Klaus J. Groth (Red. PAZ)*
Wie Glaubwürdigkeit in kleinen Portionen abhanden kommt, und warum schöne Bilder ihre Tücken haben. Die Toten waren noch nicht gezählt, die Wassermassen nicht abgeflossen, die horrenden Schäden nicht annährend beziffert, da ergoss sich bereits die nächste Flutwelle über das erschütterte Land. Die Bußprediger des Kohlendioxids waren schneller als das Technische Hilfswerk. Sie beklagten bereits die Ursachen der Katastrophe, als die Betroffenen noch fassungslos vor der schlammigen Verwüstung standen.
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In Zeiten, in denen noch mehrheitlich an das Wirken einer höheren Instanz geglaubt wurde, galt eine verheerende Katastrophe als Geißel Gottes. Sie wurde abgelöst durch die Geißel des Klimawandels. Wer daran zweifelt, ist Leugner und Ketzer. Und was mit Ketzern zu geschehen hat: siehe Geißel Gottes.
Nur leider bedachten die Bußprediger in ihrem Übereifer nicht, dass Menschen, die vor den Trümmern ihres Lebens stehen, das legendäre Klimaabkommen von Paris aus dem Jahr 2015 vollkommen gleichgültig ist. Diese Menschen denken im harmlosesten Fall an ihr verdrecktes Sofa, an zwei ertrunkene Hühner oder im bittersten Fall an einen verschwundenen Mitmenschen. An Selbstbeschränkung und Umweltabgaben denken sie nicht. Einige der oberen Bußprediger haben das schnell begriffen und ihr lärmendes Fußvolk zurückgepfiffen: Bußpredigt bitte für später aufsparen. Sie kommt so sicher wie Kohlendioxid aus dem Auspuff.
Selbst Annalena Baerbock musste sich bescheiden. Zwar brach sie ihren Urlaub staatstragend ab – Verantwortungsträger machen das so –, aber ihre Gummistiefel kommen vorerst nicht zum Einsatz. Schade, hätte so schöne Bilder gegeben. Das weiß man spätestens seit 2002, als der Wahlkämpfer Gerhard Schröder die Gummistiefel anzog und medienwirksam durch das Hochwasser der Elbe stiefelte. Sein Konkurrent Edmund Stoiber gab ein paar Ratschläge, blieb aber fern der Fluten. Schröder gewann die schon verloren geglaubte Wahl zum Bundeskanzler. Ganz nebenbei: Das verheerende Hochwasser der Elbe musste noch vollkommen ohne Klimawandel auskommen.
Das Jahrhunderthochwasser der Elbe 1962 übrigens auch. Damals erwarb sich der Polizeisenator Helmut Schmidt den Ruf als zupackender Macher, der ihn schließlich Bundeskanzler werden ließ. All dies weiß Annalena Baerbock auch, umso mehr dürfte sie den Verzicht auf die Gummistiefel bedauern.
Baerbocks Herzensfreund Robert Habeck versucht es erst gar nicht mit Gummistiefeln. Der ging in der Woche auf Wahlkampftour nach Nordfriesland. Die schönen Bilder dort mit Sandstrand, Salzwiesen und Leuchtturm in der Ferne sind einfach hammermäßig. Sich dessen bewusst, posierte Habeck auch auf dem Deich vor Husum. Den Blick kühn in die Ferne gerichtet wie weiland der Deichgraf, ganz in der Pose „Trutz Blanker Hans“, so steht er dort, wo gewöhnlich Schafe grasen.
Nur leider, leider vergaß Deichgraf Habeck die Schuhe zu wechseln, bevor er kurz aus dem Wagen stieg und die Deichkrone für das Fotoshooting erklomm. Da steht er in blank polierten, braunen Herrenhalbschuhen Typ „Budapester“. Gewöhnliche Preisklasse: 250 Euro, gerne auch etwas mehr. Der klassische Schuh zur Wanderung auf dem Deich zwischen Schafscheiße ist das nicht.
