Francis Menton

In diesem verrückten Moment ist der größte Teil der „westlichen“ Welt (Europa, die USA, Kanada, Australien) wild entschlossen, ein „Netto-Null“-Energiesystem zu erreichen. So wie ich dieses Konzept verstehe, bedeutet es, dass innerhalb von zwei oder drei Jahrzehnten die gesamte Stromerzeugung von dem derzeitigen, überwiegend aus fossilen Brennstoffen bestehenden Erzeugungsmix fast vollständig auf Wind- und Sonnenenergie sowie Speicher umgestellt wird. Darüber hinaus muss der gesamte oder fast der gesamte Energieverbrauch, der derzeit nicht auf Elektrizität beruht (z. B. Verkehr, Industrie, Wärme, Landwirtschaft), auf Elektrizität umgestellt werden, so dass die Energie für diese Bereiche ebenfalls ausschließlich durch Wind, Sonne und Batterien bereitgestellt werden muss. Da Strom derzeit nur etwa ein Viertel des Endenergieverbrauchs ausmacht, bedeutet dies, dass wir bald ein rein elektrisches Energieerzeugungs- und -verbrauchssystem haben werden, das etwa das Vierfache der Leistung unseres derzeitigen Stromsystems erzeugt, und zwar ausschließlich aus Wind- und Sonnenenergie, die nur bei Bedarf durch Batterien oder andere Speicher unterstützt wird.

Eine vernünftige Frage ist, ob jemand daran gedacht hat, ein Pilotprojekt in kleinem bis mittlerem Maßstab durchzuführen, um zu zeigen, dass dies machbar ist? Wie wäre es, bevor man sich für eine Milliarde Menschen auf „Netto-Null“ einlässt, es an einem Ort mit, sagen wir, 10.000, 50.000 oder 100.000 Menschen auszuprobieren. Man sollte sehen, ob es tatsächlich funktionieren kann und wie viel es kosten wird. Wenn es dann zu vertretbaren Kosten funktioniert, sollte man es ausweiten.

Soweit ich das beurteilen kann, ist das noch nie irgendwo gemacht worden. Es gibt jedoch etwas, das dem sehr nahe kommt. Eine Insel namens El Hierro, die zu den Kanarischen Inseln gehört und Teil Spaniens ist, hat vor mehr als einem Jahrzehnt mit dem Bau eines Stromsystems begonnen, das nur aus Windturbinen und einem Wasserspeicher besteht, der mit Pumpen betrieben wird. El Hierro hat etwa 11.000 Einwohner. Sie ist eine sehr gebirgige Vulkaninsel und bot daher einen günstigen Standort für den Bau eines großen Pumpspeicherkraftwerks mit einem oberen Stausee in einem alten Vulkankrater, der direkt an einer Klippe liegt, und einem unteren Stausee knapp über dem Meeresspiegel. Der Höhenunterschied zwischen den beiden Stauseen beträgt etwa 660 Meter. Hier ist ein Bild des oberen Reservoirs mit Blick auf den Ozean, um Ihnen eine Vorstellung davon zu geben, wie günstig dieser Standort für Pumpspeicherkraftwerke ist:

Das Wind-/Speichersystem von El Hierro wurde 2015 in Betrieb genommen. Wie hat sie sich geschlagen? Ich würde sagen, dass es bestenfalls eine riesige Enttäuschung ist, eigentlich an eine Katastrophe grenzt. Es hat den Traum von 100 % Wind-/Speicherstrom für El Hierro nie auch nur annähernd verwirklicht. Stattdessen liegt der Durchschnitt über ein ganzes Jahr bei 50 % oder weniger (obwohl es einige beträchtliche Zeiträume mit über 50 % gab). Da außerdem nur etwa ein Viertel des Endenergieverbrauchs von El HIerro auf Strom entfällt, hat das Projekt kaum 10 % des Verbrauchs an fossilen Brennstoffen auf El Hierro ersetzt.

Hier finden Sie die Website des Unternehmens, das das Wind-/Wassersystem betreibt, Gorona del Viento. Machen Sie sich bereit für ein paar aufgeregte, fröhliche Gespräche:

Ein Windpark erzeugt Energie, die in das Stromnetz der Insel eingespeist wird, um die Nachfrage der Bevölkerung nach Strom zu decken. Die überschüssige Energie, die nicht direkt von den Bewohnern der Insel verbraucht wird, wird genutzt, um Wasser zwischen zwei Stauseen in unterschiedlichen Höhenlagen zu pumpen. In Zeiten des Windmangels wird das im oberen Stausee gespeicherte Wasser in den unteren Stausee geleitet, in dem sich das windgepumpte Wasserkraftwerk befindet, um mit seinen Turbinen Strom zu erzeugen. … Das dieselbetriebene Kraftwerk wird nur in Ausnahmefällen in Betrieb genommen, wenn weder der Wind noch das Wasser ausreichen, um die Energie zur Deckung des Bedarfs zu erzeugen.

