Die Physik von Schall und Infraschall – ein Überblick

Wenn es um Schall und Infraschall und deren Wirkung auf Menschen geht, ist es hilfreich, sich mit den physikalischen Grundlagen zu befassen. Schall ist eine Longitudinalwelle, das heißt, die Druckänderungen schwingen in Ausbreitungsrichtung. Hörbarer Schall (ca. 20 Hz– 20 kHz), Infraschall (< 20 Hz) und Ultraschall (> 20 kHz) unterscheiden sich physikalisch durch die Frequenz und damit durch die Wellenlänge. Die Wellenlänge (L) steht in Relation zur Frequenz (f) und zur Schallgeschwindigkeit (v) im jeweiligen Medium: v = L * f

Bei 1 KHz in Luft: L= 34 cm, bei 10 Hz= 34 m, bei 1 Hz= 343 m, bei 0,1 Hz= 3.430 m.

Die Wellenlänge ist physikalisch relevant in Bezug auf die Wechselwirkung mit Strukturen und Objekten, wie dies auch bei der Beugung von Licht der Fall ist. Bei einer UKW-Antenne ist der „Lambda-Halbe-Dipol“ ein Begriff, der bestimmte Abmaß in Bezug auf die Wellenlange (L = Lambda) für den UKW-Empfang beschreibt. Die Größe von Strukturen ist physikalisch relevant für die Wechselwirkung von Wellen untereinander (Reflektion und Interferenz). Bei Infraschall liegt die Wellenlänge in der Größenordnung von mehreren Metern und damit von Gebäuden und Bebauungen, wodurch es Reflektionen und Interferenzen gibt, welche die Wellenformen in Gebäuden verändern können. Auch stehende Wellen mit lokalen Maxima und Minima können sich bilden.

In der Hörakustik empfindet der Mensch die Frequenz als Tonhöhe. Die Verdopplung der Frequenz entspricht einer Oktave. Die Frequenz (f) ist physikalisch relevant bei der Anregung von Schwingungen, durch Resonanz. Mit der „richtigen“ Frequenz (der Eigenfrequenz) kann ein Glas allein durch Schallwellen zum Zerbrechen oder eine Brücke durch Gleichschritt zum Einsturz gebracht werden. Dies ist in der Physik als „Resonanzkatastrophe“ bekannt. Welche Organe oder Zellen auf welche InfraschallFrequenzen reagieren, wäre dringend zu erforschen. Die Ruhe-Herzschlagfrequenz des Menschen liegt bei 35 bis 45 Schlägen pro Minute und das Maximum bei etwa 100. Diese Frequenzen von 0,5 – 1,6 Hz liegen im Bereich des Infraschalls großer Windräder. Damit ist allein schon das Herz, als wichtiges Organ, unmittelbar der Resonanz durch Infraschall ausgesetzt. Die Wirkung von Infraschall auf Menschen, Tiere und auch Pflanzen müsste dringend erforscht werden. Ein Abwiegeln und der Verweis auf alte Studien unter ganz anderen technischen Rand-bedingungen, ist verantwortungslos.

Die sprachliche Unterscheidung von Schall, Infraschall und Ultraschall beruht allein auf der Wahrnehmbarkeit durch das menschliche Gehör. Eine Fledermaus hingegen empfindet Ultraschall als hörbar und ein Wal den Infraschall. Es ist für die Wirkung von Infraschall auf den Menschen wichtig zu beachten, dass sich die sprachliche Unterscheidung von Schall und Infraschall ausschließlich auf ein einziges Sinnesorgan, das menschliche Gehör, bezieht. Diese ist von Natur aber so „konstruiert“, dass es Infraschall gerade nicht wahrnehmen kann. Es würde sonst ständig den Herzschlag und andere Geräusche aus dem Körper wahrnehmen.

Der Druck ist die dritte Größe, welche Schall, Infraschall und Ultraschall physikalisch charakterisiert. Druck ist Kraft pro Fläche (Newton pro Quadratmeter), die Maßeinheit ist das Pascal (Pa). Der Normalluftdruck von 1013,25 mbar (Millibar) entspricht 1013,25 hPa (Hektopascal). Die Druckschwankungen verursacht durch Schall und Infraschall von Windrädern machen Bruchteile des umgebenden Luftdrucks aus und stellen ein kleines Druck-Signal auf einem (durch andere Quellen) fluktuierendem Untergrund dar. Dies bedingt messtechnisch eine große Herausforderung infolge der geringen Signal-Untergrund bzw. Signal-Rauch-Verhältnisse.

