Wie ich sehe, gibt es einen neuen Beitrag auf WUWT, in dem behauptet wird, dass der böse Mensch für die Zunahme des Energieungleichgewichts auf der Erde verantwortlich ist, welches in der Studie als ∆EEI bezeichnet wird. (Das Delta „∆“ bedeutet „Veränderung in“.) Die in dem Beitrag diskutierte, diesem Phänomen zugrunde liegende Studie trägt den Titel [übersetzt] „Anthropogener Antrieb und Reaktion führen zu dem beobachteten positiven Trend im Energie-Ungleichgewicht der Erde“.
Worauf stützt sich diese Behauptung des anthropogenen Antriebs? Seltsamerweise ist es nicht die übliche Behauptung, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass CO2 mehr langwellige Strahlung absorbiert. Stattdessen wird in der Pressemitteilung folgende Ursache behauptet:
…wir empfangen die gleiche Menge an Sonnenlicht, reflektieren aber weniger zurück, weil erhöhte Treibhausgase Veränderungen in der Wolkendecke, weniger Aerosole in der Luft, die das Sonnenlicht reflektieren – d.h. sauberere Luft über den USA und Europa – und einen Rückgang des Meereises verursachen.
Ich habe noch NIE die Behauptung gehört, dass erhöhte Treibhausgase „Wolkenveränderungen“ verursachen. Woher sollten sie das wissen?
Nun, auf dieselbe Art und Weise, wie sie in ihrer Studie behaupten, alles bzgl. ihrer Pseudo-Wahrsagerei zu wissen, außer dass sie Computermodelle statt Tiere verwenden. Sie untersuchen die Eingeweide von Klimamodellen und vergleichen sie mit den CERES- und anderen Satellitendatensätzen. Das beeindruckt mich nicht.
Wie dem auch sei, werfen wir einen genaueren Blick auf ihre Behauptungen. Es stimmt, dass der CERES-Satellitendatensatz tatsächlich ein zunehmendes Ungleichgewicht aufweist. Wir können damit beginnen, uns die relative Größe des Ungleichgewichts anzusehen. Abbildung 1 zeigt die tatsächliche Größe der Veränderungen der ein- und ausgehenden Energie, der beiden Energieströme, die verglichen werden, um die Veränderungen des Energieungleichgewichts der Erde (∆EEI) zu ermitteln.
Wie Sie sehen können, ist die Veränderung recht gering. Sie beträgt weit weniger als ein Prozent der Flüsse selbst.
Ungenauigkeit
Kann der CERES-Datensatz angesichts der winzigen Größe des Ungleichgewichts im Vergleich zu den zugrunde liegenden Energieströmen überhaupt für diese Frage verwendet werden? Natürlich wurde diese Frage untersucht. Hier liest man dazu:
Die Anforderungen an die absolute Genauigkeit, die für die Quantifizierung des Energieungleichgewichts der Erde (EEI) erforderlich ist, sind jedoch entmutigend. Das EEI ist ein kleines Residuum der TOA-Flussbedingungen in der Größenordnung von 340 W/m². Die EEI liegt zwischen 0,5 und 1 W/m² (von Schuckmann et al. 2016), was etwa 0,15 % der gesamten ein- und ausgehenden Strahlung am TOA entspricht.
Angesichts der Tatsache, dass die absolute Unsicherheit der solaren Bestrahlungsstärke allein 0,13 W m-2 beträgt (Kopp und Lean 2011), erfordert die Beschränkung der EEI auf 50 % ihres Mittelwerts (~0,25 W/m²), dass die beobachtete gesamte ausgehende Strahlung mit 0,2 W/m² oder 0,06 % bekannt ist. Die tatsächliche Unsicherheit für CERES, die sich allein aus der Kalibrierung ergibt, beträgt 1 % SW- und 0,75 % LW-Strahlung [eine Standardabweichung (1σ)], was 2 W/m² oder 0,6 % der gesamten TOA-Ausgangsstrahlung entspricht. Hinzu kommen Unsicherheiten, die sich aus der Umrechnung von Strahldichte in Lichtstrom und der zeitlichen Interpolation ergeben.
