Die Veränderung von Sauerstoff-Isotopen in Eiskernen ist eine Maßzahl für Temperatur-Fluktuationen. Der meiste atmosphärische Sauerstoff besteht aus 16O, aber ein kleiner Teil enthält 18O, ein Sauerstoff-Isotop, das um Einiges schwerer ist. Wenn Wasserdampf (H2O) aus der Atmosphäre als Schnee kondensiert, enthält es ein Mischungsverhältnis von 16O/18O (δ18O), welches die Temperatur zu jener Zeit reflektiert. Wenn der Schnee auf einen Gletscher fällt und zu Eis wird, verbleibt ein isotopischer ,Fingerabdruck‘ der Temperaturbedingungen zum Zeitpunkt der Kondensation. Messungen des 16O/18O-Verhältnisses in tausende Jahre altem Gletschereis erlauben Temperatur-Rekonstruktionen aus der Vergangenheit. Tausende beschleunigende Messungen von δ18O aus dem grönländischen GISP2-Eiskern durch Stuiver und Grootes an der University of Washington können verwendet werden, um Temperaturfluktuationen in Grönland während der letzten 100.000 Jahre zu rekonstruieren (Stuiver and Grootes, 2000;. Grootes and Stuiver, 1997; Stuiver et al.., 1995; Stuiver, et al., 1993). Was diese Messungen so nützlich macht, ist die Genauigkeit der Datierung der Proben, begleitet von der Zählung der jährlichen abgelagerten Staubschichten, die sich im Eis während jeder Schmelzsaison auf dem Gletscher angesammelt haben, was eine Datierung auf wenige Jahre genau zulässt über einen Zeitraum von vielen tausend Jahren. In den Eisbohrkernen aus der Antarktis ist dies nicht möglich.
Obwohl der Ort des GISP2-Eisbohrkerns spezifisch ist (Grönland), korreliert er gut mit globalen Gletscher-Fluktuationen und einer großen Vielfalt anderer Klimaproxys. Er wurde zum ,goldenen Standard‘ unter den globalen Klimarekonstruktionen. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass Temperaturvariationen für jede geographische Breite spezifisch sind. Die tatsächlichen Temperaturen aus den GISP2-Bohrkernen zeigen eine höhere Bandbreite von Werten als globale Daten. Der GISP2-Bohrkern reicht 100.000 Jahre zurück, aber hier wollen wir uns auf die Daten der letzten 10.000 Jahre konzentrieren (das Holozän) und diese vergleichen mit Erwärmungs- und Abkühlungsperioden aus jüngster Zeit.
Die GISP2-Temperaturdaten enthalten zwei Typen: (1) Messungen der Sauerstoffisotope ( δ18O), die die Temperaturen zur Zeit der Schnee-Akkumulation reflektieren und (2) Temperaturmessungen im Bohrloch, die eine Temperaturrekonstruktion in Grad Celsius gestatten.
Messungen der Sauerstoffisotope (δ18O)
Abbildung 1 zeigt δ18O aus dem GISP2-Bohrkern während der letzten 10.000 Jahre. Die Isotopen-Aufzeichnung beginnt im Jahre 1987 am oberen Ende des Bohrkerns. Temperaturen höher als im Jahre 1987 sind rot, niedriger als 1987 blau gezeichnet. Das Erstaunlichste an dieser Kurve ist, dass die Temperaturen während fast der gesamten 10.000 Jahre höher lagen als 1987. Während der letzten rund 1500 Jahre war es kälter. Abschmelzen erfolgte seit der Kleinen Eiszeit, aber die Temperaturen haben noch nicht wieder das Niveau erreicht, das fast im gesamten Holozän vorherrschend war.
Abbildung 1: δ18O aus dem GISP2-Eiskern der letzten 10.000 Jahre. Rote Bereiche kennzeichnen Temperaturen über dem Niveau von 1987 (oberes Ende des Bohrkerns), blaue Bereiche Temperaturen unter diesem Niveau. Während fast der gesamten letzten 10.000 Jahre war es wärmer als während der letzten 1500 Jahre (aus Grooes und Stuiver 1997).
