Wie schon im Januar und April, dominierte höhenkalte Polarluft

In den vergangenen Jahrzehnten zeichnete sich der Mai öfter durch teilweise beständige, trocken-warme Ostwetterlagen aus (2018, 2016, 2008, 2000, 1999, 1993, 1992, 1988). Der Mai zählte damit, zusammen mit April, September und Oktober, zu den klassischen „Schönwettermonaten“. Aber in diesem Monat waren auch die südlichen Wetterlagen selten; beständiges „Schönwetter“ fehlte gänzlich. Ursache war der recht südliche Verlauf des Jet-Streams, was das Vordringen hochreichend kalter Meeresluftmassen begünstigte – eine ähnliche Situation bestand zeitweise schon im Januar.

Abbildungen 1a und 1b: Wetterkarten vom 25. Januar (1a, oben) und vom 17. Mai 2021. Das niedrige Geopotential, welches auf höhenkalte Luft hinweist, ist an den grünen oder blauen Farbtönen zu erkennen. Im Januar liegt die 500-hPa-Fläche, jahreszeitlich bedingt, natürlich noch tiefer; doch zeigen beide Situationen, wie weit sich der subtropische Hochdruckgürtel nach Süden verschoben hatte. Folglich befinden sich auch die Zentren der Tiefs auf etwa 50 bis 55° nördlicher Breite sehr weit südlich, und über Deutschland setzte sich höhenkalte Luft fest. Bildquellen: wetterzentrale.de

Anders, als 2019, blieb zwar das deutsche Flachland diesmal vom Maischnee verschont, doch den gab es dafür in Holland, und auf der Zugspitze lagen zeitweise noch weit über 4 Meter Schnee. Näheres dazu hier und hier.

Der Mai – ein erwärmungsträger Monat?

Im Gegensatz zu den meisten anderen Monaten, lassen sich im Deutschland-Mittel des Monats Mai Klimasprünge nur andeutungsweise erkennen, und seit Aufzeichnungsbeginn (1881) betrug die Erwärmung nicht mal ein mageres Kelvin (1°C). Dabei sind die DWD-Daten auch noch wärmeinselbelastet.

Abbildung 2: Verlauf der Maitemperaturen im Deutschland-Mittel seit 1881 mit drei nur sehr undeutlichen Entwicklungsphasen. Einer langen, bis etwa 1947 dauernden Erwärmungsphase folgte eine Stagnationsphase bis 1991, in welcher sehr warme Mai-Monate fehlten. Beginnend mit 1992 und gipfelnd im Rekord-Mai 2018, traten wieder etwas häufiger warme Maien auf; dennoch kühlte es sich seitdem wieder leicht ab. In den gesamten 141 Jahren der Reihe betrug der Temperaturanstieg nur magere 0,9 Kelvin (°C) – bei enorm steigenden CO2-Konzentrationen. Mit WI-Bereinigung hätte es praktisch gar keine Mai-Erwärmung gegeben, und solche extrem warmen Maien wie 2018 mit 16°C kommen, wenn auch sehr selten, immer mal vor, so im Mai 1889, als bei viel geringerem WI-Effekt 15,8°C gemessen wurden.

Noch erstaunlicher ist die Entwicklung der Mai-Temperaturen in Zentralengland, für das eine über 360ig-jährige Messreihe vorliegt; sie erfasst damit auch den Höhepunkt der „Kleinen Eiszeit“, das so genannte Maunder-Minimum als vermutlich kälteste Epoche in den mindestens letzten 2.000 Jahren. Seitdem sollte es doch eine kräftige Erwärmung um viel mehr als ein Grad gegeben haben – aber die Realität sieht ganz anders aus:

Abbildung 3: Kaum 0,6 Kelvin Temperaturanstieg in über 360 Jahren in Zentralengland. Die fünf wärmsten Maien fallen allesamt in das 18. und 19. Jahrhundert; in der Neuzeit war dort nur der Mai 1992 relativ warm.

Zwei weitere Beispiele belegen eine fehlende Mai-Erwärmung auch für andere Regionen:

Abbildung 4: An der Station Dale Enterprise in den Ausläufern der Appalachen westlich von Washington kühlte sich der Mai, anders als in Deutschland und Zentralengland, seit 1881 sogar unwesentlich ab.

Abbildung 5: In Mittelschweden ist seit mindestens 40 Jahren keine Mai-Erwärmung feststellbar; der Wert für 2021 lag bis Redaktionsschluss nicht vor, doch dürfte er unterdurchschnittlich gewesen sein.

