Diese Ereignisse befeuerten ab Anfang 2019 auch die Friday-For-Future-Bewegung für drastische Klimaschutzmaßnahmen. Die FFF-Aktivisten (Greta & Co.) haben allerdings ein paar wesentliche Tatsachen übersehen. Erstens sind Klima und vor allem Wetter nicht-lineare, chaotische Systeme, deren natürliche Schwankungsbreite solche Extreme (leider!) zulässt. Und zweitens werden drastische, für uns alle sehr teure CO2-Einsparungen das Klima und die Natur insgesamt kaum dazu bewegen, sich künftig nach unseren Wünschen zu richten. Über die Zirkulationsschwankungen und deren mögliche Ursachen wurde hier bei EIKE schon mehrfach berichtet; diese Betrachtungen sollen unter Einbeziehung der bisherigen 2019er Ereignisse nochmals vertieft werden.

Der Witterungsverlauf seit Jahresbeginn 2018

Sehr mildem, niederschlagsreichem Westwetter im Januar 2018 (für mitteleuropäische Verhältnisse nicht ungewöhnlich) folgte ab Februar die Umstellung auf Ostwetter; diese gipfelte in zwei markanten Kältewellen Ende Februar/Anfang März und um den 17. März. Mit kurzen Unterbrechungen hielten diese Ostwetterlagen im April/Mai an und bewirkten mit dem steigenden Sonnenstand eine ungewöhnlich rasche Frühjahrs-Erwärmung bei großer Trockenheit; beide Monate waren die wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn (1881); der Mai 2018 wies mit 25 Tagen, an denen Ostwetter (nach HESS/BREZOWSKY) herrschte, die größte, je beobachtete Häufung dieses Großwettertyps in einem Mai auf. Trotz vieler, dem Charakter des „Schafskälte-Monats“ entsprechenden Nordlagen fiel auch der Juni zu warm und zu trocken aus, weil Hochdruckeinfluss überwog. Im trocken-heißen Juli herrschten Ost- und Südlagen sowie Hochdruckgebiete über Mitteleuropa vor; im August die in dieser Jahreszeit sehr warme Hochdruckbrücke über Mitteleuropa. Insgesamt zeichnete sich der viel zu trockene, sonnenscheinreiche Sommer 2018 durch zu wenige West- und Nordwestlagen aus. Im gebietsweise etwas feuchteren, aber sehr warmen September konnten sich neben den monatsüblichen Hochs über Mitteleuropa West- und Südlagen, anfangs auch noch Nordostlagen, behaupten. Nach windig-kühlem Start übernahmen im dürren, sonnigen Oktober erneut warme Süd- und Südostlagen sowie Zentralhochlagen die Herrschaft. Dank häufiger Süd-, Südost- und Südwestlagen hielt die sonnige, trockene Herbstwitterung noch bis Mitte November an. Der sehr milde Dezember weckte mit sehr häufigen, gebietsweise feuchten West- und Nordwestlagen große Hoffnungen auf ein Ende der Dürre und der Witterungsanomalien, zumal im Januar 2019 ergiebige Schneefälle im Alpenraum für Wassernachschub sorgten. Doch nur in Teilen West- und Süddeutschlands konnte die Trockenheit merklich gelindert werden; zumal der Februar 2019 bei Rückkehr der trockenen Zentralhochlagen viel zu mild und sonnig ausfiel. Zeitweise stürmisches, aber wieder nur in Westdeutschland regenreiches Westwetter zeichnete den März aus; leider kehrte der April zu den trockenen, warmen, niederschlagsarmen, vorübergehend winterlich kalten Ostlagen zurück. Der Mai überraschte bei häufigen nördlichen und nordöstlichen Lagen mit Kälte, Schneefällen bis ins Flachland (erstmals seit über 30 Jahren!), ehe ein extrem heißer, sonniger, dürrer, von Südlagen geprägter Juni folgte; der Temperaturanstieg vom Mai zum Juni war mit 8,8 K der größte seit Aufzeichnungsbeginn in dieser Zeit. Ab Anfang Juli ließ diese enorme Sommerhitze nach und machte vorübergehend kühlem, teils an den Herbst erinnerndem Wetter Platz; doch erst ab der Monatsmitte linderten großflächigere Niederschläge die Dürre etwas. Der Zeitraum 2018/19 war also keineswegs nur von zu warmer Witterung geprägt; die kalten Phasen (Feb./März 2018, Januar und Mai 2019 sowie Mitte Juli 2019) werden bei aller Klimahysterie gerne verschwiegen; markantestes Merkmal dieses Zeitraumes ist die Dominanz antizyklonaler, östlicher, zentraler, südlicher und nördlicher Großwetterlagen.

