Studie: küstennahe Schnee-Akkumulation in der Westantarktis hat während des 20. Jahrhunderts um 30% zugenommen
Gemeinsame Erklärung von der AMERICAN GEOPHYSICAL UNION (AGU) und dem BRITISH ANTARCTIC SURVEY (BAS)
Die jährliche Schnee-Akkumulation auf dem Küsten-Eisschild der Westantarktis hat während des 20. Jahrhunderts dramatisch zugenommen. Dies geht aus einer neuen Studie hervor, die in den Geophysical Research Letters der American Geophysical Union veröffentlicht worden ist.
Die Studie vermittelt Wissenschaftlern neue Erkenntnisse über die Eisbedeckung in der Antarktis. Das Verständnis darüber, wie der Eisschild mit der Zeit wächst oder schrumpft, bedeutet auch Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Prozesse, die den globalen Meeresspiegel beeinflussen, sagen die Autoren.
Für die neue Studie wurden Eisbohrkerne ausgewertet (siehe Bild oben rechts), um die jährliche Schnee-Akkumulation von 1712 bis 2010 an der Westküste der Antarktis zu schätzen. Bis 1899 erfolgte die Zunahme der Akkumulation stetig, im Mittel mit 33 bis 40 cm Wasseräquivalent; pro Jahr an zwei verschiedenen Stellen.
Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Schnee-Akkumulation zuzunehmen, und zwar um 30% zwischen 1900 und 2010, wie aus der neuen Studie hervorgeht. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass der Eisschild während der letzten 30 Jahre des Untersuchungszeitraumes nahezu 5 Meter mehr Wasseräquivalent gewonnen hat als während der ersten 30 Jahre dieses Zeitraumes.
„Da sich die Aufzeichnung über 300 Jahre erstreckt, können wir erkennen, dass die Schneemenge, die sich seit den neunziger Jahren in diesem Gebiet akkumuliert hatte, die Höchste ist, die wir während der letzten 300 Jahre gesehen haben. Die Zunahme während des 20. Jahrhunderst sieht ungewöhnlich aus“, sagte Elizabeth Thomas, eine Paläoklimatologin beim British Antarctic Survey BAS in Cambridke, UK, und Leitautorin der neuen Studie.
Thomas ordnet die höhere jährliche Schnee-Akkumulation während der letzten 30 Jahre teilweise einer Intensivierung eines regionalen Tiefdrucksystems zu sowie mehr Stürmen in den Gebiet. Die Autoren der Studie sagen, dass diese Stürme im Zuge des Klimawandels zunehmen können, was möglicherweise zu einer weiteren Zunahme der Schnee-Akkumulation führt.
Der Schnee bildet den Eisschild, aber die zusätzlichen Flocken haben den Eisschild der Westantarktis nicht ins Schwimmen gebracht. Frühere Forschungen hatten ergeben, dass er im Zuge des sich erwärmenden Klimas rasch dünner wird.
Die Größe des Eisschildes ist abhängig von der Neuschneemenge, die sich darauf akkumuliert, und wie viel des bestehenden Eises abschmilzt, sagte sie. Kenntnis über die Menge des in der Westantarktis fallenden Schnees hilft den Wissenschaftlern bei der Vorhersage, wie der Eisschild vom Klimawandel betroffen wird und wie sich dessen Änderungen auf den Meeresspiegel auswirken.
In diesem Gebiet haben die gleichen Stürme, die den zunehmenden Schneefall ins Innere getrieben haben, auch wärmere Ozeanströmungen in Kontakt mit dem Eis der Westantarktis gebracht, was zu der rapiden Ausdünnung führte“, sagte Thomas. „Folglich hat der vermehrte Schneefall, von dem wir hier reden, nicht zu einer Verdickung des Eisschildes geführt, sondern er ist ein weiteres Symptom der Änderungen, die die vorübergehenden Eisverluste treiben“.
