Seit siebzehn Jahren erwärmt sich weltweit das Klima nicht mehr. Das mögen die Schweizer nach einem milden Nichtwinter zwar kaum glauben. In Kairo aber fiel seit einem Jahrhundert erstmals wieder Schnee. In Amerika herrschte eine Rekordkälte. Und in der Antarktis hat sich das Eis so weit wie selten ausgedehnt. Vor allem zeigen die Messungen der ­Meteorologen: Seit 1997 ist die Durchschnittstemperatur kaum noch gestiegen – ­bei den Prognosemodellen der Klimaforscher kann also etwas nicht stimmen.

Mit diesem Problem kämpften auch die ­Wissenschaftler des Uno-Weltklimarates (IPCC). Unter dem Vorsitz des Berner Professors Thomas Stocker tagten sie im September 2013 eine Woche lang in Stockholm, um eine Zusammenfassung ihres umfangreichen Berichtes zum Klimawandel zuhanden der Politik abzusegnen. Bei allen Problemen und ­allem Disput fassten sie ihre Erkenntnisse aber in wenigen einfachen Merksätzen zusammen. Der wichtigste, der es weltweit in die Schlagzeilen brachte: Der Klimawandel sei unbestritten – und er sei mit 95-prozentiger (statt wie bisher nur mit 9o-prozentiger) Sicherheit von den Menschen verursacht.

«Eine relativ triviale Erkenntnis», höhnen jetzt der britische Klimaforscher Nicholas ­Lewis und der niederländische Wissenschaftsjournalist Marcel Crok. Das CO2 wirkt zweifelsfrei als Treibhausgas, weil es verhindert, dass die Erde alle Sonnenwärme wieder abstrahlt. Da die Menschen seit der industriellen Revolution viel Kohle, Öl und Gas verbrannt haben, stieg der CO2-Anteil in der Atmosphäre – von 280 auf 400 Teilchen pro Million. Das wirkt unbestritten erwärmend, umstritten aber bleibt: wie stark? Und wie gefährlich?

Um diese entscheidenden Fragen drückten sich die Klimaforscher in Stockholm, be­haupten Lewis und Crok in einem umfang­reichen Report, letzte Woche veröffentlicht vom britischen Think-Tank Global Warming Policy Foundation, dem namhafte Politiker und ­Wissenschaftler angehören. Ja, der Titel erhebt ­sogar einen schweren Vorwurf: «How the ­IPCC Buried Evidence Showing Good News About Global Warming». Das heisst: Die ­Wissenschaftler, die eigentlich nur den Forschungsstand beurteilen sollen, verschwiegen wichtige Erkenntnisse, weil diese ihren Katastrophenwarnungen widersprachen.

Die beiden Kritiker lassen sich nicht als «Klimaleugner» abtun. Nicholas Lewis arbeitete als freier Physiker und Mathematiker mit leitenden IPCC-Leuten zusammen an wegweisenden Studien. Und Marcel Crok überprüfte den aktuellen IPCC-Bericht im Auftrag der niederländischen Regierung. Das Vorwort stammt zudem von Professorin Judith Curry, einer führenden Atmosphärenphysikerin, die als Kritikerin der Klimaforscher in den letzten Wochen auch den US-Kongress beriet. Der ­Report erregte deshalb weltweit grosses Aufsehen, wenn auch nicht in den Medien, die ­immer noch mit Vorliebe vor Katastrophen warnen.

Weit geringere Temperaturwerte

Es geht um die zentrale Frage der Klimaforschung: Wie stark erwärmt sich das Klima, wenn sich der CO2-Anteil in der Atmosphäre verdoppelt? Die IPCC-Forscher nahmen bisher den wahrscheinlichsten Wert von 3 Grad Celsius an, ihr vierter Bericht von 2007 sprach von einer Bandbreite zwischen 2 und 4,5 Grad. In den letzten Jahren, betonen Lewis und Crok, seien aber mehrere Studien herausgekommen, die auf weit geringere Werte zwischen 1,5 und 2 Grad Celsius deuten. Mit den wahrscheinlichsten Annahmen, stellen die Autoren fest, «läge die Erwärmung selbst beim zweithöchsten Emissionsszenario des IPCC im Jahr 2100 noch beim internationalen Ziel von 2 Grad» – es gäbe also keinen Grund für Katastrophenwarnungen.

Diese gute Nachricht mochte das IPCC aber nicht vermelden, weil sie seine Szenarien in Frage stelle, behaupten die Kritiker. Die IPCC-Leute verschwiegen deshalb in ihrer Zusammenfassung für die Politiker die aktuellen Studien, verzichteten auf das Angeben des wahrscheinlichsten Werts und verbreiteten stattdessen die Botschaft, ­ihre Sicherheit sei trotz aller zunehmenden Unsicherheiten grösser denn je. Aufgrund der vorliegenden Studien hätte das IPCC den wahrscheinlichsten Wert auf 1,75 Grad senken müssen, schreiben Lewis und Crok: «Das wäre von den Weltmedien als eine der wichtigsten Erkenntnisse verbreitet worden, wenn nicht gar als die wichtigste – und dies zu Recht.»

«Papier ist geduldig», spottet Professor Thomas Stocker, von der Weltwoche um eine Stellungnahme gebeten. Er kritisiert, die ­Autoren hätten ihnen genehme Studien als Rosinen gepickt und ihren Report nicht im Peer-Review begutachten lassen: «Als politischer Entscheidungsträger möchte ich mich bei komplexen Fragen nicht auf einen von zwei Personen verfassten, nicht begutachteten Kurzbericht stützen müssen, der von einem Think-Tank publiziert wurde.»

Das ist allerdings nicht der Punkt. Denn ­Lewis und Crok machten nur, was eigentlich das IPCC tun müsste: die massgeblichen Studien sichten und die naheliegenden Schlüsse daraus ziehen. Die Lektüre ihres Reports sei Thomas Stocker empfohlen.

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Anmerkung EIKE-Redaktion:

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in: Die WELTWOCHE Zürich, online-Ausgabe 11/2014 | Donnerstag, 13. März 2014 / http://www.weltwoche.ch

EIKE dankt dem Autor Markus Schär und der Redaktion der WELTWOCHE für die Genehmigung zum ungekürzten Nachdruck.

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