Robert Bryce

In den letzten Tagen habe ich das NewsBank-Archiv nach Verwendungen des Begriffs „Energiewende“ durchsucht. Eine der frühesten Verwendungen dieses heute allgegenwärtigen Begriffs fand 1981 im Christian Science Monitor statt. In einer Meldung aus Nairobi erklärte ein Reporter namens Richard Critchfield, dass sich in der kenianischen Hauptstadt „4000 Delegierte aus 154 Ländern“ zu einer zweiwöchigen Konferenz der Vereinten Nationen über neue und erneuerbare Energiequellen versammelten. „Ziel der Konferenz war es“, so Critchfield, „ein besseres Verständnis für die globale Energiewende zu fördern, weg vom Öl, hin zu neuen Energiequellen wie Erdwärme, Sonne, Wind, Meer und Wasserkraft oder Energie aus Biomasse, Brennholz, Holzkohle, Torf, Zugtieren, Ölschiefer und Teersand.“

Der Artikel erwähnt den Klimawandel mit keinem Wort. Stattdessen konzentriert er sich auf Kenias Abhängigkeit von Energieimporten, das geothermische Potenzial des Landes und die „klassische Armutsfalle der Dritten Welt, die aus steigenden Ölkosten und stagnierenden Exporterlösen besteht“.

Heute, 43 Jahre später, werden wir mit Nachrichten über den Klimawandel und der Behauptung überschwemmt, wir befänden uns mitten in einer Energiewende, die unseren Bedarf an Kohlenwasserstoffen überflüssig machen wird. Es gibt unzählige Beispiele, die dies belegen, aber betrachten Sie einmal die Pressemitteilung des Weißen Hauses zum Earth Day. In der Pressemitteilung vom 22. April kommt der Terminus „Klima“ 52 Mal vor, und dreimal wird die Energiewende erwähnt. So hieß es beispielsweise, Präsident Joe Biden habe eine neue „Clean Energy Supply Chain Collaborative“ ins Leben gerufen, um mit internationalen Partnern an der Vielfalt der Lieferketten zu arbeiten, die für eine saubere und sichere Energiewende entscheidend sind. Weiter heißt es, der Präsident mobilisiere „andere Regierungen, dem Beispiel der USA zu folgen und sich zu verpflichten, bis 2040 Netto-Null-Emissionen der Regierung zu erreichen“.

Bevor ich fortfahre, möchte ich mich zu meiner politischen Einstellung äußern. Ich bin kein Demokrat. Ich bin kein Republikaner. Ich bin angewidert. Ich habe mit keiner der beiden Parteien etwas zu tun. Als Journalist, der sich mit Energie und Energiesystemen beschäftigt, bin ich der Mathematik und der Physik verpflichtet. Meine Aufgabe ist es, die Trends und Zahlen zu beleuchten und den Hype von der Realität zu trennen. Leider ist ein Großteil der Medienberichterstattung über die Energiewende genau das: ein Hype. Wie ich in den folgenden Graphiken zeige, hat der Hype während der Regierung Biden stark zugenommen.

[Hervorhebung vom Übersetzer]

Letzten Monat verkündete die EPA Vorschriften zur „Verringerung der Verschmutzung durch mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke“. In der entsprechenden Pressemitteilung der Behörde vom 25. April taucht das Wort „Übergang“ [transition] drei mal auf. Die EPA erklärte, sie wolle „Rechtssicherheit schaffen, da der Energiesektor langfristige Investitionen in den Übergang zu einer sauberen Energiewirtschaft tätigt“. Außerdem wird Jason Walsh von der BlueGreen Alliance mit den Worten zitiert, das EPA-Mandat biete einen „Werkzeugkasten kritischer Investitionen, die auf die Arbeitnehmer und Gemeinden ausgerichtet sind, welche die wirtschaftlichen Auswirkungen der Energiewende zu spüren bekommen.“

Bei diesen 10 Grafiken halte ich mich an das Gebot von W. Edwards Deming: „Auf Gott vertrauen wir, alle anderen müssen Daten bringen.“ Die Zahlen, die ich präsentiere, sind nicht meine Zahlen, sie sind die Zahlen. Hier folgt, was die Medien Ihnen nicht über die Energiewende erzählen wollen:

