Enorme Temperaturkontraste seit Anfang Februar – warum?

Während seit dem Beginn der massiven, (vielleicht) solar bedingten Zirkulationsstörungen im Februar 2018 zunächst warme, südliche Großwetterlagen überwogen, zeigt sich seit dem Jahr 2021 ein ganz anders Bild: Zwar gab es noch einzelne, sehr warme Süd- und Südwestlagen, doch gewannen mehr und mehr kalte, nördliche Lagen und solche mit niedrigem Geopotential über Deutschland die Oberhand. Dabei verlief besonders die Februar-Witterung so extrem gegensätzlich, wie das noch niemals seit Aufzeichnungsbeginn 1881 beobachtet wurde, doch auch in den Folge-Monaten wechselten längere, teils sehr kühle Phasen mit kurzen, sehr warmen:

Abbildung 1: Täglicher Verlauf der Maximum-Temperaturen an der DWD-Station Erfurt/Weimar zwischen Ende Januar und Mitte Mai 2021. Immer wieder ereigneten sich rapide Abkühlungs- und Erwärmungsphasen; auch im „Wonnemonat“ stürzte die Maximum-Temperatur von hochsommerlichen fast 27 Grad auf kalte 12 Grad innerhalb von nur drei Tagen ab.

Diese jähen Temperatursprünge resultieren aus meridionalen Wetterlagen mit sich rasch abwechselnden Kalt- und Warmluftvorstößen. So brachte der Februar erst bergeweise Schnee und Nachtfröste weit unter minus 20°C, aber keine 14 Tage später mildestes Frühlingswetter mit um die 20 Grad und viel Sonnenschein, der aber oft durch Sahara-Staub getrübt wurde:

Abbildungen 2a und 2b: Enorme Schneemassen am 8. Februar 2021 im normalerweise sehr schneearmen Weimar. Das öffentliche Leben und der Verkehr brachen teilweise zusammen; viele Besitzer suchten verzweifelt ihr Auto (2a, oben). Nur 2 Wochen später war aller Schnee verschwunden; tagsüber herrschte T-Shirt-Wetter; die Sonnenuntergänge sahen in der Luftmasse cS wie in der Sahara aus.

Nachdem es Ende März erneut ein paar schon fast sommerliche Tage gab, überraschte der April mit anhaltender Kälte; in Erfurt/Weimar wurden 15 Frostnächte registriert. Näheres zur April-Kälte 2021 und deren Ursachen hier und hier. Auch im Mai setzten sich diese Kapriolen – wenngleich in etwas abgeschwächter Form, weiter fort. Es würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen, die Ursachen dieser ungewöhnlichen Wetterlagen zu erörtern. Drei mögliche seien aber zumindest erwähnt: Die nachlassende Sonnenaktivität, die wohl bald endende AMO-Warmphase (im April lag der AMO-Index deutlich unter den Werten des Vorjahres; für den Mai ist Ähnliches zu erwarten), und der eventuelle Beginn einer Abkühlungsphase. Ähnlich wie am Übergang zur „Kleinen Eiszeit“ ab etwa 1300, könnten starke Schwankungen ein Hinweis dafür sein. Es gibt zeitweise (noch) das sehr warme Wetter des Klimaoptimums, zunehmend aber schon kältere Phasen. Für endgültige, seriöse Rückschlüsse ist es aber noch viel zu früh.

Häufig höhenkalte Luft im Januar 2021 – ein erster Hinweis auf eine kühlere Jahreswitterung?

In diesem Januar bestand oft ein großes Temperaturgefälle zwischen dem fast normal temperierten Flachland und den deutlich zu kalten Bergen. Schon kleinere Erhebungen präsentierten sich oft mit einer Schneehaube, während in tieferen Lagen der Schnee rasch wieder schmolz:

Abbildung 3: Starke Temperaturabnahme in der Luftmasse mP mit der Höhe: Nicht nur am 23. Januar 2021 war diese in der hügeligen Landschaft deutlich sichtbar. Der Gipfel des schneebedeckten Hügels (Großer Ettersberg bei Weimar) liegt nur etwa 200 Meter höher, als der Standort des Beobachters an einem Getreidefeld. Geschneit hatte es überall etwa gleich viel, aber nur oberhalb von 300 Metern blieb der Schnee auch liegen. Foto: Stefan Kämpfe

Die Höhenlage von etwa 5395 Metern der 500-hPa-Fläche über der Mitte Deutschlands war wegen der höhenkalten Luft in diesem Januar deutlich niedriger, als im Langjährigen Mittel (1948 bis 2020 am Gitterpunkt 50°N, 10°E 5481 Meter). Letztmalig war das so ähnlich im Januar 2004 zu beobachten; auch damals folgte ein eher verhaltener Jahresrest.

