Langfristig etwas feuchtere Winter in Deutschland
Das DWD-Flächenmittel des Winterniederschlages für Deutschland liegt seit 1881/82 vor. Bei genauerer Betrachtung erweist sich die langfristige Niederschlagszunahme als moderat, denn sie liegt innerhalb der einfachen Standardabweichung; seit etwa 25 Jahren ist keine weitere Zunahme erkennbar, und der nasseste Winter dieser Reihe liegt mit 1947/48 schon über 70 Jahre zurück:
Die Ursachen der reichlicheren Winterniederschläge – ein Dilemma für die Klimaforschung
Ein möglicher Grund für die langfristig höheren Winterniederschläge könnten höhere Wassertemperaturen des zentralen Nordatlantiks sein. Ein grobes Maß hierfür ist die AMO (Atlantische Mehrzehnjährige Oszillation), welche langfristig anstieg und außerdem eine etwa 60ig- bis 80ig- jährige Rhythmik aufweist (die gegenwärtige AMO-Warmphase begann um 1990 und scheint momentan zu enden). Doch der gefundene Zusammenhang zwischen AMO und Winterniederschlagsmengen in Deutschland ist äußerst dürftig und nicht signifikant:
Wesentlich besser lässt sich das winterliche Niederschlagsverhalten durch die langfristige Häufung der Großwetterlagen mit westlichem Strömungsanteil in Mitteleuropa erklären:
Doch warum häuften sich die winterlichen Westwetterlagen? Das lässt sich bislang nicht umfassend und vollständig erklären. Als Ursachen kommen die schwankende Sonnenaktivität und die NAO (Nordatlantische Oszillation, ein Maß für das Luftdruckgefälle zwischen Azoren und Island) in Betracht; vor allem jedoch ist es das Temperaturgefälle zwischen den niederen und den hohen Breiten. Ist dieses groß (warme niedere und kalte nördliche Breiten), so intensiviert sich der Jet-Stream und mit ihm die Westströmung. Deshalb sind auch winterliche Stürme in Mitteleuropa viel häufiger, ausgedehnter und intensiver als im Sommer, denn während es in den Tropen ganzjährig annähernd gleich warm bleibt, erwärmt sich die Arktis im Sommer auf um oder knapp über Null Grad; während im Winter dort zweistellige Minusgrade herrschen. Aber genau letzterer Zusammenhang bringt die Klima-Aktivisten und Alarmisten in Erklärungsnöte, denn mit der Arktis-Erwärmung und der flächenmäßigen Abnahme des Arktischen Meereises müsste das Temperaturgefälle zwischen niederen und hohen Breiten auch im Winter abnehmen und dann zu weniger Westlagen in Deutschland führen – aber bislang lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang finden:
Gibt es eine Häufung sehr nasser Wintermonate?
Als objektives Maß für einen nassen Wintermonat kann die schon in Abbildung eins dargestellte einfache Standardabweichung dienen – alle Winter oder Wintermonate, welche ihre jeweilige Summe aus Mittelwert und einfacher Standardabweichung überschreiten, können als sehr nass gelten. Es lag also nahe, einmal alle Januar-, Februar- und Dezembermonate eines jeweiligen Jahres in dieser Hinsicht zu untersuchen; anschließend wurde dekadenweise die Häufigkeit der sehr nassen Wintermonate gezählt und grafisch für Deutschland und das vom „Schneechaos“ besonders betroffene Bundesland Bayern dargestellt. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig. Zwar ergab sich eine leichte Häufung der pro Dekade nassen Wintermonate; jedoch ohne Signifikanz, und deren größte Häufung trat auch nicht in den wärmsten zwei letzten Dakaden auf, sondern in den 1980er und 1990er Jahren:
Starke Häufung sehr nasser Wintermonate nur in den Nordalpen – warum?
Wegen der jüngsten starken Schneefälle in Südbayern und dem nördlichen Österreich war es naheliegend, einmal einzelne Orte der Alpenregion zu untersuchen. Leider gibt es nur wenige, langfristig lückenlose Niederschlagsmessreihen, denn die sich anbietende Zugspitze weist kriegsbedingte Lücken auf; und sie beginnt erst 1901. Die HISTALP-Daten sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen – anhand früherer Temperaturuntersuchungen zeigten sich beispielsweise bei der Zugspitze große Diskrepanzen vor 1975 zwischen dem Original-DWD-Datensatz und dem HISTALP-Zugspitzdatensatz. Aber mit dem Säntis am Nordrand der Schweizerischen Alpen fand sich dann doch eine Messreihe mit guter Aussagefähigkeit für den Alpennordrand, wenngleich erst seit 1883/84; außerdem wurde Lugano auf der Alpensüdseite zum Vergleich herangezogen.