Graphik 1

Ich habe es schon einmal gesagt, aber ich werde es wiederholen: Das Konzept der Energiewende ist im Wesentlichen eine westliche Einbildung. Die USA und die westeuropäischen Länder geben Hunderte Milliarden Dollar für Programme wie den Inflation Reduction Act und die Energiewende aus, um den Ausbau von Solar- und Windenergie, von Batterien und tutti-fruity-farbenem Wasserstoff zu finanzieren, aber das bedeutet nicht, dass der Rest der Welt das Gleiche tun wird. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass China und Indien eine Energiewende vollziehen. Stattdessen zeigen die Zahlen, dass diese beiden Länder eine schwindelerregende Menge neuer Kohlekraftwerken bauen. Diese Kapazitäten sind weitaus größer als die der Kernkraftwerke, die sie bauen. Diese Graphik, die ich erstmals im Dezember letzten Jahres veröffentlicht habe, basiert auf aktualisierten Zahlen der International Energy Agency und des Global Energy Monitor.

Graphik 2

Am 30. April berichtete Reuters: „Indiens Kohleproduktion und -erzeugung brach im März Rekorde, da Bergleute und Stromerzeuger eine herkulische Anstrengung unternahmen, um eine Wiederholung der Brennstoffknappheit und Stromausfälle zu vermeiden, die das Land vor zwei Jahren heimsuchten. Nach Angaben des Kohleministeriums stieg die inländische Kohleproduktion im März 2024 auf eine noch nie dagewesene Menge von 117 Millionen Tonnen gegenüber 108 Millionen im März 2023 und 96 Millionen im März 2022“.

Die folgenden beiden Grafiken zeigen, dass die in den USA und anderen großen Volkswirtschaften erzielten Emissionssenkungen durch die Entwicklungen in Indien und China zunichte gemacht werden:

Graphik 3

Diese Graphik verwendet die gleichen Zahlen wie die vorhergehende Graphik, aber durch die horizontale Anordnung sind sie leichter zu verstehen. Sie unterstreicht auch die Herausforderung der Dekarbonisierung der indischen und chinesischen Volkswirtschaften.

Graphik 4

Ich habe diese Graphik schon einmal veröffentlicht. Aber ich verwende sie hier erneut, weil sie das schwindelerregende Wachstum der Kohlenwasserstoffe im Vergleich zum Wachstum der beiden politisch bevorzugten Energiequellen Wind und Sonne verdeutlicht.

Graphik 5

Wie bereits erwähnt könnten die neuen Vorschriften der EPA die Schließung aller verbleibenden Kohlekraftwerke in den USA bis Mitte der 2030er Jahre erzwingen. Die Vorschrift, der ein jahrelanger Rechtsstreit bevorsteht, bevor sie Gesetz werden könnte, behauptet, dass die USA gegen den Klimawandel vorgehen müssen. Die Vorschrift wird sich jedoch nicht auf China und Indien auswirken, die achtmal mehr Strom aus Kohle erzeugen als die USA.

Graphik 6

In den Entwicklungsländern werden mehr Kohlekraftwerke gebaut. Und diese neuen Anlagen werden zu mehr Emissionen führen. Am 1. März meldete die Internationale Energieagentur, dass die energiebedingten CO₂-Emissionen „im Jahre 2023 um 1,1 % steigen und mit 410 Millionen Tonnen einen neuen Rekordwert von 37,4 Milliarden Tonnen erreichen. Dem steht ein Anstieg von 490 Mio. t im Jahr 2022 (1,3 %) gegenüber. Mehr als 65 % des Anstiegs im Jahr 2023 entfielen auf Emissionen aus Kohle.“

Diese letzte Zeile ist entscheidend. Laut Global Energy Monitor bauen Bangladesch, China, Indonesien, Indien und Vietnam allesamt neue Kohlekraftwerke. Diese neue Kapazität von insgesamt fast 188 Gigawatt entspricht in etwa der Kapazität aller bestehenden Kohlekraftwerke in den USA (200 GW).

Darüber hinaus haben China und Indien laut Global Energy Monitor seit 2019 etwa 216 GW an Kohlekapazität hinzugefügt. Eine weitere Zahl ist hier von Bedeutung: Diese fünf Länder haben zusammen eine Bevölkerung von 3,4 Milliarden Menschen, was etwa 42 % aller Menschen auf der Erde entspricht. Ihr Stromverbrauch ist ein Bruchteil der 12.000 Kilowattstunden pro Kopf und Jahr, die wir hier in den USA verbrauchen. In Bangladesch und Indonesien beispielsweise ist der Stromverbrauch mickrig: weniger als 500 bzw. 1.200 kWh pro Kopf und Jahr.

