Kelvin Kemm

[Hinweis: Alle Hervorhebungen in diesem Beitrag vom Übersetzer mit Ausnahme der Überschriften]

Die ersten beiden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts werden in die Geschichtsbücher eingehen als eine Zeit erstaunlicher weltweiter Verwirrung über die Energieversorgung, insbesondere die Stromversorgung.

All dies ist darauf zurückzuführen, dass die Planung der Stromversorgung zu sehr auf politischer Ebene und nicht von Ingenieuren und Wissenschaftlern vorgenommen wurde. Dies wiederum hing mit einer übermäßigen Angst vor einem angeblich vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung mit fossilen Brennstoffen zusammen, die vor allem von extremen grünen Aktivistengruppen geschürt wurde. Leider wurde viel wissenschaftliche Logik unter den Füßen der Straßendemonstranten zertrampelt, die nach der natürlichen Energie von Mutter Natur riefen: Wind und Sonne.

Das Ergebnis sind steigende Strompreise in vielen Ländern und Stromengpässe, die zu Stromausfällen führen sowie große wirtschaftliche und soziale Verwerfungen nach sich ziehen.

Die europäischen Länder haben sich auch stark in die Angelegenheiten afrikanischer und anderer Länder auf der ganzen Welt eingemischt und darauf bestanden, dass die Entwicklungsländer ihre Energienutzung an die europäische Politik anpassen. Doch als die Strompreise in die Höhe schnellten, forderten die Wähler politische Antworten.

Nüchternes Nachdenken war die Folge, und die Kernenergie gewann rasch an Bedeutung. Die Kernenergie hatte unter einer starken Anti-Atomkraft-Stimmung gelitten, die größtenteils von denselben Gruppen getragen wurde, die für die romantischen Mutter-Natur-Lösungen eintraten.

Diese hatten jedoch eindeutig den großen Nachteil, mit den Zyklen von Mutter Natur verbunden zu sein: Tag- und Nachtzyklen, Windschwankungen, Regen, Schnee und Wolken.

Als in Europa länderübergreifende politische Probleme auftraten, kam eine neue Angst auf: die Energiesicherheit.

Ein europaweites Stromnetz hatte sich so weit entwickelt, dass die Länder elektrisch so miteinander verbunden waren, dass im Grunde kein Land seine eigene Stromversorgung kontrollierte. Jetzt wird den Ländern bewusst, wie gefährlich es ist, keine Kontrolle über ihre eigene Stromversorgung zu haben.

Die Kernenergie hat schnell viel Aufmerksamkeit erregt, nicht nur wegen der Energiesicherheit, sondern auch, weil sie zweifellos umweltfreundlich ist.

Kernkraft ist die Zukunft

Denkende Menschen erkennen allmählich, wie sehr die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten über die Kernenergie getäuscht wird. Die Kernenergie liefert zweifellos die sauberste, sicherste, umweltfreundlichste und zuverlässigste verfügbare Elektrizität. Sie ist auch sehr kostengünstig, wenn die Berechnungen richtig durchgeführt werden. Bei der Durchführung finanzieller Berechnungen müssen wir unbedingt echte Lebenszyklen und echte Stromsysteme betrachten. Leider wurde dies häufig nicht getan, oft absichtlich.

Wesentliche Vorteile der Kernenergie: Sie ist sehr kompakt, benötigt erstaunlich wenig Brennstoff und ihre Leistung ist sehr stabil und zuverlässig.

Im Normalbetrieb gibt die Kernenergie keinerlei Abfälle an die Umwelt ab – auch nicht Kohlendioxid (CO2), das manche Menschen mehr fürchten als die Pest.

In unserer modernen Welt gibt es Platz für große und kleine Kernkraftwerke. „Groß“ bedeutet 2000-MW- bis 6000-MW-Kraftwerke, die sich aus Reaktoren im Bereich von 1000 MW bis 1500 MW zusammensetzen. Im Gegensatz dazu werden „kleine“ Reaktoren von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) als Reaktoren im Bereich von 100 MW bis 300 MW definiert.

Große Kernkraftwerke müssen sorgfältig platziert werden, um an ein nationales Stromnetz angeschlossen werden zu können. Außerdem müssen sie zur Kühlung in der Nähe eines großen Gewässers, z. B. des Ozeans oder eines großen Sees, stehen.

Im Gegensatz dazu kann ein kleiner Reaktor an ein einzelnes Unternehmen oder ein Industriegebiet angeschlossen werden und muss überhaupt nicht an ein großes Netz angeschlossen werden. Ein kleiner Reaktor kann sich sogar im Privatbesitz eines Unternehmens oder einer Industriegruppe befinden.

Entwicklung von SMRs in Südafrika

Aufgrund von Überlegungen zur Entwicklung einer größeren Stromerzeugung begann Südafrika vor über 25 Jahren als erstes Land der Welt mit der Entwicklung eines kommerziellen kleinen modularen Reaktors (SMR).

