In rascher Folge entstanden nach dem 1. Weltkrieg in den anderen deutschen Landen weitere regionale Monopolisten wie das Badenwerk, das Bayernwerk, die PreußenElektra u.s.w. Fortan gab es bis zu neun große länderbezogene Stromkonzerne, welche (erstaunlicherweise) fast 80 Jahre lang den deutschen Strommarkt beherrschten und unter sich aufteilten. Um das Jahr 2000 wurde durch Großfusionen aus den neun Gebietsmonopolisten ein Oligopol von vier mächtigen Stromerzeugern, denen auch die Transportnetze gehörten. RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall waren geboren, welche man – mit einem Hauch an Ironie – auch die „Quadriga“ nannte.
Der erste Schritt in Richtung „mehr Wettbewerb“ gelang mit der sogenannten Liberalisierung des Strommarktes durch die Europäische Kommission. Die Elektrizitätsverbraucher durften sich ab 1998 ihren Stromlieferanten selbst aussuchen. Der zweite Schritt war die „Entflechtung der Stromnetze“. Ab dem Jahr 2007 gehörten die Transportnetze nicht mehr den genannten vier Oligopolisten, sondern Amprion, Transnet, Tennet und 50Hertz.
Den nächsten Schritt in Richtung Wettbewerb – bis hin zur Anarchie – brachte die sogenannte Energiewende im Nachgang zu den Störfällen von Fukushima. Am 30. Juni 2011 beschloss der Deutsche Bundestag (mit einer Mehrheit von 85,5 Prozent der Stimmen!), die sofortige bzw. kurzfristige Abschaltung der 17 deutschen Kernkraftwerke und die bevorzugte Einspeisung des Wind- und Sonnenstroms zu festgelegten Subventionspreisen.
Bald darauf verließ das schwedischen Unternehmen Vattenfall den deutschen Markt und bei EnBW war nach dem Rückkauf der EdF-Aktien das Land Baden-Württemberg praktisch 90-prozentiger Anteilseigner geworden, sodass sich das weitere EVU-Firmengeschehen (bis heute) zwischen RWE und E.on abspielt. Es wird im Folgenden kurz beschrieben.
Aus 2 mach 4: Eon/Uniper und RWE/Innogy
Die staatlich verordnete „Energiewende“ beendete das Monopolgeschehen in Deutschland und führte zu einem chaotischen Wettbewerb. Tausende Eigentümer von Sonnenkollektoren und Windrädern agierten plötzlich als „Betreiber von Kleinkraftwerken“ und verlangten von den großen Stromversorgern, ihren „Zappelstrom“ zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Festpreis in das Stromnetz einzuspeisen. RWE und Eon hatten alle Hände voll zu tun, die Stabilität des Netzes zu sichern, standen dabei aber selbst nahe am wirtschaftlichen Abgrund. Die milliardenschweren Abschreibungen für die Atom- und Kohlekraftwerke rissen den Aktienkurs in die Tiefe und brachte die Konzerne an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Existenz.
Kein Wunder, um aus diesem Dilemma herauszukommen, wurden allerlei kommerzielle Varianten ausprobiert. Zuerst war E.on an der Reihe. Dort spaltete man im Jahr 2016 die kommerziellen Energieerzeugungssparten Wasser, Kohle und Gas ab und fasste sie in der der neuen Firma „Uniper“ zusammen. Dabei ist Uniper ein Kunstwort, das sich aus „unique“ und „performance“ zusammensetzt. Mit der Leitung der 15.000-Mann-Firma wurde Klaus Schäfer, ehemals Finanzvorstand bei E.on (unter Chef Johannes Teyssen) beauftragt.
RWE stand solchen Abspaltungen zunächst skeptisch gegenüber, zog aber bald mit der Gründung des Unternehmens „Innogy“ nach, das ebenfalls ein Kofferwort aus „innovation“ und „energy“ ist. Innogy vereinigte die Sparten Erneuerbare, Netze und Vertrieb, hatte zeitweise 38.600 Mitarbeiter und wurde von dem ehemaligen RWE-Chef Peter Terium geleitet. Das Unternehmen war nicht nur in Deutschland aktiv, sondern auch in Großbritannien und weiteren europäischen Ländern. Im Jahr 2017 gründete Innogy sogar eine Tochtergesellschaft für Elektromobilität in den USA.
Der Mega-Deal: Zwei riesige Monopole im Entstehen
Der 11. März 2018 wird in die Geschichte der deutschen Stromwirtschaft eingehen. In einem Überraschungscoup gaben die beiden Essener Unternehmen RWE und E.on bekannt, dass sie ihre Geschäfte neu aufteilen werden. RWE soll zukünftig für die Stromerzeugung bei den Kraftwerken zuständig sein, , während E.on die Stromnetze übernehmen soll sowie das Kundengeschäft.
Im Grunde läuft da eine gigantische „Wette“. Der RWE-Chef Rolf Martin Schmitz glaubt offenbar mit seinen konventionellen Kraftwerken und einigen Offshore-Windparks genügend Geld verdienen zu können, um die Gehälter, Pensionslasten und Dividenden seines Konzerns samt der Kosten für den Rückbau der Braunkohletagebaus schultern zu können. Sein E.on-Kompagnon Johannes Teyssen setzt auf die Stromnetze und den Vertrieb. Er ist sich sicher, mit dem An- und Verkauf von Strom – vor allem aber mit den garantierten Renditen beim Betrieb der Energienetze – Umsätze in zweistelliger Milliardenhöhe bei entsprechenden Gewinnen einzufahren.
