Die Zahl der Hurrikane, Taifune und Zyklone ist langfristig gesehen klar zurückgegangen. Das sagt eine Studie von australischen und amerikanischen Forschern. Pikant daran ist, dass ausgerechnet die Erderwärmung der Grund für die Abnahme ist.

Von Peter Panther

Wenn tropische Stürme auf Land treffen und dort grosse Schäden verursachen, führt das jeweils zu einem Lamento von Politikern und Journalisten, wie schlimm der Klimawandel sei. Ob Hurrikane in der Karibik oder Taifune im asiatisch-pazifischen Raum: Stets soll der Mensch schuld sein an den Zerstörungen, die solche Wirbelstürme anrichten. So warnte etwa US-Präsident Joe Biden letztes Jahr, nachdem Hurrikan «Ida» in den Südstaaten gewütet hatte, vor den Folgen des Klimawandels.

Allerdings: Die Wissenschaft konnte bisher nicht beweisen, dass tropische Stürme im Zuge der Erderwärmung tatsächlich häufiger und heftiger geworden sind. Es fehlte der Forschung auch schlicht an Daten, um langjährige Trends bei Hurrikanen und Taifunen aufspüren zu können. Entsprechend strich der Weltklimarat 2013 die Warnung vor einer Häufung gefährlicher Tropenstürme in seinem fünften Sachstandsbericht.

Rückgang der Sturmhäufigkeit um bis zu 23 Prozent 

Eine neue Studie belegt nun, dass die Erderwärmung tatsächlich einen Einfluss auf Wirbelstürme hat – allerdings nicht so, wie man es vielleicht erwarten würde. Der Klimawandel hat langfristig nämlich zu einer Abnahme der Zahl der tropischen Stürme geführt: In der Zeit von 1901 bis 2010 ergab sich ein Rückgang von 13 Prozent gegenüber den Jahren 1850 bis 1900. Die Abnahme in den Jahrzehnten ab 1950 ist mit 23 Prozent gegenüber der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sogar besonders ausgeprägt.

Verfassst wurde die Studie von australischen und amerikanischen Forschern um den Meteorologen und Statistiker Savin Chand von der Federation University in Australien. Die Arbeit ist vor kurzem im Fachblatt «Nature Climate Change» publiziert worden. In der Studie ist von einem «robusten Trend zur Abnahme» bei den Tropenstürmen die Rede.

Entscheidend für diese Erkenntnis war, dass es den Forschern gelungen ist, Datenlöcher zu stopfen. Denn systematische Wetterbeobachtungen über den tropischen Meeren gibt es erst seit etwa 1950, regelmässige Satellitenbeobachtungen gar erst seit den 1970er-Jahren. Das Team wandte für die Zeiten davor ein spezielles Analyseverfahren an und kombinierte vorhandene Messdaten mit Computersimulationen.

Klimawandel hat tropische Luftzirkulationen abgeschwächt

Diese sogenannte Reanalyse habe das Forscherteam nahe an des herangebracht, wie die Beobachtung ausgesehen hätte, erläuterte Leitautor Savin Chand. Jedenfalls konnten die Wissenschaftler aus den gewonnenen Daten die mutmassliche Zahl der Wirbelstürme über dem Pazifischen, dem Indischen und dem Atlantischen Ozean eruieren. Konkret stiessen sie auf etliche Sturmereignisse in weiter zurückliegenden Zeiten, die bisher nicht dokumentiert gewesen waren.

Als Grund für den Rückgang bezeichnet das Forscherteam veränderte Bedingungen in der untersten Schicht der Atmosphäre, der sogenannten Troposphäre. Konkret haben sich die Hadley- und die Walker-Zirkulation in den tropischen Regionen im Laufe der Zeit abgeschwächt.

Die Hadley-Zirkulation bezeichnet das Aufsteigen warmer Luft beim Äquator und das anschliessende Absinken dieser Luftmassen weiter nördlich und weiter südlich. Wegen diesen Bewegungen entstehen in Bodennähe Winde in Richtung des Äquators. Bei der Walker-Zirkulation handelt es sich um eine Strömung über dem Pazifik, die parallel zum Äquator abläuft: Über dem Westpazifik vor Indonesien steigt Luft auf, um über dem Ostpazifik vor Südamerika wieder abzusinken. Dazwischen strömt die Luft bodennah westwärts.

Trend zu wenige Stürmen könnte sich fortsetzen

Für die Abschwächung der Hadley- und der Walker-Zirkulation ist gemäss der Studie die Erderwärmung verantwortlich. Die Abschwächung bewirkt, dass weniger warme und feuchte Luft vom Meer in obere Luftschichten aufsteigt, was zu einer Verringerung der Luftfeuchtigkeit in der mittleren Troposphäre führt. Dieser Lufttransport ist aber eine Voraussetzung für die Entstehung von Wirbelstürmen.

Die Zahl der Wirbelstürme hat in allen Meeren abgenommen – mit Ausnahme des Nordatlantiks: Dort ergab sich zumindest für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Zunahme. Im Nordatlantik sind die Meerestemperaturen besonders stark gestiegen, was die dämpfende Wirkung der abgeschwächten Zirkulationen offenbar übersteuerte.

Laut den Studienautoren könnte sich der globale Trend zu immer weniger Stürmen aber vorläufig fortsetzen: Wenn die Temperaturen weiter steigen, dürfte sich die dämpfende Wirkung auf die erwähnten Zirkulationen weltweit gesehen nochmals vergrössern.

«Noch kein Grund zu feiern»

Die Resultate der Studie sind bedeutend: Die Warnungen vor mehr Hurrikanen und Taifunen verlieren ihre Basis. Der Klimawandel wirkt exakt umgekehrt, als man der Öffentlichkeit weismachen wollte.

Freilich sagen diese Resultate nichts über die Intensität der auftretenden Tropenstürme. Wie heftig Hurrikane und Zyklone sind, ist hinsichtlich der erwartbaren Schäden genauso wichtig wie deren Anzahl. Dazu macht die neue Studie allerdings keine Aussage.

Trotzdem äusserte sich Leitautor Savin Chand auch zur Intensität der Stürme. Der Rückgang der Häufigkeit sei zwar «good news», sagte er gegenüber den Medien. Aber es gebe «noch keinen Grund zu feiern». Es sei vielmehr «wahrscheinlich», dass die Wirbelstürme heftiger würden, wenn sie einmal entstanden seien. Denn sie bezögen mehr Energie aus der Atmosphäre, die sich erwärmt habe.

«Das Klima verändert sich, und der Mensch ist die Hauptursache», fügte Chand an. Offenbar ist der Konformitätsdruck in der Wissenschaft so gross, dass sich Forscher immer wieder zu solchen Bekenntnissen gezwungen sehen – selbst dann, wenn ihre Resultate dem angeblichen Schrecken des Klimawandels diametral entgegenstehen.

Studie: https://www.nature.com/articles/s41558-022-01388-4

 

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