Mit den jüngsten Verbesserungen der Instrumentenkalibrierung der CERES-Ausgabe 4 beträgt das Netto-Ungleichgewicht der CERES-Standarddatenprodukte etwa 4,3 W m-2 und ist damit viel größer als der erwartete EEI. Dieses Ungleichgewicht ist problematisch bei Anwendungen, die ERB-Daten für die Bewertung von Klimamodellen, Schätzungen des jährlichen globalen mittleren Energiehaushalts der Erde und Studien, die auf meridionale Wärmetransporte schließen lassen, verwenden.
Das ist also die Unsicherheit des Ungleichgewichts … ± 4,3 W/m². Das macht die Bestimmung des Energieungleichgewichts an der Oberseite der Atmosphäre (TOA) etwas problematisch, da es weniger als 1 W/m² beträgt …
Und dann ist da noch die Frage der Drift. Im Laufe der Zeit verschieben sich die Satelliten leicht in ihren Umlaufbahnen, die Instrumente altern, und die gemeldeten Werte driften mit der Zeit langsam ab. Die Autoren des Papiers beleuchten dies im Grunde nur auf folgende Weise:
Obwohl es eine ausgezeichnete Übereinstimmung zwischen den einzelnen Satelliten gibt, von denen CERES seine Daten ableitet, gibt es dennoch das Potenzial für systematische Fehler im Zusammenhang mit dem beobachteten Trend aufgrund der Instrumentendrift. Wir schätzen die CERES-Trends auf 0,20 W/m²/decade (unter der Annahme einer Normalverteilung), basierend auf den besten realistischen Einschätzungen der Beobachtungsunsicherheit (N. Loeb, CERES Science Project Lead, persönliche Mitteilung)
Nennen Sie mich skeptisch, aber ich finde das alles andere als befriedigend … mir scheint, dass der CERES-Datensatz überhaupt nicht geeignet ist, um Trends von weniger als einem halben W/m² pro Jahrzehnt in der Restdifferenz von zwei großen Werten zu diagnostizieren.
Daten
Lassen wir diese große Unsicherheit beiseite und schauen wir uns die beiden Datensätze an, aus denen die EEI besteht. Dabei handelt es sich um die ausgehende langwellige Strahlung an der Obergrenze der Atmosphäre (Top-of-Atmosphere, TOA) und die eingehende Sonnenstrahlung. Ich verwende oft die „Bruchpunktanalyse“ [breakpoint analysis], um zu untersuchen, was vor sich geht. Eine Beschreibung der von mir verwendeten Funktionen der Haltepunktanalyse ist hier zu finden. Abbildung 2 zeigt die Bruchpunktanalyse der abgehenden Langwelle.
Dies ist interessant. Die ausgehende langwellige Strahlung ist im Wesentlichen gleichbleibend bis etwa 2015 (plus/minus etwa ein halbes Jahr), dann gibt es eine Verschiebung nach oben, verbunden mit einem schnell steigenden Trend.
Und warum? Ich kann nicht garantieren, dass es niemand weiß … aber das ist jedenfalls meine Vermutung. Wir können spekulieren, aber Ursache und Wirkung sind im Klimasystem wie Sand in den Händen …
Wie sieht es mit der Sonneneinstrahlung aus? Abbildung 3 zeigt das Ergebnis:
Dieser ist etwas komplexer. Zunächst nahm die eingehende Sonnenstrahlung schnell zu. Dann flachte sie ab, gefolgt von einem sprunghaften Anstieg um 2015 (zur gleichen Zeit wie der Anstieg der langwelligen Strahlung).