In nämliche trat Kanzlerkandidat Armin Laschet vollfett. Und da steckt er nun mittendrin. Gemeinsam mit Bundespräsident Walter Steinmeier besuchte er den zu großen Teilen zerstörten Ort Erftstadt. Vor den Mikrophonen zeigte sich der Bundespräsident erschüttert, wenige Meter hinter ihm schüttelte sich Laschet vor Lachen, das breite, herzliche Lachen einer rheinischen Frohnatur. Es dauerte nur 20 Sekunden, aber diese Sekunden werden den Kanzlerkandidaten über Wochen verfolgen. Davon befreit ihn auch nicht seine rasche Entschuldigung.
Da bekommt die Versicherung, das Schicksal der von der Flut betroffenen Menschen liege ihm am Herzen, einen ranzigen Beigeschmack. Oder braucht jetzt auch die CDU einen neuen Kanzlerkandidaten? Es ist schon erstaunlich, in welch unterschiedliche Formen parteiübergreifend die eigene Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird.
Der Hanseat, der Hanseatus hamburgensis insbesondere, gibt sich gerne bodenständig und weltoffen, der Tradition verpflichtet, sinnvollen Änderungen gegenüber aufgeschlossen. Sinnvollen? Dann dürfte er jetzt ein Problem haben mit dem jüngsten Beschluss seines Hamburger Verkehrsverbundes, kurz HVV. Für den gibt es künftig keine „Schwarzfahrer“ mehr. Nicht, dass jetzt alle Nutzer von Bus, U- oder S-Bahn lammfromm ihr Ticket kaufen. Die „Schwarzen Schafe“ sterben nicht aus, die Hammelherde wird sogar größer – nach allem was man weiß.
Da aber bald das „Schwarze Schaf“ ebenso verschwindet wie der „Schwarzfahrer“, löst sich das Problem von alleine. Da dürfen sich die Schwarzfahnder wieder einen erfolgreich erbeuteten Skalp an den Gürtel hängen.
Doch Vorsicht: „Skalp“ ist ein vollkommen verbotenes Wort, das kürzlich sogar aus den Bildergeschichten von Donald Duck vom Verlagszensor getilgt wurde. Da gab es eine Szene, bei der Donald und seine Neffen durch einen Wald schleichen. „Wir sind auf dem Kriegspfad“, sagt Donald, „passt auf euren Skalp auf.“ In der bereinigten Neufassung wurde daraus: „… passt auf eure Füße auf.“
So ähnlich ist das wohl beim HVV. Dort ist ab sofort „Schwarzfahren“ das „Fahren ohne gültiges Ticket“. Ja, mein Gott, was denn sonst? Könnte es sein, dass die Damen und Herren Kontrolleure untereinander ohne jegliches sprachliche Feingefühl sagten, sie hätten wieder einmal einen Schwarzfahrer bei einer Schwarzfahrt erwischt? Skandal, Skandal! Beförderungserschleichung wäre doch das Mindestmaß an korrekter Bezeichnung gewesen. Nun also hängt der Skalp „Schwarzfahrer“ (Entschuldigung, eine unverbesserliche Wortwahl) neben dem Mohrenkopf, der nun Othello heißt, der Mohrenstraße in Berlin, die nun „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“ heißt (jede Wette, dass kein Mensch feinsinnig den Namen dieses schwarzen Philosophen im Alltag nutzt?), neben diversen Mohren-Apotheken. Sie alle sind von einer sinnleeren Diskussion überzogen, die nun auch das kleinste Dort erreicht hat.
Kennen Sie Negernbötel? Nein? Macht nichts, wer dort nicht lebt, der muss es nicht kennen. Negernbötel liegt bei Schackendorf, das muss man auch nicht kennen. Schackendorf liegt bei Bad Segeberg. Das könnte man kennen, weil es dort, Corona-Zeit ausgenommen, jährlich die Karl-May-Festspiele gibt, bei denen leider auch so mancher Skalp erbeutet wird. Kleine Textänderung für Old Shatterhand: „… passt auf eure Füße auf!“
Aber erst einmal ist Negernbötel fällig. Die Grüne Jugend erkannte messerscharf den rassistischen Kern des Ortsnamens. Klar, der muss weg. Noch wehrt sich die Gemeindevertretung. Sie versucht es sogar mit Sprachforschung, erklärt, „Negern“ bedeute „Näher“ und „böteln“ Siedlung. Alles faule Ausflüchte. Inzwischen wurde die Polizei eingeschaltet. Und was sagt der Hamburger Hanseat, dem der „Schwarzfahrer“ abhandenkam?: Hummel, Hummel, Mors, Mors!
