Der Gesang von Walen
von Dr. Dietmar Hildebrand, Biophysiker
In meinem CD-Regal steht in der Sektion „Natur“ eine CD von 1991 mit dem Titel „Songs of the Humpback Whale“ (Gesänge der Buckelwale). Im Hintergrund ist Stille. In die Stille hinein ertönt ein berührender Gesang. Beispiele von Walgesängen finden Sie heute auf YouTube, z.B. https://www.youtube.com/watch?v=sjkxUA041nM ist der Gesang auf meiner CD. Interessant ist auch https://www.youtube.com/watch?v=5tRMqbPH_pk , denn das Bild dazu zeigt die Frequenzverteilung des Gesangs. Leider ist der Infraschallbereich dabei kaum sichtbar.
Es gibt Menschen, die Walgesänge als Schlaflieder verwenden. Sie klingen entspannend und beruhigend. Heute wissen wir, dass dieser „Gesang“ die Sprache der Buckelwale ist, mit der sie sich über Hunderte von Kilometern im Ozean unterhalten. Seit 2014 wissen wir schon, dass Wale die Empfindlichkeit ihrer Ohren regulieren können, um dieses akustische Wunder zu vollbringen. Allerdings sind viele Details über die akustischen Fähigkeiten der Wale erst durch den „Future Science Brief Nr.7 vom Oktober 2017 einem größeren Publikum bekannt geworden (1).
Nervige Geräusche im Wasser
Jetzt stellen Sie sich ein besonders nerviges Geräusch vor. Bei mir wäre es der Lärm der Kreissäge in meiner Kellerwerkstatt. Nun stellen Sie sich vor, dass die nervige Schallquelle den ganzen Tag und die ganze Nacht für den Rest ihres Lebens an ist und Sie haben keine Möglichkeit sie abzuschalten.
So jetzt wissen Sie, wie es den Walen geht, die im weiten Umkreis von Off-Shore Windparks leben. Der Begriff „Park“ darin ist schon ein psychologischer Trick, denn Sie denken dabei unbewusst an Vogelgesang und Blätterrauschen, nicht aber an Kreissägen.
Die Windräder drehen sich doch über dem Wasser, wie kommt denn da Infraschall und LFN (low frequency noise) ins Wasser? Nun, wenn Sie in einem Apartment wohnen und irgendein anderer Bewohner bohrt ein Loch in die Wand, dann hören Sie das im ganzen Haus. Der Schall wird dabei nicht durch die Luft übertragen, sondern Wände und Böden des Hauses leiten Schall und Schwingungen weiter. So ist es auch bei den Windrädern. Mast und Betonsockel bringen die Schwingungen von Rotorblättern, aber auch der Generatoren ins Wasser. Hätte man da nicht schallschluckende Gummipuffer einbauen können? Bei kleinen nervigen Lärmquellen, wie Wärmepumpen hilft das ein wenig, aber bei tonnenschweren Windrädern müsste man da erst einmal forschen und experimentieren. Hat man das? Natürlich NICHT.
Wen kümmert schon Flora und Fauna des Meeres, wenn man staatlich subventionierte Millionengewinne abgreifen kann.
Über die Wirkung von Infraschall und LFN auf Mensch und Landtiere habe ich schon in der vorigen Ausgabe der ViER (4.24) berichtet. Den Walen ergeht es noch viel schlimmer, denn ihr Hörbereich geht tief in den Infraschallbereich, denn extrem niedrige Frequenzen breiten sich fast ungedämpft im Ozean aus, sodass sie eben über große Distanzen kommunizieren können. Das, was Menschen nur durch unbewusste Wahrnehmung über die Vibrationssensoren in unserem Körper stresst und krank macht, können Wale bewusst wahrnehmen.
Leben in der Lärmzone
Die Zahnwale, die nicht nur Krill fressen, wie die Bartenwale, leben natürlich dort, wo ihre Beutetiere leben. Sie fressen nicht nur Fische sondern einige Arten fressen auch Robben. Wo leben Robben? Natürlich an den Küsten. Und wo bauen wir Windparks, ja, an der Küste. Um also ihr Futter zu finden, müssen einige Walarten da leben, wo in ihrem Schlafzimmer und Esszimmer ununterbrochen nervige Kreissägen laufen.
An den Küsten, wo Windparks errichtet wurden, werden häufiger als anderswo tote Wale angeschwemmt. Bei den Windparks vor der Küste der USA sind die Zahlen so alarmierend, dass Jeff van Drew vom Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses Windräder im Ozean verbieten will (2)
Hat man die Wirkung des Windradlärms auf die Flora und Fauna des Meeres nicht systematisch erforscht, bevor man die Off-Shore-Windparks aufbaute? Natürlich NICHT.
Schon 2016 warnte eine Australische Aktivistengruppe vor Auswirkungen der Off-Shore Windparks auf das Leben der Wale (3).