Warum haben sowohl die solaren als auch die langwelligen Flüsse Anfang 2015 einen Wendepunkt? Es könnte mit dem großen El Nino/La Nina 2015-2016 zusammenhängen … oder auch nicht, wenn man bedenkt, dass es mehr Nino/Nina-Wechsel während des Aufzeichnungszeitraums gibt und dass der El Nino-Höhepunkt erst Ende 2015 liegt. Vielleicht liegt es an einer Änderung der Instrumentierung. Auch das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage.
Wir können uns das Energieungleichgewicht auch auf andere Weise ansehen. Erstens: Hier ist ein Diagramm, das sowohl die ein- als auch die ausgehende Energie zeigt, zusammen mit den LOWESS-Glättungen der beiden Datensätze:
Dies ist merkwürdig. Manchmal bewegen sich die ein- und ausgehenden Strahlungsflüsse in Harmonie, und manchmal bewegen sie sich gegenläufig. Insbesondere bewegen sie sich nach den Wendepunkten im Jahr 2015 in Harmonie. Zumindest können wir sagen, dass wir es in beiden Fällen mit komplexen Prozessen zu tun haben …
Zum Schluss noch der Unterschied zwischen den LOWESS-Glättungen, die die tatsächlichen Änderungen des TOA-Energieungleichgewichts der Erde (∆EEI) wiedergeben. Abbildung 5 zeigt diese Änderungen:
Dies ist höchst interessant. Das Ungleichgewicht beginnt bei etwa 0,4 W/m². Kurz darauf sinkt es auf die Hälfte dieses Wertes. Dann geht es hoch, runter und wieder hoch auf 1,2 W/² … bevor es schnell wieder auf 0,2 W/m² zurückfällt. Dann springt er wieder auf 1,2 W/m2, wandert ein wenig umher, steigt auf einen Spitzenwert von 1,4 W/m² … und fällt dann wieder auf etwa 0,4 W/m² zurück. Sie endet also ungefähr dort, wo sie begonnen hat.
Es tut mir leid, aber wer behauptet, in Abbildung 5 einen „menschlichen Fingerabdruck“ zu sehen, hat seltsame Finger.
Schließen möchte ich mit einer Karte, welche die Komplexität des gesamten Energie-Ungleichgewichts zeigt:
Einige Dinge sind zu beachten. Die beteiligten Zahlen sind sehr groß. In den Tropen gelangt viel mehr Sonnenenergie in das System als langwellige Energie das System verlässt. Das Gegenteil ist in der Nähe der Pole der Fall, wo viel weniger Sonnenenergie in das System eintritt als langwellige Energie das System verlässt. Dies ist ein Hinweis auf die „Advektion“, die riesige, ständig stattfindende horizontale Bewegung von fühlbarer und latenter Wärme aus den Tropen zu den Polen. Außerdem empfängt der Ozean im Allgemeinen mehr Sonnenenergie, als er an langwelliger Energie verliert, und das Gegenteil gilt für das Land. Dieser Unterschied ist z. B. im Mittelmeerraum sichtbar.
Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass unsere Instrumente die Gesamtsumme auf ein Zehntel Watt pro Quadratmeter genau bestimmen können … ja, das ist die Antwort, die wir erhalten, aber der kleinste Fehler, die kleinste Abweichung im System, die kleinste Verschiebung der Null-Linie des Ungleichgewichts, und wir würden um viel mehr als das Ungleichgewicht selbst daneben liegen, ganz zu schweigen von der noch kleineren Veränderung des Ungleichgewichts.
