Die Verkehrsminister von Bund und Ländern hatten sich bekanntlich auf ihrer Konferenz in Nürnberg im April dafür ausgesprochen, alle Luftmessstellen zu überprüfen. Das sah wohl der von Rücktrittsrufen bedrohte Verkehrsminister Herrmann (Grüne) als Angriff und verteidigte sich mit einem rasch einberufenen »Workshop«.
Wenig überraschendes Ergebnis laut ministerieller Pressemeldung: »Die Messungen zur Überwachung der Luftqualität in Baden-Württemberg erfüllen alle bundesgesetzlichen Anforderungen der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV).« Und: »Der Workshop hat bestätigt, dass keine begründeten Zweifel an der Qualität, dem Umfang und den Standorten der Messungen zur Luftqualität bestehen«, so Christoph Erdmenger, Leiter der Abteilung Nachhaltige Mobilität im Ministerium für Verkehr.Beteiligt waren Vertreter aus Verwaltung, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Umwelt, darunter auch die neue Präsidentin der für die Messungen zuständigen LUBW Landesanstalt für Umwelt, Eva Bell: »Die LUBW ist sich der Relevanz der Standortauswahl bewusst.«
Bell: »Seit Beginn der Spotmessungen Anfang 2004 wurde die Standortauswahl und die Erfüllung der einzelnen Kriterien dokumentiert und regelmäßig überprüft. Die Auswahl der Standorte erfolgte immer auf Grundlage der rechtlichen Vorschriften in Abstimmung mit dem Verkehrsministerium und den betroffenen Kommunen.«Die Ergebnisse der Prüfungen sind über die Homepage der LUBW öffentlich verfügbar. Für die besonders im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit stehende Messstelle Stuttgart Am Neckartor wurde eigens eine FAQ auf der Homepage des Ministeriums für Verkehr eingerichtet.
An der Spitze der Karlsruher Anstalt steht seit vergangenem Herbst Eva Bell, eine Ernährungswissenschaftlerin und frühere Verbraucherschützerin. Sie hat die grüne Karriereleiter durch verschiedenen Posten und Pöstchen in den diversen Stellen durchlaufen und ersetzte die vor einem Jahr plötzlich zurückgetretene bisherige langjährige Präsidenten der LUBW, eine CDU-Politikerin.
»Dass sich die grün dominierte Landesregierung und die von ihr protegierten Parteigänger in Behörden und Verbänden natürlich selbst einen Blankoschein ausstellen, ist nicht wirklich überraschend«, schreibt Ingenieur Fred. C. Mueller, der sich gründlich mit Luftmesstechnik befasst.
Wes Geistes Kind die Leute seien, die »hier von ihren grünroten Spezln über Jahre in sichere Verwaltungspöstchen gehievt wurden«, könne man schon daraus erkennen, dass das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur in Baden-Württemberg Stickoxid pauschal als »Krankmacher« bezeichne.
»Dies ist für eine Behörde, zu deren Verantwortungsbereich die wissenschaftlich korrekt durchgeführte Beurteilung der Auswirkungen des Verkehrs gehört, geradezu atemberaubend dümmlich. Hier wurde nicht zwischen NO2 und NO unterschieden, die bei den infrage kommenden Konzentrationen sehr unterschiedliche Auswirkungen auf den Menschen haben. Während NO2 bei den infrage kommenden Konzentrationen allenfalls ein mildes Reizgas ist, handelt es sich bei NO um einen lebensrettenden Botenstoff, der bei der Beatmung von Herzinfarktpatienten eingesetzt wird.«.Mittlerweile hat die Prüforganisation DEKRA ebenfalls die Luftsituation rund ums Stuttgarter Neckartor in einer eigenen Aktion gemessen. Die DEKRA-Fachleute gingen vor allem dem Feinstaub nach. Überraschendes Ergebnis: Man sollte die Stuttgarter U-und S-Bahnhöfe meiden, denn dort ist die Feinstaubbelastung deutlich höher als am Neckartor.
Wie die Stuttgarter Nachrichten jetzt berichteten (nachdem sie kurz vorher Jörg Kachelmann in gleicher Frage noch widersprochen hatten), ermittelten zwei DEKRA-Mitarbeiter auf einer mehrstündigen Tour mit zwei Testgeräten, wie viel Feinstaub an unterschiedlichen Stellen in der Luft schwebt.
