Die Kosten des 2018 in Betrieb gegangenen Reaktors Taishan-1 beliefen sich auf umgerechnet über 7 Milliarden Euro. Mit dessen Bau war bereits im Jahre 2009 begonnen worden. Infolge des Reaktor-Unglücks von Fukushima war der Bau jedoch für zwei Jahre unterbrochen worden. Die Bauzeit für diesen Prototyp hielt sich also in einem vernünftigen Rahmen.
Das kann man von seinem heimischen Bruder, dem EPR von Flamanville in der Normandie, nicht sagen. Da in Frankreich über ein Jahrzehnt lang keine neuen Nuklear-Reaktoren mehr gebaut wurden, ist offenbar auch dort (wenn auch nicht im selben Ausmaß wie in Deutschland) viel Fachwissen und Übung verloren gegangen. Im Jahre 2017 hat der Abnehmer des EPR, der staatliche Strom-Monopolist Électricité de France (EdF), der Überwachungsbehörde ASN (Autorité de Sûreté Nucléaire) insgesamt 66 „nicht-konforme“ Schweißnähte an den Dampf-Leitungen der Anlage gemeldet. Vor einem Jahr hat EdF dann einen Plan für die Reparatur der beanstandeten Schweißnähte vorgelegt. Wann der Reaktor betriebsbereit sein wird, steht in den Sternen. Grund zur Freude bei den Grünen aller Parteien, die nun neue Chancen für die von ihnen in den Himmel gelobten zufallsabhängigen „erneuerbaren“ Energien wittern. In der Tat hat kündigte François de Rugy, Macrons Energiewende-Minister, die Errichtung eines großen Offshore-Windparks mit 75 Wind-Turbinen vor Dünkirchen unweit von Flamanville an. Dieser soll Strom zu einem Preis von 50 Euro je Megawattstunde liefern, während der EPR den Strom, nach mehrfach korrigierten Kostenschätzungen, ab 2030 wohl nicht unter 70 Euro je Megawattstunde wird liefern können.
Das energiepolitische Programm der Regierung Macron/Philippe sieht bis 2035 die Reduktion des Kernenergie-Anteils an der Elektrizitätserzeugung von derzeit über 70 auf 50 Prozent vor. Das entspricht der Stilllegung von 14 der zurzeit betriebenen 58 Kern-Reaktoren. Die Laufzeiten eines großen Teils der verbleibenden Reaktoren soll um 10 bis 20 Jahre verlängert werden. Deshalb sollen 32 der 900-Megawatt-Reaktoren bis zum Jahre 2031 generalüberholt und sicherheitstechnisch ertüchtigt werden. Für dieses Programm des „grand carénage“ stellt EdF für den Zeitraum zwischen 2014 und 2025 insgesamt 45 Milliarden Euro zur Verfügung. Umgerechnet auf den Strompreis für Endverbraucher entspricht das ungefähr einem von derzeit 15 Euro-Cent je Kilowattstunde. Der französische Rechnungshof (Cour des comptes), bestätigt diese Schätzung, indem er davon ausgeht, dass die Produktionskosten der Kernenergie in Frankreich, die sich einschließlich der Uranerschließung und -förderung sowie der Endlagerung der radioaktiven Abfälle bislang auf 5 Euro-Cent je Kilowattstunde belaufen, durch das umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsprogramm um einen Euro-Cent ansteigen werden.
Die Produktionskosten je Kilowattstunde des EPR werden wohl zunächst fast doppelt so hoch sein. Jedenfalls rechnet EdF für sein EPR-Projekt Hinkley Point in Großbritannien mit etwa 23 Milliarden Euro Investitionskosten. Bei einem Abzinsungssatz von 9 Prozent ergäben sich daraus 11 Euro-Cent je Kilowattstunde über mehrere Jahrzehnte. EdF geht aber davon aus, dass diese Kosten auf 7 Eurocent je Kilowattstunde sinken werden, sobald der EPR in Serie produziert wird. Hier fällt die aufwändige redundante Sicherheitstechnik des EPR (einschließlich Core Catcher) ins Gewicht. Dieser Sicherheitsaufwand war nicht alternativlos, sondern wurde den Partnern Areva und Siemens nach der Aufregung um den Super-GAU von Tschernobyl von der Politik diktiert. (Dass die Technik des in Tschernobyl durchgegangenen Reaktors bei weitem nicht den im Westen geltenden Standards entsprach, interessierte in den politischen Auseinandersetzungen kaum jemanden.) Die US-Firma Westinghouse, die die Technik der älteren französischen Kernreaktoren lieferte, hatte ein kostengünstigeres Konzept der passiven Sicherheit vorgeschlagen, kam aber nicht zum Zuge.