Südafrika entschied sich für die Entwicklung eines fortschrittlichen gasgekühlten Reaktors der Generation IV. Ein wichtiger Grund für diese Entscheidung ist, dass Südafrika nicht über viel Binnengewässer verfügt und der Reaktor für die Versorgung der Bergbauindustrie und der Industriezentren konzipiert wurde, die sich häufig in sehr trockenen Gebieten befinden.

Was ist ein SMR? „Klein“ bedeutet weniger als 300 MW, und „modular“ impliziert ein gewisses Maß an Massenproduktion, um Kosten und Bauzeit drastisch zu senken. Viele der wichtigsten Unterkonstruktionen können in einer Fabrikumgebung hergestellt werden, in der hochpräzise Fertigungsmaschinen eingesetzt werden können. Die fertigen Baugruppen können dann an jeden beliebigen Standort transportiert und müssen dort lediglich montiert werden.

Ein weiteres wichtiges Konstruktionsmerkmal eines SMR-Kraftwerks ist die Möglichkeit, einen Kontrollraum zu entwerfen, an den z. B. 10 Reaktoren angeschlossen werden können. Der Eigentümer kann aber auch mit nur einem Reaktor beginnen und dann im Laufe der Zeit weitere Reaktoren hinzufügen, wenn der Bedarf steigt. Die neuen Reaktoren werden dann einfach an den bestehenden Kontrollraum angeschlossen. Dies ermöglicht eine große Flexibilität sowohl bei der Energieplanung als auch bei der Finanzierung.

Südafrika begann mit der Entwicklung eines gasgekühlten Heliumreaktors mit festem Brennstoff in Form von Brennstoffkugeln in der Größe von Cricket- oder Lacrosse-Bällen, die winzige Uran-Körner enthalten. Diese Brennstoffstruktur erfordert eine komplexe Herstellung. Es wurde eine kleine Anlage zur Herstellung von Brennstoff gebaut. Der Brennstoff wurde international ausgiebig getestet und entspricht den höchsten Anforderungen.

Ein Brennstoffteam entwickelt derzeit eine andere Konfiguration von SMR-Brennstoff für ein US-Unternehmen.

Diese Art von Brennstoff ist als TRISO (TRi-structural ISOtropic particle) oder umgangssprachlich als „Pebble Fuel“ bekannt [pebbles = Murmeln].

SMR-Typen

Weltweit wird jedoch auch eine Reihe anderer Typen von SMR entwickelt.
Die grundlegenden Konstruktionsfragen lauten: Wie gelangt das Uran in den Reaktor, und wie wird die nukleare Wärme abgeleitet? Weltweit wird eine Reihe von ausgeklügelten Optionen untersucht.
Ein Konzept, das vor vielen Jahren entwickelt wurde und jetzt wieder an Bedeutung gewinnt, ist der Schmelzsalzreaktor. Bei diesem Reaktor wird das Uran chemisch in einem Salz gebunden. Es gibt keine festen Brennstofftabletten.

Wenn das Salz erhitzt wird, schmilzt es und kann dann wie Wasser fließen. Dieses flüssige Salz wird dann durch den Reaktor geleitet, so dass das Uran in die Zone fließt, in der die Kernreaktion stattfindet. Dort wird die Kernwärme erzeugt.

Bestimmte andere Konzepte, die als SMR bezeichnet werden, sind eigentlich nur verkleinerte Versionen der Druckwassertechnologie der Generation III, bei denen herkömmliche Metallbrennelemente bei jedem Brennelementwechsel geladen werden. Diese Reaktoren müssen in der Nähe von großen Gewässern aufgestellt werden.

Wie wird die Wärme abgeleitet?

Nachdem das angereicherte Uran dorthin gebracht worden war, wo die Kernreaktion stattfindet, wird Wärme erzeugt. Diese Wärme transportiert die Energie, die an Turbinen weitergeleitet werden muss, um Strom erzeugende Generatoren anzutreiben. Die Wärme muss also aus dem Reaktor abgeführt werden.

Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die alle ihre eigenen Vorteile haben. Bei einem Reaktor vom Typ Pebble strömt Heliumgas durch den Reaktor, um die Wärme abzuführen. Andere Reaktorkonzepte verwenden das seit langem bewährte Kühlmittel Wasser.

Ein interessanter Ansatz, der schon vor Jahrzehnten entwickelt wurde, verwendet geschmolzenes Salz als Wärmeabfuhrmittel. In den Anfängen litt dieser Ansatz stark unter Korrosionsproblemen, aber moderne Materialien und Technologien haben zu einer erheblichen Verbesserung dieser Technologie beigetragen.

Andere Methoden zur Wärmeabfuhr verwenden ein geschmolzenes Metall wie Natrium oder Blei. Metall ist natürlich ein hervorragender Wärmeleiter. Eine frühe Anwendung für die Wärmeabfuhr mit geschmolzenem Metall war daher der Einsatz in Atom-U-Booten, wo der Platz knapp ist und sehr kompakte Reaktoren benötigt werden. Geschmolzenes Metall hat große Vorteile bei der Wärmeleitung, aber Natrium und Wasser sind ein explosives Gemisch.

