Kaum etwas war davon in den Nachrichten zu hören, denn gute Nachrichten sind nun einmal keine Nachrichten. Aber ich habe das alles genau verfolgt. Seit ich mein Buch The Rational Optimist im Jahre 2010 geschrieben habe, wurden mir fortwährend Fragen gestellt, die anfingen mit ,ja, aber was ist mit…‘: Was ist mit der großen Rezession, der Euro-Krise, Syrien, der Ukraine, Donald Trump? Wie kann ich bloß behaupten, dass es angesichts dieser Probleme immer besser wird? Die Antwort lautet: weil schlimme Dinge auch dann vor sich gehen, wenn es auf der Welt besser wird. Und genau das ist tatsächlich der Fall, und zwar im Verlauf dieses Jahrzehnts so sehr, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr herauskam.
Eine der am wenigsten eleganten, von mir ausgegebenen Prognosen war vor neun Jahren, dass ,sich der ökologische Fußabdruck menschlicher Aktivitäten möglicherweise verkleinern wird‘ und dass wir ,immer nachhaltiger werden bzgl. der Art und Weise, wie wir den Planeten nutzen‘. Damit wollte ich sagen: Unsere Bevölkerung und unsere Wirtschaft würden wachsen, aber wir würden lernen, das zu reduzieren, was wir dem Planeten entnehmen. Und genau das war ja auch der Fall! Ein MIT-Wissenschaftler, nämlich Andrew McAfee dokumentierte dies kürzlich in einem Buch mit dem Titel More from Less, in welchem er belegt, wie einige Nationen immer weniger verbrauchen: weniger Metall, weniger Wasser, weniger Landfläche. Und das nicht nur im Verhältnis zur Produktivität, sondern allgemein weniger.
Das passt so gar nicht zu dem, was die wild gewordene Horde von Extinction Rebellion uns eintrichtert. Das nächste Mal, wenn man Sir David Attenborough sagen hört, dass ,jeder, der glaubt, dass es auf einem Planeten mit endlichen Rohstoffen unendliches Wachstum geben kann, ist entweder verrückt oder ein Ökonom‘, dann frage man ihn: ,Aber wie ist das, wenn ökonomisches Wachstum bedeutet, weniger Material zu verbrauchen und nicht mehr?‘. Beispiel: Eine normale Getränkedose kann heutzutage 13 Gramm Aluminium enthalten, das meiste davon aus Recycling. Im Jahre 1959 enthielt die Dose noch 85 Gramm Aluminium. Der Ersatz des Früheren durch das Jetzige ist ein Beitrag zu ökonomischem Wachstum, aber es reduziert die Ressourcen pro Getränkedose.
Für UK gilt, dass der Höhepunkt unseres Verbrauches von Material wahrscheinlich um die Jahrhundertwende ihr Maximum erreicht hat – ein Fortschritt, der fast unbemerkt geblieben ist. Aber die Beweise dafür liegen vor. Im Jahre 2011 veröffentlichte Chris Goodall, ein Investor in Elektrofahrzeuge Forschungsergebnisse des Inhalts, dass in UK jetzt nicht nur relativ weniger Rohstoffe verbraucht werden, sondern absolut weniger. Seitdem haben ihn die Ereignisse immer wieder bestätigt. Die Menge aller pro Person verbrauchten Ressourcen (heimische Biomasse, Metalle, Mineralien und fossile Treibstoffe plus mehr Import und weniger Export) fiel zwischen den Jahren 2000 und 2017 um ein Drittel, das ist ein deutlicherer Rückgang als die Zunahme der Anzahl von Menschen, so dass insgesamt weniger Ressourcen verbraucht werden.
Wer das noch nicht einsieht, der denke an seinen eigenen Haushalt. Handys vollbringen heute das, wofür während der 1970-er Jahre noch raumgroße Computer erforderlich waren. Ich gebrauche mein Handy anstatt einer Kamera, eines Radios, einer Taschenlampe, eines Kompasses, einer Landkarte, einer Armbanduhr, eines CD-Spielers, einer Zeitung und von Kartenspielen. LED-Lampen verbrauchen nur etwa ein Viertel der Strommenge wie eine herkömmliche Glühlampe in früherer Zeit für die gleiche Helligkeit. Moderne Gebäude enthalten allgemein viel weniger Stahl, und immer mehr davon stammt aus Recycling. Büros arbeiten zwar noch mit Papier, das aber in immer geringerem Umfang.