Die Umsetzung des EPR-Konzeptes setzt nicht nur die Serienproduktion der Reaktoren, sondern auch die Verstaatlichung und Zentralisierung der Energiewirtschaft voraus, was in Frankreich ohnehin längst geschehen ist. Denn es ist kaum vorstellbar, dass private Firmen so hohe Kapitalbeträge aufbringen und für Jahrzehnte festlegen können. Die Serienproduktion kann allerdings erst richtig anlaufen, wenn der französische Staat entscheidet, die 14 stillgelegten 900-Megawatt-Reaktoren durch acht EPR zu ersetzen. Danach sieht es zurzeit allerdings nicht aus. Die immer zahlreicher werdenden französischen Nuklear-Gegner, die übrigens über das Office Franco-Allemand pour la Transition Energétique (OFATE) mit dem deutschen Lobby-Think Tank Agora Energiewende vernetzt sind, schöpfen infolge der Verzögerung an der EPR-Baustelle von Flamanville neue Hoffnung, das EPR-Projekt noch stoppen und eine totale „Energiewende“ nach deutschem Vorbild einleiten zu können.
Dadurch kommt es im Staatskonzern EdF zu absurden Situationen, weil ganze Abteilungen gegeneinander statt miteinander arbeiten. Diese Schizophrenie soll nun durch die Aufspaltung von EdF in einen grünen und einen blauen Teilkonzern beendet werden. Der modische grüne Teil würde dann zum Subventionsempfänger, während der weniger sexy blaue (nukleare) Teil die Dreckarbeit der sicheren Elektrizitätsversorgung leisten müsste.
9. Juli 2019 Admin:
„Die Serienproduktion kann allerdings erst richtig anlaufen, wenn der französische Staat entscheidet, die 14 stillgelegten 900-Megawatt-Reaktoren durch acht EPR zu ersetzen. Danach sieht es zurzeit allerdings nicht aus.“
Auch Frankreich ist auf dem absteigende Ast bei der Kernkraft.
Die vorhanden AKWs laufen noch einige Jahre, dann ist Schluss und Ersatz ist ein Finanzielles Abenteuer das sich bei Börsenstrompreisen um die 5 Cent/kWh nicht rechnet.
Bei um die 5 bis 6 Cent/kWh können nur noch Neubauten von Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen mithalten.
Hallo Michael Schwambor,
Frankreich und die Kernkraft ist in der Sackgasse.
Alte Kernkraftwerke und die MWh ist von den erneuerbaren wesentlich günstiger als von neuen Kernkraftwerken.
EDF ist hoch verschuldet mit mehr als 30 Milliarden Euro Nettoverbindlichkeiten.
Dem Konzern droht eine mehrfache Überforderung.
Um die maroden Meiler zu modernisieren, sind laut EDF 45 Milliarden Euro nötig; 60 Milliarden kosten Rückbau und Entsorgung.
Das Endlager in Bure, betrieben von der französischen Atombehörde Andra, soll mindestens 25 Milliarden Euro kosten. Es ist Frankreichs teuerstes Bauprojekt das der Steuerzahler bezahlt.
Ich sehe das Problem allgemeiner, es sind alles Anzeichen des Scheiterns der Demokratie westlicher Prägung:
China hat mit seiner unveränderten Diktatur durch Abstreifen der Planwirtschaft zu Gunsten der Marktwirtschaft innerhalb weniger Jahrzehnte vom Land der Reisbauer zum Wirtschaftsgigant Nr. 1 hochgepuscht. Baut neue Reaktoren innerhalb kürzester Zeit, die Frankreich gar nicht hinbekommt. Russland baut die Kertschbrücke in 3 Jahren, Deutschland schafft den BER nicht in 30 Jahren.
Die Monarchie als reine Diktatur hat Jahrtausende überlebt, weil niemand die Macht in Frage stellte und der Monarch zu Machtausübung zum Wohle des Volkes erzogen wurde. Sie funktioniert nur dann nicht, wenn der Monarch ein schwacher Trottel ist, da es keine Beseitigungsmechanismen gibt.
In den heutigen westlichen Demokratien ist der politische Wettbewerb schon lange verkommen. Wenn man ein Bauwerk wegen Käfer zu verhindern versucht, dann geht es niemandem ernsthaft um Käfer, sondern man stellt mit dem Beispiel Käfer die Kompetenz der Machthabenden in Frage. Und man will an die Macht nur um Macht auszuüben, nicht wie der Monarch früher, um die Nation nach Vorn zu bringen.
Daher ist die Demokratie nach 2-3 Jahrhunderten am Ende…
So sieht es aus. Ein weiteres Beispiel ist die nukleare Abrüstung der letzten 34 Tonnen Plutonium, die in den USA nicht voran kommt, gestoppt wurde, weil zu teuer wegen unsinniger behördlicher Auflagen.
