Anthony Watts
Ein kürzlich erschienener Artikel unter der Überschrift [übersetzt] „Reality Check: Werden die heißesten Städte der Welt dank des Klimawandels unbewohnbar?“ von Dann Mitchell, einem Professor für Klimawissenschaften an der Universität Bristol, wird versucht, eine Rekord-Hitzespitze von 51 °C in der zentralpakistanischen Stadt Jacobabad dem Klimawandel zuzuschreiben, was schlichtweg Unsinn ist.
Er nennt diese 51˚C Zahl „gefährlich nahe an der Grenze der menschlichen Überlebensfähigkeit“. Sicherlich liegt diese Temperatur gefährlich nahe an der Grenze der menschlichen Toleranz. Mitchell fährt fort, über ein anderes wichtiges Temperaturmaß zu sprechen, die so genannte „Feuchttemperatur“*, die auch Teil eines Angst schürenden Artikels von NBC News über Indien mit dem Titel „Deadly ‚wet-bulb temperatures‘ are being stoked by climate change and heat waves“ [etwa: Tödliche „Feuchttemperaturen“ werden durch den Klimawandel und Hitzewellen angeheizt] ist.
[*Feuchttemperatur: Wenn Feuchtigkeit verdunstet, wird Wärme verbraucht. Ein nasser Körper kühlt sich dabei ab. Dabei wird die Luft mit Feuchtigkeit angereichert, so dass der Taupunkt steigt. Die Feuchttemperatur liegt also zwischen Lufttemperatur und Taupunkt. Bei weiterer Verdunstung ist eine Abkühlung unter die Feuchttemperatur nicht möglich. Liegt diese über 37°C, kann sich menschliche Haut durch Verdunstung von Schweiß nicht weiter abkühlen, was zu einem Hitzestau im Körper führt. Der ist in der Tat lebensgefährlich. Man darf aber getrost davon ausgehen, dass die örtliche Bevölkerung in Gegenden, wo das vorkommt {in Indien vor Eintreffen des Sommermonsuns} daran gewöhnt ist.]
Mitchell schreibt:
Wir kennen die menschliche Toleranzgrenze ziemlich genau – sie liegt bei 35˚C Feuchttemperatur. An diesem Punkt kann der Mensch nicht länger als ein paar Stunden überleben, weil er keine Wärme mehr von seinem Körper an die Umgebung abgeben kann.
Dies ist im Wesentlichen ein Maßstab für das bekannte Sprichwort „Es ist nicht die Hitze, sondern die Feuchtigkeit“. Dem Menschen geht es weitaus schlechter, wenn hohe Temperatur und hohe Luftfeuchtigkeit zusammenkommen.
Mit dieser Aussage schießt Mitchell jedoch weit über das Ziel hinaus:
Aber wird der Klimawandel die Situation verschlimmern? Angesichts des Temperaturanstiegs erwarten wir in Zukunft mehr Überschreitungen der Überlebensschwelle von 35 °C, aber diese Fälle werden wahrscheinlich selten bleiben und jeweils nur für einige Stunden auftreten. Wir gehen davon aus, dass sie auf Standorte in den Tropen und Subtropen beschränkt sein werden, und selbst dann nur in bestimmten Jahren. Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit dieser Ereignisse deutlich abnimmt, wenn wir die Klimaziele des Pariser Abkommens einhalten können, d. h. wenn wir den Anstieg der Temperaturen im globalen Durchschnitt auf deutlich unter 2 °C begrenzen.
Mitchell will angeblich ein Klimawissenschaftler sein, aber er hat in seiner Logik zwei bedeutende Fehler gemacht, wenn er den Klimawandel zum Ziel der Schuldzuweisung macht. Erstens ist das Klima ein Durchschnitt des Wetters über dreißig Jahre, ein Zeitraum, der von der World Meteorological Society (WMO) festgelegt wurde. Jedes kurzfristige Wetterereignis von einigen Stunden oder Tagen, sei es ein Hurrikan, ein Kälteeinbruch oder eine Hitzewelle, ist genau das: Wetter, nicht Klima.
Der andere Fehler, den Mitchell macht, ist ziemlich ungeheuerlich. Er spricht von Temperaturspitzen in der Großstadt Jacobabad, vergisst aber, einen der bekanntesten Temperatureffekte von Großstädten zu erwähnen: den Urban Heat Island-Effekt (UHI).
Die University Corporation for Atmospheric Research (UCAR) definiert ihn wie folgt:
Eine urbane Wärmeinsel (UHI) ist ein Großstadtgebiet, das deutlich wärmer ist als seine Umgebung. Nach Angaben der EPA sind die Lufttemperaturen in vielen US-Städten bis zu 5,6°C (10°F) höher als in den umliegenden natürlichen Landgebieten. Dieser Temperaturunterschied ist in der Regel nachts größer als tagsüber, im Winter größer als im Sommer und tritt vor allem bei schwachem Wind auf. Die Hauptursachen sind Veränderungen der Landoberfläche durch die städtische Entwicklung und die durch die Energienutzung erzeugte Abwärme.