[Hervorhebung im Original]

Auf der Website mit den Produktionsstatistiken ist die Aufregung über die vermiedenen Kohlenstoffemissionen in Tonnen (15.484 im Jahr 2020!) und die Stunden, in denen 100% erneuerbare Energie erzeugt wird (1293 im Jahr 2020!), noch größer. Ich glaube, man hofft, dass Sie nicht wissen, dass ein Jahr mit 366 Tagen wie 2020 genau 8784 Stunden hat.

Aber wie wäre es mit ein paar echten Informationen darüber, wie viel des Stroms auf der Insel und des Endenergieverbrauchs dieses System erzeugen kann? Man folge den Links auf dieser Seite zu den Produktionsstatistiken, und man wird feststellen, dass das System im Jahr 2018 etwa 56% des Stroms für El Hierro produzierte, im Jahr 2019 54% und im Jahr 2020 42%. Für 2021 liegen noch keine Zahlen vor. Zumindest in den letzten drei Jahren scheinen sich die Dinge ziemlich schnell in die falsche Richtung zu entwickeln. Ich vermute, dass es nicht im Sinne des Erfinsders war, dass die Dieselgeneratoren nur unter „außergewöhnlichen Umständen“ in Betrieb genommen werden, wenn die Winderzeugung gering ist. Und da Strom nur etwa 25 % des Endenergieverbrauchs von El Hierro ausmacht, würden die gemeldeten Erzeugungsstatistiken bedeuten, dass der prozentuale Anteil der Wind-/Speicheranlage am Endenergieverbrauch im Jahr 2018 etwa 14 %, im Jahr 2019 13,5 % und im Jahr 2020 kaum 10 % betrug.

Warum baut man das System nicht einfach ein bisschen größer? Wenn dieses System etwa 50% +/- des Stroms von El Hierro liefern kann, kann man es dann nicht einfach verdoppeln, um auf 100 % zu kommen? Die Antwort lautet: absolut nicht. Die 50% können nur erreicht werden, wenn die Dieselgeneratoren immer zur Verfügung stehen, um bei Bedarf eine volle Unterstützung zu bieten. Andernfalls benötigt man massiv mehr Speicher, um eine wochenlange Windflaute zu überstehen, ganz zu schweigen von der Windsaisonalität, die bedeutet, dass man wahrscheinlich einen vollen Speicher für 30 Tage oder mehr benötigt. Mittels einer Tabellenkalkulation kann man herauszufinden, wie viel.

Roger Andrews hat die Berechnung für El Hierro in einem Beitrag vom Januar 2018 auf der Energy Matters-Website vorgenommen. Seine Schlussfolgerung: El Hierro bräuchte einen Pumpspeicher, der etwa 40-mal so groß ist wie der, den es gebaut hat, um die Dieselreserve loszuwerden. Andrews liefert zahlreiche Informationen über die Grundlage seiner Berechnungen und seine Annahmen, so dass man seine Berechnungen gerne noch einmal mit besseren Annahmen überprüfen kann. Leider geht er aber hauptsächlich davon aus, dass das Windaufkommen in einem bestimmten Jahr genauso sporadisch sein wird wie 2017.

Dann versuche man mittels des Bildes oben zu ergründen, wo oder wie El Hierro den 40 Mal größeren Stausee bauen will. Es ist an der Zeit, ein paar Milliarden Dollar für Lithium-Ionen-Batterien zu investieren – für 11.000 Menschen.

Und natürlich haben wir hier im Rest der Welt keine massiven Vulkankrater, die 600 m hoch auf einer Klippe direkt am Meer liegen. Für uns heißt es: Batterien oder nichts. Oder vielleicht bleiben wir vorerst bei den fossilen Brennstoffen.

Das, was einem „Demonstrationsprojekt“ für vollständig aus Windkraft gewonnenen Strom am nächsten kommt, ist also kläglich gescheitert und hat eigentlich nur bewiesen, dass das ganze Konzept zwangsläufig an der Notwendigkeit einer weitaus größeren Speicherkapazität scheitern wird als es auch nur im Entferntesten praktikabel oder erschwinglich ist. Der Gedanke, dass unsere politischen Entscheidungsträger in Richtung „Netto-Null“ vorpreschen, ohne die Machbarkeit zu demonstrieren, ist für mich völlig unverständlich.

[Hervorhebung vom Übersetzer]

This piece originally appeared at ManhattanContrarian.com and has been republished here with permission.

Link: https://cornwallalliance.org/2022/02/how-about-a-pilot-project-to-demonstrate-the-feasibility-of-fully-wind-solar-battery-electricity-generation/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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