Selbst in den Fällen, in denen sich der Materialverbrauch nicht verringert, so steigt er doch langsamer als erwartet. Beispiel: Experten in den 1970er Jahren prognostizierten, wie viel Wasser die Welt im Jahre 2000 verbrauchen würde. In Wirklichkeit war die verbrauchte Wassermenge nicht einmal halb so hoch wie prognostiziert. Nicht etwa, weil es weniger Menschen gibt, sondern weil der menschliche Erfindungsgeist viel effizientere Methoden der Bewässerung für die Landwirtschaft entwickelt hat, dem größten Wasserverbraucher.
Bis vor Kurzem hatten die meisten Ökonomen angenommen, dass diese Verbesserungen fast immer vergeblich waren, und zwar wegen so genannter Rebound-Effekte: Falls sich etwas verbilligt, würden die Menschen einfach mehr davon verbrauchen. Man mache Lichter weniger Energie-hungrig, und sie werden länger brennen. Das ist bekannt als das Jevons-Paradox, benannt nach dem Ökonom William Stanley Jevons im 19. Jahrhundert, der diesen Effekt erstmals beschrieben hatte. Aber Andrew McAfee macht geltend, dass das Jevons-Paradox nicht aufrecht zu erhalten ist. Nehmen wir an, man wechselt von herkömmlichen Glühlampen zu LED-Lampen und spart sich drei Viertel seiner Stromrechnung bzgl. Beleuchtung. Man lässt vielleicht die Lichter länger brennen, aber mit Sicherheit nicht vier mal länger.
Wirkungsgrade in der Landwirtschaft bedeuten, dass sich die Welt jetzt ,Peak Farmland‚ nähert – trotz der zunehmenden Bevölkerung und deren Nachfrage nach mehr und besserer Nahrung steigt die Produktivität der Landwirtschaft so schnell, dass die menschlichen Bedürfnisse mit immer weniger Landverbrauch befriedigt werden können. Im Jahre 2012 schrieben Jesse Ausubel von der Rockefeller University und seine Kollegen, dass wir dank moderner Technologie 65% weniger Land verbrauchen, um eine Quantität Nahrungsmittel zu erzeugen, als vor 50 Jahren. Bis 2050, so schätzt man, wird eine Landfläche so groß wie Indien keiner Pflüge und Viehwirtschaft mehr bedürfen.
Geringerer Landverbrauch ist der Grund für sich ausbreitende Wälder, vor allem in reichen Ländern. Im Jahre 2006 zeigten Arbeiten von Ausubel, dass in keinem halbwegs wohlhabenden Land die Waldfläche sank, sowohl hinsichtlich Baumdichte als auch Fläche. Große Tiere feiern in reichen Ländern ein Comeback; die Population von Wölfen, Hirschen, Bibern, Luchsen, Seelöwen und Adlern nehmen allesamt zu, und selbst die Anzahl der Tiger steigt allmählich.
Die vielleicht überraschendste Statistik ist, dass in UK stetig weniger Energie verbraucht wird. John Constable von der GWPF weist hier darauf hin, dass der Energieverbrauch seit 1970 um 10% gesunken ist – und das, obwohl sich die UK-Ökonomie seit jenem Jahr verdreifacht und die Bevölkerung um 20% zugenommen hat. Der größte Teil des Rückgangs erfolgte während der letzten Jahre. Das sind nicht unbedingt gute Nachrichten, argumentiert Constable: Obwohl die verbesserte Energieeffizienz von Glühlampen, Flugzeugen und Autos sicher ein Teil der Story ausmachen, bedeutet es aber auch, dass wir mehr in Erzeugnissen eingebettete Energie importieren, weil wir viele unserer Stahl-, Aluminium- und Chemieindustrien nach außerhalb verlagert haben, weil die Energiepreise hierzulande zu den höchsten der Welt zählen.
Tatsächlich kann all dieses Energie sparen Probleme auslösen. Innovation geht nicht ohne Experimente (von denen die meisten scheitern). Experimente brauchen Energie. Sie ist also eine Grundlage, wie die industrielle Revolution gezeigt hat. Folglich sollte Energie eine Ressource sein, von welcher eine aufblühende Bevölkerung mehr verbraucht. Glücklicherweise schimmert jetzt die Möglichkeit am Horizont, dass Kernkraft eines Tages Energie in minimaler Form liefern wird, wobei nur sehr wenig Treibstoff und Landfläche verbraucht wird.