Link: https://wattsupwiththat.com/2021/07/29/earths-energy-imbalance/
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Wenn es eine (positive) Differenz zwischen eingestrahlter Sonnenenergie und ausgehender langwelliger Strahlung gibt, dann sollte es sich eigentlich um den Energieanteil handeln, der die Erdoberfläche, speziell der Meere, erwärmt und von den Pflanzen absorbiert wird. Bei Zunahme der eingestrahlten Sonnenenergie würde man eine solche (positive) Differenz demnach auch ganz ohne Mitwirkung des anthropogenen CO2 beobachten. Was eng mit der alten Frage verknüpft ist, wie weit die Zunahme der Sonneneinstrahlung für den globalen Temperauranstieg verantwortlich ist. Nun sind aber seit etwa 2000 die globalen Temperaturen wenig gestiegen, wenn man von den El Ninos absieht – haben die Pflanzen entsprechen mehr Sonnenenergie aufgenommen?
>>In den Tropen gelangt viel mehr Sonnenenergie in das System als langwellige Energie das System verlässt.<<
Welch ein Unfug. Die Abstrahlmenge an eingestrahlter Energie wird nur durch deren Transport per Meerwasser und Luftmassen gen Norden bestimmt. Und die hängt von den geographischen Temperaturdifferenzen ab. Pro Grad Celsius verliert oder gewinnt 1 kg Luft 0,239 kcal an Energie. Oder eine Tonne 239 kcal. Und das heißt: Eine Tonne Lufttransport nach Norden beginnend mit 30 °C Temperatur und endend mit 0 °C (ohne Berücksichtigung des Wasserdampfes) setzt ca. 7200 kcal frei. Eine Tonne Wassertransport das Vierfache. Stellt sich also nur noch die Frage wieviel Tonnen Luftmasse nach Norden erfolgt und wie hoch der Wassertransport ist. Der Golfstrom transportiert pro Sekunde 100 Millionen Tonnen Wasser gen Norden. Da die Luftmassen aber hauptsächlich parallel zu den Isobaren rotieren transportieren sie nur geringe Mengen an Energie nach Norden, nämlich auf der Vorderseite der Tiefdruckgebiete und Rückseite der Hochdruckgebiete, nämlich im Boden- und Meeresoberflächenbereich, da wo die Reibung mit der Erdoberfläche für einen geringen Transport senkrecht zu den Isobaren führt.
>> weil erhöhte Treibhausgase Veränderungen in der Wolkendecke, weniger Aerosole in der Luft, die das Sonnenlicht reflektieren – d.h. sauberere Luft über den USA und Europa – und einen Rückgang des Meereises verursachen.<<
Der Behaupterling hat wohl gerade nen Hauptschulabschluß geschafft.
Mehr CO2 hat kann keinen Einfluß auf die verschiedenen Wolkendecken haben, denn es beeinflußt nicht die Wasserdampfkondensation.
Desweiteren hat CO2 keinen Einfluß auf die Aerosole, denn die bestehen aus festem Material und nicht aus dem Gas CO2, welches nur bei Temperaturen von unter −78,4 Grad Celsius fest wird und bleibt.
>>d.h. sauberere Luft über den USA und Europa – und einen Rückgang des Meereises verursachen.<<
Das Meereis nördlich und südlich der Polarkreise wird durch Abkühlung des Meerwassers unter dessen Gefrierpunktes und dem Gefrieren des Wasserdampfes und der Wassertropfen der in der Luft verursacht.
Desweiteren ist eine Abstrahlung der Energie in das Weltall erforderlich. Die erfolgt natürlich am Besten bei Wolkenlosigkeit. Und die Luft in den Niederschlagsgebieten war schon immer extrem sauber. Schmutzig gemacht wurde sie überwiegend durch die Verbrennungstechnik der Menschen. Daß die jetzt sauberer geworden ist, führt aber nicht zu Verringerung der weltweiten Wolkenbildung. Auswirkungen hat nur die Fliegerei. Die Kondensstreifen sind da gut sichtbar. Aber die gibt es nur da, wo in der Flughöhe ohnehin genug Wasserdampf existiert. Und der kommt immer noch von unten durch nach oben gedrückte tiefere und feuchtere Luftmassen. Und das ist nur vor sog. Warmfronten der Fall.