Wann endet das aktuelle Zeitalter der Südwestlagen, und warum ist diese Frage so wichtig?

Südwestlagen (SWA und SWZ nach der von HESS/BREZOWSKY erarbeiteten Klassifikation der Großwetterlagen) gehörten ursprünglich nicht zu den besonders häufigen Lagen im Jahresverlauf. Im Mittel 1881 bis 2018 traten sie an lediglich 19 Tagen im Jahr auf; doch ab der Mitte des 20. Jahrhunderts nahm ihre Häufigkeit merklich zu; neuerdings deutet sich ein (möglicher) Rückgang an; außerdem zeigt sich ein Gleichklang mit dem Verlauf der AMO (AMO = Atlantische Mehrzehnjährige Oszillation, ein Index für die gemittelten Meeresoberflächentemperaturen im zentralen Nordatlantik):

Abbildung 1: Seit 1881, dem Beginn der Erstellung halbwegs verlässlicher Wetterkarten, hat sich die Häufigkeit der in Deutschland stark erwärmend wirkenden Südwestlagen merklich erhöht. Außerdem erwärmte sich der Nordatlantik, wobei es eine schwächere Warmphase um 1900, eine stärkere um 1945 und eine aktuelle gibt. Die Kurvenverläufe der gleitenden Mittelwerte (fette Kurven) ähneln sich; wobei die AMO fast 20% der Häufigkeitsvariabilität der SW- Lagen erklärt. Fast alle Jahre ganz ohne SW- Lagen traten vor 1950 auf; danach war nur 1991 frei von SW- Lagen.

Mit 21 Tagen wies 2018 eine fast durchschnittliche; bei Betrachtung nur der letzten Jahrzehnte aber unterdurchschnittliche Häufung der SW-Lagen auf. SW-Lagen sind diejenigen Lagen im Jahresmittel, welche das Temperaturniveau Deutschlands am stärksten bestimmen:

Abbildung 2: Warme Jahre wie 1999 und 2014 sind tendenziell auch solche mit häufigen SW-Lagen; 2018 traf das zwar nicht zu, aber da erklärt sich die Wärme aus der ungewöhnlich hohen Sonnenscheindauer des Sommerhalbjahres.

Auch auf die Jahresniederschlagsmenge hat die Häufigkeit der SW-Lagen einen gewissen, wenngleich merklich schwächeren, positiven Einfluss. Weniger SW-Lagen könnten Niederschlagsarmut, wie 2018, begünstigen. Ob und wann jedoch das Ende der aktuellen AMO-Warmphase und damit auch der häufigen SW-Lagen schon begonnen hat, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Ungewöhnlich rascher Temperaturanstieg vom Mai zum Juni 2019 – warum?