Abbildung 4: Tendenziell positiver Zusammenhang (Korrelation) zwischen der Höhenlage der 500-hPa-Fläche im Januar am Gitterpunkt 50°N, 10°E und dem Deutschland-Flächenmittel der Lufttemperatur im Jahresrest (Feb.-Dez.). Der Korrelationskoeffizient r ist nicht berauschend hoch, überschreitet aber das Signifikanzniveau. Die Streuung ist aber hoch, so dass allein mit diesem Zusammenhang noch kein kühler Jahresrest sicher prognostiziert werden kann! Einige charakteristische Jahre sind markiert, und für den Zeitraum bis zum Mai 2021 traf die Regel schon mal wieder zu.

Wie’s im April und Maien war, wird es auch so im restlichen Jahr?

Auch hier zeigt sich ein tendenzielles, freilich niemals generelles Zutreffen der Regel:

Abbildung 5: Positive Korrelation zwischen dem Deutschland-Temperatur-Flächenmittel im April und Mai (waagerechte Achse) und dem der folgenden sechs Monate (Sommer und Herbst, senkrechte Achse) im Zeitraum 1881 bis 2020. Die beiden Mittelwerte 1881 bis 2020 der Zeiträume (senkrechte für April und Mai, waagerechte für Sommer und Herbst) teilen das Diagramm in 4 Quadranten. Nur für alle Punkte, welche im linken, unteren und im rechten, oberen Quadranten liegen, trifft die Regel zu. Auch hier gilt also: Sichere Langfrist-Prognosen sind anhand dieser statistischen Zusammenhänge zwar nicht möglich, aber grobe Abschätzungen der weiteren Witterungstendenz schon.

Das experimentelle Langfrist-Vorhersagemodell CFSv2 des amerikanischen Wetterdienstes NOAA hatte uns lange einen eher warmen Sommer prophezeit; mittlerweile schwenkte es für die Monate Juni bis einschließlich Oktober auf „normal“ um:

Abbildung 6: Vorhersagen des CFSv2-Modells (Eingabezeitraum 6. bis 15. Mai) für die Monate Juli bis November 2021. Es dominiert die Farbe „Weiß“ für normale Temperaturen; erst der November soll wieder zu warm werden. Die Unsicherheit dieser Prognosen ist jedoch sehr hoch. Bildquelle: NOAA

Bliebe noch anzumerken, dass die Hochsommer-Witterung erst einigermaßen anhand des Witterungsverhaltens im „Siebenschläfer-Zeitraum“ (Ende Juni/Anfang Juli) abgeschätzt werden kann. Und freilich kann es auch bei verhalten temperierter Gesamtwitterung Hitzewellen oder einzelne, zu warme Monate geben; viel wird davon abhängen, ob die Zirkulationsstörungen weiter andauern; ohnehin tendiert die zweite Jahreshälfte eher zu warmen Süd- und Südwestlagen, als die erste.

Verspätungen 2021 in der Natur – Menetekel der Abkühlung?

In den vergangenen 20 Jahren kehrten die Mauersegler nicht selten schon um den 1. Mai nach Weimar zurück; letztmalig 2018 gar schon am 29.April. Doch in den letzten 3 Jahren verspäteten sie sich; in diesem Jahr wurden sie erst am 9. Mai gesichtet. Auch der in den letzten Jahrzehnten beobachtete, meist aber nicht sehr deutliche Verfrühungstrend in der Pflanzenwelt scheint gestoppt: Die den Frühsommerbeginn markierende Holunderblüte wird in diesem Jahr für Weimar erst so um oder gar nach dem 25. Mai erwartet:

Abbildung 7: Kein Verfrühungstrend mehr beim Einzug des Frühsommers in Weimar. Für 2021 wurde der Beginn optimistisch auf den 25.Mai geschätzt.

Dabei wird in den Mainstream-Medien doch stets von der angeblich immer schnelleren, immer schlimmeren Klimaerwärmung berichtet – ein Blick auf das Verhalten der Frühlingsmonate in dem etwa 1988 begonnenen „Klimaoptimum“ zeigt jedoch ein differenzierteres Bild:

Abbildung 8: Keine eindeutigen, signifikanten Trends beim DWD-Flächenmittel der Frühlingsmonate trotz stark steigender CO2-Konzentrationen. Während der April noch eine leichte Erwärmung, bedingt durch die stark zunehmende Besonnung, zeigt, stagnieren die Märzwerte; der Mai kühlte gar minimal ab. Das Mai-Mittel für 2021 wurde optimistisch auf 12°C geschätzt; es könnte auch etwas kühler ausfallen.

Ist der Mai kühl und nass – füllt’s dem Bauern Scheun‘ und Fass

In den meisten Teilen Deutschlands ließ die bislang recht feuchte Mai-Witterung die Getreidebestände üppig sprießen – sie sehen besser als in den Vorjahren um diese Zeit aus. Sollte es bis Ende Juni häufiger regnen, steht eine sehr gute, vielleicht gar rekordverdächtige Ernte ins Haus – dabei sollte es doch durch den „Klimawandel“ angeblich immer schlechtere Ernten geben. Nur bei Spargel- und Obstbauern herrscht – freilich bei weitem nicht überall – eher Katerstimmung: Spätfröste und anhaltende Kühle schmälern ihre Ertragsaussichten.

 

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