von Manfred Haferburg

Die Geologie hat gesprochen und die Schweizer haben sie gehört.

„Die Geologie hat gesprochen. Es ist eine eindeutige Entscheidung.“, konstatiert die Schweizer Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra). Die Schweiz hat entschieden, dass das Endlager der Eidgenossen für hochradioaktiven Müll nahe der deutschen Grenze, direkt gegenüber der deutschen Gemeinde Hohentengen entstehen soll.

Das Herzstück für das Endlager sei der Opalinuston. Das Gebiet heißt in der Schweiz „Nördlich Lägern“ und liegt im Zürcher Unterland. Es handelt sich um ein hunderte Millionen Jahre altes, sehr dichtes Material, das entstehende Risse selbst schließt. Opalinuston besteht aus recht einheitlichen Tonen und Tonsteinen mit einzelnen Toneisensteingeoden-Lagen und schließt nach Ansicht von Experten radioaktiven Abfall langfristig am besten ein. „Falls sich beim Bau des Lagers oder im Lauf von Hunderttausenden Jahren durch Gesteinsverschiebungen Risse im Opalinuston bilden, würde dieser sie selbst wieder abdichten. Kommt der Opalinuston mit Wasser in Kontakt, quillt er auf und verschließt solche Risse“. Sagt die Schweizer Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle.

Ein Schweizer Endlager an der deutschen Grenze

Es gibt in der Schweiz mehrere Formationen mit Opalinuston. Warum wurde der Standort an der Grenze zu Deutschland gewählt? Die Schweizer Gesellschaft sagt, dass die Opalinuston-Schicht an der deutschen Grenze am dicksten sei und zudem sei der Abstand zu wasserführenden Schichten und zur Oberfläche größer als bei den anderen Standorten. In dem geplanten Endlager sollen die radioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken, Industrie und Forschung in hunderten Metern Tiefe eingebettet werden.

Der Bau des Lagers muss noch Genehmigungsverfahren durchlaufen und dürfte frühestens 2031 beginnen, die Einlagerung erst 2050.

Eine Verpackungsanlage für radioaktive Abfälle soll an dem jetzigen Zwischenlager in Würenlingen entstehen, weil dort bereits Bauten vorhanden seien, die genutzt werden können.

Bei vielen Menschen erzeugt der Begriff „Radioaktivität“ Unbehagen

Die von radioaktiven Stoffen ausgesandte ionisierende Strahlung wird häufig als bedrohlich empfunden, unabhängig davon, wie stark sie ist und woher sie stammt.

Wenn ich mir allerdings die Schutzmaßnahmen der Endlagerung ansehe, dann habe ich vor anderen Dingen Angst als vor Radioaktivität. Ich würde mich demzufolge vor einem Endlager in der Nähe meines Wohnortes weniger fürchten als vor Politikern, die glauben, dass sie die Gesetze der Physik und der Ökonomie per Beschluss im Bundestag ändern können.

Was geschieht mit dem hochradioaktiven Müll?

Die Sorgfalt beginnt mit der „Verpackung“ des Atommülls. Was nicht recycelt wird, verbrennt man in Drehrohröfen. Die Asche wird dann mit flüssigem Glas vermischt, das in Kupferzylindern erstarrt. Diese werden dicht verschweißt und kommen in wasserdichte Endlagergebinde, die ihrerseits dann im Endlager in 800 Meter tiefe Schächte weit unter dem Grundwasserspiegel in wasserdichte Tonzylinder eingebracht werden. Die einzelnen Gänge werden dann auch noch mit Ton verfüllt.

Diese Gesteinsformation gibt es unverändert seit 175 Millionen Jahren. Und obwohl auch die vielkolportierte Zeit der Endlagerung mit der Notwendigkeit der sicheren Einlagerung über einen Zeitraum von einer Million Jahren eine sinnlose Übertreibung ist, kann sie in diesen Gesteinsschichten gewährleistet werden.

Der deutsche Sonderweg der Endlagerung

Die Endlagersuche in Deutschland wird von der grünen Bewegung systematisch verunmöglicht und hinausgezögert. Dahinter steckt die Sorge, dass ihnen ihr wichtigstes Argument „Es gibt kein Endlager“ für den Atomausstieg abhandenkommt. Die Planungszeiträume für ein deutsches Endlager werden in Dekaden berechnet. Die Deutschen lagern derzeit die abgebrannten Brennelemente in Castorbehältern, die in gebunkerten Zwischenlagern aufgestellt sind.

Ich halte diese Lagerung allerdings für die derzeit weltweit beste Methode. Die abgebrannten Brennelemente enthalten nämlich noch 98 Prozent ihrer Energie, die mit den herkömmlichen Reaktoren nicht genutzt werden kann. Allerdings werden derzeit weltweit die neuen Reaktoren der Generation Vier entwickelt. Diese können diese nicht genutzte Energie in Strom und Wärme umwandeln. So steht in den Zwischenlagern so viel radioaktives Brennmaterial, dass mit den neuen Dual-Fluid-Reaktoren Deutschland für 350 Jahre mit Strom versorgt werden kann. In 15 Jahren spätestens steht diese Technologie zur Verfügung.

Echte Probleme überdecken künstliche Probleme

Zurzeit scheinen die Deutschen allerdings ganz andere Sorgen zu beschäftigen als mit einem künftigen Schweizer Endlager in Grenznähe. Der mediale Entrüstungssturm über die Schweizer Endlagerentscheidung hält sich offenbar noch in Grenzen. Das ZDF zeigte sich kurz und naturgemäß tief besorgt, allerdings wohl gegendert.

