So langsam dämmert es unseren großen Denkern im schwarzrotgrünen Berlin: Gaskraftwerke müssen her und zwar möglichst viele und möglichst schnell, bevor die Lichter ausgehenDoch da ist wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens.

Von Ralf Willenbuecher.

So langsam dämmert es unseren großen Denkern im schwarzrotgrünen Berlin: Gaskraftwerke müssen her und zwar möglichst viele und möglichst schnell, bevor die Lichter ausgehen. Der neue Bundeskanzler in spe, Olaf der Unschuldige, hat dies anlässlich eines Vortrages am 27.10.2021 bei der IG-BCE nochmals bekräftigt. Wer alles auf eine Karte setzt und aus Kernenergie und Kohle aussteigt, ohne eine Alternative zu haben, steht mit leeren Händen da, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Nach Erkenntnissen der scheidenden Merkelregierung scheint diese vor allem nachts nicht. Diese Thematik wurde außerhalb der Mainstream-Medien seit Jahren thematisiert und dämmert jetzt wie gesagt so langsam auch im schwarzrotgrünen Berlin.

Von allen Brennstoffen hat Gas neben Öl die respektabelste Preisexplosion hingelegt. Aber das ist nun einmal so. Wenn man nur eine Sache will und keine andere zulässt, dann heißt es eben zahlen. Und wenn viele „haben wollen“, aber nur noch ganz wenige „haben“, dann nennt man das Short Squeeze, und genau in diese galoppierende Greenflation dirigieren uns die Angelas, Annalenas, Uschis und Olafs gerade hinein.

Aber nun zum Thema Gaskraftwerk. Im Prinzip ist das eine große Flugzeugturbine, in die Gas eingedüst und verbrannt wird. Die Turbine treibt dann einen Generator an, der Strom erzeugt. Da der Brennstoff nur einmal genutzt wird, spricht man in dieser Konfiguration von Single Cycle Anlagen. Wenn man nun die heißen Abgase der Turbine zusätzlich in einen Kessel einleitet, um Dampf zu erzeugen, kann man diesen – wie im bösen Kohle- oder Kernkraftwerk – in eine Dampfturbine einspeisen und nochmals Strom erzeugen. Bei dieser doppelten Nutzung spricht man von Combined Cycle oder GuD (Gas- und Dampfturbinen) Anlagen. Diese erreichen im Gegensatz zu den Single Cycle Anlagen hohe elektrische Wirkungsgrade bis über 60 Prozent und haben damit einen relativ geringen CO2 Ausstoß pro erzeugte Kilowattstunde Strom. Die Single Cycle Anlagen hingegen produzieren nicht wesentlich weniger CO2 als moderne Kohlekraftwerke und sind im Endeffekt eine Mogelpackung; dazu jedoch später mehr.

Wann kommt die Ethikkommission für den Gasausstieg?

Wo kommen diese Gaskraftwerke nun her? Wenn die großen Denker im schwarzrotgrünen Berlin künftig aus allem aussteigen möchten und die Wasserstoff-Fatamorgana nur noch schwach am fernen Horizont schimmert, würden je nach Größe und Bauart mindestens so um die 30 bis 60 GuD Anlagen gebraucht. Nach den Vorstellungen der Berliner Künstler sind die Anlagen dann halt irgendwann einfach da!

So einfach wird dies aber nicht gehen. Da wäre zunächst einmal der Preis. Für eine GuD Anlage im üblichen Leistungsbereich – um die ca. 600 MW – liegt dieser heute irgendwo zwischen 0,5 und 1 Milliarde Euro. Genau weiß das niemand. Das weiß man erst, wenn man mit einem Anlagenbauer 2 Jahre hart verhandelt hat, mehrere Millionen Euro Projektentwicklungskosten angefallen sind, und ein Errichtungsvertrag auf dem Tisch liegt.

Wer soll diese Investitionskosten stemmen? Wie lange hat man Zeit, die Investition zurückzuverdienen? Im Kraftwerksbereich rechnet man mit Amortisationszeiten von 15 bis teilweise über 30 Jahren. Da drängt sich natürlich sofort die Frage auf: Wann kommt die Ethikkommission für den Gasausstieg, besetzt mit 3 Pfaffen, 2 Gewerkschaftern und 3 Greenpeace Veteranen*Innen aus dem UBA? Nächstes Jahr? In 10 Jahren? Kann man dann die Anlage verschrotten? Gibt es vielleicht noch ein kleines Ausstiegsgeld? Und selbst wenn jemand unter diesen Umständen den Milliardenbetrag riskieren würde, wie soll er sein Geld zurückverdienen? Über die verkaufte Kilowattstunde? Dazu müsste er wissen, wie viele Stunden die Anlage läuft und wie viele Dunkelflauten es gibt. Er müsste auch wissen, welcher Strompreis in diesen Stunden erlöst wird und wie hoch die Gaskosten sowie die Preise für die CO2 Zertifikate sein werden. Wird der Stromerlös von der Regierung gar gedeckelt? Es gibt nichts, was ein verständiger Kaufmann einer linksgrünen Regierung nicht zutrauen würde. Im Endeffekt ist das also ein reines Glücksspiel, das niemand mehr spielen wird.