Ähnlich wie im Frühling 2018, nur etwa 6 Wochen später, gab es einen markanten Temperaturanstieg 2019; hier am Beispiel der DWD-Station Erfurt-Weimar (Flughafen, ehemals Bindersleben) dargestellt:

Abb. 3: Rasche Erwärmung ist in unserem subkontinentalen Klima nicht selten; aber um fast 25 Grad in nur drei Wochen – das gibt es nur selten und erinnert sehr stark an die klimatischen Verhältnisse in Russland. Quelle: wetteronline.de, ergänzt von Stefan Kämpfe

Die Großwetterlagenhäufigkeiten wirken mit Ausnahme der fast stets erwärmenden Südwestlagen im Jahresverlauf sehr unterschiedlich auf das Temperaturverhalten. Für die Kälte im Mai und die große Hitze und Trockenheit ab Anfang Juni 2019 sind – anders als 2018, diesmal sehr verschiedene Wetterlagen verantwortlich – eine so genannte Ostwetterlage im Mai, die diesmal, anders als 2018, Kälte brachte, und eine Südlage Anfang Juni mit Heißluft aus Nordafrika. Zwei Wetterkartenbeispiele mögen das verdeutlichen:

Abb. 4a und 4b: Vom kalt-feuchten Mai in den Hochsommer in nur 3 Wochen. Obere Karte vom 16. Mai; zwar ähnliche Situation mit einem Hoch über dem Nordmeer und Fennoskandien wie im warmen Mai 2018; aber diese Großwetterlage kann im Spätfrühling eben manchmal auch noch Kälte bringen; unten die Südlage vom 5. Juni 2019 mit großer Hitze. Kartengrundlage Met-Office (UKMO), nachträglich ergänzte Ausschnitte.

Beeinflusst die Sonnenaktivität die Großwetterlagenhäufigkeiten?

Leider stehen für langfristige Analysen nur die beobachteten Anzahlen der Sonnenflecken zur Verfügung, welche die Sonnenaktivität nur sehr grob abbilden. Damit lassen sich die Schwankungen der Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen nur in wenigen Fällen signifikant erklären; zum Beispiel treten im Jahresmittel tendenziell mehr Großwetterlagen mit nördlichem Strömungsanteil in Phasen mit geringerer Sonnenaktivität auf:

Abbildung 5: Langfristig treten in Mitteleuropa tendenziell mehr nördliche Großwetterlagen auf, wenn die Sonnenfleckenanzahl geringer ist- so auch gegenwärtig. Aber nur im Frühling und Herbst sind fast alle diese Lagen zu kalt; im Winter sind sie bis auf die zu kalten HN- und NE- Lagen eher normal temperiert, NW eher zu mild, und im Sommer können die antizyklonalen Varianten, so wie auch 2018, mehr oder weniger deutlich zu warm ausfallen, das gilt besonders für HN-, HB- und NE- Lagen. Dass der Zusammenhang nur schwach ist, liegt an der geringen Aussagekraft der Sonnenfleckenanzahl für die wirkliche Sonnenaktivität.

Bis Ende Mai 2019 waren schon 54 Tage mit nördlichem Strömungsanteil zu verzeichnen – Vieles deutet, auch wegen der geringen Sonnenaktivität, auf ein an „Nordwetter“ reiches Jahr 2019 hin. Es lag nahe, die Sonnenaktivität seit Beginn der auffälligen Witterungsanomalien im zeitlichen Verhältnis zum Auftreten der gehäuften „Schönwetter-Perioden“ zu betrachten; das Ergebnis sieht so aus:

Abbildung 6: Zeitverzögert zu den Maxima der solaren Radiostrahlung häuften sich 2018 und 2019 warme Schönwetterperioden. Das kann Zufall gewesen sein – allerdings wurde in den Jahren 2003, 04, 06, 11 und 14 Ähnliches beobachtet.