»In der unteren Etage des Bahnhofs Charlottenplatz, wo sich ein Teil der Gleise befindet, schnellt der Messwert auf 100 Mikrogramm pro Kubikmeter hinauf – das ist das Doppelte des Tagesgrenzwerts. Solche Ausschläge sind zunächst mit Vorsicht zu genießen, sagt Clemens Klinke, Technischer Direktor und Chef der Autosparte von DEKRA. Denn sie zeigten zunächst nur eines: wie empfindlich die Messgeräte sind, die derart geringe Konzentrationen aufspüren – und wie stark selbst kleinste Veränderungen in der unmittelbaren Umgebung die Werte beeinflussen.«Um welch sensibles Umfeld es sich handelt, machen die Worte von Klinke deutlich: »Um einen solchen kurzzeitigen Anstieg auszulösen, kann es schon reichen, wenn in der Bahn jemand vorbeiläuft und die Luft verwirbelt.«
»Doch zwei Stationen weiter gehen die Messwerte in den Bahnhöfen erneut steil nach oben. Dort befindet sich das Neckartor, das Stuttgart wegen seiner hohen Schadstoff-Messwerte bundesweite Bekanntheit verschafft hat. Auf der U-Bahn-Fahrt dorthin liegt der Feinstaubgehalt erneut die meiste Zeit um die 25 Mikrogramm, doch beim Aussteigen in dem unterirdischen Bahnhof schießen sie erneut nach oben – dieses Mal sogar auf 120 Mikrogramm. Allerdings nur in der Station. Kaum erreichen sie die vielbefahrene Durchgangsstraße an Deutschlands angeblich dreckigster Kreuzung, geht es wieder steil bergab mit der Feinstaubkonzentration – auf 25 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Überraschend ebenso ein weiteres Detail in der lesenswerten Reportage: »Eine weitere Überraschung gibt es in der Stuttgarter Königstraße, als der Wert plötzlich von 20 auf 150 Mikrogramm hochschnellt. Die Ursache ist ein Raucher, der an den beiden Mitarbeitern vorbeiläuft und die Feinstaubkonzentration kurzzeitig weit über das hinaus steigert, was selbst in den U-Bahn-Stationen gemessen wurde.«
Der Bericht hält noch eine weiteres unerwartetes Ergebnis bereit: Der Mann der DEKRA misst an der Kreuzung am berüchtigten Neckartor nicht – wie zu erwarten – Horrorwerte, sondern einen Feinstaubgehalt, der um rund 20 Prozent niedriger liegt als an der staatlichen Messstelle der LUBW.»Die LUBW-Station steht zwar nicht direkt an der Kreuzung, dafür aber vor einer großen Hausfront und hier wiederum in der Nähe eines Vorsprungs. Das könnte die Messwerte entscheidend beeinflussen, meint Klinke: »Offensichtlich hat der Luftstau an der Gebäudefassade einen stärkeren Einfluss auf die Messwerte als die Staus auf der Kreuzung.«
Messanalytiker wissen eben: Entscheidend bei einer Messung ist die Stelle, an der gemessen wird. Das wissen auch die Fachleute der LUBW. Lediglich die grünen Spitzen in der Verwaltung versuchen zu retuschieren.
Die beste Idee kommt aus dem Workshöple des Verkehrsministeriums: Bäume weg aus dem Schlossgarten! Die Bäume in dem altehrwürdigen Stuttgarter Schlossgarten würden »wie eine Wand« (Bell) wirken und die Werte an der nahen Messstelle Neckartor in die Höhe treiben. Also sei es im Sinne des Gesundheitsschutzes, wie der parlamentarische Berater der CDU-Landtagsfraktion, Manuel Zipperer, vorschlug, die »Auslichtung des Baumbestandes im Schlossgarten« zu prüfen. Bäume also in dem 600 Jahre alten Schlosspark fällen, um am Neckartor dubiose Grenzwerte zu senken!
Hat da jetzt jemand laut gelacht oder heiser?
Der Beitrag erschien zuerst bei Tichys Einblick hier
Wie unsinnig unsere Regierung zum Thema Feinstaub und NOx agiert zeigt das Thema der Pelletkesselheizung.
Zum einen werden diese Kessel durch die BafA mit mindestens 3.500€ gefördert, andererseits stoßen diese Heizungen ein mehrfaches an Feinstaub und NOx aus.
Zu schreiben „Schilda lässt grüssen“ wäre eine Beleidigung an die Schildbürger.