Großwetterlagen und Sonnenscheindauer als wesentliche Treiber der Mai-Temperaturen

Wie wir schon anhand der Abbildung 2 gesehen hatten, können die stark steigenden CO2-Konzentrationen nicht ursächlich für die Entwicklung der Mai-Temperaturen gewesen sein. Wie in allen anderen Sommerhalbjahres-Monaten, übt die Sonnenscheindauer einen signifikanten Temperatureinfluss aus. In Deutschland ist das Flächenmittel dafür leider erst seit 1951 verfügbar:

Abbildung 6: Leichte Mai-Erwärmung in Deutschland seit 1951 bis etwa 2000 auch dank höherer Besonnung (etwa 45% der Temperaturvariabilität werden von der Sonnenscheindauer bestimmt). Die Zunahme der Sonnenscheindauer hatte verschiedenste Ursachen, unter anderem die stark abnehmende Konzentration der Luftschadstoffe (SO2, Staub) und die Austrocknung Deutschlands durch Bebauung, Versiegelung und Meliorationen. Möglicherweise fördert auch die übertriebene Nutzung der Wind- und Solarenergie eine Bewölkungs- und Nebelabnahme, was mehr Besonnung nach sich zieht. Umrechnung der Sonnenscheindauer in Indexwerte, um sie anschaulicher mit den Lufttemperaturen in einer Grafik zu zeigen. Seit etwa der Jahrtausendwende scheinen die sonnigen, warmen Mai-Monate wieder etwas seltener zu werden.

Langfristige Besonnungsdaten existieren für die Station Potsdam:

Abbildung 7: Entwicklung der Besonnung und der Lufttemperaturen in Potsdam seit 1893. Die Gesamtvariabilität der Mai-Temperaturen wird dort zu knapp einem Drittel von der Sonnenscheindauer bestimmt. Umrechnung der Sonnenscheindauer in Indexwerte, um sie anschaulicher mit den Lufttemperaturen in einer Grafik zu zeigen.

Der Mai 2021 zählte nicht zu den sonnenscheinärmsten und damit auch nicht zu den kältesten, weil die Schauer-Wolken auch Platz für die Sonne ließen. Die langfristige Häufigkeitsentwicklung der Großwetterlagen mit Nordanteil, welche im Mai signifikant kühlend wirken, zeigte eine merkliche Abnahme, was eigentlich stärker steigende Mai-Temperaturen forcieren müsste, doch scheint die Häufigkeitszunahme der erwärmenden Großwetterlagen mit südlichem Strömungsanteil beendet; sie werden künftig vielleicht wieder seltener.

Abbildungen 8a und 8b: Langfristige Lineartrends der Großwetterlagen mit nördlichem (blau) und südlichem (rot) Strömungsanteil; dazu noch der ebenfalls erwärmend wirkende Großwettertyp HM. Diese langfristigen Lineartrends verschleiern jedoch die aktuelle Entwicklung seit 1988 (8b, unten), bei welcher die nördlichen Lagen sogar wieder unwesentlich häufiger wurden. Die Daten für 2021 liegen noch nicht vor.

Werfen wir noch einen Blick auf die leider erst seit 1980 vorliegende „Objektive Wetterlagenklassifikation“ des DWD. In diesem Mai fällt sofort die überdurchschnittliche Anzahl der höhenzyklonalen Wetterlagen auf (so genannte AZ- und ZZ-Lagen, die im 500-hPa-Niveau zyklonal sind). Diese wirken im Mai signifikant stark kühlend:

Abbildung 9: Häufigkeitsentwicklung der AZ- und ZZ-Lagen sowie der Maitemperaturen in Deutschland seit 1980. Der Einfluss der Häufigkeit dieser Lagen auf die Maitemperaturen ist mit einem Bestimmtheitsmaß von über 51% signifikant und sehr hoch; man achte auf das „spiegelbildliche“ Verhalten. In den 1980er Jahren und gegenwärtig treten diese von höhenkalter Luft geprägten Lagen häufiger auf, als um das Jahr 2000 (oft wärmere Maien). In 2021 traten sie an mehr als zwei Dritteln aller Maitage auf; da dieser Beitrag am 27. Mai vollendet wurde, könnten es noch einige mehr werden. Eine ähnliche Häufung war nur noch in den Maien 1983 und 1984 zu verzeichnen, jene verliefen ähnlich kühl, wie der Mai 2021. Umrechnung der Wetterlagenhäufigkeit in Indexwerte, um sie anschaulicher mit den Lufttemperaturen in einer Grafik zu zeigen.

Kündigen die aktuell leicht fallenden Mai-Temperaturen das Ende der AMO-Warmphase an?

Anders als im April und von Juni bis November, ist im Mai der Temperatureinfluss der AMO nur unwesentlich. Aber etwas anderes fällt auf:

Abbildung 10: Nur geringe, zeitliche Übereinstimmung der AMO und der Mai-Temperaturen in Deutschland. Um den gesamten Zeitraum ohne zeitliche Verschiebungen zu erfassen, wurden hier ausnahmsweise die Polynome sechsten Grades anstelle der endbetonten Gleitmittel verwendet. Sie überhöhen die Entwicklung stark, zeigen aber den zeitlichen „Vorlauf“ der Maitemperaturen gegenüber der AMO. Zur besseren Veranschaulichung in einer Grafik wurden Indexwerte verwendet; die AMO-Maiwerte für 2021 liegen noch nicht vor.

Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen auch die Mai-Werte von Zentralengland, welche bis zum Aufzeichnungsbeginn der AMO (1856) vorliegen – es könnte also sein, dass uns die kühleren Mai-Temperaturen das Ende der AMO-Warmphase „ankündigen“.

Abbildung 11: Auch in Zentralengland zeigt sich das zeitlich „Vorlaufen“ der Mai-Temperaturen gegenüber der AMO; Darstellungsweise wie Abb. 10.

 

 

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