Die erst vor wenigen Jahren gegründeten Tochtergesellschaften Uniper und Innogy standen bei der Neuorganisation der Muttergesellschaften nur im Wege. In einem ziemlich robusten Managementmanöver entledigten sich RWE und E.on dieser „Altlasten“. Uniper, bislang im MDAX gelistet, wurde von E.on „entkonsolidiert“, indem die Gesellschaft an das finnische EVU Fortum verkauft wurde. Schwieriger war die Situation bei Innogy, dem Unternehmen, das nach einem fulminanten Start und kurzem Höhenflug vorübergehend zum wertvollsten deutschen Energiekonzern avancierte. Aber bald kam es zum Rückschlag durch allerlei Managementfehler und mangelnde Investitionsmittel. Als der Chef Peter Terium – vor Jahresfrist noch mächtiger Vorstandsvorsitzender bei RWE – im Dezember 2017 eine Gewinnwarnung herausgeben musste, hatte auch Teriums Stunde geschlagen und er wurde von seinem früheren Underling Schmitz in die vorzeitige Rente geschickt. RWE verkaufte seinen 77-Prozent-Anteil bei Innogy an E.on und Innogy verblich zur Geschichte.
Risiken am Horizont
Der Fusionsdeal zwischen den beiden Giganten RWE und E.on ist trotz aller medialer Bekundungen noch keineswegs in trocknen Tüchern. Schon hat sich dieMonopolkommission zu Wort gemeldet; sie will untersuchen, ob hier nicht ein Vertrag zu Lasten Dritter – nämlich der Stromkunden – abgeschlossen wurde. Und auch der Chef der noch „gefährlicheren“ Kartellbehörde , ihr Präsident Andreas Mundt, will sich die Wettbewerbssituation im Strombereich „zu gegebener Zeit ansehen“. Wortreich verteidigen sich RWE und E.on, dass – neben ihnen – noch 150 bis 200 Stromerzeuger und -händler tätig seien. Womit sie formal nicht unrecht haben, aber den Deutschen fehlt zumeist einfach der Mut zum Wechsel des Stromlieferanten. Obwohl das kinderleicht ist.
Erhebliche Unruhe gibt es bereits bei den Beschäftigten der früheren TochterInnogy. Die übernehmende Gesellschaft E.on will dort nämlich bis zu 5.000 Planstellen streichen und streitet sich darum, ob der Verzicht auf „betriebsbedingte Kündigung“ aufrechterhalten werden kann. Nur gut, dass der Kurzzeitchef Peter Terium eine Abfindung von rd. 12 Millionen Euro kassieren durfte. Damit hat der Niederländer (in altruistischer Weise) sogar noch auf 5,5 Millionen verzichtet.
Der Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors hier
Die Rückkehr des Monopols
Eine kurze Geschichte der deutschen Stromwirtschaft
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Wettbewerb? Den gab es nie und wird es auch nie geben können.
Über 80% des Strompreises sind staatlich festgelegt sind (Netzentgelte, Konzessionsabgabe, KWK-Umlage, EEG-Umlage, Stromsteuer, Umsatzsteuer).
Stromerzeugung und Vertrieb machen (lt. BDEW in 2017) nur 19,3% aus – da ergibt sich nur eine kleine Möglichkeit für windige Mitbewerber……
Die Stromversorgung als Daseinsvorsorge ist auch viel zu wichtig, um sie kurzfristigen Wettbewerbsinteressen zu opfern. Es wäre ein langfristiges Konzept nötig, das die Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz (nicht den vermeintlichen Klimaschutz) in den Vordergrund stellt.
Durch die aktuelle hirnlose Förderung der EE wird keiner der drei Punkte erfüllt.
„Gleichwohl ist anzumerken, dass sie sich (die EVU) von Beginn an weniger dem Wettbewerb aussetzte, sondern sich zumeist im geschützten Terrain von Monopolen und Oligopolen bewegte.“
Meines Wissens nach sucht Niemand „Wettbewerb“ z. B. bei Bundeswehr, Polizeischutz oder Feuerwehr. Bundestag und Regierung meiden sogar den dort möglichen und dringend erforderlichen „Wettbewerb“ mit dem Bürgerentscheid.
Stinnes wollte seinerzeit lediglich „Kohle über Draht“ verkaufen, doch der Draht ließ das Gebietsmonopol des RWE, entstehen, einer AG, deren Aktien immer noch im Handel und weit gestreut sind. (Mit EdF in Frankreich und ENEL in Italien z. B. übernahm jeweils der Staat das Monopol der Stromversorgung. Mit Kernenergie und Wasserkraft ist Strom in Frankreich trotzdem immer noch recht preiswert!!) –
Jede Erhöhung des Strompreises für Haushalte bedurfte der Genehmigung, Großabnehmer der Industrie verhandelten gewöhnlich niedrigere Preise, übernahmen Teile der Versorgung selbst, die chemische Industrie dachte sogar an den Bau eigener Kernkraftwerke.
Der Autor beschreibt recht gut, dass es in der „Stromversorgung über Draht“ bisher keinen Wettbewerb gab, und kann auch keine Hinweise geben, wie so etwas eingerichtet werden könnte.
Übrigens ist aus meiner Sicht der angebliche „Wettbewerb auf der Schiene“ ebenso eine Lachnummer wie in der Stromversorgung Deutschlands.