Das wissenschaftliche Magazin „Science“ (Vol 371, Nr 6529) (4) bringt eine gute Zusammenfassung über den menschgemachten Lärm in den Ozeanen. Der Untertitel lautet bezeichnenderweise „eine anthropogene Kakophonie„. Windparks sind dabei eine Lärmquelle unter vielen. Der Lärm eines vorbeifahrenden Schiffes ist aber wieder vorbei, wenn das Schiff sich entfernt hat, auch der Lärm von Sonaren zum Finden von Fischschwärmen ist zeitlich begrenzt. Der Lärm von Rammarbeiten bei Bau von Windrädern ist so extrem, dass permanente Gehörschäden bei Meeressäugern auftreten, die bei der Obduktion der angeschwemmten Tiere diagnostiziert werden können.
Wozu benutzen Wale ihre Stimmen?
Wale benutzen ihre Stimmen auch als Sonar, das heißt sie navigieren nach Echos, wie es die Fledermäuse mit Ultraschall machen. Die Anhäufung von gestrandeten Walen bei Windparks nährte die Vermutung, dass sie durch den Lärm die Orientierung verlieren und dadurch in Flachwasser geraten und stranden.
Die „Whale and Dolphin Society“ (WDCS) publizierte schon 2004 den wissenschaftlichen Report „Oceans of Noise“ (Ozeane des Lärms) (5). Darin gibt es ein ganzes Kapitel über die Arten, wie Wale Schall nutzen.
Navigation haben wir schon erwähnt, allgemeine Kommunikation über große Entfernung auch. Zusätzlich wird hier erklärt, dass bei Walen auch die intersexuelle Auswahl über Schall, also Lockrufe, erfolgt, wie auch bei Vögeln und vielen Säugetieren (Vom Elefant wissen Sie schon aus ViER 4.24, dass der Lockruf im Infraschallbereich liegt).
Die soziale Bindung zwischen Mutter und Kalb erfolgt bei Walen über Pfeiflaute. Werden diese durch Lärm maskiert, kann das Kalb seine Mutter verlieren und geht zu Grunde. Auch die Gruppenkohäsion in einer Gruppe von Walen wird akustisch gesteuert. Neben dem einfachen „bleibt beisammen Leute“ gibt es auch gezielte Anweisungen, z.B. für eine gemeinsame Jagd bei Zahnwalen.
<Dass Wale möglicherweise intelligenter sind als der sogenannte Homo sapiens habe ich noch gar nicht erwähnt, aber an Weisheit sind sie uns sicher um Meilen voraus. Warum sie dann noch keine technische Zivilisation entwickelt haben? Hätten wir Technik entwickelt, wenn wir täglich in einer nahrhaften Suppe schwimmen würden?
Laute Schreie und akustische Stoßwellen werden von Walen verwendet, um Beutetiere nicht nur zu erschrecken, sogar Gewebeschäden an Kiemen und Schwimmblase von Fischen können dadurch erzeugt werden. Der schmerzgeplagte, desorientierte Fisch ist dann eine leichte Beute.
Da wir gerade über Partnerwa(h)l und Mutter-Kind-Beziehung gesprochen haben: Hätten Sie gerne beim Sex eine laufende Kreissäge im Schlafzimmer?
Noch ist es nicht bewiesen, aber es würde mich nicht wundern, wenn im Bereich von Windparks kein Nachwuchs mehr gezeugt wird.
Ein Höllenlärm
Ist denn mein Beispiel „Kreissäge“ überhaupt ein adäquates Beispiel? Wie laut sind denn die Dinger wirklich?
In Vindeby, Dänemark, wurden Messungen durchgeführt in einer Entfernung von 14 m in einer Tiefe von 1,2m. Die Windgeschwindigkeit betrug 13 m/s. Der stärkste Lärm wurde zwischen 20 und 30 Hertz gemessen und betrug 120 dB (6). Ja, richtig gelesen, das ist so laut wie ein Flugzeugtriebwerk in 100m Entfernung! 130dB ist die Schmerzschwelle des menschlichen Gehörs. (googlen Sie einfach ‚mal „120dB Lautstärke“, um viel mehr Details dazu zu finden). Meine Kreissäge als Beispiel war zu harmlos, eine große Motor-Kettensäge in Aktion wäre das passendere Beispiel.
Die eben zitierte Quelle (6) ist als ganzes lesenswert. Es ist der Wissensstand von 2006 über „Ecological Research on Offshore Wind Farms“. Also über ökologische Forschung zu unserem Thema. Dass man trotzdem weiter Windparks baute, zeigt wie „tierverachtend“ man ist, wenn es um die „grüne“ Ideologie von „erneuerbarer“ Energie geht. Wenn ich Wal wäre, würde ich lieber in der Nähe eines schwimmenden Kernkraftwerks leben (gibt’s im arktischen Meer).
Sind auch andere betroffen?
Die Meeressäugetiere sind nicht die einzigen Betroffenen. Selbst bei einfachen Lebensformen wie Krebsen führt der Lärm dazu, dass sie häufig bewegungslos am Boden verharren, statt Nahrung zu suchen (7).