Eis an der Westküste der Antarktis
Die Erde enthält zwei große Eisschilde – einen in der Arktis, welcher Grönland überdeckt, und einen in der Antarktis. Die Bildung von beiden hat mit Schneeflocken begonnen. Wenn sich der Schnee Jahr für Jahr ansammelt, presst das Gewicht des Schnees die unteren Schichten zu Eis zusammen, was zur Bildung des Eisschildes führt.
Wissenschaftler können die Schnee-Akkumulation mittels Satellitendaten berechnen, aber diese Daten gibt es erst seit 1979. Das ist ein viel zu kurzer Zeitraum zur Bestimmung, ob irgendwelche Änderungen des Schneefalls das Ergebnis natürlicher Variation oder Klimaverschiebungen sind. „Wir müssen verstehen lernen, ob wir Eis verlieren, mit welcher Rate, und was der Grund dafür ist“, sagte Thomas.
Für die neue Studie haben die Forscher zwei Eisbohrkerne vom Ellsworth Land gezogen, das ist die Landenge, die die Antarktische Halbinsel mit dem restlichen Kontinent verbindet. Die Bohrkerne enthalten Schicht für Schicht Eis – die Überbleibsel jährlichen Schneefalls. Mit der Messung der Dicke des in jedem Jahr abgelagerten Eises schätzten die Forscher die jährliche Schnee-Akkumulation während der letzten 300 Jahre.
Die jüngsten starken Schneefälle scheinen Teil eines graduellen, langfristigen Anstiegs der jährlichen Schnee-Akkumulation zu sein, der Anfang des 20. Jahrhunderts begann und sich während der achtziger Jahre beschleunigt hat. Die Autoren der Studie fanden heraus, dass mit Beginn des 20. Jahrhunderts zusätzliche 15 mm Wasseräquivalent dem Eisschild in jedem Jahrzehnt zugeführt worden sind. Von 2001 bis 2010 war die Zuführung von Wasser in jedem Jahr 15 cm größer als vor dem Jahr 1900.
Ein stürmisches Meer
Die Autoren der Studie ordnen den Anstieg der Schnee-Akkumulation teilweise der zunehmenden Sturmwirbeltätigkeit in jenem Gebiet zu. Die Amundsen-See im Westen von Ellsworth Land ist anfällig für Stürme und Tiefdrucksysteme, die sich oft dort bilden.
Meteorologische Daten, die aber nur 35 Jahre zurück reichen zeigen, dass sich das Tiefdrucksystem während dieser Zeit verstärkt hat. Der Anstieg der Schnee-Akkumulation seit den zwanziger Jahren könnte sogar einen längerfristigen Trend zunehmender Stürme anzeigen.
Wissenschaftler haben die Gründe für die Verstärkung des Tiefdrucksystems in der Amundsen-See noch nicht eindeutig ausmachen können, aber Anzahl und Intensität der Stürme in jenem Gebiet könnte während des 21. Jahrhunderts weiter zunehmen als Konsequenz der Treibhausgas-Erwärmung*. In einem wärmeren Klima könnten zum Südpol strömende Luftmassen aus den mittleren Breiten mehr Wasser enthalten, was zu verstärktem Schneefall führt.
[*Eine Verstärkung von Tiefdrucksystemen im Bereich des subpolaren Jetstreams ist IMMER einem zunehmenden horizontalen Temperaturgegensatz zwischen mittleren und hohen Breiten geschuldet. Entweder haben sich hier die Mittleren Breiten der Südhalbkugel erwärmt, die Antarktis aber nicht, oder die Antarktis hat sich abgekühlt, die Mittleren Breiten aber nicht. AGW geht nun aber davon aus, dass sich die Polargebiete angeblich stärker erwärmen als jedes andere Gebiet auf der Welt. Falls dem so ist, müsste sich die Sturmwirbel-Aktivität abschwächen und nicht verstärken. – Anm. von Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt]
Die Studie umreißt eine überzeugende Verbindung zwischen der Intensivierung des Tiefdrucksystems über der Amundsen-See und der gesteigerten Schnee-Akkumulation, sagte David Bromwich, ein Klimatologe und Polarwetter-Meteorologe am Byrd Polar and Climate Research Center an der Ohio State University in Columbus, der nicht Autor der Studie war. Das Tiefdrucksystem ist wahrscheinlich einer von vielen Faktoren, die zu den vermehrten Schneefällen beigetragen haben, sagte er.