Auch die Pleite mit dem BER sehe ich in immer neuen Forderungen nach noch mehr Sicherheit: Das wird wohl dazu führen, daß BER der erste deutsche klimaneutrale Flughafen wird, kein CO2-Ausstoß weil keine Flugzeuge starten — Weltrekord
Ich nenne den EPR eine Fehlkonstruktion, wegen der doppelten Betonkuppel (2 x 1m dicke Mauern) und dem Core-catcher. All diese Unsinnigkeiten wurden begründet mit der unsinnigen LNT-Hypothese und dem daraus folgenden ALARA-Prinzip des Strahlenschutzes. „Von der Politik“ diktiert, so wie es im Text auch richtig gesagt wird. Dabei hat die Politik keine Ahnung von dem, was nützlich ist, erst recht nicht von Technik und Wissenschaft. Die unsinnigen Behörden verteuern den Kernstrom und machen Neubauten (fast) unmöglich. Es sind die Beamten der Überwachungsbehörden, die den unsinnigen Forderungen der Politik und der fehlgeleiteten veröffentlichten Meinung folgen um überleben zu können.
Dank an Herrn Gärtner und an die guten Diskussionsbeiträge, ich freue mich darüber.
Dumm ist wer CO2 Freisetzung verhindern will. Zusätzlich schizophren ist jeder, der dann seine Kernkraftwerke abschaltet.
Die Franzosen bauen ihre Kernkraftwerke zurück und wollen dafür Windmühlen errichten…der europäische Blackout kommt somit noch schneller und wir Deutsche sitzen mittendrin!
Die Entwicklung geht sicher weiter und dann ist Deutschland abgehängt.Der Bereich Turbinenbau wird schon abgestoßen,weil
diese nicht mehr „gebraucht“ Werden.Welche Technologie wird noch alles „Abwandern“?In den Vorständen sitzen nur noch Kaufleute und USA-Banken.Welche Ziele da verfolgt werden ist klar.
Dann lernen auch wir, wie es sich anfühlt, wenn sich der Exportüberschuss in ein Defizit wandelt.
Der nächste konsequente Schritt bei der Umsetzung der grünen Denke dürfte sein, dass man bei heftigen Bauchschmerzen nicht zum Arzt, sondern in die nächste Obdachlosenunterkunft geht und die Leute abstimmen lässt, ob einem der Blinddarm rausgenommen wird und wer von denen mit einer Scherbe einer zerschlagenen Flasche statt eines Skalpells die OP übernimmt.
Die Schizophrenie der französischen Energiepolitik beschreibt ein wahres Desaster.
Die Franzosen haben über 50 AKW im Einsatz und um nur die zu halten müssten die Franzosen jedes Jahr ein neues AKW in betrieb nehmen.
Das ist natürlich unrealistisch in Frankreich selbst ein neues AKW alle 10 Jahren ist bereits unrealistisch.
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Die Franzosen haben ihre 50 AKWs innerhalb 10 Jahren gebaut.
Wenn die Blaupause mal steht, geht das sehr flott.
Günter Dehren 10. Juli 2019 um 8:15
„Wenn die Blaupause mal steht, geht das sehr flott.“
Deshalb bauen die Franzosen bereits seit über 10 Jahren am Kernkraftwerk Flamanville und die Baukosten haben sich verdreifacht, soll ja alles sehr flott gehen.
Herr Günter Dehren,
leichter Realitätsverlust ?
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In welchem Land der Welt ist die Installation eines Kernkraftwerkes am sichersten? Es richtet sich nach Fachwissen, Sicherheitsmaßnahmen, der geographischen Lage (Gefahr von Naturkatastrophen wie Erdbeben) und der technischen Ausstattung.
Die Antwort ist Deutschland!
Genauso wie bei allen Technologien wie Verbrennungsmotoren, die immer weniger Emissionen auslösen und ihre Leistungen weiter verbessern, ist mit Benutzung einer Technologie immer mehr Fortschritt zu erwarten. Stichwort Marktwirtschaft. Die Kernkraftwerke werden immer effizienter, immer sicherer, immer langlebiger. Die ganze Technologie verbessert sich durch Benutzung und weiterer Etablierung. In Deutschland haben oder hatten wir dafür die besten Voraussetzungen und Infrastrukturen.
Der Ausstieg aus der Kernenergie war und ist der größte Fehler aller Zeiten wahrscheinlich mit der Grenzöffnung 2015. Nur an eine Person sind diese beiden historischen Fehler aller Zeiten zu adressieren.
Wenn man mir vor 20 Jahren so etwas voraus gesagt hätte, hätte ich diese Person ausgelacht. Ich hätte niemals geglaubt, dass dies möglich sein könnte, weil es unglaublich töricht ist. Manchmal denke ich immer noch ich bin im falschen Film.
Russland und China bauen die Kernkraft weiter aus. Europa, wo die Grundlagen erfunden wurden, wird nach überstandener grüner Pest diese Technologien dann von dort importieren müssen. Dumm, dümmer, öko kann man da nur sagen.
Nach der grünen Pest kommt erst noch die rote Cholera, gefolgt von einem schwarzen hämorrhagischen Fieber.
Bevor wir überhaupt was importieren können, muss erst einmal das geld dafür dasein… Europa wird arm wie die Kirchenmaus sein… Chaos und Gewalt wird den Alltag in Frankreich, Deutschland und der EU prägen.