Es ist klar, dass Städte Hitzewellen verschärfen. Die menschlichen Symptome, die UCAR als Folge von UHI beschreibt, sind die gleichen, die Mitchell und NBC News dem Klimawandel zuschreiben wollen. Laut ZeeNews India ist Jacobabad für seine „brütende Hitze“ bekannt:
Jacobabad, eine Stadt in der pakistanischen Provinz Sindh, ist für ihre große Hitze bekannt, aber jüngste Forschungen haben ihr eine unwillkommene wissenschaftliche Auszeichnung verliehen. Die Temperatur in der Stadt beträgt etwa 52 Grad Celsius, was für den menschlichen Körper tödlich ist.
Offenbar ist es normal, dass es in Jacobabad heiß ist. Die Daten werden es uns sagen.
Schauen wir uns zunächst die Klimageschichte von Jacobabad an. Hier ist ein Diagramm (Abbildung 1) des NASA Goddard Institute for Space Studies (NASA GISS) mit den langfristigen Temperaturdaten für die Stadt:
Leider fehlen in dem Diagramm viele Daten, und es ist nicht aktuell bis 2022. Fehlende Daten sind ein Problem bei den Klimaaufzeichnungen vieler Länder der Dritten Welt.
Doch selbst mit unvollständigen Daten kann uns die Grafik drei Dinge sagen:
1. Zwischen etwa 1900 und 1990 ist die Temperaturaufzeichnung größtenteils flach und steigt nicht an. Nach 1990 ist ein anhaltender Temperaturanstieg zu verzeichnen.
2. Große Temperaturspitzen traten kurz nach 1940 und in der Nähe von 2012 auf, was beweist, dass natürliche Wetterereignisse die Temperatur in Jacobabad beträchtlich erhöhen können. Dies wiederum zeigt, dass es dort schon früher Hitzewellen gegeben hat.
3. Zwischen 1900 und heute liegt die jährliche Durchschnittstemperatur in Jacobabad irgendwo zwischen 27 und 28 °C.
Es ist klar, dass Jacobabad eine sehr warme Stadt ist, und es ist seit 1990 noch wärmer geworden. Aber was ist in Jacobabad seit 1990 passiert, das mit diesem anhaltenden Temperaturanstieg einhergeht? Die Antwort lautet: Ein dramatischer Bevölkerungszuwachs, wie in Abbildung 2 zu sehen ist:
Das Bevölkerungswachstum in Jacobabad verläuft parallel zum raschen Wachstum des gesamten Landes Pakistan, wie in Abbildung 3 zu sehen ist:
Das Bevölkerungswachstum in Pakistan (und in Jacobabad) hat sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dramatisch beschleunigt und hält auch im 21. Jahrhundert an. Mit dem Bevölkerungswachstum geht die Entwicklung von Wohnraum und Städten einher, und damit auch ein erhöhter Energieverbrauch. Um auf die Ausführungen von UCAR zum Thema UHI zurückzukommen, ist dies von Bedeutung:
„Die Hauptursachen [für UHI] sind Veränderungen der Landoberfläche durch die städtische Entwicklung und die durch die Energienutzung erzeugte Abwärme“.
Die Temperaturdaten von NASA GISS und der Bevölkerungszuwachs in Jacobabad korrelieren in diesem Zeitraum. Es scheint klar zu sein, dass die Dichte von mehr als einer Million Menschen und die damit verbundene Infrastruktur eine dramatische Auswirkung auf die Temperatur in Jacobabad aufgrund der Zunahme des UHI in den letzten 30-40 Jahren hatte, was Mitchell und NBC News einfach ignoriert haben.
Auch die UCAR stellt dies fest:
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in städtischen Gebieten, und bis zum Jahr 2050 wird der Anteil der Stadtbewohner weltweit voraussichtlich 70 % erreichen, so dass das Problem der städtischen Hitzeinseln weiter zunehmen wird.
Und was ist mit der Behauptung, dass der Klimawandel zu Hitzewellen in städtischen Gebieten wie Jacobabad beiträgt? Mitchell zitiert die „Klimaziele des Pariser Abkommens, d. h. die Begrenzung des durchschnittlichen globalen Temperaturanstiegs auf deutlich unter 2 °C“, und da sich das globale Klimasystem seit 1850 bereits um etwa 1 bis 1,5 °C erwärmt hat (je nachdem, wen man fragt), ist es zweifelhaft, dass zusätzliche 0,5 bis 1 °C in von Natur aus heißen Städten wie Jacobabad einen Unterschied machen werden.
Anstatt dem Klimawandel die Schuld zu geben, sollte Mitchell lieber die von der US-Umweltschutzbehörde vorgeschlagenen Strategien zur Kühlung von Städten befolgen:
1) Erhöhung der Baum- und Pflanzendecke, 2) Anlegen von Gründächern, 3) Anlegen von kühlenden – hauptsächlich reflektierenden – Dächern, 4) Verwendung von kühlenden Belägen (entweder reflektierend oder durchlässig) und 5) Anwendung intelligenter Wachstumsmethoden.
