Dr. Shavivs Studie stellt die Behauptung auf, dass sowohl der ozeanische Wärmegehalt als auch die Wassertemperatur SST mit dem etwa 11-jährigen Sonnenzyklus variieren. Obwohl unklar ist, was mit dem Wort „wir“ gemeint ist, wenn er es verwendet, sagt er: „wir zeigen, dass der Gesamt-Strahlungsantrieb in Verbindung mit den Variationen der Sonnenzyklen etwa 5 bis 7 mal größer ist als jener in Verbindung mit Variationen der Gesamt-Einstrahlung TSI. Es ist also ein Verstärkungs-Mechanismus erforderlich, ohne dass wir auf einen bestimmten zeigen“. Da die Daten des ozeanischen Wärmegehaltes sowohl verstreut als auch unvollständig sind, habe ich einmal untersucht, ob die vollständiger vorliegenden Daten der SST Anzeichen des behaupteten Einflusses der Sonnenzyklen zeigen.
Anfangen möchte ich mit dem, was Shaviv im Jahre 2008 über die Behandlung der Daten sagte:
„Vor der Ableitung des globalen Wärmeflusses aus dem beobachteten ozeanischen Wärmegehalt muss man detaillierter die von uns verwendeten verschiedenen Datensätze untersuchen, um noch besser deren Grenzen zu verstehen. Da wir sie miteinander vergleichen wollen, beginnen wir mit der Erstellung vergleichbarer Datensätze mit gleicher Auflösung und zeitlicher Länge. Wir packen also höher aufgelöste Daten in Ein-Jahres-Körbe und beschneiden alle Datensätze auf den Zeitraum 1955 bis 2003“.
Ich vermute, dass sie 1955 deswegen als Startpunkt ihrer Daten benutzt haben, weil die Daten des ozeanischen Wärmegehaltes ab 1955 vorliegen. In ihrer Studie verwenden sie den HadISST-Datensatz, also die „Ice and Sea Surface Temperature“-Daten. Also ging ich zur wunderbaren KNMI-site und habe diese Daten von dort mit den Daten zu den Sonnenflecken verglichen. Hier folgen die ungekürzten Versionen der SIDC-Sonnenflecken und der Wassertemperaturdaten von HadISST:
Abbildung 1: Sonnenfleckenzahlen (oberes Paneel) und Wassertemperaturen (unteres Paneel).
Gibt es also eine solare Komponente in den SST-Daten? Nun, schaut man sich Abbildung 1 an, kann man auf den ersten Blick sagen: falls es eine solche Komponente gibt, ist sie ziemlich klein. Wie klein? Nun, dazu brauchen wir die Mathematik. Ich beginne oft mit einer Kreuz-Korrelation. Eine Kreuz-Korrelation beleuchtet nicht nur, wie gut korreliert zwei Datensätze sein könnten. Sie zeigt auch, wie gut die beiden Datensätze korreliert sind mit einer Verzögerung zwischen beiden. Abbildung 2 zeigt die Kreuz-Korrelation zwischen den Sonnenflecken und der SST:
Abbildung 2: Kreuz-Korrelation, Sonnenflecken und Wassertemperaturen. Man beachte, dass sie bei keiner Verzögerung irgendwie signifikant sind, und das ohne Berücksichtigung von Autokorrelation [?].
Ich kann also nichts Signifikantes bei der Kreuz-Korrelation der beiden Datensätze über deren volle Länge erkennen, also im Zeitraum 1870 bis 2013. Allerdings haben sie nicht den gesamten Datensatz verwendet, sondern nur den Teil im Zeitraum 1955 bis 2003. Das sind nur 49 Jahre … und an diesem Punkt beginne ich, nervös zu werden. Man erinnere sich, wir suchen nach einem 11-jährigen Zyklus. Ergebnisse aus diesem speziellen halben Jahrhundert repräsentieren also nur drei vollständige Solarzyklen, und das ist dürftig… Aber wie auch immer, hier folgt die Kreuz-Korrelation der zeitlich begrenzten Datensätze 1955 bis 2003:
Abbildung 3: Kreuz-Korrelation von Sonnenflecken und Wassertemperaturen, zeitlich begrenzt auf den Zeitraum 1955 bis 2003. Man beachte: während sie größer sind als im vollständigen Datensatz, sind sie bei keiner Verzögerung immer noch nicht signifikant, und das ohne Berücksichtigung der Autokorrelation.
