Der Unterschied sieht recht eindrucksvoll aus. Wie jedoch die folgende Abbildung zeigt, hat sich dieser Vorgang noch nicht wesentlich in tiefer liegende Schichten der Atmosphäre durchgesetzt:
[Einschub zur Erklärung: „500 hPa-Fläche“ bedeutet, dass ähnlich einer topographischen Karte im Atlas die Höhe eingetragen wird, in welcher der Luftdruck bis genau 500 hPa abgenommen hat. Diese Höhe ist von der Temperatur abhängig. Je wärmer die Atmosphäre, umso höher muss man steigen, um genau 500 hPa zu erreichen. Die Bezifferung der Höhenlinien gibt die Höhe über NN an. Für die 50 hPa-Fläche gilt das Gleiche. Es muss dort oben also zu einer kräftigen Erwärmung gekommen sein, aus welchen Gründen auch immer (siehe weiter unten). Die Bezifferung der Linien zeigt die Höhe. – Ende Einschub]
Natürlich ändert sich die Wetterlage von Tag zu Tag, aber wenn man es integrierend betrachtet, sind grundlegende Unterschiede nicht erkennbar. Etwas anders stellt sich die Lage am Boden dar:
Hier ist augenfällig, dass sich über der Arktis ein kräftiges Boden-Hochdruckgebiet gebildet hat, welches aber im 500 hPa-Niveau keine Entsprechung hat. Der Jet Stream der Polarfront hat sich dadurch zwar zirkumpolar etwas nach Süden verschoben, aber noch nicht weit genug, um in Mittleren Breiten Auswirkungen zu zeitigen. Dies könnte lediglich ein Major Warming in der Stratosphäre bewirken, also eine Teilung (split) des stratosphärischen Polarwirbels in zwei eigenständige Wirbel. Davon wollen die Modell-Simulationen aber nichts wissen. Vielmehr wird eine Rückkehr des Polarwirbels in einen „ungestörten“ Zustand angenommen, wobei lediglich eine gewisse Asymmetrie zum geographischen Pol übrig geblieben ist:
Mehr zu diesem Thema gibt es im oben verlinkten Beitrag des Autors von vor einem Jahr (hier) und als Grundlagen-Information hier. Scrollt man hier nach unten, erscheint bei letzterem Link eine Zusammenstellung, aus der hervorgeht, dass eine „Störung“ des stratosphärischen Polarwirbels keineswegs immer gravierende Folgen für die Winterwitterung in den Mittleren Breiten nach sich zieht – zumal, wie oben schon erwähnt, diese „Störung“ aus heutiger Sicht (20. Januar 2021) nicht von Dauer sein soll.
Zu der Konstellation in diesem Jahr hat man sich nun auch anderswo Gedanken gemacht. Hier folgt die Ãœbersetzung eines entsprechenden Beitrags bei WUWT (Link siehe unten):
In der Stratosphäre ist es in diesem Monat erheblich wärmer geworden. Welche Implikationen folgen daraus?
Reposted from The Cliff Mass Weather Blog
Anfang dieses Monats stiegen sich die Temperaturen in der Stratosphäre über einen Zeitraum von einigen Tagen um etwa 50°C, was als Sudden Stratospheric Warming (SSW) bekannt ist. Die Stratosphäre ist die Schicht der Atmosphäre von etwa 10 bis 50 km über dem Meeresspiegel.
Wie wir sehen werden, sind solche stratosphärischen Erwärmungen manchmal mit Verzerrungen und Veränderungen der Winde und Temperaturen in der unteren Atmosphäre verbunden, was zu anomalem Wetter von Hitzewellen bis zu Schneestürmen führt – und zu großen Veränderungen des berüchtigten Polarwirbels.
Es gibt eigentlich zwei Polarwirbel: einen hoch in der Stratosphäre und einen weiteren in der Troposphäre.
Aufgrund dieser beginnenden Erwärmung warnen einige Medien seit einigen Wochen vor schweren Unwettern, einschließlich großer Schneestürme über dem Osten der USA (siehe unten).
Die Erwärmung
Anfang Januar begannen die Temperaturen hoch in der polaren Stratosphäre plötzlich und tiefgreifend zu steigen. Veranschaulicht wird das in dieser NASA-Darstellung der Temperaturen bei einem Druck von 10 hPa (etwa 30.000 m über der Oberfläche) am Nordpol für dieses Jahr (rot/rosa) und letztes Jahr (blau) nach Datum. Die durchgezogene schwarze Linie zeigt die Durchschnittstemperaturen und die graue Schattierung illustriert die typische Variabilität der Temperatur an diesem Ort.
