Von Michael Limburg

Ja, ich gebe es zu. Ich habe in meiner Jugend bzw. jungem Erwachsenendasein nicht alle Klassiker gelesen, die sich zu lesen lohnt. Aber beim einen oder anderen habe ich das in meinen späten Jahren nachgeholt. So las, bzw. lese ich in diesem Jahr den wundervollen Roman, ich sollte besser das wundervolle Epos sagen, „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi in der Ausgabe Anaconda aus dem Russischen von Hermann Röhl. Und ich bin auch noch nicht ganz durch, was bei 1531 Seiten in 10 Punkt Schrift auch nicht so verwunderlich ist.

Das Buch erschien 1869 nachdem Tolstoi 6 Jahre daran geschrieben und umgeschrieben hatte und gehört seitdem zur Weltliteratur. Und das ist auch berechtigt! Immer noch! Denn es ist mehr als ein Roman, es ist ein historischer Roman, ein detailliertes Psychogramm der handelnden Personen (WIKIPEDIA zählt davon 58 namentlich auf, nennt aber nicht alle), ein Sittengemälde der Zeit, eine kluge Analyse militärischer Aktionen und ihrer nur gelegentlichen Vorhersehbarkeit, ein unendlich scheinendes Geflecht der Beziehungen, Vor- und Abneigungen der Personen, eine sehr nachvollbeziehbare Beschreibung der russischen Feudalgesellschaft zum Anfang des 19. Jahrhunderts und eine erstaunlich scharfsichtige Betrachtung der Nationalcharaktere der beteiligten Personen aus ihren jeweiligen Nationen und noch viel viel mehr.

Nachdem ich mich mit den vielen Personen angefreundet hatte, ja sogar begann sie nach längeren Lesepausen wieder zu erkennen, machte mir das Lesen eine Riesenfreude. Nicht nur wegen der gepflegten deutschen Sprache, in die der Übersetzer Hermann Röhl das damals zeitgenössische Russisch übertragen hatte, sondern auch wegen der vielen präzisen Beobachtungen über Charaktere, Landschaften, Beziehungen zwischen den Menschen etc. die Tolstoi dort erzählt, immer glaubhaft erzählt, und die beim Leser fast immer Zustimmung, sei es aus eigner, sei es aus fremder Erfahrung erlangen. Es ist für mich unglaublich, wie ein einzelner Kopf diese vielen Zusammenhänge, Personen, Situationen und, und und defacto im Kopf haben und trotzdem stringent in sich stimmig erzählen konnte. Aber das ist ein anderes Thema.

Mein Thema ist jetzt und hier der von Tolstoi, aus meiner Sicht, so treffend beschriebene Nationalcharakter, niedergeschrieben am Beispiel von einigen der handelnden Personen. In diesem Falle und insbesondere des deutschen Majors Ernst on Pfuel, der im Generalstab des russischen Zaren zeitweise eine bedeutende Rolle[1] spielte.

Und er beschreibt ihn so (S. 835 ff, Hervorhebungen von mir) :

….Offenbar war Pfuel, der auch sonst stets zu gereizten, ironischen Äußerungen neigte, an diesem Tag besonders erregt, weil man gewagt hatte ohne ihn hinzuzuziehen, sein Lager zu besichtigen und zu kritisieren. Fürst Andrei konnte sich, dank seinen Austerlitzer Erinnerungen, schon aufgrund dieser einen kurzen Begegnung mit Pfuel ein klares Bild von dem Charakter dieses Mannes machen. Pfuel war von einem unerschütterlichen, unheilbaren, geradezu fanatischen Selbstbewußtsein, wie es eben nur bei den Deutschen vorkommt, und zwar besonders, weil nur die Deutschen aufgrund einer abstrakten Idee selbstbe­wußt sind, aufgrund der Wissenschaft, d. h. einer vermeintlichen Kennt­nis der vollkommenen Wahrheit. Der Franzose ist selbstbewußt, weil er meint, daß seine Persönlichkeit sowohl durch geistige als durch körper­liche Vorzüge auf Männer und Frauen unwiderstehlich bezaubernd wirkt. Der Engländer ist selbstbewußt aufgrund der Tatsache, daß er ein Bürger des besteingerichteten Staates der Welt ist, und weil er als Englän­der, immer weiß, was er zu tun hat, und weiß, daß alles, was er als Eng­länder tut, zweifellos das Richtige ist. Der Italiener ist selbstbewußt, weil er ein aufgeregter Mensch ist und leicht sich und andere vergißt. Der Russe. ist besonders deswegen selbstbewußt, weil er nichts weiß und auch nichts wissen will, da er nicht an die Möglichkeit glaubt, daß man etwas wisssen könne. Aber bei dem Deutschen ist das Selbstbewußtsein schlimmer, hartnäckiger und widerwärtiger als bei allen andern, weil er sich einbildet, die Wahrheit zu kennen, nämlich die Wissenschaft, die er sich selbst ausgedacht hat, die aber für ihn die absolute Wahrheit ist.“

Peng, das hat gesessen. So jedenfalls mein Eindruck. Schon damals. Besonders aber, wenn man diese Beschreibung des deutschen Nationalcharakters auf die heutigen Bewohner dieses Landes überträgt. Man findet auch heute noch all das wieder, was das Verhalten der Mehrheit der veröffentlichten Meinung, der Politik und der sie tragenden Parteien und Gremien und NGO´s, kurz der Elite diese Landes ausmacht. Und das nicht nur bei der Anbetung des Klimagötzens, da aber besonders ausgeprägt, besonders heftig, besonders selbstgefällig, und .. besonders zerstörerisch.

Wer sich nun also fragt, wie es dazu kommen konnte, dem kann man nur antworten

…wir waren schon immer so!

  1. Siehe Ernst von Pfuel bei WIKIPEDIA hier https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_von_Pfuel

 

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