Für die ungewöhnliche Häufung der Ostwetterlagen zwischen Februar und Juni 2018 und die Wetterkapriolen in der ersten Jahreshälfte 2019 gibt es eine weitere Erklärung, die ebenfalls mit der Sonnenaktivität verknüpft ist. Es ist der Zonalwind in der mittleren Troposphäre (Höhe der 500hPa- Druckfläche). Der Zonalwind ist der breitenkreisparallele Teil des Windvektors, meist in m/s angegeben, wobei positive Werte für West- und negative für Ostwind stehen. Die Werte sind seit 1948 monatsweise verfügbar und lassen wichtige Rückschlüsse auf die Intensität der in unseren Breiten dominierenden Westströmung zu; je höher positiv sie sind, desto intensiver ist die Westströmung. Auf den Westlagen-dominierten Januar 2018 traf das noch zu, doch seit Februar sind sie markant unterdurchschnittlich; im Mai waren sie gar negativ, was seit Aufzeichnungsbeginn nur noch 1980 beobachtet wurde; auch der damalige Mai wies überdurchschnittlich viele Ostwetterlagen auf. Doch während damals zum Sommer ein rascher Umschwung auf West mit deutlicher Geschwindigkeitszunahme erfolgte, blieben die Werte 2018 auch in den Folgemonaten unterdurchschnittlich. Auch 2019 war das Zonalwindmittel in der ersten Jahreshälfte unterdurchschnittlich, wenngleich weniger krass als 2018; doch der April 2019 mit seinen vielen Ostlagen wies gar ein negatives Mittel auf. Betrachtet man das Zonalwindmittel seit 1948 für den Zeitraum Februar bis Juni, den Monaten mit den stärksten Witterungsanomalien 2018/19, so zeigt sich eine recht gute Übereinstimmung mit dem Verlauf der Sonnenfleckenhäufigkeiten, bedingt auch mit der AMO:

Abbildung 7: Sonnenfleckenmittel (Index, dunkelgelb), Zonalwindmittel in m/s in der mittleren Troposphäre (rot) und AMO- Index (grün) für den Zeitraum Februar bis Juni 1948 bis 2019 am Gitterpunkt 50°N und 10°E, was etwa der Mitte Deutschlands entspricht.

In den letzten über dreißig Jahren nahm das Zonalwindmittel deutlich ab:

Abbildung 8: Seit über 30 Jahren wird der Zonalwind schwächer und erreichte in diesem Betrachtungszeitraum seinen niedrigsten Wert im Extremwetterjahr 2018.

Aufgrund der geringen Sonnenaktivität dürfte der Zonalwind in naher Zukunft tendenziell eher schwach bleiben, so dass weitere, markante Witterungsanomalien zu befürchten sind.

Hitze und Kälte: Sommerliche Kapriolen 2019

DIE GRÜNEN waren sich sicher: Der heißeste Juni mit 19,8°C im Deutschland-Mittel seit Aufzeichnungsbeginn – das muss die Klimakatastrophe sein! Doch genaueres Hinschauen offenbart etwas Anderes – erstens die höchste Sonnenscheindauer seit Aufzeichnungsbeginn, welche sich wohl kaum mit der steigenden CO2-Konzentration erklären lässt. Zweitens war der Juni im nahen Zentralengland mit kühlen 14,2°C nur temperaturnormal ausgefallen – sollte dort das CO2 etwa das Wärmen „vergessen“ haben? Und drittens gab es innerhalb von kaum 10 Tagen Richtung Mitte Juli in Deutschland einen Temperatursturz von fast 20 Grad – Hitze und Sonne pausierten ausgerechnet zur besten Ferienzeit vorübergehend:

Abbildung 9: Die Sonnenscheindauer, leider erst seit 1951 verfügbar, beeinflusst die Variabilität der Monatsmitteltemperaturen im Juni zu etwa 54%; das ist signifikant. Der wärmste Juni (2019) war auch der sonnigste, der zweitwärmste (2003) der zweit-sonnigste.

Abbildung 10: Seit 90 Jahren erwärmte sich zwar der Juni in Deutschland leicht – im nahen Zentralengland aber nicht.

