Norman Hanert (Red. PAZ)*

Anstieg der Elektromobilität – Geringere Produktion von Windkraftanlagen – Verzicht auf Nord Stream 2 – Abschaltung von AKW und Kohlekraftwerken

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Bereits vergangenen Monat hatte der Chef des Amsterdamer Rohstoffhandelsunternehmens Trafigura, Jeremy Weir, gewarnt, dass sich die Verbraucher in Europa aufgrund der Liefersituation bei Erdgas im Falle eines strengen Winters auf Stromausfälle einstellen müssten. Obwohl sich inzwischen die Lage auf dem Strommarkt und auch bei der Gasversorgung Europas sogar noch zugespitzt hat, sieht die neue Bundesregierung offenbar noch immer keinen Handlungsbedarf.

Wie angespannt die Lage auf den Energiemärkten ist, bekommen derzeit schon Verbraucher zu spüren, die sich nach einem neuen Stromversorger umsehen. Eine ganze Reihe von Energiefirmen teilt potentiellen Neukunden mit, dass sie ihnen temporär keine Angebote machen könnten. Fast wortgleich heißt es bei diesen Stromlieferanten: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt überarbeiten wir gerade unsere derzeitigen Tarife und Angebote.“

Bei einige lokalen Grundversorgern müssen sich die Verbraucher bei Neuverträgen auf gepfefferte Strompreise im Bereich von 50 bis über 70 Cent einstellen. Zum Vergleich. Im ersten Halbjahr zahlten deutsche Stromkunden im Durchschnitt 32,62 Cent für die Kilowattstunde.

Billiganbieter vom Markt gefegt 

Die explodierenden Preise für Gas und Strom haben inzwischen die ersten Billiganbieter vom Markt gefegt. Diesen Monat stellten Billigdiscounter wie Grünwelt, Gas.de, Neckermann Strom oder Stromio ihre Lieferungen ein oder meldeten Insolvenz an, weil sie sich außerstande sahen, ihre Kunden weiterhin zu den vertraglich vereinbarten Preisen zu beliefern. Neckermann Strom wies in einer Mitteilung darauf hin, dass die Preise im Stromgroßhandel gestiegen sind „wie noch nie“ : „Der Durchschnittspreis lag dieses Jahr fast viermal so hoch wie im Vorjahr.“ Als Gründe nannte das Unternehmen die „rasche Erholung der Wirtschaft“, „den rasanten Anstieg der Elek-tromobilität bis zu einer deutlich geringeren Produktion der Windkraftanlagen“. Das Unternehmen weiter: „Auch die Problematiken um Nord Stream 2, führten zu explodierenden Gaspreisen. Gas wird nicht nur zum Heizen, sondern auch zur Stromerzeugung genutzt.“

US-Flüssiggas ist keine Lösung

Obwohl einige Leitmedien berichteten, eine Tankerflotte mit US-amerikanischem Flüssiggas sei bereits auf dem Weg nach Europa, ist eine Entspannung auf dem Energiemarkt vorerst nicht in Sicht. Nach Recherchen des Wirtschaftsdienstes Bloomberg haben von 76 Tankern, welche die US-Küsten mit Flüssiggas verlassen haben, derzeit zehn Schiffe Europa zum Ziel. Deren Ladung soll nach Berechnungen von Bloomberg 1,6 Millionen Kubikmetern Gas entsprechen. Zum Vergleich: Der Erdgasverbrauch aller EU-Länder lag im Jahr 2020 bei rund 380 Milliarden Kubikmeter. Die „Tankerflotte“ kann vor diesem Hintergrund die Gasversorgung des Kontinents zur Winterzeit allenfalls für einige Minuten sichern.

Energiewende in Deutschland

Der Umstand, dass Flüssiggas aus den USA überhaupt nach Europa verschifft wird, ist jedoch ein wichtiges Signal, und zwar nicht für die Versorgungssicherheit, sondern für das extreme hohe Preisniveau, das inzwischen auf dem europäischen Energiemarkt erreicht ist.

Tatsächlich entspannen könnte die angespannte Versorgungslage die neue Bundesregierung. Die Ampelkoalition hält allerdings an dem Fahrplan zur Stilllegung von Kraftwerken fest. Zum Jahreswechsel gehen nicht nur die drei Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf vom Netz, sondern auch noch zehn Kohlekraftwerke. Insgesamt stehen damit ab Jahresbeginn 8900 Megawatt an grundlastfähiger Kraftwerksleistung nicht mehr zur Verfügung.

Wartungsarbeiten in Frankreich

Obendrein kann sich Deutschland in diesem Winter nicht darauf verlassen, dass Strom aus Frankreich zur Verfügung stehen wird, um die deutsche Versorgung zu sichern. Zurzeit stehen gleich vier französische Kernkraftwerke wegen Wartungsarbeiten teilweise bis in den März und den April hinein still. Insgesamt fehlen damit in diesem Winter weitere 6000 Megawatt Kraftwerksleistung im europäischen Stromnetz.

Koalitionsstreit bei der „Ampel“

Im Fall der fertiggestellten Gasleitung Nord Stream 2 liefert sich die neue Bundesregierung kurz nach ihrem Start einen handfesten internen Streit. Aus Sicht von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) handelt es sich bei der Ostseeleitung mit einer Kapazität von 110 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr um ein privatwirtschaftliches Vorhaben. Die Erteilung einer Betriebserlaubnis für die Leitung will Scholz der zuständigen Genehmigungsbehörde überlassen. Dagegen beharrt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf ihrer Ansicht, dass ein Betrieb der Ostsee-Pipeline derzeit nicht genehmigt werden könne, weil Vorgaben des europäischen Energierechts nicht erfüllt seien und „die Sicherheitsfragen ohnehin noch im Raum stehen“.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung;  31. Dezember 2021, S.7; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie dem Autor Norman Hanert für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln :   https://www.preussische-allgemeine.de/ ; Hervorhebungen im Text: EIKE-Redaktion.

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