Temperaturen in Grönland seit 1987
Das obere Ende des GISP2-Bohrkerns zeigt die Bedingungen im Jahre 1987. Um also die Temperaturen der letzten Jahrzehnte mit den Isotopen-Temperaturen der letzten 10.000 Jahre vergleichen zu können, müssen wir wissen, wie sich die Temperaturen in Grönland seitdem entwickelt haben. Chylek et al. (2004) analysierten die Temperaturverläufe an Küstenstationen im südlichen und zentralen Grönland und erzeugten fast ununterbrochene Temperaturreihen zwischen 1930 und 1940. Anschließend war der Rückgang der Temperatur so substantiell und nachhaltig, dass die gegenwärtigen Temperaturen an der Küste „etwa 1°C niedriger liegen als deren Werte 1940“. „Auf dem grönländischen Eisschild hat die mittlere Sommertemperatur mit einer Rate von 2,2°C pro Dekade abgenommen, und zwar seit Beginn der Messungen im Jahre 1987“. Chylek et al. kamen zu dem Ergebnis, dass während der Erwärmung in Grönland in den zwanziger Jahren (Abbildung 2) „die mittleren jährlichen Temperaturen zwischen 2 und 4°C in weniger als zehn Jahren gestiegen waren (im Winter bis zu 6°C)“. Sie nannten dies die große Grönland-Erwärmung der zwanziger Jahre und folgerten: „da es damals keine signifikante Zunahme atmosphärischer Treibhausgase gegeben hatte, zeigt dies, dass es zu großen und rapiden Erwärmungen in Grönland und vielleicht auch in anderen Gebieten der Arktis kommen kann, geschuldet der internen Klimavariabilität … ohne einen signifikanten anthropogenen Einfluss“.
Abbildung 2: Temperaturen in der Arktis von 1880 bis 2004. Man beachte die sehr starke Erwärmung in den zwanziger Jahren und dass die Temperaturen in den dreißiger Jahren höher lagen als 2004 (aus dem Jones et al.-Datensatz).
Abbildung 3 zeigt Temperaturvariationen an 8 Stationen in Grönland. Man beachte, dass trotz des Temperaturanstiegs nach dem Jahr 2000 die Temperaturen nicht über das Niveau der dreißiger Jahre hinausgehen.
Abbildung 3: Temperaturvariationen in Grönland seit 1880 an acht Stationen.
Jährliche Fünf-Jahres-Mitteltemperaturen von 1995 bis 2005 an acht Stationen in Grönland waren ähnlich wie von 1920 bis 1930, waren aber nicht über diese hinausgegeangen.
Abbildung 4: Jährliche Fünf-Jahres-Mitteltemperaturen von 1900 bis 2005 an acht Stationen in Grönland. Die Temperaturen lagen von 1995 bis 2005 etwa auf der Höhe des Zeitraumes 1920 bis 1930, aber nicht höher (Chylek et al. 2006).
Die zwei Wetterstationen, Godthab Nuuk und Angmagssalik an den gegenüber liegenden Küsten von Grönland verzeichnen die längsten Reihen, die über ein Jahrhundert zurückreichen. Beide zeigen ähnliche Temperaturverteilungen – starke Erwärmung in den zwanziger und dreißiger Jahren, gefolgt von Abkühlung von 1950 bis 1980 und dann wieder Erwärmung von 1980 bis 2005. Mit Ausnahme des Jahres 2003 an einer Station liegen die Temperaturen derzeit auf dem Niveau Mitte der zwanziger Jahre.
Die Bedeutung dieser neuen Temperaturreihen ist, dass sie zeigen, dass die Temperaturen in den letzten Jahrzehnten nicht über diejenigen der dreißiger Jahre hinausgegangen sind. Daher können die δ18O-Werte für den Vergleich der jüngsten Temperaturen mit denen der letzten 10.000 Jahre verwendet werden, d. h. etwa 85% der vergangenen 10.000 Jahre waren wärmer als in der Gegenwart.
GISP2-Temperatur-Rekonstruktionen
Ein zweites Verfahren der Temperaturrekonstruktion für Grönland aus dem GISP2-Bohrkern war die Verwendung von Temperaturmessungen im Bohrloch, korrigiert um die Anlaufzeiten der Temperaturwerte, thermischen Störungen durch den Bohrprozess und fluid convention [?] im Bohrloch nach Cuffy und Clow 1997 (Abbildung 5) sowie Alley 2000 (Abbildung 6). Die von Alley 2000 erzeugte Kurve zeigt, dass die Temperaturen in 8.500 der letzten 10.000 Jahre signifikant höher lagen.
Abbildung 5: Temperatur-Rekonstruktionen von Cuffy und Clowe (1997) aus dem GISP2-Eisbohrkern.
Abbildung 6: Temperatur-Rekonstruktion nach Alley (2000) aus dem GISP2-Eisbohrkern.