Prinzipielle Zustimmung…, ABER:
Ich habe „aus Versehen“ nach einer total mit „Fraunhoferbetreuung“ verkorksten Wärmepumpe seit 2010 einen „Reparations-“ Pelleter laufen („Variowin“, modulierend, 12 kW max). Der unterschreitet den Grenzwert für Feinstaub nach Schornimessung um mehr als 85%. Den Pelleter habe ich letzlich aus „Geiz“ gewählt, der gilt zwar als „grün“ (ist mir völlig Rille….) , aber die kWh ist die ziemlich preiswerteste, auch wenn das Ding etwas mehr Arbeit macht, als mein ursprünglicher „Öler“.
Übrigens: Messtechnisch die „schlimmsten“ Kessel nach Schorni sind die „Kombinierten“ (Scheitholz + Pellets), die Sinnhaftigkeit dieser Grenzwerte lassen wir mal außen vor, ………. ohne Feinstaub würde es z.B. wohl NIRGENDS regnen ………..
@alle
sorry, fast vergessen, es gibt ein Programm, mit dem jedermann solche Filme aufzeichnen kann. Es heisst Mediathek Viewer und kann u.a. unter folgender Adresse kostenlos heruntergeladen werden:
http://www.chip.de/downloads/MediathekView_34031575.html
Mfg
Ich hoffe ja nur, das keiner der Grünen Grillt, Raucht, oder Kerzen zum Dinner oder Adventskranz anzündet. Das treibt den NOX anteil höher als im Straßenverkehr.
Dazu Passend:
https://www.ardmediathek.de/tv/Plusminus/Die-Sendung-vom-16-Mai-2018/Das-Erste/Video?bcastId=432744&documentId=52474142
Sehr geil: Griechenland hat nur 9 Messtationen (DE 200), mindestens 2 Davon stehen nicht an der Strasse. Eine Davon in 35m Höhe auf einer Univerisität. Und dort werden trotzdem die Grenzwerte nur ganz knapp unterschritten 😉
Wer viel misst misst Mist.
Lieber Hr. Stiller,
eine Perle, herzlichen Dank. So langsam scheint sich auch bei manchen Journalisten die Erkenntnis auszubreiten, mit welch gigantischem Massenbetrug wir es hier zu tun haben.
Aufruf an alle, vor allem an die Geschädigten: Film herunterladen und im Bekanntenkreis zeigen. Es handelt sich um die beiden ersten Teile der Sendung, das Ganze geht also schnell.
Mfg
Gut, man sollte erwähnen, das Griechenland auch nur ein Achtel der Einwohner hat. Deshalb wohl auch weniger Messtationen.
Die betreffende Station auf der Uni war wohl in Thessaloniki, 15.600 Einwohner pro Km², Stuttgart hat nur 3029. Da wundert es kaum, das die Grenzwerte in 35m Höhe gemessen trotzdem fast noch überschritten werden.
Schwer vorstellbar, das sich bei der Einwohnerdichte nicht Messtationen so platzieren ließen, dass diese ein vielfaches von Stuttgart messen. Warum werden die Griechen nicht verklagt, das Sie mal so messen sollen wie in Deutschland?
Das ganze ist echt eine Farce.
In Athen misst eine Station in 15 bis 20 m Höhe.
Die EU-Kommission hat entschieden, sechs Länder wegen zu schmutziger Luft in vielen Städten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu klagen. Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und das Vereinigte Königreich hätten die EU-Grenzwerte für Stickoxide missachtet, die bereits seit 2010 verbindlich für alle EU-Staaten sind. [ORF.at]
Man darf gespannt sein, wie sich die einzelnen Länder verhalten werden.
In S müsste der Begriff „Feinstaubalarm“ auf den Schildern schon längst ersetzt worden sein durch die neue Hype „NOx-Alarm“, dann wäre man der „Wahrheit“ ein Stück näher gekommen.
Feinstaub wäre kein Thema, würde man die Strasse wieder, wie zu Zeit der Pferdedroschken, öfter mal mit einer Kehrmaschine mit ausreichend Wasser säubern- aber das wäre vermutlich zu einfach, zu kostengünstig, und einer „modernen Stadt“ nicht zeitgemäss.
Die Durchlüftung der Stadt wäre besser, man würde das ehemalige Gleisfeld nicht bebauen. Mit den geplanten Gebäuden steigt die Rauhigkeit des Geländes, und damit wird das bisschen Wind zusätzlich gebremst. Es herrscht in Ba-Wü überwiegend Westwind, und die Achse Stuttgarts ist nun mal (grob gesagt) Nord-Süd, da kann der Wind nicht viel ausrichten.
Stuttgart wäre schön gelegen am Grunde eines Stausees, dann wäre das Thema vom Tisch.