Zumindest, was den Deutschlands Ertrag netto anbelangt. Denn diese Woche zeichnet sich durch eine mäßige und verhältnismäßig wenig volatile regenerative Stromerzeugung aus. Nur drei kleine Windbuckel (Abbildung), sehr wenig PV-Strom und eine nochmals sinkende Stromerzeugung regenerativ zum Wochenende machen es der konventionellen Stromerzeugung leicht, ihre Produktion der regenerativen (Abbildung 1) nachzuführen. Es entstehen kaum Strom-Versorgungslücken. Polen, Dänemark, Schweden und Norwegen exportieren annähernd durchgängig Strom nach Deutschland und verdienen gut (Abbildung 2). Das Preisniveau ist hoch. Niemals werden die 100€/MWh unterschritten (Abbildung 3). Unter dem Strich aber verdient Deutschland in der 47. Analysewoche gut 144 Mio. € am Exportstrom. Detaillierte Belege für die oben gemachten Aussagen und viele weitere Werte und Analysen, auch im Vergleich zu den Jahren seit 2016 bis 2020.

Am 5.12.2021 schickte mir unser Kraftwerk-Insider, der bereits mit diesem Artikel für Furore sorgte, diese E-Mail:

[…] Ist Ihnen […] auch aufgefallen, dass die zwei Großkraftwerke aus der 2. Kohleausstiegsauktion noch immer munter weiterlaufen? Ich meine das KW Mehrum und die Eon-Anlage in Wilhelmshaven. Anfang April ’21 wurde noch überall rumgetönt, dass diese beide Kraftwerke in der Stilllegungsauktionierung „gewonnen“ hätten und zum 08.Dezember ’21 die Kohleverstromung an diesen Standorten beendet sein würde. Seitdem finde ich dazu aber keine Nachrichten mehr.

Auf den Seiten der BNetzA werden diese beiden KW auch nicht als systemrelevant gelistet, was m.E. die einzige Möglichkeit wäre dem Kohleverstromungsverbot ab Dezember zu entgehen. Was ist denn da los? Laut KVBG müssten die jetzt zwingend abschalten (§ 51 Verbot der Kohleverfeuerung), aber offenbar passiert da nix.

Mir ist klar, dass diese Abschaltungen jetzt Wahnsinn wären, aber sollte da vielleicht nicht mal irgendwo transparent gemacht werden, warum man da offenbar „vom Plan“ abweicht und meiner Ansicht nach auch gegen das KVBG verstößt? Wissen Sie da vielleicht Näheres, oder könnten Sie bei der BNetzA nicht mal eine journalistische Anfrage einreichen?

Was ich selbstverständlich sofort gemacht habe. Die Antwort der Pressestelle der Bundesnetzagentur kam prompt:

[…] Die Steinkohlekraftwerke Mehrum (Block 3) und Wilhelmshaven haben an der 2. Ausschreibungsrunde zur Beendigung der Kohleverfeuerung teilgenommen und einen Zuschlag erhalten. Das Steinkohlekraftwerk Wilhelmshaven ist nicht als systemrelevant eingestuft worden und stellt den Betrieb zum 8.12.2021 ein. Das Steinkohlekraftwerk Mehrum (Block 3) ist seitens des zuständigen Übertragungsnetzbetreibers Tennet und der Bundesnetzagentur als systemrelevant eingestuft worden. Die Anlage wird vom Übertragungsnetzbetreiber für einen eingeschränkten Zeitraum noch zum Redispatch benötigt, um kritische Netzüberlastungen zu vermeiden. Die Systemrelevanz endet am 31.03.2023. Im Anschluss ist die Anlage unmittelbar stillzulegen. Freundliche Grüße Im Auftrag

Bleibt die Frage offen, weshalb die Bundesnetzagentur die nachtägliche Einstufung des Blocks 3 von Mehrum als systemrelevant nicht veröffentlicht hat. Ich befürchte, nach Abschalten von drei Kernkraftblöcken zum 31.12.2021, also in ein paar Wochen, mit dem Wegfall von über 30 TWh Strom/Jahr wird es in Sachen Strom-Versorgungssicherheit engt werden. Da bevorraten unsere Energiewender schon mal den fossilen Energieträger Kohle. Man weiß ja nie … .

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart liegen unter Abbildung 4 ab. Es handelt sich um Werte der Nettostromerzeugung, den „Strom, der aus der Steckdose kommt“, wie auf der Website der Energy-Charts ganz unten ausführlich erläutert wird. Der höchst empfehlenswerte virtuelle Energiewende-Rechner (Wie viele Windkraft- und PV-Anlagen braucht es, um Kohle- und/oder Kernkraftstrom zu ersetzen? Zumindest im Jahresdurchschnitt.) ist unter Abbildung 5 zu finden. Ebenso wie der bewährte Energierechner.

Die Charts mit den Jahres- und Wochenexportzahlen liegen unter Abbildung 6 ab. Abbildung 7 beinhaltet die Charts, welche eine angenommene Verdopplung und Verdreifachung der Wind- und Solarstromversorgung visualisieren. Bitte unbedingt anschauen. Vor allem die Verdopplung. Abbildung 8 weist auf einen Artikel hin, der sich mit der regenerativen Stromerzeugung über einen Monatszeitraum befasst. Abbildung 9 zeigt einen Vortrag von Professor Brasseur von der TU Graz. Der Mann folgt nicht der Wissenschaft. Er betreibt Wissenschaft.

