Bild rechts: Die derzeit marginale Ölerzeugung in den USA wird sich erholen, sobald sich die Preise erholen

Daniel Yergin, Gründer der IHS Cambridge Energy Research Associates, sagte, dass es für die OPEC unmöglich ist, die Schieferindustrie in den USA aus dem Feld zu schlagen mittels eines Zermürbungskrieges, selbst wenn sie das wollte und selbst wenn eine große Anzahl von Frackern während der kommenden Monate über Bord gehen würde.

Mr. Yergin zufolge werden Gruppen mit tiefen Taschen wie etwa Blackstone und Carlyle die Infrastruktur übernehmen, wenn die unter Druck stehenden Anteile erst einmal billig genug sind, und den richtigen Zeitpunkt abwarten, bevor sich der Ölzyklus wieder dreht.

„Das Management mag sich ändern und die Unternehmen mögen sich ändern, aber die Ressourcen werden immer noch da sein“, sagte er dem Daily Telegraph. Die große Unbekannte ist, wie schnell sich die Industrie erholen kann, wenn sich die globale Schwemme aufzulösen beginnt – vielleicht in der zweiten Jahreshälfte – aber es wird eindeutig viel schneller gehen als bei der konventionellen Ölförderung.

„Man braucht 10 Milliarden Dollar sowie fünf bis zehn Jahre, um ein Tiefsee-Projekt auf die Beine zu stellen. Man braucht 10 Millionen Dollar und gerade mal 20 Tage, um nach Schiefer zu bohren“, sagte er vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos.

In der Zwischenzeit wirft der Ölpreisverfall eine Reihe von Exportnationen in tiefe soziale und ökonomische Krisen. „Venezuela ist bereits in den Abgrund gefallen. Das Land ist vollständig zusammengebrochen“, sagte Mr. Yergin.

Der Premierminister des Irak Haider Al-Abadi sagte in Davos, dass sein Land Rohöl für 22 Dollar pro Barrel verkaufe, die Hälfte davon deckt die Produktionskosten. „Es ist unmöglich, das Land durchzubringen, wenn man ehrlich ist, und das Militär, Arbeitsplätze und einfach die Wirtschaft am Laufen zu halten“.

Dies verkompliziert den Kampf gegen den IS erheblich, derzeit ein kritischer Augenblick nach der Wiedereinsetzung Ramadis durch Regierungskräfte. Mr. Al-Abadi warnte, dass der IS weiterhin „extrem gefährlich“ sei, aber dass ihm dennoch das Geld ausgegangen ist, um den Sold unabdingbarer militärischer Kräfte zu zahlen.

Bekannt ist, dass die Unternehmen KKR, Warburg Pincus und Apollo allesamt an der Seitenlinie warten und nach lohnenden US-Schieferanteilen Ausschau halten. Große Ölunternehmen wie ExxonMobil haben riesige Summen in der Hinterhand, und selbst der saudi-arabische Chemiegigant SABIC nascht bereits an US-Schieferanteilen mittels Joint Ventures.

Mr. Yergin ist Autor von „The Prize: The Epic Quest for Oil, Money and Power” und wird weithin als der Guru der Energie-Analysen angesehen.

Er sagte, dass Schiefer-Unternehmen bereits viel härtere Kämpfe ausgefochten haben als ursprünglich erwartet und dass sie sich erst jetzt der Gewalt des Ölpreisverfalls beugen, 15 Monate, nachdem Saudi-Arabien und die Golfstaaten damit begonnen haben, die Märkte zu fluten, um Rivalen auszustechen.

Schiefer hat sich als viel widerstandsfähiger erwiesen als Viele gedacht hatten. Sie hatten sich vorgestellt, dass falls die Preise unter 70 Dollar pro Barrel fallen, diese Bohrunternehmen aus dem Geschäft sind. Sie haben nicht erkannt, dass Schiefer im Mittelkosten- und nicht im Hochkostenbereich angesiedelt ist“, sagte er.

Im Moment jedoch befinden sich die Fracking-Industrie im Auge des Sturms. Etwa 45 gelistete Schiefer-Unternehmen sind bereits insolvent oder in Verhandlungen mit Kreditgebern. Das Schicksal vieler Weiterer wird sich im Laufe des kommenden Frühjahres entscheiden, wenn geschätzte 300.000 Barrel pro Tag iranischen Öls zusätzlich in einen schon jetzt gesättigten globalen Markt strömen.

Die Kurssicherung von Schiefer in zukünftigen Märkten – lebensrettend in den ersten Monaten des Preis-Kollapses – ist weitgehend ausgeschöpft. IHS schätzt, dass Sicherungen für die beteiligten Unternehmen 28% des Outputs in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ausgemacht haben. Dies wird 2016 auf 11% zurückgehen.

Das jeden Rahmen sprengende Wachstum der Schiefer-Industrie (hier) wurde getrieben durch billige und reichlich verfügbare Kredite. Die Guillotine fiel, bevor die US Federal Reserve die Raten im Dezember angehoben hatte, was die Fracker mit der mühsamen Aufgabe zurückließ, die Kredite zu verlängern. Viele Schiefer-Aktien werden auf einem Notniveau unter 50 Cent zum Dollar gehandelt, selbst für Unternehmen mit mittlerem Risiko.

Sollte der Ölpreis wieder in einen Bereich zwischen 50 und 60 Dollar pro Barrel zurückkehren, wird die Erzeugung rasch wieder zunehmen.

