von Holger Douglas

Seit Mittwoch Nachmittag fliesst Strom zwischen der Ukraine und der EU. Die Ukraine ist an das westeuropäische Stromnetz angeschlossen. Sie und die Republik Moldau beziehen jetzt ihren Strom aus Europa. Bis vor kurzem waren beide Länder an das russische Stromnetz angebunden.

Wenige Tage nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hatten sich die zuständigen Energieminister der 27 EU-Länder darauf geeinigt, die Ukraine und Moldau an das westeuropäische Stromnetz anzuschließen. Die EU stellt den Anschluss als Teil der Solidarität der EU mit der Ukraine dar. Kommissionspräsidentin von der Leyen twittert rührselige Worte, sie begrüße den Schritt, um »Lichter anzulassen und Häuser warmzuhalten in diesen dunklen Zeiten«. Der ukrainische Präsident Selenskij lobt die EU für den Anschluss.

Eine solche Verbindung war bereits vor dem russischen Einmarsch geplant. Eine engere Anbindung der Ukraine an Europa sollte auch über das Stromnetz geschaffen werden.

Bisher war die Ukraine mit Russland und Weissrussland in einem stabilen Stromverbund vernetzt. Doch die Versuche, die Ukraine aus diesem Stromverbund herauszulösen, währen schon lange. Bereits 2005 unterzeichneten EU und Ukraine eine Absichtserklärung, die Netze zu verbinden. 2011 trat das Land der europäischen Energiegemeinschaft bei. Damit ist es auch verpflichtet, die wesentlichen Teile des EU-Rechts zu übertragen.

https://www.swp-berlin.org/publikation/die-anbindung-der-ukraine-an-europas-stromsystem

Dies bedeutet: die Bindung der Ukraine an jene grüne Ideologie Brüssels. Die grünen Energiewender und großen Transformateure träumen von einem Europa als erstem »klimaneutralen« Kontinent. Dazu gehört auch ein großeuropäischer Stromverbund – unter sozialistisch-grünen Vorzeichen allerdings, ohne Kohle- und Kernkraftwerke, bei dem Strom zur Mangelware und teuer wird.

Dazu gehören auch der Zugang der Windindustrie auf den ukrainischen Markt sowie die Anbindung an jenes zerstörerische CO2-Abzocksystem. Die Ukraine soll jenen Green Deal-Schwindel mitmachen; auch dort sollen die Stromverbraucher jene CO2-Steuern mitbezahlen – zu entrichten direkt in die Kassen Brüssels, das damit wieder NGOs und anderen grünen Unsinn weiter finanziert.

Kein Wunder, dass die korrupten ukrainischen Oligarchen und Politiker begeistert auf Anschluss an die EU drängen. Ein solches Betrugssystem konnten nicht mal sie durchsetzen, sie dürften ganz neidisch auf die EU schauen. Sie werden beim Bau der sogenannten »Erneuerbaren« mit kassieren, bei jedem Windrad, bei jeder Photovoltaikanlage, bei jeder »Biogas«-Anlage.

Kadri Simson bekleidet derzeit das Amt der EU-Energiekommissarin und freut sich schon ungemein, wenn die Zeit kommt, um die gemeinsame Kooperation für die »grüne« Transformation und für Marktreformen zu vertiefen. Gute Zeiten für Windstrom-Imperialismus.

Es soll die Ukraine für Windräder und andere Segnungen geöffnet werden. Denn die Zeiten sind auch für Windradhersteller und den ökoindustriellen Komplex mau. Dem geht es hierzulande schlecht; die Materialkosten sind hoch, die Aufträge bescheiden. Das verwegene Projekt, noch mehr Windräder in Gegenden ohne Wind hinzustellen, kommt nur mühsam voran. Noch immer wollen zu wenige Einwohner deren Nutzen einsehen. Da kämen Aufträge für Windräder in der Ukraine gerade recht. Wind weht allerdings in dem Binnenland genausowenig wie in Bayern oder Baden-Württemberg. Doch das Land ist groß, das Land ist weit, ein paar dieser Dinger stören nicht weiter, wenn der deutsche Steuerbürger die bezahlt.

Jetzt erst einmal haben die Ingenieure die »Schwarze Peter«-Karte gezogen und müssen zusehen, dass die Netze nicht zusammenbrechen. Der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (Entso-E) beobachtet jetzt genau die Stromsituation an der Grenze. Ein Stromausfall in der Ukraine etwa aufgrund der Zerstörung von Überlandleitungen oder Beschuss eines Kraftwerkes kann sich desaströs auf die Systemstabilität der europäischen Netze auswirken.

Noch in Erinnerung ist der 8. Januar vergangenen Jahres, als es zu einem fast Blackout in ganz Europa kam. In Rumänien sank plötzlich die Netzfrequenz ab, es war nicht mehr genügend Strom vorhanden. Die Netze wurden schlagartig getrennt. Im nordwesteuropäischen Teil kam es innerhalb von Bruchteilen von Sekunden zu einem dramatischen Leistungseinbruch, zu Folgestörungen auf dem Wiener Flughafen sowie in Krankenhäusern, in denen Notstromaggregate ansprangen. Gleichzeitig stieg in Südosteuropa der Leistungsüberschuss rapide an. Gigantische Energien »schwappen« kaskadenartig quer durch die europäischen Leitungen, unvorhersehbar, unberechenbar, fast mit Lichtgeschwindigkeit. Bei rund 10 Millionen Stromverbrauchern wurde es dunkel.

Aus Sicht eines stabilen europäischen Netzes wäre unter normalen Bedingungen ein solcher Verbund zwar ein Gewinn für die Stabilität der Netze. Die Ukraine kann bisher das, das Deutschland nicht mehr kann, sich selbst mit Strom versorgen. Das Land hat ausreichende Kraftwerkskapazitäten aufgebaut, 115 Prozent über dem eigenen Bedarf. 23 Prozent des Stroms liefern Kernkraftwerke, den Rest generieren Kohlekraftwerke. Kohlevorkommen gibt es reichlich in Luhansk und dem Donezk Becken. Dort liegen noch weitere riesige Kohlevorkommen.

Fraglich allerdings, wie weit die Kohlelieferungen nach dem Krieg weiterhin funktionieren werden, sollten diese Bezirke von der Ukraine abgetrennt werden. Dort steht das größte europäische Atomkraftwerk, das allerdings von russischen Truppen besetzt ist, die es nach Belieben ein- oder ausschalten können. Und sie sind damit »drin« in den europäischen Netzen, können mit ihren Cyberfähigkeiten munter herumspielen.

Und auf EU-Seite werden die »Zertifizierer« werden schon ganz unruhig und wollen wie Pleitegeier nach dem Krieg in der Ukraine »grüne« Energien zertifizieren, also genehmigen. Immerhin dürften dazu auch Atomkraftwerke gehören. Die gelten ja trotz deutschen Widerspruchs »grün«.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

 

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