Über 50 Varianten des SMR-Konzepts werden derzeit in verschiedenen Ländern geprüft. Zweifellos werden im Laufe der Zeit mehrere dieser Varianten spezielle Anwendungen finden. Natürlich ist es für jeden potenziellen SMR-Eigentümer oder -Betreiber sehr wichtig, genau zu entscheiden, welche Aufgabe ein SMR erfüllen soll und wo er platziert werden soll. Diese Überlegungen sind besonders wichtig, wenn es um die Wahl des Reaktors geht.

Wie bereits erwähnt, wurde der Flüssig-Natrium-Reaktor für die beengten Platzverhältnisse in Atom-U-Booten entwickelt. Bei einem konventionellen Kühlmittel wie Wasser oder Gas ist es besonders wichtig, die Umgebungsbedingungen zu berücksichtigen.

Anpassung eines SMR an die nationalen Gegebenheiten

Im Falle Südafrikas sind sich die Menschen – vor allem die Europäer – häufig nicht bewusst, wie groß das Land ist. Südafrika ist so groß wie ganz Westeuropa zusammengenommen. Es gibt eine Reihe von Bergbau- und Industriegebieten, die 600 bis 800 km vom Meer entfernt sind, und es gibt keine größeren Seen. Daher war es sehr wichtig, einen gasgekühlten SMR zu entwickeln, der nicht auf Wasser angewiesen ist.

Große Teile Afrikas befinden sich in einer ähnlichen Lage.

Ursprünglich hatte Südafrika den Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) entwickelt, der so weit fortgeschritten war, dass der Druckbehälter hergestellt und geliefert werden konnte, bevor einige internationale und nationale Ereignisse dazu führten, dass das Projekt langfristig auf Eis gelegt wurde.

Ein Ergebnis war, dass sich eine private Gruppe ehemaliger PBMR-Technologieexperten zusammentat und mit privatem Geld die Entwicklung eines vereinfachten PBMR, des HTMR-100, begann. Das HTMR-100 ist nun baureif. Er wurde für die typischen afrikanischen Bedingungen mit wenig Wasser und großen Landflächen konzipiert, ist aber auch für andere Bedingungen geeignet.
Internationale Investoren zeigen Interesse, und jetzt braucht es Geldgeber, die in die Zukunft blicken können.

Interessant ist, dass etwa ein Dutzend afrikanischer Länder der IAEO bereits offiziell mitgeteilt haben, dass sie eine nukleare Zukunft anstreben. Eine Reihe afrikanischer Länder hat bereits nationale Nukleargremien eingerichtet.

Sicherheit

Es ist immer wieder so, dass im Zusammenhang mit der Kernenergie das Thema Sicherheit angesprochen wird – obwohl die Kernenergie sehr sicher ist. Während des berühmt-berüchtigten Fukushima-Unfalls in Japan ist kein einziger Mensch durch radioaktive Strahlung gestorben oder verletzt worden. Diese Tatsache wurde der Öffentlichkeit jedoch vorenthalten.

Was den HTMR-100 betrifft, so ist er „sicher zu Fuß“. Der Reaktor wurde entschärft, wobei die „passive Sicherheit“ in die Konstruktion eingebaut wurde. Das bedeutet, dass sich der Reaktor, wenn etwas schief geht, nach den natürlichen Gesetzen der Physik von selbst abschalten wird.

Ein HTMR-100 kann nicht schmelzen. Wenn das schlimmstmögliche Ereignis eintritt, schaltet sich der Reaktor einfach ab. Wenn die Kühlung ausfällt, wird sich der Reaktor 24 Stunden lang etwas aufheizen und dann in den nächsten 4 bis 5 Tagen ohne Zwischenfälle abkühlen. Das ist „walk away safe“.

Das Schreckgespenst Abfall

Die Gegner der Kernenergie führen auch gerne das Abfallproblem an. Genauso wie Schlaftabletten oder Benzin einen umbringen können, wenn man etwas Dummes damit anstellt, kann dies auch bei hochradioaktiven Abfällen der Fall sein. Alle drei sind jedoch sicher, wenn sie richtig behandelt werden.

Nuklearexperten gehen bei allen nuklearen Prozessen mit äußerster Sorgfalt und unter Anwendung strenger Verfahren vor. Der HTMR-100-Komplex ist so konzipiert, dass die abgebrannten Brennelemente und die hochaktiven Abfälle für 40 Jahre sicher in unterirdischen Bunkern auf dem Gelände gelagert werden können.

Die Regierungen der einzelnen Länder müssen über ihre Entsorgungspolitik entscheiden.
Die Kernenergie ist die Zukunft der Menschheit. Die weltweite Stromversorgungsunsicherheit seit 2020 hat den Weg in die Zukunft sehr deutlich aufgezeigt.

Autor: Dr. Kelvin Kemm is a nuclear physicist and CEO of Nuclear Africa (Pty) Ltd, a project management company based in Pretoria, South Africa. He is the recipient of the prestigious Lifetime Achievers Award of the National Science and Technology Forum of South Africa. He does international consultancy work in strategic development.

Link: https://www.cfact.org/2022/05/12/small-modular-reactors-advance-in-the-nuclear-world/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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