Die Banken achten darauf, die Unternehmen nicht unter Konkursverwaltung zu stellen, aber sie stehen selbst unter Druck. Behörden befürchten, dass die Energieindustrie die nächste finanzielle Bombe sein könnte, die in einer systematischen Größenordnung explodieren könnte. Die Fed und die US Federal Deposit Insurance Corporation haben damit gedroht, strengere Regeln für Kredite an Unternehmen fossiler Treibstoffe anzulegen.

Selbst wenn die US-Bohrgesellschaften Pleite gehen, wird die Industrie weiterleben, und ein Quantensprung der Technologie hat die Kostenstruktur irreversibel verändert. Der Output pro Bohrloch hat sich seit dem Jahr 2009 vervierfacht. Heute ist es Standard, viele Löcher vom selben Standpunkt aus zu bohren, und Daten-Analysten versprechen einen weiteren Sprung nach vorn bzgl. der Gewinne.

„60 Dollar sind die neuen 90 Dollar. Falls der Ölpreis wieder in einen Bereich zwischen 50 und 60 Dollar steigt, wird dies die Produktion mächtig ankurbeln. Das Permian Basin in West-Texas könnte das zweitgrößte Feld weltweit sein, nach Ghawar in Saudi-Arabien“, sagte er.

Zhu Min, stellvertretender Direktor des Internationalen Währungsfonds IMF sagte, dass die US-Schieferindustrie das Gleichgewicht der Macht auf dem globalen Ölmarkt vollkommen verändert, und es gibt kaum etwas, das die OPEC dagegen tun kann.

„Schiefer ist zum swing producer geworden. Die OPEC hat eindeutig ihre Monopolstellung verloren und kann nur noch eine Untergrenze für die Preise festsetzen. Sobald der Preis steigt, wird Schiefer zurückkommen und sie wieder drücken“, sagte er.

Die Frage lautet, ob selbst der US-Schiefer-Boom jemals groß genug werden kann, um die kommende Verknappung von Öl zu kompensieren, wenn die globalen Investitionen kollabieren. „Es gab eine Reduktion um 1,8 Billionen Dollar bei den Ausgaben, die im Zeitraum 2015 bis 2020 geplant waren, jedenfalls im Vergleich zu den Erwartungen aus dem Jahr 2014“, sagte Mr. Yergin.

Saudi Arabiens Ölminister Ali al-Naimi

Trotzdem steigt die Nachfrage nach Öl rasch. Die Weltwirtschaft wird bis zum Jahr 2020 zusätzlich 7 Millionen Barrel pro Tag benötigen. Die natürliche Erschöpfung bestehender Felder impliziert einen Verlust von weiteren 13 Millionen Barrel pro Tag bis dahin.

Hinzu kommt noch, dass die globale Reservekapazität sich auf einem messerdünnen Niveau bewegt – vielleicht gerade mal 1,5 Millionen Barrel pro Tag – produzieren doch die Saudis, die Russen und andere in vollem Umfang.

„Sollte es irgendeinen Schock geben, wird der Markt sich in Sekundenschnelle drehen“, sagte er. Der Ölmarkt wird zum Ende dieses Jahrzehnts mit Sicherheit total anders aussehen.

Die Warnungen hallten in Davos wider, ausgesprochen von den Koryphäen der Energieindustrie. Fatik Birol, Leiter der International Energy Agency IEA sagte, dass die Suspendierung neuer Projekte das Sprungbrett bildet für eine mächtige Preisspitze.

Die Investitionen gingen im vorigen Jahr weltweit um 20% zurück, in diesem Jahr wird ein weiterer Rückgang um 16% erwartet. „Dies ist beispiellos: Wir haben noch nie erlebt, dass die Investitionen zwei aufeinanderfolgende Jahre lang zurückgegangen waren. Man lasse sich nicht in die Irre führen – jeder, der glaubt, dass niedrige Ölpreise das neue Normal sind, wird eine Überraschung erleben“, sagte er.

Die Ölminitser von Nigeria und scheidende Vorsitzende der OPEC Ibe Kachikwu sagte, dass der Weg geebnet ist für eine wilde Volatilität.

„Unter dem Strich steht, dass die Produktion für Viele keinen Sinn mehr macht, und an diesem Punkt erleben wir, wie viele Barrel den Markt verlassen. Ultimativ werden die Preise wieder nach oben schießen in einer Bewegung, die alles auf den Kopf stellt“, sagte er.

Mr. Kachikwu sagte weiter, dass die OPEC einen Notgipfel einberufen und besprechen muss, welchen Zweck das Kartell noch hat.

Saudi-Arabien hat klargestellt, dass es kein OPEC-Abkommen geben kann, dem zufolge der Output reduziert und die Preise stabilisiert werden, bevor nicht die Russen an Bord sind. Und dies ist sehr schwierig, weil russische Unternehmen gelistet und eventuell den Anteilseignern Rechenschaft schuldig sind.

Außerdem sind die Golf-Staaten davon überzeugt, dass Russland bei der letzten Absprache im Jahre 1998 gemogelt hat.

Mr. Yergin sagte, dass alle, die auf eine schnelle Rettung vor der OPEC gehofft hatten, wahrscheinlich enttäuscht werden.“Dies wird nur dann der Fall sein, wenn sich die Krise sogar noch verschärft“, sagte er.

Link: http://www.telegraph.co.uk/finance/newsbysector/energy/oilandgas/12118594/Saudis-will-not-destroy-the-US-shale-industry.html

Übersetzt von Chris Frey EIKE

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