Hinzu kommt die Wellenform, wie z. B. eine Sinuswelle, aber auch ein Druckimpuls mit steilen Flanken, wie er beim Durchgang eines Rotorblattes am Mast eines Windrades erzeugt wird. Dabei erzeugt jede von der Sinusform abweichende Welle mehrere ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz, sogenannte Oberwellen. Mathematisch werden Oberwellen durch eine Fourier-Transformation entsprechend ihrer Impulsform (Rechteck-, Dreieck-Impuls, etc.) beschrieben. Oberwellen sind hinlänglich aus der Elektrotechnik bekannt. In der Akustik, wie bei HiFi-Anlagen wird die Verzerrung, mit der ein Verstärker die Form eine Sinuswelle verzerrt, als Klirrfaktor beschrieben.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es physikalisch drei Größen sind, die Schall und Infraschall kennzeichnen, die Frequenz (respektive die Wellenlänge), der Schalldruckpegel und die Impulsform (mit den daraus resultierenden Oberwellen). All diese Größen bestimmen unsere Wahrnehmung in der Hörakustik. Beim Infraschall wird hingegen allein der Druck als relevant angesehen. Diese Bewertung mag historisch gesehenen nachvollziehbar sein, trägt aber der Situation des Infraschalls neuer großer Windräder mit immer geringerer Grundfrequenz, weitab vom hörbaren Bereich, immer weniger Rechnung.

In Bezug auf die Wahrnehmung kommen weitere Größen hinzu, wie das Geräusch  (kontinuierliches Frequenzspektrum mit Frequenzen die nicht im Verhältnis kleiner Zahlen zueinanderstehen) oder das Klangbild (Sinustöne mit Frequenzen, die im ganzzahligen Verhältnis zueinanderstehen). Aus der Musik sind z.B. Oktaven sowie kleine und große Terzen bekannt. Wenn eine Tonleiter in der Musik einer Oktave entspricht, bedeutet dies eine Verdoppelung der Frequenz. Es ist also nicht der Schalldruck allein, der uns etwas als angenehm oder als Dissonanz empfinden lässt. Wohlbefinden oder Unwohlsein sind stark davon geprägt, ob wir Musik, einen Knall, ein Quietschen, ein Klopfen oder eine Sirene usw. hören.

Doch beim Infraschall von Windrädern, der messtechnisch schwer zu erfassen und nicht hörbar ist, wird behördlich allein auf den Schalldruckpegel abgestellt. Wobei der Maßstab des Druckpegels (Dezibel) aus dem Bereich des hörbaren Schalls entstammt und dessen technische Bewertung gem. DIN 45680 mehr als 30 Jahre alt ist.

Messung des Druckpegels von Schall und Infraschall

Die technischen Vorschriften für „tieffrequente Geräusche“, gem. DIN 45680 und TA-Lärm (Technische Anleitung Lärm) beziehen sich auf den Schalldruckpegel und lassen das Klangbild (der Frequenzen) außer acht. Der Schalldruckpegel (Lp) ist wie folgt definiert, Maßeinheit ist das Bel, die gebräuchliche Form das Dezibel (dB), die Formel lautet:

Lp = 20 lg (p/p0)

 

(Lp = Schalldruckpegel, Sound Pressure Level (SPL), Maßeinheit Dezibel (dB), p = gemessene Schalldruck, p0 = Hörschwelle = 20 µPa (Mikropascal) bei 1 kHz Sinus)

Für den hörbaren Schall ergibt sich ein extrem weiter Bereich des Schalldruckes über sieben Größenordnungen (107 = 10.000.000) von der Hörschwelle (p0 = 20 µPa = 0,000020 Pa) bis zu 200 Pa (= 140 dB). Der sehr weite Bereich ist der Grund, warum dies durch eine Logarithmus-Funktion (dekadischer Logarithmus, lg) beschrieben wird. Die Formel hat zur Folge, dass sich der Schalldruck alle 20 dB um den Faktor 10 erhöht. 40 dB bedeuten, dass der Schalldruck um den Faktor 100 über der Hörschwelle liegt und 80 dB, das 10.000-fache der Hörschwelle. 85 dB sind auf Dauer schädigend für das Gehör. Den Schalldruck von zwei Windrädern mit je 70 dB kann man wegen der Logarithmus-Funktion nicht zu 140 dB addieren. Bei zwei identischen Schallquellen erhöht oder verringert sich der dB-Wert um jeweils 3 dB.

