Neun Jahre nach Erscheinen des aufsehenerregenden Romans von Marc Elsberg wurde er als Serie für das Streamingportal Joyn realisiert. Nun ist die sechsteilige Serie endlich auch im Free-TV zu sehen. Und auch das Risiko eines tatsächlichen Stromausfalls ist gestiegen.
Die ersten beiden Folgen der sechsteiligen TV-Serie wurden gestern Abend auf Sat1 ausgestrahlt. Die Bilder, die man beim Lesen des Romans erst vor dem geistigen Auge entstehen lassen musste, gelangten nun direkt ins Auge und das sehr eindrucksvoll. Dem Genre geschuldet ist auch die Verfilmung von Blackout keine nüchterne Vorführung der Eventualitäten, sondern ein Thriller, durchgehend spannend mit zugespitzter Handlung.
Die besondere Dramatik der Handlung ergibt sich daraus, dass nicht nur das Netz gezielt lahmgelegt wurde, sondern dass auch der Netzwiederaufbau gestört wird, was europaweit zu einem zweiwöchigen Stromausfall führt. Die Bilder sind dramatisch in Szene gesetzt, eine sich zunehmend aufbauende Spannung greift über. Verschiedene Handlungsstränge laufen chronologisch und parallel ab. Emotional bedrängend die Szene, in der allein reisende Kinder mit dem ICE im Wald stehenbleiben und sich ein vermutlich Pädophiler ihrer annimmt. Die Verzweiflung der Mutter, die gleichzeitig amtierende Vorsitzende im Krisenstab des Innenministeriums ist und ihre Angst, sind mit Händen zu greifen.
Zeitgleich bleiben in Leipzig Menschen in einer Achterbahn mit dem Kopf nach unten hängen, die Rettung gestaltet sich kompliziert. Der Nachbar der Hauptfigur Manzano verirrt sich auf der Suche nach Benzin auf einen Bauernhof und wird dort quasi als Geisel genommen, um zu helfen, die vom Euterschmerz gepeinigten Kühe zu melken.
Alle Rollen sind beeindruckend gut besetzt. Ich finde Moritz Bleibtreu als Hauptfigur Manzano überzeugend, er liefert eine emotionale Darstellung, die deutlich über die Standard-Mimik eines Till Schweiger hinausgeht und er nuschelt auch nicht. Mit Frauke Michelsen als Mutter der allein reisenden kleinen Mädchen, eindrücklich dargestellt von Marie Leuenberger, und Innenminister Severin (hervorragend: Herbert Knaup) prägen sich weitere Rollen ein. Man müsste weitere sehr gute Besetzungen nennen, es sprengt aber den Rahmen.Die Handlung ist fiktiv, aber an vielen Stellen fast beängstigend realitätsnah. Insbesondere die Szenen aus dem Immenministerium stehen dicht an der Realität. „Keine Horrormeldungen an die Bevölkerung“, „Wir fahren auf Sicht“, das sind Sprüche wie aus dem wahren Leben. „Wir warten, bis wir was Positives zu vermelden haben.“
Die Machtspielchen gehen auch in dieser Bedrohungslage weiter, das wäre im echten Leben auch der Fall – und im Zweifel macht man sich mehr Gedanken über das Wording als über nötige Maßnahmen. Die Katastrophe im Ahrtal zeigte es.
Man ahnt als Zuschauer, dass von „zuständigen Stellen“ wenig Hilfe kommen würde und keinesfalls schnell.
Dabei muss kein so lange andauernder Blackout wie in der Verfilmung angenommen werden. Bereits kürzere Totalausfälle würden horrende wirtschaftliche Schäden verursachen. Das persönliche Leid, dass der TV-Serie nur an Beispielen gezeigt werden kann, wäre beträchtlich.