Zu noch niedrigen Lebensformen heißt es in Quelle (6), dass weitere Studien nötig sind. Wurde inzwischen dazu überhaupt geforscht? vermutlich NICHT.
Selbst auf scholar.google.com konnte ich keine objektiven Forschungsergebnisse dazu finden.
Veröffentlichungen, die ich fand, beschränkten sich auf für Menschen hörbaren Schall. Eines wertete gar nur Frequenzen über 100 Hz aus. Ich gewann den Eindruck, dass solche Arbeiten von der Windkraftindustrie oder von der Politik gesponsert waren, um eben nichts zu finden.
Quellenangaben:
(1) https://repository.oceanbestpractices.org/handle/11329/1759
(2) https://vandrew.house.gov/news/documentsingle.aspx?DocumentID=484
(3) https://stopthesethings.com/2016/06/22/wind-turbine-noise-terrorising-whales/
(4) https://www.science.org/doi/10.1126/science.aba4658
(5) https://de.whales.org/wp-content/uploads/sites/2/2018/08/Oceans-of-Noise.pdf
Weitere sehr lesenswerte Links
a) https://stopthesethings.com/2023/02/11/offshore-wind-industry-gets-licence-to-kill-right-sperm-humpback-whales-with-impunity/
hat auch links zu weiteren Quellen
b) https://www.geo.de/themen/wale-30016924.html
ist eine Page mit Links zu vielem wissenswerten über Wale !
c) https://www.geo.de/natur/tierwelt/laermverschmutzung-im-ozean–was-das-fuer-die-tierwelt-bedeutet-33826064.html
ist ein Link auf GEO speziell zu unserem Thema
d) https://www.studentenlabor.de/infraschall/
Es wurde beobachtet, dass Wale aufgrund von Infraschallstörungen ihre Migrationsrouten ändern und sich von bestimmten Gebieten fernhalten.
e) https://www.diva-portal.org/smash/get/diva2:1871713/FULLTEXT01.pdf
zeigt, wie vorsichtig sich eine Doktorandin in ihre Arbeit von 2024 ausdrückt, die auch sehr negative Einflüsse auf Meeressäuger, Vögel und niedrigere Lebensformen fand.
Zitat: „the Hornsea Project One represents a critical intersection between renewable energy development and marine conservation“
f) https://assets.publishing.service.gov.uk/media/5a7a277ce5274a319e7783cd/SEA7_Mammals_SMRU.pdf
SMRU heißt „Sea mammal Research Unit“ (Forschungseinrichtung für Meeressäugetiere)
Hier kann man sehr viel über die Walarten lernen und wo sie vorkommen.
g) https://cradpdf.drdc-rddc.gc.ca/PDFS/unc485/p818605_A1b.pdf
Für das Militär ist der Gesang von Walen nur ein Störfaktor, den man aber genau kennen muss. Daher werden detailreich Diagramme der Gesänge verschiedener Walarten präsentiert.
Ein guter Artikel, der die Probleme treffend beschreibt. Und wo bleibt Greenpeace? Für den Bau des Schiffes Beluga hatte ich damals extra gesprendet. Mit Beluga wollte man doch Wale schützen.
Den Containerschiffverkehr, den Frau kosch anspricht, und den internationalen Warenaustausch, den brauchen wir und die Meeresbewohner haben sich notgedrungen darauf eingestellt. Waljagd gibt es Gott sei Dank nicht mehr, dank Erdöl. Das Problem ist, dass mit Hunderttausenden Offshore-Riesenwindmühlen, die die Menschheit nicht wirklich braucht, die noch verbliebenen Lebens- und Ausweichräume der Meeresbewohner weiter verstellt werden – für die Erzeugung von minderwertiger Flatterenergie mit geringstmöglicher Energiedichte und maximalem Flächenverbrauch. Korrosion und giftiger Faserabrieb kommen hinzu – der gigantische Schrott der Zukunft. Schon pervers, dass sowas unter „grün“ im Namen einer Umweltpartei läuft.
Da hat der Autor wohl Recht, wenn Ideologie die Energiepolitik steuert, verlieren Worte wie Tierverachtung und Menschenverachtung im Diskurs ihre ursprüngliche Bedeutung, alles nachhaltig, oder?
Ein großer Windpark macht etwa so viel Lärm wie ein großes Containerschiff. Im Kontext des weltweiten Schiffsverkehrs sind die weltweit vorhandenen Windparks ein Teil des Lärms und es gilt, auch diesen Lärm zu begrenzen.
Schöne Nebelkerze, die Realität ist anders.
So begründen die Windradaufsteller auch bei uns folgendermaßen. Es ist ja schon Lärm da, der die Grenzwerte auch überschreitet, dann können wir auch noch mehr Lärm machen, durch weitere Windräder, dann ist alles wieder TA-Lärm-gerecht. Bürgereinspruch zwecklos, da nationales Interesse.
„Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt,…, in seinen Armen das Kind war tot“, so geht grün, oder?