Es steht ausser Frage, dass die Folgen der staatlich verfügten Einschränkungen massiver, tiefgreifender und gefährlicher sind als die Bedrohung durch das Coronavirus. Für mich ist das der entscheidende Punkt. Das ist politisch höchst inkorrekt, und viele Corona-Apokalyptiker dürften meine Ansicht als Desinformation bezeichnen.
In meinem Buch «Quarantäne», das im April 2020 erschien, schrieb ich, dass mir die Leute, die unter Verweis auf die Pandemie Freiheit und Demokratie einschränken wollen, mehr Angst machen als das Virus selbst. Ich habe gewarnt, «dass die Auswirkungen der politisch verordneten Therapie schlimmer sein werden als die Auswirkungen der Krankheit». Ich gab auch meiner Befürchtung Ausdruck, dass die «Pandemie Tür und Tor öffnen wird für immer mehr staatliche Eingriffe in unser Leben».
Heute, zwölf Monate nach dem Auftreten der ersten Fälle von Covid-19 in Europa und zehn Monate nach dem Erscheinen meines Büchleins, haben wir mehr Daten, mehr Hypothesen und Theorien und auch mehr Erfahrungen, aber ich wüsste nicht, warum ich an meinem damaligen Kommentar etwas ändern sollte.
Absolut unmoralisch
Wir erfahren eine brutale Unterdrückung der Demokratie, wie wir es seit dem Untergang des Kommunismus in Europa nicht mehr erlebt haben. Die angeordneten Einschränkungen, Quarantänebestimmungen und Lockdowns haben das Coronavirus nicht besiegen können, aber die Kollateralschäden gefährden die Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft in dramatischer Weise.
Ich unterschätze keineswegs den hohen Blutzoll der Pandemie in unseren Ländern und will ihn auch nicht kleinreden, aber ich bin nicht bereit, das eigentümliche und befremdliche Schweigen über die Kehrseite zu akzeptieren – die gravierenden Kosten, die sich in der Verschlechterung unser aller Leben offenbaren, die enormen wirtschaftlichen Kosten, die Auswirkungen auf die staatlichen Finanzen, auf den Bildungssektor, auf unser aller seelische Gesundheit, ganz zu schweigen von der sich verschlechternden Verfassung unserer politischen, sozialen und ökonomischen Systeme.
Ich gehöre nicht zu denen, die die Kosten eines Menschenlebens technokratisch messen und beziffern, aber ich widerspreche ganz entschieden all jenen, die nicht sehen wollen und nicht akzeptieren, dass es zwischen divergierenden Zielen der menschlichen Gesellschaft einen schwierigen Konflikt gibt. Es ist kein Zeichen einer moralischen Haltung, wenn man sagt, dass es solche Konflikte nicht gibt. Diese Konflikte zu leugnen, ist absolut unmoralisch. Sie zu verschweigen, ist viel schlimmer, als sie explizit zu thematisieren, und daher sollten auch wir offen darüber sprechen.
Ich möchte betonen, dass ich, was den Ursprung der Corona-Pandemie angeht, kein Anhänger von Verschwörungstheorien bin, obwohl ich verstehe, wie sie aufkommen konnten – die Art und Weise, wie die Pandemie von staatlicher Seite kommuniziert wurde, war offensichtlich nicht überzeugend. Aber Verschwörungstheorien leugnen das komplexe Verhältnis zwischen sozialen Phänomenen, die von den Sozialwissenschaften seit Jahrhunderten erforscht werden.
Pseudofortschrittliche Konstrukte
Ich sehe die Covid-Pandemie und die damit einhergehenden politischen, ökonomischen und sozialen Kosten als Zusammenspiel von zerstörerischen Ideen und Ideologien mit starken politischen und unternehmerischen Interessen. Ihre Propagandisten wollen die Freiheit von Menschen und Märkten schwächen, die in modernen Gesellschaften die Lebensqualität garantiert. Dieses Zusammenspiel ist so stark, dass es eine Lawine auslösen könnte, die unsere fragilen Gesellschaften ernsthaft bedroht.