Es gab hinsichtlich des Anfangszeitpunktes der Kurve von Alley einige Verwirrung. Die archivierte NOAA-Datenbasis sagt: „Aufzeichnungsperiode: 49.00 Jahre bis zur Gegenwart“. Da dies eine Veröffentlichung im Jahre 2000 war, dachten Einige (auch ich), dass ,Gegenwart‘ hier das Jahr 2000 meint. Aber andere Möglichkeiten enthalten 1987 (das obere Ende des Bohrkerns) oder 1950, was 20 Meter unter der oberen Spitze des Bohrkerns liegt. Offensichtlich wurde das Jahr 1950 als ,Gegenwart‘ bezeichnet, so dass der erste Datenpunkt auf der Kurve von Alley (95 Jahre) bedeutet, dass es 164 Jahre lang einen Stillstand gab zwischen dem ersten Datenpunkt und 2014. Dies ist ein Problem für die Bestimmung der Beziehung zwischen den Grönland-Temperaturen der letzten Jahrzehnte und dem 10.000 Jahre umfassenden GISP2-Bohrkern. Soll heißen, waren wirklich 8500 Jahre der Vergangenheit wärmer als die letzten Jahrzehnte? Glücklicherweise können wir die δ18O-Aufzeichnungen für das fehlende Intervall heranziehen, ebenso wie gemessene Temperaturen an den grönländischen Wetterstationen. Abbildung 7 zeigt die δ18O-Kurve von 1850 bis 1987.
Abbildung 7: δ18O-Kurve 1850 bis 1987. Man beachte, dass der erste Alley-Datenpunkt (2000) genau der gleichen Zeitleiste folgt wie an der Spitze des Bohrkerns (1987). Folglich gibt es keine Temperaturdifferenz zwischen dem ersten Datenpunkt bei Alley (2000) und der Spitze des Bohrkerns.
Über die Temperaturen seit 1987 haben wir oben gesprochen (Abbildungen 2, 3, 4). Sie zeigen, dass die Temperaturen während der letzten Jahrzehnte nicht über diejenigen der dreißiger Jahre hinausgegangen sind, so dass 1987 als Zeitleiste benutzt werden kann für den Vergleich mit den Temperaturen während der letzten 10.000 Jahre.
Schlussfolgerungen
Sauerstoffisotop-Messungen des GISP2-Eisbohrkerns zeigen, dass es während 8500 Jahren der letzten 10.000 Jahre signifikant wärmer war als während der letzten Jahrzehnte. Die letzten 1500 Jahre einschließlich der Kleinen Eiszeit waren kälter. Temperaturrekonstruktionen aus Bohrloch-Daten bestätigen die Sauerstoffisotop-Daten und zeigen, dass etwa 8500 Jahre der letzten 10.000 Jahre signifikant wärmer waren als die letzten Jahrzehnte. Temperaturmessungen an acht grönländischen Wetterstationen zeigen, dass die Temperaturen der letzten Jahrzehnte nicht über das Niveau der dreißiger Jahre hinaus gegangen waren. Damit kann die Spitze des Bohrkerns (1987) mit den Paläo-Temperaturen der letzten 10.000 Jahre verglichen werden.
Link: http://www.kaltesonne.de/?p=21199
Übersetzt von Chris Frey EIKE
8 Kommentare
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Bild 6 gehört in die Rubrik „unbrauchbar“, da keine Achsenzahlenwerte lesbar sind.
Kann man so was bei der redaktionellen Bearbeitung nicht korrigieren, z. B. die Zahlen nochmal deutlich hinzufügen?
Kommentar: #4: Frank Abels sagt:
am Freitag, 17.10.2014, 16:39
Bei einleuchtenden Berichten wie diesen,
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Sehr geehrter Herr Abels,
die oben verlinkte Kritik zeigt, dass dieser „einleuchtende Bericht“ solch eklatante Schwächen enthält, dass dieser zu meiner Zeit in der Art kaum in einem Oberseminar akzeptiert worden wäre.
Die „Qualität“ der Abbildung 7 habe ich schon weiter oben kommentiert. Herr Abels lesen Sie sich doch die Diskussion in dem Beitrag bei Eike 2011 nochmals durch:
http://tinyurl.com/Eike-GorundHogDay
Der dort gemachten Einwurf von Eastbrook (per mail am Ende des Berichtes vor der Diskussion) wiederspricht der Deutung der Daten durch Herr Klaus Öllerer (der AFAIR auch schon für EIKE geschrieben hat). Siehe dort Kommentar #51 der von M.L. wie folgt kommentiert wurde:
„„Von den letzten 10500 Jahren waren 9100 wärmer als die Jahre 1934, 1998 und 2010.““
Da haben Sie Recht, diese Aussage ist zu präzise.
mfG
M.L.“
M.L wollte damit nur sagen dass die Aussage falsch ist. Auch wenn er es etwas in Watte verpackt.