Anfang Januar gab es eine beachtliche Erwärmung auf etwa 250 K, etwa 50°C über dem Normalwert. Wow!
Dies ist eine plötzliche Erwärmung der Stratosphäre, etwas, das wir normalerweise einmal im Jahr im Winter sehen. Im vorigen Wingter kam es im März zu einem ähnlichen Ereignis (blaue Farben).
Bedeutsam: Die Erwärmung in diesem Monat hielt nicht lange an und wird voraussichtlich in der nächsten Woche vollständig verschwinden. Warum treten solche Erwärmungen auf? Viele Forschungen haben gezeigt, dass sie mit Wellen hoher Amplitude in der Troposphäre zusammenhängen, die sich vertikal in die Stratosphäre ausbreiten und dort die Strömung stören. Diese Wellen werden unter anderem durch Gebirgszüge und Land-Wasser-Kontraste verursacht. Ich habe persönlich zu solchen Themen geforscht, aber ich werde hier nicht ins Detail gehen.
Um die potenziellen Auswirkungen der Erwärmung der Stratosphäre zu verstehen, hier noch einmal die Abbildung oben im Blog, welche die beiden Polarwirbel zeigt. Während einer normalen Winterperiode gibt es in der oberen Stratosphäre in der Nähe des Nordpols ein Gebiet mit sehr kalter Luft, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass es praktisch keine Sonneneinstrahlung gibt! Ein westlicher (von Westen kommender) Jetstream (der Polarnacht-Jet) umgibt die kalte Luft und bildet faktisch eine schützende Barriere um sie herum.
In der unteren Atmosphäre (Troposphäre) gibt es auch kalte Luft in der Nähe des Pols und einen westlichen Jet an seiner südlichen Grenze: allgemein als Jetstream bezeichnet und am stärksten von etwa 25.000 bis 35.000 ft über der Oberfläche.
Die Wellenbewegungen des Jetstreams und die damit verbundene kalte Luft im Norden haben einen GEWALTIGEN Einfluss auf das Wetter in Bodennähe.  Zum Beispiel kann eine südwärts gerichtete Welle eine Kältewelle und Schnee bringen; eine nordwärts gerichtete Welle hohe Temperaturen.
Wie die Erwärmung der Stratosphäre das Wetter an der Oberfläche beeinflusst
Wenn eine polare Stratosphären-Erwärmung auftritt, ist sie mit einem starken Absinken verbunden (was eine Erwärmung durch Kompression bewirkt); die Abschwächung des Temperaturunterschieds zwischen einem kalten Pol und wärmerer Luft im Süden führt dazu, dass der polare Nachtjet schwächer wird und stark mäandriert. Auch die stratosphärische Polarwirbelzirkulation schwächt sich ab und kann verzerrt werden oder sich sogar vom Pol entfernen.
Die Auswirkungen der polaren Erwärmung der Stratosphäre und der Mäander der kalten Luft neigen dazu, sich nach unten in die Troposphäre fortzupflanzen, wo sowohl der troposphärische Polarwirbel als auch der troposphärische Jetstream schwächer werden kann.
Für das Ereignis dieses Monats war es klar, dass sich der obere Jetstream während der Erwärmung abschwächte. Zur Veranschaulichung sind hier die nach Osten gerichteten (zonalen) Winde bei 60N für ein Niveau nahe der Grenze zwischen Stratosphäre und Troposphäre (150 hPa Druck, etwa 14.000 m) dargestellt. Der Wind (lila) schwächte sich unter den Normalwert ab, nachdem die Erwärmung Anfang dieses Monats begonnen hatte.
Aber hat diese stratosphärische Erwärmung einen großen Einfluss auf die Wellenbewegungen des Jetstreams weit unten in der Troposphäre, wo wir uns befinden?
Um dies zu untersuchen, habe ich die Differenz der Höhen der 500 hPa-Druckfläche (ca. 5.500 m) zur Normalen aufgetragen. Die Diagramme zeigen Durchschnittswerte über eine Woche.