Ihr Erfolg wird ermöglicht durch die Angst der schweigenden Mehrheit und die radikalen Ambitionen der politischen Linken. Die Neue Linke ist das Produkt einer Mutation sozialistischer Ideen. Dieses verbindet neue pseudofortschrittliche Theorien einer aggressiven Umweltbewegung, einer brachialen Genderpolitik, einer unerbittlichen Klimahysterie und eines utopischen Egalitarismus.
Covid-19 bot diesen gefährlichen Progressiven neue Möglichkeiten. In einem kleinen Büchlein, das im Oktober 2020 erschien, stellte ich die Frage: Ist Covid-19 nur eine Krankheit oder eher ein Instrument zur radikalen Transformation der menschlichen Gesellschaft? Ich fürchte, Letzteres trifft zu. Die radikale Transformation der Gesellschaft ist nicht das Ergebnis von Covid-19, sondern des Covidismus.
Wir müssen den Covidismus bekämpfen und anfangen, rational und mutig zu agieren. Quarantäne, Lockdowns und andere untaugliche Einschränkungen zu fordern, sollte nicht als Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein und Mitgefühl gesehen werden. Es ist allzu oft nur billiger Opportunismus, wenn nicht gar Feigheit. Die schweigende Mehrheit sollte ihre Stimme erheben – je früher, desto besser.
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Václav Klaus war Staats-, Minister- und Parlamentspräsident der Tschechischen Republik. Aus dem Englischen von Matthias Fienbork.
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)* Anmerkung der EIKE-Redaktion :
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich : | Die Weltwoche, Nr. 7 (2021)| 17. Februar 2021 ; EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Vaclav Klaus für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages, wie schon bei früheren Beiträgen : http://www.weltwoche.ch/ ; Hervorhebungen und Markierungen v.d. EIKE-Redaktion.
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Zum gleichen Thema ist jüngst in der WELTWOCHE und dann bei EIKE dieser Aufsatz erschienen: „Corona ist das Klima-Trainingslager“ : https://www.eike-klima-energie.eu/2021/02/08/corona-ist-das-klima-trainingslager/
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Den neuen Versuch von Kommunismus nennen wir dieses Mal einfach Kapitalismus, und wenn wir dann wieder einmal alles heruntergewirtschaftet und ausgesaugt haben werden, sind es dieses Mal die Kapitalisten gewesen und nicht die Kommunisten. Und wie die Heuschrecken ziehen wir einfach weiter zum nächsten Wirt. Wir lernen auch dazu, nicht bloß, indem wir Kommunisten uns als Demokraten und Möntschenfreunde verkleiden, sondern jetzt sogar als Kapitalisten!
Der Begriff „links“ ist irreführend.Erweckt er doch den Eindruck ,daß die Güter und die Macht an das Volk übertragen werden soll,dem Kapitalismus der Kampf angesagt werden soll.Das ist absolut false flag.Tatsächlich soll -wie wir aus den Ergüssen von Klaus Schwab wissen – der gesamten Menschheit jegliche Verfügung über Kapital,Produktionsmittel und Entscheidungsfähigkeit entzogen werden und einer anonymen Herrenrasse übertragen werden.Der gemeine Plebs ist besitzlos als Leibeigener glücklich.In 1984 ist das relativ gut beschrieben.Orwell soll diese Ideen ,die offenbar schon viele Jahrzehnte bei der FabianSociety verfolgt wurden ,dort aufgeschnappt haben.
Sehe ich genauso. Das ist „unter falscher Flagge segeln“. Wenn man dem einen namen geben will, dann wohl eher Neofeudalismus oder Neoliberalismus gepaart mit Sozialdarwinismus.
Ich danke der Weltwoche für die Überlassung und EIKE für den „Transport“ dieser wichtigen Darstellung unserer Plagen. Ich kann mich nur wundern, daß so wenige die Gefahr des linken Zeitgeistes durchschauen, den ich in allen Bereichen als menschenfeindlich sehe.
Würde Corona über Nacht wie von Zauberhand verschwinden, käme das Klimagedöns als Rechtfertigung für Lockdown, Reiseverbot, Fleischverbot, etc. pp. Weswegen hat der Club of Rome wohl die Thunberg-Schreihalsbewegung finanziert? Vielleicht ändern sie ja durch ihr Hüpfen den Winkel der Erdachse, so daß sich das Klima stabilisiert. Würde mich nicht wundern, wenn der Klabauterbach uns das morgen in BILD erzählt.