Dennoch wurde dieser Artikel mit seinen Unzulänglichkeiten recycelt ohne die notwendigen Verbesserungen vorzunehmen. Dazu mag sich jeder seine eigenen Gedanken machen
Sehr geehrter Herr Wolf,
Diesem angeblichen Zwang durch das IPPC unterwerfen sich aber keineswegs alle Politiker.Harper von Canada so wenig wie Abbott von Australien, der vor der Wahl das CO2 Dogma als „Bullshit“ bezeichnete und versprach die Carbon-Tax abzuschaffen. Wurde mit großer
Mehrheit gewählt. Nein, ich glaube die Politiker haben Ihnen die wohlfeile Ausrede geboten, hinter der sich die Kanzlerin gerne versteckt, dass sie natürlich keine Verantwortung an der aus Ihrer Klimapolitik zwingend resultierenden Katastrophe haben wird.
Dass IPCC hat also die alleinige Verantwortung an dem Wahnsinn, dessen Kosten nur noch in Billionen gerechnet werden. Wer soll das denn glauben? Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt nahm sich noch die Freiheit zu sagen, dass IPCC keinerlei Legimitation hat und sich selber ernannte.
Ich bin davon überzeugt, das es ein weiteres Beispiel dafür ist, das die Kanzlerin alles tut was dem Macherhalt dient, eine wissenschaftliche Überzeugung in der Klimafrage hat für sie keine
Bedeutung, es ist ihr vermutlich gleichgültig, das hat sie auch schon mal angedeutet, als sie sinngemäß sagte, dass sie die CO2 Frage nicht mehr interessiert, ihr geht es nur um mehr Unabhängigkeit in der Energieversorgung. Wenn das so ist sollte man ihr mal klar machen, dass Deutschland und Polen zusammen die größten bekannten Braunkohlelager haben, die für etwa 250 Jahre Vollversorgung der beiden Länder
reichen würden, wenn man sich von dem CO 2 Dogma verabschieden würde. Viel Zeit um in Ruhe wirklich eine seriöse Energiewende, ohne Zappelstrom, zu gestalten.
#4 Frank Abels,
Sehr geehrter Herr Abels, so einfach geht es in der Politik leider nicht:
Die letzten drei Bundesumweltminister und das Umweltbundesamt haben mir „aktenkundig“ mitgeteilt, dass man zur Bewertung von Klimaänderungen nicht über die dazu erforderliche Sachkunde verfüge. Das sei Sache des IPCC. Man sei an deren Sachkenntnis gebunden und würde daher deren Empfehlungen in der deutschen Politik umsetzen!
Daran darf (muss?) sich auch Frau Merkel orientieren, denn jede Aktion gegen „den bereits in der Grundschule angesiedelten“ Mainstream wäre gegenwärtig politischer Selbstmord, oder?
MfG
Ulrich Wolff
Bei einleuchtenden Berichten wie diesen, oder andere bei EIKE, frage ich mich jedesmal, wie ein promovierter Physiker ihn auffassen würde, welche Argumente er dagegen vorbringen könnte, wie er dennoch den antrophogenen Hauptgrund für einen KLIMAWANDEL rechtfertigen könnte. Kurzum, ich frage mich, wie Frau Dr. rer.nat. Angela Merkel damit zurecht kommt, oder muss man davon ausgehen, dass die Protagonisten vom PIK es als amtliche Klimaberater geschafft haben die Kanzlerin von alle derartigen Informationen abzuschotten.
Falls Sie Zugang zu diesen Informationen haben sollte und dennoch keine Wende mit dem EEG macht, könnte man Neigung entwickeln, der oft in den Foren vorgebrachten Meinung, dass die Kanzlerin mit dem EEG gegen den Amtseid verstößt „Schaden von Deutschland abzuwenden“ zuzustimmen.
„Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hat CO2 die mittlere Temperatur an der Erdoberfläche bis zum Ende des 20. Jahrhunderts um 0,7 – 0,8 ? ansteigen lassen.“
Es bleibt zunächst ein Phänomen, dass es gelingen konnte (und kann), mit einem derartigen Sprüchlein zu punkten. – Wenn man jedoch an Hölle, Teufel, Götter und die Einkünfte denkt, wird alles klarer, oder?
Und täglich Gürßt das Murmetier:
http://tinyurl.com/Eike-GorundHogDay
Fehler werden nicht korrigiert sondern persistiert.
Danke für Ihre Vorarbeit Marvin Müller!
Frage zur Abbildung 7:
Laut Zeitachse geht diese bis 1980, wieso zeigt der „Pfeil 1987“ auf ca. 1977? Leider habe ich die Stelle wo Easterbrook das veröffentlicht hat nicht gefunden.