Für die Woche vor der Erwärmung (26. Dezember bis 1. Januar) gibt es eine Menge starker Anomalien (Abweichung von der Norm)… einschließlich einiger anomaler Höhenrücken (Hochdruck über dem Pol):
In der Woche nach der Erwärmung (10.-16. Januar) hat sich die polare Erwärmung abgeschwächt, aber vielleicht ein wenig ausgebreitet. Eine große Veränderung war der Höhenrücken (Hochdruck) über der Westküste und der Trog über dem Osten der USA, aber es ist schwer, die Erwärmung als Ursache anzuführen. Und in der Tat war die östliche Hälfte der USA [und auch Mitteleuropa] in diesem Winter relativ mild… keine schweren Kälteausbrüche. Und anhaltende Blockierungen (kräftige Hochdruckgebiete in nördlichen Breiten) gab es in diesem Winter relativ wenig.
Mit Blick auf diese Woche, die Modelle gehen für kaltes Wetter später in der Woche … aber nicht in den östlichen USA, wohl aber über den Nordwesten.
Die neueste Vorhersage des Europäischen Zentrums [EZMW] für 500 hPa-Höhenanomalien (man denke an die Abweichung vom normalen Druck in 5500 m), zeigt höhere als normale Höhen über der Polregion und einen großen Trog (Tiefdruck) über dem Westen der USA. Diese Art von Muster tritt in La-Nina-Jahren (wie in diesem Jahr) häufiger auf.
Um es ganz klar zu sagen: Dieses Strömungsmuster führt nicht zu unternormalen Temperaturen in den östlichen USA, wie einige Medien bereits hinaus posaunt hatten.
Das gilt auch für Mitteleuropa. Anm. von Christian Freuer
Ãœbersetzt von Chris Frey EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Sehr geehrter Herr Freuer,ihr Artikel ist eine wahre Wohltat. Sachlich, objektiv und geprägt von Expertise.Was ich nie verstanden habe: Warum haben Sie damals so oft, als Sie ausschließlich unter ihrem Pseudonym tätig waren, so oft vorgeschoben „Ich übersetze nur, ich kenne mich nicht aus.“? Sie wussten qua Ausbildung, dass Sie auch jede Menge Unsinn übersetzt haben, und haben beschlossen, zu den Inhalten lieber keine Stellung zu beziehen.Â
Danke für den guten Artikel, meteorologische Erklärungen rufen bei mir jedoch oftmals mehr Fragen hervor als sie mich aufklären. Die wärmeinselarme Dale-Enterprise weather Station in Virginia zeigt tatsächlich einen relativ milden Januar bislang. Unsere Stationen in Deutschland sind gespalten. Die tief liegenden zeigen im Vergleich zu 1981 bis 2010 ziemlich auf dem Schnitt während die höher liegenden deutlich kälter sind. Je höher desto deutlicher unter dem eigenen Vergleichsschnitt. Da ab diesem Januar die neuen Vergleichsjahre 1991-2020 sein werden wird dieser Januar am Ende in Deutschland vom DWD wohl als zu „kalt“ eingestuft werden müssen.
„… höher liegende deutlich kühler“ – DA spielt vielleicht doch „mein“ fehlendes (um ca. 80% reduziertes) EIS-Pulver der FLIEGEREI in 10 KM Höhe eine Rolle ?!? – Sie wissen schon, die 9/11-FlugVerbote und TRAVIS et al. in Nature 08/2002 😉
Schön, dass Sie mal wieder einen Artikel einstellen, der nichts mit Corona zu tun hat. Ich habe mal gerade nachgeschaut, die Wettermodelle für die Ostküste der USA zeigen alle keinen Wintereinbruch mehr. Ihre Bewertung ist also Konsens. Ebenso für Mitteleuropa. AO und NAO sind derzeit auch nicht stark negativ.ÂBis in den Februar rein scheint es erst einmal keinen heftigen Wintereinbruch zu geben.
A U F „EarthWindMap“ (earth.nullschool.net) sind o.g. Parameter in „3-Std.Schritten“ und ALLE weiteren WETTER-Geschehnisse global quasi live und mit Archiv zurück bis 2014 zu „studieren“ – Temperaturen, Wind, LuftFeuchte, WindPower, 3-Std.-Niederschlag, CAPE (KonvektionsEnergie), TPW (GesamtKondensat), TPW (Wolken mit „Inhalt“), MSLP (LuftDruck) und MI (Misery Index) – soweit unter AIR – daneben OCEAN-Daten und Chem (CO2/CO/SO2/NO2) sowie etliche „Partikel“-Parameter – schliesslich sogar FÃœNF-Tage-„VorherSage“ !!! – Viel Spass beim ENT-Decken 😉