Nun kann ich verstehen, warum man glauben könnte, dass es eine Korrelation zwischen der Wassertemperatur und Sonnenflecken gibt, wenn man nur die verkürzten Datensätze betrachtet. Zumindest Abbildung 3 zeigt eine positive Korrelation ohne Verzögerung, und zwar eine, die fast schon statistisch signifikant ist, wenn man Autokorrelation ignoriert.
Aber zur Erinnerung: In der Kreuz-Korrelation des vollständigen Datensatzes (Abbildung 2) beträgt die Korrelation ohne Verzögerung … nun, Null. Die offensichtliche Korrelation im nur ein halbes Jahrhundert umfassenden Datensatz verschwindet vollständig, wenn man den ganzen, 140 Jahre langen Datensatz betrachtet.
Dies beleuchtet ein gewaltiges periodisch wiederkehrendes Problem bei der Analyse natürlicher Datensätze und der Suche nach regelmäßigen Zyklen. Regelmäßige Zyklen, die offensichtlich auftauchen, dauern ein halbes oder sogar ein ganzes Jahrhundert, um dann ein Jahrhundert lang zu verschwinden…
In Shaviv 2008 zeigt der Autor einen Weg, um dieses Rätsel zu umgehen, nämlich:
„Eine weitere Möglichkeit, die Ergebnisse sichtbar zu machen, ist es, die Daten über den 11-jährigen Sonnenzyklus zu mitteln. Dies reduziert den Relativ-Beitrag von Quellen, die nicht mit der Sonnenaktivität korreliert sind, da sie dazu tendieren, sich herauszumitteln (seien diese nun real oder Rauschen)“.
Zur Stützung dieser Behauptung zeigt der Autor die folgende Abbildung:
Abbildung 4: Dies ist die Abbildung 5 aus der Shaviv-Studie. Für diesen Beitrag von Interesse ist das obere Paneel, das die angebliche Oszillation der gemittelten Zyklen zeigt.
Nun, dieses Verfahren habe ich selbst auch schon angewandt. Würde ich das allerdings hier tun, würde ich es nicht so machen wie er. Er hat für das solare Minimum eine Zeit t = 0 definiert und dann die Daten über die folgenden 11 Jahre gemittelt. Würde ich das auch so machen, würde ich sie am Spitzenwert anpassen und dann das Mittel von, sagen wir, sechs Jahren vor und nach diesem Spitzenwert bilden.
Aber wie auch immer, anstatt es auf meine Art zu tun, dachte ich mir zu schauen, ob ich seine Ergebnisse nachvollziehen konnte. Unglücklicherweise traf ich auf einige Schwierigkeiten, als ich die tatsächlichen Berechnungen durchzuführen begann. Hier kommt die erste Schwierigkeit:
Abbildung 5: Die von Shaviv 2008 verwendeten Daten, um die vermeintliche Korrelation zwischen Sonnenflecken und Wassertemperatur zu zeigen.
Sie werden das Problem sicher auch erkennen. Weil der Datensatz so kurz ist (n = 49 Jahre), gibt es nur vier solare Minima – 1964, 1976, 1986 und 1996. Und dass der verkürzte Datensatz im Jahre 2003 endet bedeutet, dass es während dieses Zeitraumes nur drei vollständige Sonnenzyklen gegeben hatte.
Dies führt direkt zu einem zweiten Problem, und zwar der Größenordnung der Unsicherheit bei den Ergebnissen der „zentrierten“ Daten. Mit der Analyse von nur drei vollständigen Zyklen wird die Unsicherheit ziemlich groß. Hier sind die drei zentrierten Datensätze, zusammen mit dem Mittel und dem 95%-Vertrauens-Intervall um das Mittel:
Abbildung 6: Wassertemperaturen über drei vollständige Sonnenzyklen, „zentriert“ über den 11-jährigen Sonnenzyklus, wie ihn Shaviv 2008 beschrieben hat.
