weiter sinken, Wälder und Landschaften werden unter Wassermangel leiden, die Vogel- und Insektenwelt wird massiv beeinträchtigt und der Klimawandel wird verstärkt.
Um die Bevölkerung vor unabsehbaren Folgen durch die Abschöpfung der kinetischen Energie des Windes zu schützen, ist dringend ein Moratorium gegen den weiteren Ausbau der Energieerzeugung durch Windenergieanlagen erforderlich.
Literatur:
1. Sellers, W.D. 1966, Physical Climatology, Chicago, Univ. of Chicago Press 272pp (49,54)
2. Langeheine, J. 2012, Energiepolitik in Deutschland- das Geschäft mit der Angst, Athene Media- Verlag ISBN 978-3-86992-054-2
3. Baumgartner, A; Reichel, E. 1975 Die Wasserbilanz, Oldenbourg, München
4. Lorenz, E. N. 1967: The nature and theory of the general circulation of the atmosphere. World meteological organization, 1967
5. Peixoto, J. P; Oort, A.H. Physics of Climate, AIP Press, 1992, 520p.
6. Niedersächsischer Klimareport 2018
7. Platis, A., Siedersleben, S., Bange, J. et al. First in situ evidence of wakes in the far field behind offshore wind farms. Sci Rep 8, 2163 (2018). https://doi.org/10.1038/s41598-018-20389-y
Das typische Lösungsmuster im Vorreiterland steht doch schon: Klima- und Wetter-Ungemacht ist heute und zukünftig Folge des menschengemachten Klimawandels! Zweifel gibt es keine, wofür schon die Windkraft-Lobby sorgt. Demzufolge müssen wir bei Windschwund und zunehmender Trockenheit die grünen Anstrengungen gegen den „Klimawandel“ verdoppeln und noch mehr Windmühlen und Solarpaneele errichten – mit „höchster Dringlichkeit“!
Eigene Fehler bei der Klima- und Energiewende-Politik haben unsere Regierenden noch nie eingeräumt – das wird auch so bleiben! Und wenn wir uns auf den Kopf stellen, der forcierte Ausbau von Wind und Sonne bleibt oberstes Staatsziel zur „Klima-Weltrettung“! An grünen Klima- und Energiewende-Dogmen wird nicht gerüttelt! Nach uns die Sintflut…
Ich verstehe die Aussage Habecks sowieso nicht. Erdöl und Erdgas schicken doch auch keine Rechnung – sie sind einfach da und für uns zum Verbrauch. Daraus Strom zu erzeugen kostet dagegen viel Geld, bei wind nicht nur drastisch mehr in monetärer, sondern auch in die Umwelt schädigender Sicht.
Was also soll das Geschwafel?
MfG
Von alleine wandelt sich das Gas leider auch nicht in Strom. Und irgendwann ist es alle. Was machen wir dann?
Dann packen wir das noch nicht endgelagerte Uran/Plutonium-Zeugs in Dual Fluid Reaktoren oder ähnliche bereits projektierte Energieerzeuger.
Und das müssen wir früh genug machen, denn Kohle/Koks/Öl und Gas werden ja nicht nur zum Stromerzeugen gebraucht. Also da brauchen wir schon Reserven.
Planwirtschaft ist Kacke, aber völlig ohne Plan geht auch nicht!
Tolle Idee! Nur…
1. Gibt es diese Technik noch nicht
2. Löst auch dieses Konzept nicht das Problem der endlichen Rohstoffe, die man dafür bräuchte
Die Frage bleibt: was machen wir dann?
Thorium reicht für mindestens 1 Mio. Jahre. Und die Fusion dauert zwar noch, aber so lange dann doch nicht. Nicht gerade intelligent, sich ausschließlich auf Sonne und Wind zu fixieren…
Welches Jahr für die Inbetriebnahme eines echten Thorium- oder Fusionsreaktor würden Sie als realistisch einschätzen?