Die deutsche Strahlenangst ist eigentlich ein recht junges Phänomen. Bis in die Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts galt Radioaktivität in geringen Dosen als gesundheitsförderlich und der Schönheit dienend. Es gab sogar radioaktiv angereicherte Lebensmittel zu kaufen, zum Beispiel „Radiumbier in Flaschen“. Und es gab Kosmetika, radioaktive Gesichtscreme, radioaktive Zahnpasta und sogar radioaktive Kondome.

Der Prospekt des Radonbades in Menzenschwand (Schwarzwald) sagte noch bis vor Kurzem: „Zwei Quellen vom nahen Bachtal versorgen die Therme mit fluoridhaltigem Heilwasser (32°C. bis 37°C.) sowie das radonhaltige Heilwasser, das ausschließlich im Therapiebereich eingesetzt wird. Die Radontherapie wird seit vielen Jahren erfolgreich bei rheumatischen Erkrankungen und chronischen Schmerzen angewendet. Der örtliche Kurarzt verordnet die Radontherapie in Einzelwannenbädern“. 

Ich persönlich gehöre zu der Fraktion, die glaubt, dass radioaktive Strahlung in geringen Dosen eher gesundheitsförderlich als schädlich ist. Aber beweisen konnte das bisher noch niemand.

Verstrahlt – ist unsere Angst vor Strahlung rational?

Es gibt keinen Unterschied zwischen „natürlicher“ und „künstlicher“ Strahlung. Alles in unserer Welt ist radioaktiv – auch wir selbst. Unser Körper wird je Sekunde von 20.000 Strahlenteilchen getroffen, in Kurorten können es auch mal 100.000 sein.

Ohne Radioaktivität wäre kein höheres Leben möglich. Die Radioaktivität erzeugt 50 Prozent der Erdwärme. Ohne Radioaktivität gäbe es den Carbonat-Silikat-Zyklus nicht, den Thermostat unserer Welt als Voraussetzung für die Entwicklung von Leben.

Somit sind alle Menschen vollkommen „verstrahlt“. Jede Körperzelle enthält eine Million radioaktive Atome, jede Sekunde zerfallen 8.000 radioaktive Atome in unserem Körper – wenn wir so um 70 kg wiegen, sind das 8.000 Becquerel (Bq) –  bei Arnold Schwarzenegger könnten es sogar so um 12.000 Bq sein.

Sehen wir uns die Strahlenbelastung des Menschen, der wir auch ohne Endlager ausgesetzt sind, einmal an. Das sind in Deutschland durchschnittlich  2,4 Millisievert/Jahr.

Wo kommt nun unsere Strahlenbelastung her?

Ungefähr die Hälfte unserer Strahlenbelastung kommt von denen, die am meisten davor warnen, der Ärzteschaft.

• 45 Prozent Medizin: ein Ganzkörper-CT bringt so viel Strahlung wie 200-mal nach Tokyo fliegen.

• 30 Prozent Radon: ein Gas, das in unseren Kellern aus dem Gestein aufsteigt, sich dort gerne sammelt und beim Bierholen eingeatmet wird.

• 10 Prozent kosmisch: aus dem Weltraum einfliegende Teilchen, die es bis zur Erdoberfläche schaffen

• 14 Prozent terrestrisch: aus der Erde umherfliegende Teilchen

• 1 Prozent künstlich, alles zusammen: Tschernobyl, Atombombenversuche, Kernkraftwerke

Schon in Deutschland differiert die Strahlenbelastung sehr stark. Der durchschnittliche Wert variiert je nach Wohnort von 1 Millisievert (mSv) in der norddeutschen Tiefebene bis 10 mSv in gebirgigen Gegenden, z.B. der Eifel. Anderswo sind die Werte der menschlichen Strahlenbelastung 100-mal so hoch, ohne dass die dort lebenden Menschen irgendwelche Schäden erleiden. So beträgt die Strahlung in Brasilien, am Badestrand Guarapari 200 mSv, in Ramsar im Iran am sogenannten Schwarzen Stand 400 mSv. Das ist ganz nebenbei gesagt das Mehrfache der Strahlung, die in der Evakuierungszone um das havarierte Kernkraftwerk Fukushima herrscht.

Nicht nur Kernkraftwerker oder Röntgenärzte sind leicht erhöhter Strahlung ausgesetzt. Piloten erhalten zusätzlich 1,2 Millisievert, wenn sie 600 Flugstunden/Jahr auf der Nord-Route fliegen. Raucher, die 20 Zigaretten pro Tag konsumieren, bekommen 14 mSv/Jahr zusätzlich ab. Ein Aufenthalt im Space Shuttle bestrahlt einen Astronauten mit ca. 200 Millisievert.

Sievert oder Sauvignon – die Dosis pro Zeiteinheit macht’s

Als letale Strahlendosis gelten fünf Sievert, die jemand in kurzer Zeit abbekommt. Dann wird er strahlenkrank und stirbt. Unterhalb von 0,2 Sievert sieht man nichts, auch kein Krebsrisiko. Der Mensch kann aber fünf Sievert über einen längeren Zeitraum verteilt abbekommen, ohne zu sterben oder zu erkranken.

Das ist wie mit dem Wein. Fünf Liter Sauvignon in wenigen Minuten gepichelt, würde man mit einer schweren Alkoholvergiftung vielleicht nicht überleben. 200 Liter Sauvignon über einige Jahre verteilt – wunderbar – und neben dem Genuss vielleicht sogar gesund.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

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