Das Klima der Antarktis wird bestimmt von einem komplexen Mix aus ozeanischen und atmosphärischen Strömungsmustern, so dass es durchaus noch andere Komponenten bei der Zunahme der Schnee-Akkumulation in jenem Gebiet geben könnte. Wie die Studie zeigt, könnte eine davon die Verdunstung von Oberflächenwasser sein, das durch den Verlust von Meereis in jenem Gebiet freigelegt worden ist.
Man beachte auch die Presseerklärung auf der Website der BAS.
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Ergänzende Anmerkung:
Die meteorologische Erklärung für die w.o.a. gesteigerte Sturmtätigkeit und damit für die zunehmenden Schneefälle ist die Antarktische Oszillation, wozu wir hier einen Auszug zitieren aus einer EIKE-Publikation (http://tinyurl.com/ntvdhjo) :
"Das hat meteorologische Gründe: Die AA-Halbinsel liegt in der Westwindzone der Südhemisphäre. Dieser südhemisphärische Westwind-Gürtel unterliegt stochastischen zyklischen Luftdruck-Schwankungen, wie auch alle anderen globalen Windsysteme. Daher wird analog zu den Schwankungen des Luftdruckgürtels in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel, der sogenannten Nord-Atlantischen Oszillation NAO, auch für die Südhalbkugel ein solcher Index berechnet: Die Ant-Arktische Oszillation AAO.
Dazu ist im "Wetter-Lexikon" [http://tinyurl.com/q3ss2mc] zu lesen:
"Unter der Antarktischen Oszillation (kurz: AAO) versteht man die Schwankung des Luftdruckgegensatzes zwischen dem 40. südlichen und 65. südlichen Breitengrad. Das heißt, diese Oszillation ist durch den Luftdruckgegensatz über dem Südpol und den subtropischen Regionen beziehungsweise den mittleren Breiten der Südhalbkugel definiert. Die Stärke der AAO wirkt sich auf das Windregime in den mittleren und höheren Breiten der Südhalbkugel aus. Die AAO beeinflusst demnach das Klima über einem Großteil der Südhemisphäre, zum Beispiel in der Antarktis, in Australien und in Teilen des südlichen Südamerikas.
Aus den Luftdruckgegensätzen lässt sich der AAO-Index herleiten. Wenn der AAO-Index negativ ist, dann ist das Kältehoch über der Antarktis stark ausgeprägt. Die polaren Ostwinde wehen kräftig rund um den Südpol. …. In der positiven Phase verschiebt sich die Westströmung südwärts, so dass im südlichen Südamerika und in Australien mehr Regen als im langjährigen Durchschnitt fällt. Zudem kann sich die milde Luft zum Teil bis zur antarktischen Küste durchsetzen."
… wovon dann insbesondere die AA-Halbinsel betroffen ist!
Den Verlauf des AAO-Index 1948-2002 zeigt die Abb. 3 : Vor etwa 1980 gab es eine Dominanz von meridionalen Wetter-Lagen, während seitdem zonale Wetterlagen stark überwiegen. Das bedeutet eine Verstärkung der Westwind-Zirkulation und damit der Sturm-Aktivität. Gleichzeitig wird damit häufiger mildere Luft vom Pazifik gegen die AA-Halbinsel geführt. Somit führen Stürme mit milderer Luft vom Pazifik her an der AA-Halbinsel thermisch zu Eis-Schmelz-Prozessen und mit höheren Wellen mechanisch zu überdurchschnittlichem Abbrechen von Eis. Bekannt geworden sind dabei in jüngerer Zeit Eisabbrüche (Eisberge) beim Wilkins-Schelfeis an der Westküste der AA-Halbinsel.