Wenn ich also nach einem sich wiederholenden Zyklus suche, schaue ich auf das 95%-Vertrauens-Intervall (CI) des Mittels. Enthält das 95%-CI die Null-Linie bedeutet das, dass die Variation nicht signifikant ist. Das Problem in Abbildung 6 ist natürlich die Tatsache, dass es nur drei Zyklen in dem Datensatz gibt. Als Folge geht das 95%-CI „vom Fußboden bis an die Decke“, wie man so sagt, und die Ergebnisse sind nicht im Mindesten signifikant.
Warum aber sehen die Ergebnisse von Shaviv 2008 in Abbildung 4 so überzeugend aus? Nun, weil er nur die Standardabweichung als Unsicherheit in seinen Ergebnissen zeigt, obwohl nur das 95%-CI von Relevanz ist. Hätte er dieses 95%-CI gezeigt, wäre offensichtlich geworden, dass die Ergebnisse nicht signifikant sind.
Allerdings spielt nichts davon eine Rolle. Warum nicht? Weil der behauptete Effekt verschwindet, wenn wir den vollständigen Wassertemperatur- und Sonnenflecken-Datensatz untersuchen. Deren allgemeine Periode reicht von 1870 bis 2013, so dass es noch viel mehr Zyklen zum Mitteln gibt. Abbildung 7 zeigt den gleichen Typ „zentrierter“ Analysen, nur diesmal für den gesamten Zeitraum von 1870 bis 2013:
Abbildung 7: Wassertemperaturen aller solaren Zyklen von 1870 bis 2013, „zentriert“ über den 11-jährigen Sonnenzyklus wie in Shaviv 2008 beschrieben.
Hier sieht man das Gleiche, was sich schon bei der Kreuz-Korrelation gezeigt hat. Der offensichtliche Zyklus, der im letzten halben Jahrhundert der Daten präsent zu sein scheint, also der in Shaviv 2008 gezeigte Zyklus, verschwindet vollständig, wenn man den gesamten Datensatz betrachtet. Und trotz eines viel kleineren 95%-CI, weil wir mehr Daten haben, gibt es keine statistisch signifikante Abweichung von Null. Zu keiner Zeit erkennt man irgendetwas Unerklärliches oder Ungewöhnliches.
Und daher noch einmal: Ich finde, dass sich die Behauptungen hinsichtlich einer Verbindung zwischen Sonne und Klima in Luft auflösen, wenn man sie genauer untersucht.
Ich möchte hier klarstellen, was ich hier sage und was ich NICHT sage. Ich sage NICHT, dass die Sonne das Klima nicht beeinflusst.
Ich sage nur, dass ich immer noch kein überzeugendes Anzeichen des 11-jährigen Sonnenflecken-Zyklus‘ in irgendeinem Klima-Datensatz gefunden habe. Auch hat bislang niemand einen solchen Datensatz gezeigt. Und solange das nicht der Fall ist, ist es sehr schwierig zu glauben, dass selbst kleinere untergeordnete Variationen der Sonnenstärke einen signifikanten Einfluss auf das Klima haben können.
Also möchte ich hier, wie ich hoffe zum letzten Mal, die offene Herausforderung benennen. Wo ist der Klima-Datensatz, der den etwa 11-jährigen Sonnenflecken-/Magnetismus-/kosmische Strahlen-/Sonnenwind-Zyklus zeigt? Shaviv plappert viele andere nach, wenn er behauptet, dass es irgendeinen unbekannten Verstärkungs-Mechanismus gibt, der die Auswirkungen „etwa 5 bis 7 mal größer macht als jene, die mit den TSI-Variationen in Verbindung stehen“. Allerdings sehe ich diesen nicht. Wo also können wir diesen 11-jährigen Zyklus finden?
[Anmerkung des Übersetzers: Könnte es sein, dass Eschenbach den Svensmark-Effekt nicht kennt? Oder verstehe ich da irgendetwas nicht?]
Link: http://wattsupwiththat.com/2014/06/06/sunspots-and-sea-surface-temperature/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Ich denke, dass Eschenbach einfach wissen will, wieso so viele Leute von Zyklen wie Sonnenflecken-, Gleisberg-Zyklus usw. reden, ohne dass deren Auswirkungen statistisch signifikant in den vorhandenen Datensätzen nachgewiesen werden könnten. Das ist sein gutes Recht und sollte ihm zugestanden sein.