Abbildung 11: In nur gut einer Woche vom heißesten Hochsommer in den Frühherbst – und das mitten in den Sommerferien. Quelle: wetteronline.de, ergänzt von Stefan Kämpfe

Ursache all dieser Kapriolen waren wieder einmal die ungewöhnlichen Zirkulationsverhältnisse – während im Juni ein stabiler Langwellentrog über dem äußersten Westen Europas den Britischen Inseln kühles Regenwetter brachte, floss auf der Trogvorderseite Heißluft aus Nordafrika nach Mitteleuropa. Mitte Juli dann zeitweise ein völlig anderes Bild: Tiefer Luftdruck über dem Baltikum brachte Mitteleuropa herbstlich-kühles Wetter; über Großbritannien sorgte hoher Luftdruck für angenehmes Sommerwetter:

Abbildungen 12a und 12b: Andere Zeiten – anderes Wetter: Oben eine heiße Südströmung am 14. Juni 2019, untere Abb. eine kalte Nordwestströmung über Mitteleuropa am 8. Juli 2019. Rote Farben stehen für hohes Geopotential, meist einhergehend mit Wärme in den unteren Luftschichten; gelb-grüne für niedriges Geopotential mit Kälte. Quelle beider Abbildungen: wetterzentrale de.

Kommen wir nochmals auf die enorme Juni-Hitze in Deutschland zurück. Neben Heißluft aus dem Süden war die hohe Sonnenscheindauer eine wesentliche Hauptursache. Diese nimmt aus mehreren Gründen seit Jahrzehnten in Deutschland zu. Erstens wegen der Sonnenaktivität selbst, zweitens wegen der Luftreinhaltemaßnahmen (weniger Staub-, kaum noch Schwefel-Emissionen) und drittens, weil die Verstädterung und Entwässerung großer Landschaftsteile die Feuchtigkeit liefernden, intakten Böden und die Vegetation verdrängt – es bilden sich weniger Wolken. Besonders ernst ist die Situation in Großstädten, an Industrie- und Verkehrsanlagen. Das verstädterte Frankfurt/Main stöhnte dann auch viel mehr unter der Juni-Hitze als das ländliche Gießen:

Abbildung 13: Mehr Verstädterung bringt viel mehr Sommerhitze: Das boomende Frankfurt/Main (blau) erwärmte sich im Juni viel schneller, als das ländliche Gießen.

Von Forderungen, endlich den Wärmeinseleffekt zu bekämpfen, war leider auf den FFF-Demos nichts zu hören – da fehlt offenbar das nötige Sach- und Faktenwissen.

Weitere mögliche Ursachen der bisherigen Witterungsanomalien 2018/19

Die Meeresoberflächentemperaturen beeinflussen die Zirkulationsverhältnisse über Europa in vielfältiger Weise; die AMO fand schon Erwähnung. In den vergangenen Monaten gab es häufiger Phasen mit unternormalen Wassertemperaturen im Nordatlantik, was Nordwetter fördern könnte; stellvertretend für einen längeren Zeitraum, sei hier die Situation von Mitte Mai 2019 gezeigt:

Abbildung 14: Ausschnitt der Anomalie-Karte der Meeresoberflächentemperaturen für Mitte Mai 2019 (Quelle: NOAA). Blau bedeutet, gemessen am Langjährigen Mittelwert 1971 bis 2000, zu kalte, gelb-rot zunehmend zu warme Wassertemperaturen. Eine solche Anomalieverteilung mit gebietsweise deutlich zu niedrigen Wassertemperaturen im Nordatlantik könnte die Westwind-Zirkulation zugunsten nördlicher und östlicher Lagen schwächen, weil sie das Temperaturgefälle zwischen Südwest und Nordost vermindert. Diese Situation hielt sich auch im Juni noch, aber im Juli dominierten dann wieder zu hohe Wassertemperaturen zwischen den USA und Großbritannien – und prompt kehrten ab 20. Juli die heißen Süd- und Südwestlagen zurück.