Beachten Sie bitte unbedingt die Stromdateninfo-Tagesvergleiche ab 2016 in den Tagesanalysen. Dort finden Sie die Belege für die im Analyse-Text angegebenen Durchschnittswerte und vieles mehr. Der Vergleich beinhaltet einen Schatz an Erkenntnismöglichkeiten. Überhaupt ist das Analysetool stromdaten.info ein sehr mächtiges Instrument, welches nochmals erweitert wurde:

  • Strom-Import/Export: Die Charts
  • Produktion als Anteil der installierten Leistung
  • Anteil der erneuerbaren und konventionellen Erzeugung am Bedarf
  • Niedrigster, höchster und mittlerer Strompreis im ausgewählten Zeitraum

sind Bestandteil der Tools „Stromerzeugung und Bedarf„, „Zeitraumanalyse“ sowie der Im- und ExportanalyseCharts & Tabellen. Schauen Sie mal rein und analysieren Sie mit wenigen Klicks. Die Ergebnisse sind sehr erhellend.

Abbildung 10 bringt einen Artikel der Schweizer WELTWOCHE, der sich mit dem Strombedarf der Schweiz befasst. Nach dem Lesen versteht man, warum die Schweiz seit einigen Wochen teuren Strom aus Deutschland importiert. Wir danken der WELTWOCHE und empfehlen sie ausdrücklich.

Tagesanalysen

Montag, 22.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 32,64 Prozent, davon Windstrom 19,95 Prozent, PV-Strom 2,26 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,42 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ein ruhiger Montag. Bis auf eine Mini-Stromlücke wird die Versorgung durch die Konventionellen sichergestellt. Der Preis jedenfalls fällt trotz der geringfügigen Strom-Unterdeckung. Der Handelstag. Norwegen verkauft seinen Strom an diesem Tag für 237,84€/MWh und nimmt 3,21 Mio. € ein.

Dienstag, 23.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 33,29 Prozentdavon Windstrom 19,88 Prozent, PV-Strom 4,21 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,21 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der erste kleine Windbuckel, der sich in der Nacht von Montag auf Dienstag aufgebaut hatte, verschwindet über den Dienstagsverlauf. Die Konventionellen führen gut nach. Das Preisniveau ist hoch. Der mittlere Preis liegt bei 241,87€/MWh. Polen nimmt heute für seinen Kohlestrom-Export nach Deutschland 4,7 Mio € ein.

Mittwoch, 24.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 26,66 Prozentdavon Windstrom 14,43 Prozent, PV-Strom 2,45 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,78 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Eine kleine Strom-Versorgungslücke tut sich um 7:00 Uhr wegen eines plötzlichen Mehrbedarfs auf. Ansonsten ist es wieder ein sehr ruhiger Tag für die Konventionellen. Die Regenerativen erzeugen nur wenig Strom und ´flattern` so gut wie gar nicht. Das Preisniveau ist weiterhin sehr hoch. Der mittlere Strompreis liegt an diesem Mittwoch bei über 273€/MWh. Die Schweiz muss zwecks Sicherstellung der Versorgungssicherheit (Abbildung 10) 12,04 GWh Strom aus Deutschland zukaufen. Das kostet das kleine Land 3,58 Mio. €. Der Handelstag

Donnerstag, 25.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 30,36 Prozentdavon Windstrom 19,82 Prozent, PV-Strom 1,21vProzent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,78 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Donnerstag zeichnet sich durch einen moderaten Anstieg der Windstromerzeugung aus. Die Konventionellen führen optimal nach. Das Preisniveau ist weiterhin hoch. Der Handelstag. Dänemark verdient heute wieder mal richtig Geld. Gut 13 Mio €.

Freitag, 26.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 37,37 Prozent, davon Windstrom 27,1 Prozent, PV-Strom 1,40 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 8,88 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute steigt die Windstromerzeugung, um in der Nacht zum Samstag wieder abzuflauen. Am Wochenende wird wieder nur wenig Strom regenerativ erzeugt. Das passt zum niedrigen Bedarf. Die konventionelle Stromerzeugung ist etwas zu stark, so dass die Preise sinken. Der mittlere Strompreis sinkt auf 188,38€/MWh. Dennoch kassiert Norwegen, die dann doch sehr teure Batterie Deutschlands, 2,08 Mio. € für den nach Deutschland exportierten Strom. Bei Dänemark sind es knapp 5 Mio. €. Der Handelstag.

Samstag, 27.11.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 30,81 Prozent, davon Windstrom 19,27 Prozent, PV-Strom 1,81 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,73 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Samstag, wenig Bedarf, wenig regenerative Stromerzeugung.  Die Konventionellen führen gut nach und verkaufen ihren Strom im Schnitt für über 200€/MWh. Zum Vorabend wird richtig Kasse gemacht. Der Handelstag. Dänemark schießt heute mit über 10 Mio. € den ´Exportertrags-Vogel` ab.

Sonntag, 28.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 25,14 Prozent, davon Windstrom 12,25 Prozent, PV-Strom 2,06 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,83 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Sonntag, noch weniger Bedarf und noch weniger regenerative Stromerzeugung. Da verdienen die Konventionellen noch mal richtig Geld. Der mittlere Strompreis liegt immerhin bei 201,17/MWh. Der Handelstag. Heute nehmen zum Beispiel die Niederlande 1,86 Mio. € mit.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über fünf Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

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