Also könnten der Olaf und die Annalena ein sogenanntes Capacity Payment ausloben. Mit 150 Mio. € pro Jahr garantierten staatlichen Zahlungen über 10 Jahre wäre ein Gaskraftwerk zu finanzieren und zu betreiben. Das heißt 4,5 bis 9 Milliarden Euro pro Jahr für alle benötigten Gaskraftwerke. Jetzt haben wir aber die ESG Regularien und vor allem Uschis Green Deal, der es für Banken zunehmend schwierig macht, fossile Projekte zu finanzieren. Also müsste die neue Klimaregierung in Berlin die komplette Investition upfront auf den Tisch eines Projektentwicklers legen. Dies würde aber wieder mit EU Beihilferecht kollidieren, geht also auch nicht.

In Deutschland eher geologische Zeiträume zu veranschlagen

Aber schauen wir mal weiter. Was braucht man denn für ein Gaskraftwerk noch so alles neben einem Sack voll Geld? Zunächst mal ein Grundstück. Gaskraftwerke sind nicht sonderlich groß, haben aber einen Schornstein. Und da kommt schon das nächste Problem. Die aktuellen Emissionsanforderungen sind technisch kaum noch zu erfüllen und machen es außerdem schwer, eine solche Anlage in die Nähe von sensiblen Bereichen zu bauen. Hier kommen nur noch ganz wenige Industriegebiete überhaupt infrage. Zusätzlich braucht man eine Gasleitung bis zum Standort. Diese muss von der Kapazität her in der Lage sein, den Gasbedarf einer mittleren Großstadt heranzuschaffen. Und natürlich müssen die vorgelagerten Gasnetze diese Kapazitäten noch frei haben. Die Gasleitung muss vorhanden sein. Wenn sie jedoch erst geplant und genehmigt werden muss, ist ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. In Deutschland sind für solche Unterfangen eher geologische Zeiträume zu veranschlagen. Die Sache ist dann meist hoffnungslos. Das gleiche Problem existiert bei der Hochspannungsleitung für die Stromableitung.

Wurde das Problem der Finanzierung gelöst, und ist ein geeignetes Geschäftsmodell vom Himmel gefallen und eines der äußerst raren Plätzchen mit der erforderlichen Infrastrukturanbindung gefunden, kann man mit der Projektentwicklung starten. Je nachdem wie erfolgreich diese ist, wird in 2–3 Jahren ein entscheidungsreifes Gaskraftwerksprojekt auf dem Tisch liegen, sodass das Financial Close erfolgen kann. Wenn es gelingt, die entsprechenden Baugenehmigungen auch in diesem Zeitraum zu erlangen, kann mit dem Bau begonnen werden. Dieser dauert dann wiederum ungefähr 3 Jahre, vorausgesetzt, es läuft nichts schief, und es taucht keine Gelbbauchkröte oder purpurfarbene Hüpfschnecke auf dem Gelände auf. Dies kann ein Projekt schon mal um mehrere Jahre verzögern. Schließlich ist man hier nicht im Bereich der Windkraft unterwegs, deren Lobbyorganisationen Regierungspolitiker so punktgenau zu dispatchen wissen, dass Artenschutz praktisch nicht mehr stattfindet.

Wenn man in Berlin keine Zeit verliert und vor Weihnachten noch alle Weichen stellt, eine belastbare, rechtssichere und unwiderrufbare Zusage über mindestens einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag macht und schnell flächendeckend die erforderlichen Gas und Stromleitungen genehmigt, dann könnten in 5–6 Jahren vielleicht die ersten der 30 bis 60 Gaskraftwerke ans Netz gehen. Ob diese auch lieferbar sein werden, ist allerdings die nächste Frage, nachdem die wenigen Hersteller in den letzten Jahren ihre Kapazitäten nun deutlich heruntergefahren haben.

Das kennt der Olaf ja von der Elbphilharmonie

Sicher bei der Energiewende ist im Moment nur, dass Ende 2022 die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen. An großen Gaskraftwerken wird im Moment gerade einmal eins zu Ende gebaut; weitere sind aus oben genannten Gründen nicht geplant. Wahrscheinlich wird der Staat in einer Panikaktion die bereits erwähnten billigen Single Cycle Anlagen mit hohem CO2-Ausstoß finanzieren und von den Netzbetreibern bauen lassen. Vielleicht sogar als Ölkraftwerke. Diese werden dann als Netzstützungs- oder Reservekraftwerke deklariert, die vermeintlich nur ganz selten laufen sollen.

Im Endeffekt werden sie, wie heute die stillgelegten Kernkraftwerke, Grundlast fahren, und in ähnlicher Größenordnung CO2 erzeugen wie die stillgelegten Kohlekraftwerke. Frau Prof. Claudia Kemfert vom DIW wird das dann schönrechnen und der Klima-Thinktank Agora im Auftrag der Bundesregierung die vorzügliche Energiepolitik der Bundesregierung in einer vorzüglich bezahlten Auftragsstudie lobpreisen.

Es bleibt abschließend noch anzumerken, dass die genannten Investitionskosten nur für eine privatwirtschaftliche Lösung gelten. Wenn der Staat Staatskraftwerke baut, kostet es ein Vielfaches und dauert mindestens doppelt so lange. Das ist aber auch nichts Neues: Das kennt der Olaf ja von der Elbphilharmonie und die aus dem Völkerrecht vom Berliner Flughafen.

 

Dr. Ralph Willenbücher, geb. 1962, ist selbstständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt Energiewirtschaft und Umweltschutz. Er studierte Chemie in Darmstadt, Heidelberg, Zürich und Knoxville.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

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