Es gibt da allerdings die im 1. Kommentar erwähnten ‚Schmutzeffekte‘, die ebenfalls Einflüsse auf die Temperaturen zeigen, so dass aus den Daten nicht notwendigerweise eine Korrelation erkennbar ist, zumal die Effekte vermutlich sehr klein sind und die Datenreihen aus statistischer Sicht arg kurz.
Tatsächlich erklären diese Abhängigkeiten bspw. nicht die ‚großen‘ Umwälzungen, also die Intra-Glazialzeiten, wobei die Inter-Glazialzeiten scheinbar regelmäßig wie ein Uhrwerk alle 90 ka auftreten und 10 ka dauern. Kann da die Sonne die Ursache sein? In einem anderen Artikel auf WUWT wurde darauf hingewiesen, dass erst Änderungen der Meeresströmungen vor knapp 3 Ma (Schließung der Mittelamerikabrücke) zur permanenten Vereisung des Nordpols geführt haben, während die Antarktis wohl seit 30 Ma permanent vereist ist. Kann hier die Sonne verantwortlich gemacht werden? Ich selbst sehe z.B. die Ursache für die Schwankungen des arktischen Polareises eher durch eine lokale Meeresströmung (Golfstrom) bewirkt als durch einen globalen Einfluss (Sonnenaktivität oder Treibhausgas).
Der Svensmark-Effekt, der die Wolkenbildung berücksichtigt, scheint mir eher eine kausale Ursache zu sein, aber auch hier ist noch nicht alles geklärt. So ist Wolkenbildung ja auch ein natürlich Vorgang, ohne kosmisch erzeugte Kondensationskerne. Auch irdische Aerosole tragen dazu bei, sowohl natürlich Ursprungs, wie Vulkane, Staubstürme in den großen Wüsten usw., als auch menschliche, die jedoch (leider?) durch Rußfilter und Katalysatoren immer mehr zurückgehen. Daher dürfte auch hier der Svensmark-Effekt im Gesamtergebnis eher wenig ausmachen, obgleich er sicherlich ein plausibler Ansatz ist, der aber wohl auch noch einer statistischen Bestätigung bedarf. Es gibt z.Z. wohl wenige seriöse Untersuchungen, die den kosmischen, natürlichen und menschlichen Einfluss getrennt und statistisch signifikant quantifizieren können.
Auch wenn Eschenbachs Analysen verschiedene Einflüsse nicht berücksichtigen, ist es zunächst einmal wichtig zu sehen, ob es einen direkten Einfluss gibt; eine falsifizierte Hypothese ist ja auch ein Ergebnis. Insofern halte ich seinen Ansatz für wissenschaftlich korrekt. Aber seine Analyse verwendet Daten, die zumindest was die Temperaturen angeht aus messtechnischen Gründen alles andere als zuverlässig sind – von möglicherweise absichtlichen Verfälschungen ganz zu schweigen. Außerdem ist das Konzept einer globalen Temperatur IMHO sowieso mehr als fragwürdig – aussagekräftiger wären hier geographisch und saisonal unterschiedene Temperaturmessungen. Vielleicht zeigen sich z.B. auf die Wintertemperaturen in England (CET) größere Einflüsse der Solarzyklen als auf die dortigen Sommertemperaturen (oder umgekehrt)? Dann wäre nicht nur der Einfluss der Sonne besser verstanden, sondern auch das Konzept einer Globaltemperatur diskreditiert.
Ich würde an eurer Stelle vorsichtig sein mit den Argumenten von Willis Eschenbach. Er versucht nämlich nur, die DIREKTE Korrelation zwischen Sonnenaktivität und Klima zu suchen, nur um ihn zu widerlegen. Tatsächlich gibt es genügend andere Klimaeinflussfaktoren, die die Sonnenaktivität besonders innerhalb des 11-Jahres-Zyklus übersteigen können (z.B. El Nino) und die Korrelation in dieser Zeit beeinträchtigen. Und wegen der Trägheit des Klimas sieht es auch in längeren Zeiträumen fälschlicherweise aus, als ob die Korrelation zwischen Sonne und Klima niedrig wäre.
Ich wollte Eschenbach schon einmal auf seine möglichen Fehler aufmerksam machen, aber stattdessen wurde er nur unfreundlich, anstatt sich Gedanken über meine Überlegungen zu machen (was eigentlich das Grundlegende an der Wissenschaft wäre).