Die Hörschwelle

Nun kommt das Hörvermögen des Menschen hinzu. Da die Hörschwelle (p0) bei der Frequenz von 1 kHz festgelegt ist, das menschliche Gehör aber im Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz nicht die gleiche Hörschwelle (Sensitivität) hat, wie bei 1 kHz wird eine Bewertung (Filter) der dB-Skala für hörbaren Schall (die A-Bewertung) vorgenommen, die zur dB(A) Skala führt. Es gibt noch weitere Bewertungen (Filter) zur Anpassung der dB-Skala. Die unbewertete, ungefilterte (Zero) Skala heißt dB(Z). Die Bewertung dB(G) soll Infraschall bewerten und umfasst normativ den Bereich 8 – 100 Hz und informativ den Bereich 1 Hz – 8 Hz (bzgl. Terzmittenfrequenzen).

Frequenzbewertung https://de.wikipedia.org/wiki/Frequenzbewertung

Die u.g. Abb. zeigt die verschiedenen dB-Filter. Diese bewirken eine frequenzabhängige Korrektur der gemessen Schalldruckpegel (SPL). Dabei gilt dB(A) für hörbaren Schall und dB(G) für Infraschall. dB(C) ist hier nicht relevant.

Grafik: LUBW: Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen, S. 96 https://pudi.lubw.de/detailseite/-/publication/84558

 

Anmerkung: Außer bei Wikipedia usw. findet man hier eine verständliche Definition von Begriffen. Allgemeine Begriffe der Akustik https://www.driesen-kern.de/produkte/schallpegelmesser/allgemeine-begriffe-der-akustik.php

Die auf das menschliche Gehör bezogene dB(A) Definition zeigt, dass sie für die Bewertung von Infraschall nicht anwendbar ist. Gemäß DIN 45680 und TA-Lärm (für tieffrequente Geräusche) ist der Geltungsbereich des dB(G) Filters für Infraschall von 8 Hz bis 100 Hz normativ festgelegt. Ab 1 Hz wird nur informativ bei Verdacht gemessen. Das menschliche Ohr als „Detektor“ wirkt dennoch erst ab ca. 20 Hz aufwärts, bei einigen Personen bestenfalls ab 16 Hz. Daraus folgt selbst gem. der neu überarbeiteten DIN 45680:

  1. im Bereich 8 Hz – 20 Hz wird (mit der dB(G)-Bewertung) so getan, als ob das Ohr etwas hören könne
  2. der Bereich 1 – 8 Hz wird normativ überhaupt nicht erfasst. Hier wird nur bei Verdacht informativ gemessen, obgleich dies der Frequenzbereich neuer großer Windräder ist

3. Frequenzen < 1 Hz werden überhaupt nicht beachtet und sind gerichtlich nicht relevant, obgleich neue große Windräder in der Grundfrequenz deutlich darunter arbeiten (aktuell ca. 0,30 Hz)

Vieles mag aus Sicht der etwa 30 Jahre alten DIN 45680 damals sinnvoll gewesen sein, wobei DIN-Normen jahrelang zur Erstellung brauchen. Damals waren technischen Quellen für niedrigfrequenten Schall, wie Verkehrslärm und technische Anlagen relevant, die gemessen an ihren Geräuschen diffusen (indifferenten) Schall und Infraschall aussenden. Diese Situation hat sich mit den neuen, immer größeren Windrädern grundlegend geändert. Deren Geräusche sind nicht diffus, sondern periodisch (Wumm-Wumm-Wumm) inkl. Oberwellen (einem Klangbild mit ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz) und finden zweitens komplett in dem von der DIN 45680 nicht normativ erfassten Frequenzbereich (< 8 Hz) statt. Dadurch werden, selbst bei informativer Messung im Bereich 1 – 8 Hz, ca. 20% der Energie des Infraschalls nicht bewertet. Desungeachtet wird von Politik, Behörden und Medien darauf verwiesen, dass die, entsprechend dem menschlichen Gehör, festgelegten, Schalldruckpegel das Maß der Dinge auch für den Infraschall, insbesondere auch für den von Windrädern seien.

 

 

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