Seit ihrer Gründung war die Umweltbewegung besessen von dem Gedanken endlicher Ressourcen. Die beiden Bücher, welche die grüne Industrie Anfang der 1970er Jahre vom Zaun gebrochen hatten, waren The Lmits to Growth in den USA und Blueprint of Survival in UK. In beiden wurde die unmittelbar bevorstehende Erschöpfung von Metallen, Mineralien und Treibstoffen beklagt. In Limits to Growth wurde prophezeit, dass falls sich das Wachstum in gleicher Weise fortsetzt, der Welt noch vor dem Jahr 2000 Gold, Quecksilber, Silber, Zinn, Kupfer und Blei ausgehen werden. In Schul-Lehrbüchern fanden diese Behauptungen rasch Widerhall.
Dies hat den Ökonomen Julian Simon veranlasst, den Ökologen Paul Ehrlich zu einer Wette zu bewegen. Er wettete, dass ein Korb mit fünf Metallen (die Ehrlich aussuchen konnte), im Jahre 1990 weniger kosten würde als im Jahre 1980. Die Steinzeit ist nicht aus Mangel an Steinen zu Ende gegangen, sagte Simon und führte weiter aus, dass wir Ersatz finden würden, sofern Metalle wirklich immer seltener werden. Simon hat die Wette im Handumdrehen gewonnen, obwohl Ehrlich den Scheck nur zögernd unterschrieb mit der Bemerkung, dass ,es eines gibt, dass uns niemals ausgehen wird, nämlich Dummköpfe‘. Bis auf den heutigen Tag ist keines dieser Metalle signifikant teurer geworden oder haben die Vorräte abgenommen, geschweige denn dass sie der Welt ausgehen.
Eine moderne Ironie ist, dass viele grüne Maßnahmen politischer Natur tatsächlich den Trend hin zu weniger Verbrauch umkehren würde.
Der ganze Beitrag steht hier.
Originally published 12/19/19 by Matt Ridley, in The Spectator
Übersetzt von Chris Frey EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Ich bezweifle ob diese Darstellung sinnvoll oder gar richtig ist.
Zitat “ Bis auf den heutigen Tag ist keines dieser Metalle signifikant teurer geworden“ Wie hat sich denn der Goldpreis in den letzten 30 Jahren entwickelt? Seit dem 1.2.1979 ist der Preis um +750% gestiegen!siehe (https://www.gold.de/kurse/goldpreis/) Man prüfe die anderen Argumente!
Sehr geehrter Herr Pfaff,
Sie gehen davon aus, das die Währung oder die Währungen stabil seien und dagegen der Goldpreis gestiegen sei. Wenn Sie davon ausgehen, dass der Goldpreis stabil geblieben sei, dann sind die Währungen im Wert abgestürzt. So passt es, denn Gelddrucken hat noch nie zu mehr allgemeinem Wohlstand geführt, nur eine winzige Personengruppe profitiert davon.
Sehr geehrter Herr Pfaff,
Ihre Argumentation stirbt schon allein daran, dass Herr Ehrlich bei seiner Auswahl Gold unberücksichtigt ließ. D.h. Gold gehört nicht zu der von Ihnen kritisierten Aussage.
Ach übrigens, hätte Herr Ehrlich Gold mit ausgewählt, hätte er seine Wette auch verloren. 🙂
MfG
Beim Gold lässt sich die Stabilität der Kaufkraft und der Wertverfall des Papiergeldes recht anschaulich aufzeigen – den Produktivitätsfortschritt inklusive. Anfang der 1920er Jahre kostete ein hochwertiger Herrenanzug eine Unze Gold oder 30 US-Dollar. Heute bekommt man für eine Unze Gold ebenfalls einen hochwertigen Herrenanzug (gut 1.000 Dollar) und hat sogar noch ein paar Dollar übrig. Für die 30 US-Dollar gibt es lediglich ein Einstecktuch.
Richtig, der Landverbrauch wird steigen, wenn wir nur noch Bio Landwirtschaft betrieben und die produzierte Menge gleich halten wollen. Es sei denn, auch das käme dann wie Strom aus Importen. Ob die dann Bio produzieren?