Die realitätsnahe Darstellung der Konsequenzen des großen Stromausfalls ist gegeben, weil Marc Elsberg sich seinerzeit auf den Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag vom November 2010 stützte. Ob die Erkenntnisse dieses Berichts politisch ausreichend wahrgenommen werden, daran darf leise gezweifelt werden. Eine Unterrichtung der Bundesregierung zum Bevölkerungsschutz (Drucksache 17/12051) bezüglich einer Pandemie gab es bereits 2012, dennoch war man bei ihrem Eintreten extrem schlecht vorbereitet.
Die in Roman und Verfilmung konstruierte Ursache, ein Hackerangriff auf digitale Stromzähler, kann für Deutschland ausgeschlossen werden. Über digitale Zähler bringt man das analoge Deutschland nicht zu Fall. Es gäbe viele andere Möglichkeiten, über die hier nicht spekuliert werden soll. Als Täter kommen in Zeiten hybrider Kriege, in denen wir Partei sind, immer mehr Interessenten in Frage. Die Nordstream-Leitungen wurden nicht von Klimaklebern, Anarchisten oder Reichsbürgern gesprengt.Die Romanhandlung von Blackout wurde in einer Rezension des Deutschlandfunks 2012 noch als Verschwörungstheorie abgetan, heute hat sie eine realistische Anmutung. Die Wirkung besteht auch darin, sich selbst zu fragen, was man beim Eintreten einer solchen Situation im Verkehr, im Job oder zu Hause machen würde und ob man sich längere Zeit damit arrangieren könnte. Das ist mit Sicherheit ein positiver Effekt der Serie im Gegensatz zu Panikstreifen wie „Die Wolke“, die der Erzeugung von Angst und dem Transport ideologiegetriebener Technikfeindlichkeit dienten.
Sat1 ergreift die Gelegenheit, nach den ersten beiden Folgen einen Talk mit Marc Elsberg, dem bayrischen Innenminister Joachim Herrmann („Die Sicherheitsbehörden sind gut aufgestellt“) und der Krisenmanagerin Dr. Sandra Kreitner durchzuführen. Letztere bringt Substanz in die Runde und weist auf den Grundsatz hin, dass das Risiko das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe ist. Da die Schadenshöhe extrem hoch ist, bleibt auch bei kleiner Wahrscheinlichkeit ein deutliches Risiko.
Sie vermisse eine „Risikomündigkeit“ der Bevölkerung, basierend auf einer teils vorhandenen Vollkaskomentalität, in der man sich auch im Notfall auf den Staat verlässt. Auf die Frage nach der inneren Sicherheit differenzierte sie nach Wohngebieten, die auch sonst eher ruhig sind und in denen wenig Gefahr bestehe und Problemvierteln, wo eben auch schon zu Silvester die innere Ordnung verloren gehe. Bezüglich der „Erneuerbaren“ irrt sie allerdings.
Die zweite Folge endet am sechsten von zwölf Tagen die der Blackout andauern wird. Es ist in den nächsten Teilen mit Zuspitzung, steigender Spannung und viel Action zu rechnen. Die Folgen 3 und 4 sind am 2. Februar, Folgen 5 und 6 am 9. Februar 2023, jeweils um 20:15 auf Sat1 zu sehen.
Die Romanvorlage von Blackout ist in der Premiumausgabe, mit Bonusmaterial (u.a. zur Verfilmung als TV-Serie) und in wertiger, geschenkfähiger Ausstattung im TE-Shop erhältlich:
Marc Elsberg, Blackout. Roman. Blanvalet, 896 Seiten, 25,00 €.
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Ich kann allen nur sehr empfehlen das Buch zu lesen! Sind zwar fast 800 Seiten, aber die lesen sich, dank des sehr flüssig zu lesenden Schreibstils des Autors, weg, wie Schnee in der Sonne schmilzt. Der Film kann die Dramatik des Romans leider nur eingeschränkt wiedergeben. Kann aber immerhin für all‘ jene, welche sich nicht wirlich mit dem Thema beschäftigen oder es herunterspielen, ein Ansatzt zum Umdenken sein. Strom ist nicht gleich Strom, ohne Strom ist alles Nichts! Und ohne eine grundlastfähige, robuste Energieerzeugung kann das sehr schnell schreckliche Realität werden. Ich glaube, manche haben bei dem Thema Blackout irgendwie Kerzenscheinromantik vor Augen! Ein längerer Blackout wird sehr wahrscheinlich tödlicher sein, mensclich wie auch gesellschaftlich, als eine Coronapandemie es je sein könnte.