Als weitere Ursache kommt die QBO in Betracht. Die quasi-zweijährige Schwingung (kurz: QBO vom englischen „quasi-biennial oscillation“), auch quasi-biennale Oszillation, ist eine quasi-periodische atmosphärische Welle des zonalen Windes in der äquatorialen Stratosphäre der Erde. Näheres dazu hier. Die besonders stark ausgeprägte Ostwind- Phase der QBO 2018 könnte bis in tiefere Atmosphärenschichten gewirkt haben, für den frühzeitigen Zusammenbruch des Polarwirbels mitverantwortlich sein und die Zonalzirkulation in der mittleren Troposphäre geschwächt haben. Doch 2019 herrschten in der unteren Stratosphäre wieder Westwinde. Eindeutige, statistische Zusammenhänge zwischen QBO und den Wetterlagenhäufigkeiten fehlen jedoch; lediglich zur Häufigkeit der XX-Lagen zeigt sich eine schwache, negative Korrelation; in Negativphasen der QBO scheinen diese unbestimmten Wetterlagen häufiger aufzutreten, so, wie auch 2018 (folgende Grafik):

Abbildung 15: Die QBO ist der Zonalwind der Stratosphäre der Tropen; hier sind die Verhältnisse in der 40 hPa- Druckfläche dargestellt. Die Windstärke wird in 1/10 m/s angegeben. Weil die QBO verzögert wirken kann, sind hier die QBO- Mittelwerte des Monats Januar zu den Häufigkeiten der Wetterlagen mit unbestimmter Anströmrichtung (XX- Lagen) im Folgezeitraum Februar bis Juni in Relation gesetzt.

Und schließlich muss noch ein Blick auf die momentan geringe Ausdehnung des Arktis-Meereises geworfen werden. Dieses ist, entgegen den alarmistischen Prognosen mancher „Klimaforscher“ jedoch nicht im Sommer verschwunden und macht auch 2019 keine Anstalten, dies zu tun. Aber seine Ausdehnung beeinflusst die Stärke des Temperaturgefälles zwischen niederen und hohen Breiten und damit die Zirkulationsverhältnisse. Nennenswerte Zusammenhänge fanden sich in der ersten Jahreshälfte allerdings nur für den April:

Abbildung 16: Tendenziell gibt es in Aprilmonaten mit geringer Ausdehnung des Arktischen Meereises weniger meist kalte, höhenzyklonale Großwetterlagen nach der Objektiven Großwetterlagen-Klassifikation in Deutschland. Das könnte auch ein Grund für die vielen Schönwetterperioden der Aprilmonate 2018 und 2019 gewesen sein.

Etwas deutlichere Zusammenhänge zeigten sich für den Herbst, besonders hinsichtlich der Schwächung der Westlagen. Dies gilt sowohl für die Häufigkeit der Westwetterlagen nach der Objektiven, besonders aber für die der von HESS/BREZOWSKY verwendeten subjektiven Großwetterlagenklassifikation:

Abbildung 17: War die Arktische Meereis- Ausdehnung im Sommer gering, so wie auch 2018, dann gab es im Herbst tendenziell weniger Westwetterlagen (GWT West, bestehend aus WA, WZ, WS und WW nach der HESS/BREZOWSKY- Klassifikation).

Deutet sich also, wie schon 2018, erneut ein zu Extremwetter neigender, an Westlagen armer Herbst 2019 an? Für sichere Prognosen ist der gefundene Zusammenhang leider zu unsicher.

Zusammenfassung: Zwischen dem Spätwinter 2018 und dem Sommer 2019 kam es zu schweren, so nur selten auftretenden Zirkulationsstörungen über Europa. Diese äußerten sich in jähen Wechseln zwischen Kälte- und Hitzeperioden sowie langen Dürrephasen in Teilen Deutschlands, einhergehend mit einer stark überdurchschnittlichen Sonnenscheindauer. Als Ursachen deuten sich die möglicherweise abklingende AMO-Warmphase, die Besonderheiten im Verhalten der Sonnenaktivität, Anomalien der Wassertemperaturverteilung im Nordatlantik und die geringe Ausdehnung des Arktischen Meereises an. Wie lange diese Zirkulationsstörungen noch anhalten, ist nicht sicher vorhersagbar; doch sind sie im Zuge der weiterhin geringen Sonnenaktivität in naher Zukunft wohl häufiger zu erwarten.

Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

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