Diese Liste ist praktisch und realisierbar, selbst für ein armes Land wie Pakistan.
Das ist der Realitätscheck, den Mitchell und NBC News annehmen müssen: die Städte durch Änderungen an der Infrastruktur kühler zu machen, anstatt zu versuchen, ein unkontrollierbares Klimasystem zu kontrollieren.
Autor: Anthony Watts is a senior fellow for environment and climate at The Heartland Institute. Watts has been in the weather business both in front of, and behind the camera as an on-air television meteorologist since 1978, and currently does daily radio forecasts. He has created weather graphics presentation systems for television, specialized weather instrumentation, as well as co-authored peer-reviewed papers on climate issues. He operates the most viewed website in the world on climate, the award-winning website wattsupwiththat.com.
Link: https://climaterealism.com/2022/06/checking-the-science-focus-reality-check-ignoring-uhi-is-foolish/
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Danke für den guten Artikel, allerdings sei hier eine kritische Anmerkung angebracht. Die University Corporation for Atmospheric Research (UCAR) definiert den UHI wie folgt: „…Eine urbane Wärmeinsel ist ein Großstadtgebiet, das deutlich wärmer ist als seine Umgebung. Dieser Temperaturunterschied ist in der Regel nachts größer als tagsüber, im Winter größer als im Sommer…“
Frage: Wurden überhaupt Messungen durchgeführt? Das Stadtgebiet erwärmt sich aufgrund der Sonneneinstrahlung und diese Wirkung ist in aller Regel in Mitteleuropa im Sommer größer als im Winter, wo der UHI fast nur durch die Heizungen erzeugt wird.
Heutzutage werden die hohen Temperaturen in den Städten von den MainStreamMedien sogar als Klimawandel ausgewiesen.
Die „Städter Deutschen“ fressen es und wählen grün!
Doch setzt Herr Habeck mit seinem Vorhaben der Reaktivierung der Kohlekraftwerke dem Klimawandelgedönst nicht selbst ein Ende? Wo bliebt der Aufschrei aller Grünen bei sviel CO2, das wir dann freisetzen werden, wo wir doch nahezu 10% unseres Bedarfes an Elektrizität per Kernenergie „klimafreundlich“ bereitgestellt bekommen könnten.
Der Begriff „Wärmeinsel“ ist teilweise irreführend und unvollständig – denn das Problem ist keinesfalls nur auf Städte und Siedlungen, Straßen oder Gewerbegebiete beschränkt: Auch Entwässerungen (Meliorationen), die Abholzung von Wäldern oder die Umwandlung naturnaher Laubwälder in Fichten- oder Kiefernmonokulturen sowie die großflächigen Solar- und Windparks tragen enorm zur flächenhaften Erwärmung bei. Besser wäre daher der Begriff „nutzungsänderungsbedingte Erwärmungseffekte“.
Stefan Kämpfe am 22. Juni 2022 um 19:30
In der Literatur ist „land use change“ der englische Begriff für die Nutzungsänderung und es gibt Veröffentlichungen, die sich mit der Auswirkung aufs Klima befassen.
„In der Literatur ist „land use change“ der englische Begriff für die Nutzungsänderung und es gibt Veröffentlichungen, die sich mit der Auswirkung aufs Klima befassen.“
Ach nee, was Sie Schlaumeier, Wichtigtuer und Besser-Wisser-Wessi nicht sagen! Es ging mir aber um die deutschsprachigen Veröffentlichungen, und da ist eben der Begriff der „Wärmeinsel“ irreführend. Und wer etwa glaubt, der DWD messe korrekt und WI-arm, der schaue sich mal die DWD-Station Schmücke im Thüringer Wald an: Direkt neben einem Parkplatz und dem luxuriösen Dienstgebäude für die überbezahlten DWD-Bürokraten sowie keine 25 Meter von der asphaltierten Landstraße entfernt… .
Stefan Kämpfe am 23. Juni 2022 um 19:41
Ich wollte Ihre Aussage untermauern und Interessierten ein Stichwort geben, unter dem sie mehr erfahren können. Die Fachliteratur dazu ist leider oftmals englisch und man findet Informationen nur, wenn man den entsprechenden Fachbegriff verwendet. Es tut mir leid, dass das anscheinend flasch rüber gekommen ist.
(Ihr Wessi-Detektor könnte eine Kalibrierung gebrauchen, ich bin keiner …)
Es ist ja auch jedes große Solarfeld eine gigantische Wärmeinsel! Man lege mal die Hand auf so ein Ding, wenn es gerade voll in der Sonne steht.
Fazit. Sommerliche Hitzewellen mit Sonne sind nicht heiß genug – man muss die Luft mit den Giftpaneelen noch weiter aufheizen!
MfG