Nun verwundert es kaum, dass auf dem Säntis auch die Anzahl der sehr nassen Wintermonate stark zunahm; in Lugano fehlt hingegen jeglicher Trend:
Hier stellt sich die Frage nach diesem unterschiedlichen Verhalten – es sind die Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen im Winter. Den Nordstau begünstigende Lagen mit nördlichem Strömungsanteil wurden im Winter langfristig häufiger, solche mit südlichem hingegen seltener.
Schon im Dezember 2018, besonders aber in den ersten zwei Januardekaden 2019, traten Nordwest- und nördliche Troglagen, verbunden mit höhenkalter Luft und starken West- bis Nordwinden, immer wieder in Erscheinung. Sie lenkten feuchte Atlantikluft heran, was im Stau der Alpennordseite zu den massiven Schneefällen führte, eine Lage, die trotz ihrer beeindruckenden Schneemassen so immer wieder mal bei der großen Variabilität unserer Winterwitterung auftreten kann. Ein gutes Beispiel war die Lawinenkatastrophe von Galtür im Februar 1999; die Wetterlagen von damals und heuer ähneln sich sehr:
Zusammenfassung: Trotz insgesamt leichter langfristiger Zunahme der Winterniederschläge in Mitteleuropa bewegen sich die im Dezember 2018 und Januar 2019 aufgetretenen Niederschlagsereignisse im Rahmen der natürlichen Schwankungsbreite; sie wurden durch intensive, so immer wieder gelegentlich zu beobachtende nordwestliche Großwetterlagen ausgelöst. Die momentane Häufung sehr niederschlagsreicher Wintermonate in den Nordalpen ging mit einer langfristigen Häufigkeitszunahme westlicher bis nördlicher Großwetterlagen einher; ein eindeutiger Zusammenhang mit dem Rückgang der Fläche des Arktiseises oder den hohen AMO-Werten in der jüngeren Vergangenheit lässt sich nicht nachweisen; außerdem fehlen eindeutige Häufigkeitszunahmen sehr niederschlagsreicher Wintermonate außerhalb der Nordalpen. Niederschläge schwanken ohnehin räumlich-zeitlich sehr stark; ihre Erfassung ist oft fehlerhaft, und sie lassen daher kaum Rückschlüsse auf einen möglichen Klimawandel zu.
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Bei der Auswertung der Januar-Niederschlagsmenge einzelner DWD-Wetterstationen ist mir aufgefallen, dass seit 2000 im Süden die Niederschlagsmenge zunimmt, im Norden dagegen nicht. Das Monatsmittel der täglichen Niederschläge (mm/Tag) einiger Stationen ist unter folgenden „Links“ gezeigt:
http://www.gigapico.de/Zugspitze_Niederschlagsmenge_Januar_1901_2019.jpg
http://www.gigapico.de/HohenPeißenberg_Niederschlagsmenge_Januar_1879_2019.jpg
http://www.gigapico.de/München_Stadt_Niederschlagsmenge_Januar_1879_2019.jpg
http://www.gigapico.de/Potsdam_Niederschlagsmenge_Januar_1893_2019.jpg
Die Frage lässt sich wohl nur lokal differenziert beantworten.
Wo doch durch die Schneefälle die Gletscher wieder wachsen, gibt es doch keinen Grund sich über den menschengemachten Klimawandel zu beschweren. Oder bereits vergessen wovon so Gletscher leben?
Noch eine Ergänzung: Einige Tage nach Redaktionsschluss zeichnet sich ab, dass der Winterniederschlagsrekord des DWD-Flächenmittels von 1947/48 wohl bei weitem verfehlt wird; selbst die von mir vorsichtig geschätzten 285mm waren zu optimistisch; realistischer sind nur so etwa 200 bis 250mm.
Zwischen NAO-Winterindex und Winterniederschlägen sollte ein Zusammenhang bestehen.
Sehr geehrter Herr Krüger,
ja, zwischen NAO und Winterniederschlägen gibt es schon deshalb einen wesentlichen positiven Zusammenhang, weil es den auch zwischen Westlagenhäufigkeit im Winter und Winterniederschlag gibt. Keinen wesentlichen fand ich aber zwischen Winter-AMO und Winter-Niederschlag; siehe Text.
Hallo Herr Rolle,
beim DWD ist alles ein bisserl kompliziert. Sie gehen am besten auf http://www.dwd/de/ und dort auf „Leistungen“. Da finden Sie dann auf Seite 9 „Zeitreihen und Trends“ mit den Flächenmitteln für D und einzelne Regionen/BL seit 1881.
Hallo,
kann mir jemand die Links zu den Originaldaten des DWD schicken. Ich wollte mal einen Leserbrief auf Grund eines EIKE Artikels schreiben, habe zuvor sicherheitshalber auf der DWD Seite nach den Orginalschaubildern gesucht und hoppla, die sahen etwas anderst aus.