Die Ursachen sind also meteorologischer Natur und haben mit irgend einer "Klima-Katastrophe" nichts zu tun.
Ohnehin: Im Rahmen der Klima-Betrachtung der gesamten Antarktis ist die AA-Halbinsel mit kaum 1% der AA-Fläche nur eine Marginalie."
Abb. 3 [ http://www.jisao.washington.edu/aao/ ]
Antarktische Oszillation (AAO)
Klaus-Eckart Puls, 10.11.2015
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Quelle: http://news.agu.org/press-release/west-antarctic-coastal-snow-accumulation-rose-30-percent-during-20th-century-new-study-finds/
Titel: “Twentieth century increase in snowfall in coastal West Antarctica”
Autoren: E.R. Thomas, J.S. Hosking, R.R. Tuckwell, R.A. Warren, and E.C. Ludlow: British Antarctic Survey, Madingley Road, Cambridge CB3 0ET, UKE.
Link: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2015GL065750/abstract?campaign=wlytk-41855.5282060185
Link zum Original: http://wattsupwiththat.com/2015/11/05/yet-another-study-shows-antarctica-gaining-ice-mass-accumulation-highest-we-have-seen-in-the-last-300-years/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
„Ergänzende Anmerkung“:
Herzlichen Dank, Herr Puls, für diese klärende Ergänzung! Jetzt wollen wir mal abwarten, ob auch die AAO wie ihr nordhemisphärisches Gegenstück in die negative Phase wechselt.
Hans-Dieter Schmidt
Falls dem so ist, müsste sich die Sturmwirbel-Aktivität abschwächen und nicht verstärken. – Anm. von Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt]
Wenn man dem GFDL CMIP5-Modell „glaubt“ wird es 2096-2100 am Südpol um 3,17 K wärmer sein als 1970-1974. Kann ja mal eruieren um wieviel es am Äquator wärmer geworden sein soll … .
#1: Danke, Herr Herbst! Das hatte mir gefehlt. Zur ergänzung den Link zum Original-Artikel:
http://tinyurl.com/p95ql3x
Leider fehlen mir hier Angaben zur Massebilanz. Es gab auch vorher Studien, die einen Eismassezuwachs der Antarktis behaupteten (Satelitengestützte Altimetrie), aber die Mehrzahl der Studien gehen dennoch von einem Masseverlust aus (GRACE / Gravimetrie).
Hier haben wir einen anderen Ansatz der aber nicht unmittelbar Rückschlüsse auf die Massebilanz zulässt. Dennoch sollte das Problem zumindest angerissen werden. So ganz ohne fehlt mir was.
Ich habe da noch was:
SPON heute: Klima: Globale Erwärmung erreicht Ein-Grad-Schwelle
Und was erklärt und der fachkundige SPON Autor dazu:
Von Menschen freigesetzte Gase wie CO2 und Methan (CH4) gelten als Hauptursache des Klimawandels, konstatiert der Uno-Klimarat in seinem Sachstandsbericht. Die Gase halten Sonnenstrahlung in der Luft zurück, sodass sie sich erwärmt ….
Ups, die „Gase“ halten die Sonnenstrahlen in der Luft zurück…
An Blödheit kaum noch zu überbieten, aber die SPON Leserschaft, zumeist aus der Geisteswissenschaftlichen Ecke, nicken zustimmend und sind wild entschlossen diesen „Gasen“ den Kampf anzusagen. Wir werden von Irren regiert!!!!!!
Hier finden Sie die Deutsche Übersetzung einer Weiteren sehr aktuellen NASA-Studie:
http://tinyurl.com/qazh33c
Massenzuwachs des Antarktischen Eisschildes übersteigt die Verluste.