Aufgeschnappt (Zusatz/Ergänzung von Erik Lommatzsch, Red. PAZ*) :
Der Klimatologe Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung verkündete 2019: „Wir verlieren die Kontrolle über das Klimasystem.“ Die Auffassung, dass wir das „Klimasystem“ unter „Kontrolle“ haben, dürfte vielen neu gewesen sein. Einige sehen es jedoch ebenso, etwa der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz. Zu den gegenwärtigen Unwetterkatastrophen mit über 150 Toten im Westen Deutschlands äußerte er via Twitter: „# CDU: Kein Tempolimit! / # FDP: Der Markt und synthetische Kraftstoffe regeln das/SPD: Can’t touch this: Kohle + Nordstream2 / Die # Linke: Was’n jetzt mit Sahara? / # Grüne: Klimaschutz Prio Stufe 1“. Gemeint war offensichtlich: Die Grünen hätten das Ganze mit ihrer Politik verhindern können, andere Parteien hingegen sind ignorant und quasi mitschuldig. Erst die Intervention der größten deutschen Boulevardzeitung veranlasste den Politiker zur Löschung seines Textes, für den die Bezeichnung Geschmacklosigkeit noch sehr zurückhaltend wäre. E.L.
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)* Anmerkung der EIKE-Redaktion :
Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung; 23. Juli 2021, S.24 ; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie den Autoren Klaus J. Groth und Erik Lommatzsch für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln : https://www.preussische-allgemeine.de/ ; Hervorhebungen im Text: EIKE-Redaktion.
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Es ist gut, dass sich unsere Politiker immer wieder selbst entlarven und uns darin erinnern, welche Nichtsnutze wir da wählen. Die sich so gut wie ausschließlich mit Dummheiten profilieren, zu mehr reicht es nicht. Teils, weil sie es nicht besser können, teils, weil es Grün-Wähler so wollen und auch, weil eine Baerbock ihnen leibhaftig vorführt, wie unglaublich dumm Grüne sind und sogar eine Baerbock wählen.
Letztere als Kanzlerin empfohlen von einem Potsdämlichen Alarm- und Panik-Zombie namens Schellnhuber, der als Klima-Guru und Oberalarm-Prediger bereits erfolgreich die Klima-Kanzlerin verdummte. Aber vielleicht wollte sie um jeden Preis Klima-Aktivistin sein und selbst ein Schellnhuber konnte sie nicht bremsen. Dieser Pastorentochter ist es zuzutrauen. Konnte sie am Ende der Chance für einen totalen Klima-Lockdown nicht widerstehen?
Das Ergebnis führt uns direkt in die „große Transformation“ und in die Klima- und Ökodiktatur. Nach dem Motto, auch wenn ich das Land ruiniere, die Hauptsache, ich rette als Vorreiter die Menschheit vor dem „Klima-Weltuntergang“ – ich denke halt „vom Ende her“. Auch wenn es so ziemlich das Dümmste ist, was sich Menschen jemals ausdachten.
>>Das Jahrhunderthochwasser der Elbe 1962 übrigens auch. Damals erwarb sich der Polizeisenator Helmut Schmidt den Ruf als zupackender Macher, der ihn schließlich Bundeskanzler werden ließ.<<
Der Typ war in der Nacht während des Orkans die Elbe entlang gefahren, hat noch in seinem Haus in Langenhorn mit Bekannten unter Alkohol geklönt und hat dann bis ca. 6 Uhr gepennt. Dann wurde er per Telefon geweckt. Aber da waren schon über 300 Menschen in HH ertrunken.
Unsereiner hat übrigens am späten Abend während des Orkans auf dem Deich neben der Wetterwarte gestanden und mitgekriegt, was da ablief.
Dasselbe hat unsereiner dann 1976 gemacht und ist über die Köhlbrandbrücke durch den Hafen auf den Elbdeich im Westen Hamburgs gefahren. Viel Platz zwischen Wasser und Oberkante war da nicht mehr. Und zurück durch den Hafen fahren ging auch nicht mehr. Die meisten Straßen waren inzwischen überflutet.