von Fritz Vahrenholt

Die Koalitionsvereinbarung und das 2% -Ziel für die Windenergie

Die Koalitionsvereinbarung will nach dem Kernenergieausstieg Ende 2023 den Kohleausstieg bis 2030 vorziehen: „Idealerweise gelingt das schon bis 2030“.  Hierzu sollen die Erneuerbaren Energien 80 % der Stromerzeugung übernehmen, die von heute 600 TWh (Terawattstunden) auf 680-750 TWh ansteigen (S.56) soll. Während für die Solarenergie (Vervierfachung der heutigen Kapazität auf 200 GW) und für die off-shore Windenergie (ebenfalls Vervierfachung auf 30 GW) konkrete Erzeugungsziele benannt werden, spricht die Vereinbarung bei der on-shore Windenergie lediglich von einem Ziel einer Flächeninanspruchnahme von 2 % der Landesfläche. Würde man über einen Zubau von 30 000 Anlagen sprechen – und davon ist bei einer Verdoppelung der Fläche von heute 0,9 % der Landesfläche auszugehen, käme das auf dem Lande eher nicht so gut an.

Atlas der mittleren Windgeschwindigkeit in Höhen 120 m über Grund. Quelle TE (hier)

Aber ist die Fläche von 2 % denn überhaupt zutreffend bestimmt ? Das ist sie genausowenig  wie die Flächenangabe von 0,9 Prozent für den heutigen Bestand. Denn die Flächenangaben beziehen sich jeweils auf die eng begrenzte, die Anlagen umfassende B-Plan-Fläche. Die notwendigen Abstände zu Wohnbebauungen sind in dieser Flächenangabe nicht enthalten. Die 0,9 % entsprechen heute rechnerisch 3100 km² (Quelle Umweltbundesamt sowie Kompetenzzentrum Naturschutz und   Energiewende).

„1.325 Quadratkilometer und damit zirka 42 Prozent der betrachteten Flächen sind – bei Berücksichtigung der Bestandsanlagen zum Stichtag 31.12.2017 – für die Errichtung von Windenergieanlagen frei.“ Das bedeutet : Auf 1800 km² standen 2017 28500 Anlagen ( heute sind es 30 000 Anlagen). Das  ist, wie gesagt,  die Fläche der B-Pläne. Diese Fläche umfasst nicht den notwendigen Abstand zu Wohnhäusern, der aber planerisch mit abgedeckt sein muss. Teilt man die Anzahl der  Anlagen (28500 ) durch die Fläche (1800 km²), so  stehen 16 Anlagen auf 1 km², d.h. Im Durchschnitt 62 500 m² pro Anlage oder 250 m mal 250 m. Das zeigt, das der notwendige Abstand zu Wohngebäuden in dieser Fläche nicht enthalten sein kann.

Rechnet man vereinfachend mit einer Durchschnittsgrösse von 5 Anlagen pro Windpark, so würde der Windpark ohne Abstandsflächen durchschnittlich ( bei einem Abstand von 300 m der Anlagen zueinander) etwa 176 000 m² (420 m x 420 m Fläche mit 4 Windkraftanlagen an den Kanten und 1 in der Mitte) umfassen. Mit Abstandsflächen von 600 m ( was immissionschutzrechtlich schon bedenklich ist) zur nächsten Wohnbauung benötigt der Park eine Fläche von 1020 m x 1020 m = 1,04 km². Das ist die sechsfache Fläche der B-Plan Fläche, die sich lediglich um die Anlagenkonfiguration schmiegt.
Selbst wenn man berücksichtigt, dass heute 5 % der Anlagen im Wald stehen ( in dem es keine Abstandsrestriktionen gibt) und zukünftig vielleicht 20 % im Wald gebaut werden, würde der Flächenbedarf sich lediglich auf das Fünffache der B-Plan Fläche reduzieren.

Das heisst : Wer 2 % Landesfläche mit B-Plänen für Windkraftanlagen verlangt, benötigt in Wirklichkeit 10 % der Landesfläche. Nun wird man einräumen, dass die Anlagengröße und -höhe deutlich steigen wird, so dass wir  mit weniger als 30 000 Anlagen zu rechnen haben. Das ist richtig. Aber der Flächenverbrauch bleibt in der gleichen Größenordnung, denn grössere Anlagen benötigen einen größeren Abstand untereinander ( 5 mal Rotordurchmesser, bei 120 m sind das 600m Abstand). Und sie benötigen mindestens einen Abstand von etwa 1000 m zur Wohnbebauung. Der Ertrag steigt, aber ebenso der Flächenverbrauch. Dass eine Vervielfachung der Windenergie keine gesicherte Leistung ergibt, braucht hier nicht noch einmal erwähnt zu werden. Auch der windstarke November hat gezeigt, dass die Windenergieerzeugung häufig genug nahe Null bis 5000 MW, und somit unter 10 % der möglichen Leistung von 60 000 MW lag. Und 3 mal Null ist Null.  (Quelle der Grafik : Rolf Schuster).

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