Graphik 7

Diese Graphik habe ich letzten Monat in „Natty Nation“ veröffentlicht. Ich verwende sie hier noch einmal, weil sie das Thema veranschaulicht, um das es geht. Ja, China, Indien und andere Länder verbrennen mehr Kohle. Die Vereinigten Staaten reduzieren ihren Kohleverbrauch. Doch trotz massiver staatlicher Subventionen und zahlreicher Vorschriften auf lokaler und bundesstaatlicher Ebene halten Wind- und Solarenergie nicht mit dem Wachstum von Erdgas Schritt.

Graphik 8

Die zunehmende Verwendung des Begriffs „Energiewende“ lässt sich leicht durch eine Suche in den Archiven der New York Times feststellen. Zwischen 2019 und 2023 hat sich die Verwendung dieses Begriffs verzehnfacht.

Graphik 9

Die gleiche 10-fache Steigerung ist in der Zeitungsdatenbank von NewsBank zu verzeichnen, die den gesamten Text von über 10.000 Zeitungen enthält:

Graphik 10

Der vielleicht einfachste Weg, den Anstieg der Vermarktung der „Energiewende“ zu beobachten, ist ein Blick auf die Häufigkeit, mit der der Begriff während der Amtszeiten von Barack Obama und Joe Biden verwendet wurde. Beide sind natürlich Demokraten, und beide haben sich auf das Thema Klima konzentriert. Nach Angaben des Nationalarchivs ist Obama „der Ansicht, dass keine andere Herausforderung eine größere Bedrohung für unsere Kinder, unseren Planeten und künftige Generationen darstellt als der Klimawandel – und dass kein anderes Land auf der Erde besser geeignet ist, die Welt zu einer Lösung zu führen.“ Wie in der folgenden Grafik zu sehen ist, wurde die Energiewende in der Obama-Ära jedoch weit weniger erwähnt als unter Biden. Während Bidens Präsidentschaft wurde der Begriff sogar mehr als 75.000 Mal erwähnt. Somit haben die Medien den Begriff „Energiewende“ in Bidens dreieinhalb Jahren im Weißen Haus 36 Mal häufiger verwendet als in den acht Jahren der Präsidentschaft Obamas.

Wir können uns dies als den „Woozle-Effekt“ vorstellen, benannt nach einer Geschichte von A.A. Milne aus Winnie The Pooh. Der Woozle-Effekt ist auch bekannt als „Beweis durch Zitierung“, der auftritt, wenn eine Quelle „für eine Behauptung, die sie nicht angemessen unterstützt, häufig zitiert wird, was der Behauptung unverdiente Glaubwürdigkeit verleiht“.

Schlussfolgerung

Die Pointe liegt auf der Hand: Wir befinden uns nicht inmitten einer großen Energiewende. Was wir stattdessen erleben, ist die Echokammer der Medien. Die Medien verleihen der Idee der Energiewende unverdientermaßen Glaubwürdigkeit, obwohl es tonnenweise Beweise dafür gibt, dass eine solche Wende nicht stattfindet, insbesondere in Entwicklungsländern wie Bangladesch, China, Indien, Indonesien und Vietnam. Die zunehmende Verwendung des Begriffs durch die Regierung Biden – und ihre zahlreichen Verbündeten in den großen Medien – zeigt, dass wir mit einer PR-Kampagne bombardiert werden, welche die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger davon überzeugen soll, dass es eine Energiewende gibt und dass wir dafür Unsummen ausgeben sollten.

Vor einem Jahrzehnt schrieb der Energieanalytiker und Universalgelehrte Vaclav Smil: „Die Hoffnung auf einen schnellen und umfassenden Übergang zu erneuerbaren Energien beruht größtenteils auf Wunschdenken und einem Missverständnis der jüngsten Geschichte“. Er erklärte, dass „jede neue Energiequelle zwei bis drei Generationen benötigt, um einen großen Marktanteil zu erobern: 50 bis 75 Jahre“. Er schloss mit den Worten: „Energieumstellungen auf nationaler oder globaler Ebene sind von Natur aus langwierig.“ Diese Aussage war 2014 wahr. Und sie wird auch in den kommenden Jahrzehnten wahr sein. Erwarten Sie nur nicht, dass Sie darüber in den großen Medien lesen werden.

Link: https://wattsupwiththat.com/2024/05/08/what-the-media-wont-tell-you-about-the-energy-transition/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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