So lange alles so funktioniert, wie es soll, ist es Physik, daß nicht mehr verbraucht werden kann, als erzeugt wird. Bisher war das Prinzip, genügend Erzeugungskapazitäten zu haben, um alle real auftretenden Lastzustände zu versorgen.
Wenn die Kapazitäten geringer werden als der Bedarf, und darauf läuft die aktuelle Entwicklung hin, wird es erforderlich, immer nur so viel Last zuzulassen, wie versorgt werden kann.
In diesem Fall richtet sich der Versorgungsgrad also nach der verfügbaren Kapazität und alles darüber muß abgeschaltet werden/bleiben. Das wird der neue Normalzustand.
Wenn es allerdings Störungen im Netz gibt oder gar zufällig mehrere gleichzeitig, dann lösen automatische Schutzeinrichtungen aus und erzwingen so schlagartige großflächige Abschaltungen. Danach ist ein Hochfahren erst wieder möglich, wenn entweder die Schäden repariert sind oder wenn es im System eingebaute Redundanzen gibt, die man alternativ aktivieren kann. Zusätzlich muß das wieder anzufahrende System „schwarzstartfähig“ sein, Es muß also autonom eine Versorgungsinsel gebildet werden, die zum entfernten europäischen Verbundnetz phasensynchron hochläuft, dann immer weitere Gebiete zugeschaltet werden und wenn genug da ist, die Verbindung mit dem externen Verbundnetz wieder hergestellt werden.
Was zu erwarten ist, ist also weniger ein echtes großflächiges Blackout, sondern sehr häufige und regelmäßige Abschaltungen großer Versorgungsgebiete. Dafür muß ein Kommunikationssystem zur Vorankündigung bzw. Dauer der Versorgungslücken geschaffen werden, damit sich Betroffene vorbereiten können.
Oder man beschafft sich einen Notstromdiesel, der über so eine Kommunikation gestartet werden kann, bevor die Netzversorgung ausfällt. Blöd wäre nur, wenn sich das Verbrennerverbot auch auf Nostromdiesel bezieht.
Herrliche Zeiten brechen an, ich freu mich schon so …
Es wird nicht lange dauern bis sich die Staats-Medien den Film zu Eigen. und als Terroristen des Films erst die Reichsbürger, dann die AFD und schließlich EIKE und ihre Leserbriefschreiber als potentielle Täter ausmachen werden.
Das Risiko und die Folgen eines flächendeckenden Blackouts sind viel größer als das nicht bestehende Risiko eines GAUs in einem KKW. Aber in der Lesart unserer grün versifften Politiker ist die Kernenergie ja eine „Hochrisikotechnologie“; das real existierende Risiko eines Blackouts mit dramatischen Folgen wird (noch) ausgeblendet.
Beim Strom vermeiden die Verantwortlichen peinlichst alle Horrormeldungen an die Bevölkerung. Auch, wenn in weiten Gebieten der Strom für längere Zeit ausfällt. Ganz anders beim Klima, da gibts nur Horrormeldungen, aber dafür niemals einen Klimaausfall.
Vor Kurzem war der flächendeckende Stromausfall nur eine Geschichte von Aluhutträgern und Schwurblern. Heute geben Behörden, Ministerien und Unternehmen explizite Anweisungen für solche Notlagen heraus. Aber im Mai 2020 wurde eine Impfpflicht gegen grippale Infekte auch im Reich der Verschwörungstheorien verortet, und doch kam der Unfug später im Bundestag zur Abstimmung. Tja.