Auf dem Oberen See zwischen Kanada und den USA liegt immer noch Eis, das ist zu dieser Jahreszeit seit Menschengedenken nicht mehr vorgekommen. Im vergangenen Winter litten die Menschen in Nordamerika unter anhaltender ­Rekordkälte. In mehreren Staaten mussten die Stromversorger stillgelegte Kohlekraftwerke wieder laufen lassen, damit sie den Bedarf an Heizenergie einigermassen decken konnten.
Diese Kältewelle erklärte US-Präsident ­Barack Obama mit der Erderwärmung – oder gezielt ungenauer: mit dem Klimawandel, der angeblich zu allerlei Wetterkapriolen führt. Am letzten Samstag weissagte der Präsident denn auch pünktlich zu Beginn der Hurrikan-­Saison: «Die Veränderungen, die wir beim Klima ­sehen, bedeuten unglücklicherweise, dass schwere Wirbelstürme wie ‹Sandy› häufiger und ge­fährlicher werden könnten.» Der Prophet im ­Weissen Haus liess sich nicht dadurch beirren, dass der Weltklimarat (IPCC) in einem Spezialbericht keinerlei Zusammenhang zwischen Klimaerwärmung und Wetterextremen sieht und dass die Meteorologen für die kommenden Monate eine unterdurchschnittliche Zahl von Hurrikans voraussagen.

«Das ist gewaltig»

Denn der Präsident braucht die Warnungen, die jeglicher Wissenschaft spotten, als Mittel zu höherem Zweck. Barack Obama zieht sich zwar als Weltpolizist zurück (siehe Seite 14), aber er sieht sich als Vorbild beim Retten der Welt. «Das ist gewaltig», jubelte sein Propaganda-Apparat schon letzte Woche auf Vorrat. Am Montag liess der Präsident seinen ehrgeizigen Plan für die Klimapolitik ankünden: Die USA, die das Kioto-Protokoll von 1997 anregten, aber nie umsetzten, sollen bis 2030 ihren CO2-­Ausstoss gegenüber 2005 um dreissig Prozent senken. So will der Präsident vor allem den ­Chinesen ein Beispiel geben, die mittlerweile fünfzig Prozent mehr CO2 erzeugen als die Amerikaner.
Im gespaltenen Kongress bringt ­Oba­ma kein Gesetz mehr durch – deshalb ­regiert der Prä­sident jetzt ohne Parlament. Er stützt sich auf die Umweltagentur EPA, die 2007 das CO2 zum Umweltgift erklärte: so gefährlich wie Quecksilber oder Blei. Aufgrund ihres Dekrets muss jeder Staat Massnahmen erarbeiten, wie er den CO2-Ausstoss senken kann, vor allem durch das Stilllegen oder Aufrüsten von Kohlekraft­werken. Falls die Staaten sich weigern, zwingt ihnen die Regierungsagentur schmerzhafte Eingriffe auf.
Schon vor dem Machtwort des Präsidenten wehrten sich die Gouverneure der betroffenen Staaten im Gürtel zwischen Virginia und ­Kansas, die teils über neunzig Prozent ihres Stroms mit Kohlekraftwerken erzeugen. Sie fürchten den Verlust von Tausenden von ­Arbeitsplätzen und den Anstieg der Strom­preise auf ein untragbares Niveau. Ausserdem lasse sich, wie der letzte Winter zeigte, die Stromversorgung bei Kältewellen ohne Kohlekraft nicht gewährleisten.
Der machtlose Kongress führte letzte Woche wenigstens Anhörungen zur Klimapolitik durch. «Die Klimaberichte sowohl des IPCC als auch des Weissen Hauses sollen Angst und Schrecken verbreiten, um eine voreingenommene Politik durchzusetzen», sagte der repu­blikanische Abgeordnete Lamar Smith, Vor­sitzender der Kommission, die zu den Anhör­ungen einlud. «Die Berichte bieten der Regierung ­Obama einen Vorwand, um das Leben der ­Amerikaner stärker zu kontrollieren.»

Überzogener Alarmismus

Die Experten, von beiden Parteien eingeladen und dem IPCC nahestehend, zeigten sich durchwegs kritisch. So sagte der Klimaökonom Richard Tol, der im Frühling wegen des über­zogenen Alarmismus nicht mehr mit seinem renommierten Namen zum IPCC-Bericht ­stehen wollte: «Der Klimarat ignoriert Wissenschaftler, die nicht zu alarmierenden Erkenntnissen kommen, oder bringt sie, wenn sie sich aufgrund ihrer Prominenz nicht ignorieren ­lassen, mit Bedrängen und Verleumden zum Schweigen. Wir brauchen eine Organisation, die keiner Regierung und keiner Partei verpflichtet ist, um die Klimapolitik auf die ­Erkenntnisse aus der Realität abzustützen.» Und der Biologe Daniel Botkin, der an den Klimaberichten des IPCC und der US-Regierung mitgearbeitet hat, räumte ein, die Zusammenfassungen dieser umfangreichen Werke seien «kein wissenschaftliches, sondern ein ­politisches Statement»: «Die Berichte tönen zwar wissenschaftlich, stützen sich aber nicht auf unbestrittene Fakten. Es gibt in der Wis­senschaft viel weniger Fakten zur globalen ­Umwelt, als die Laien glauben.»
Aber Hauptsache, die Medien schwärmten vom Mut des Präsidenten. «Dieser historische Entscheid weckt die Erwartungen auf einen globalen Deal, der den Klimawandel beendet», jubelte der britische Guardian. Grossbritannien wendet sich allerdings von den Alternativ­energien ab und dem Fracking zu, Deutschland braucht die Kohle aus den USA für seine sichere Stromversorgung, und China oder Indien ­zeigen gegenwärtig bei der Klimakonferenz in Bonn nicht den geringsten Willen, sich beim CO2-Ausstoss einzuschränken.
Und selbst wenn Barack Obama sich mit ­seinem historischen Plan gegen die Politiker durchsetzt, kann er damit die Welt nicht ganz retten: Gemäss den Annahmen des IPCC würden die USA, wenn sie ab sofort jeglichen CO2-Ausstoss vermieden, die globale Temperatur bis 2050 um 0,08 Grad Celsius senken.
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Anmerkung EIKE-Redaktion :
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:
| Die Weltwoche, Ausgabe 23/2014 | Donnerstag, 5. Juni 2014  ; http://www.weltwoche.ch/
EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.
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