Teil 1- Die Illusionen und Irrwege der „grünen“ Branche im Baum- und Naturschutz

Bild rechts: Da ging was schief: Absterbende Straßenbaum- Ersatzpflanzung. Foto: Stefan Kämpfe

Meist kontraproduktiv – die Baumschutzsatzungen sowie Regelungen zu Ersatzpflanzungen

In vielen Städten gibt es so genannte „Baumschutzsatzungen“. Sie gelten meist für die Gehölze innerhalb der bebauten Ortsteile. Bäume ab einer bestimmten Größe, die sich meist am Stammumfang oder Stammdurchmesser orientiert, dürfen vom Eigentümer, selbst wenn er den Baum selbst gepflanzt hat, nur nach vorheriger Genehmigung der Kommune entfernt werden, unter Entrichtung einer „Verwaltungsgebühr“ sowie unter Auflagen zu „Ersatzpflanzungen“ oder „Ersatzzahlungen“, versteht sich. Der Eigentümer wird also zum Bittsteller degradiert, Anträge müssen selbstverständlich „begründet“ sein und können auch abgelehnt werden. Damit solle, so die Argumentation der Umweltlobby „Der Baumbestand in der Stadt erhalten, das Klima geschützt und den Belangen der Stadtökologie Rechnung getragen werden.“ Doch halt – sind Kommunen ohne Baumschutzsatzungen etwa ärmer an Bäumen, und lässt sich der Nutzen einer Baumschutzsatzung überhaupt nachweisen? Die Antwort lautet: Nein. Der Nutzen von Baumschutzsatzungen lässt sich nicht belegen. Ohnehin gelten die jeweiligen Naturschutzgesetze der Bundesländer oder weitere Satzungen wie etwa Bebauungspläne, welche den Baumbestand innerhalb einer Kommune zumindest teilweise schützen und die Freiheit und Eigenverantwortung der Bürger leider gleichfalls einschränken. Und in Fällen, in denen die rechtmäßige Bebauung eines Grundstücks oder eines Teils davon beantragt wird, bricht das höherrangige Baugesetzbuch (Bundesrecht) ohnehin das (nur kommunale) Baumschutzrecht; die Bäume müssen der Bebauung weichen. Bei der Schonung des eigenen Baumbestandes sind Kommunen, Landes- oder Bundesregierungen keinesfalls vorbildlich. Trauriges Beispiel war die Fällung von fast 300 Bäumen für den völlig überteuerten und überzogenen Ausbau des Erfurter Steigerwald-Stadions; die dortige Fußballmannschaft ist nur drittklassig und entging 2015/16 nur knapp dem Abstieg. Im Mittelpunkt der öffentlichen Kritik stand Erfurts grüne Umweltdezernentin Kathrin Hoyer. Sie musste die Fällorgie genehmigen und auch noch verteidigen.

Abbildung 1: Baumfällungen sind durch Baumschutzsatzungen meist nicht zu verhindern. Oft werden sie sogar von der öffentlichen Hand veranlasst, so etwa in Erfurt oder Weimar, wo trotz zahlreicher Proteste für die Umgestaltung von Straßen und Plätzen immer wieder selbst große, ortsbildprägende Bäume weichen mussten. Trauriger Höhepunkt war die Fällung von fast 300 Bäumen für den Umbau des Erfurter Steigerwald- Stadions. Foto: P. Jasmer

Städte ohne Baumschutzsatzungen sind nicht baumärmer. So steht auf der Website der Stadt Kamp-Lintfort: „In Kamp-Lintfort gibt es keine Baumschutzsatzung. Vielmehr setzen der Rat und die Verwaltung auf Verständnis für die positiven Eigenschaften und die Identifikation mit den Bäumen. Statt zusätzlicher Reglementierung der Bürgerinnen und Bürger mit dazu noch anfallenden Personal- und Sachkosten zur Kontrolle der Baumschutzsatzung, fließt das Geld in Pflege und Neupflanzung von Bäumen.“ (Quelle https://www.kamp-lintfort.de/de/inhalt/baumschutz/ ). Eindeutig belegen lässt sich eben nur der monetäre und bürokratische Aufwand zur Umsetzung der Baumschutzsatzungen für die finanziell meist klammen Kommunen. So hat man in Solingen im Zuge der Diskussion um die Abschaffung oder Vereinfachung der Baumschutzsatzung jährliche Kosten von 54.000 Euro ermittelt (Quelle http://solingen-spart.de/sites/2010/www.solingen-spart.de/dito/forum7c48.html?action=editArticle&id=157&view=print ). Aber selbst in kleineren Kommunen fallen erhebliche Verwaltungskosten an; Meerbusch ermittelte jährlich 22.500 Euro Personalkosten für nur eine halbe Planstelle plus einmalig 13.000 Euro für ein neues Dienstauto (Quelle http://www.rp-online.de/nrw/staedte/meerbusch/verwaltung-baumschutzsatzung-kostet-35-000-euro-und-bringt-nichts-aid-1.3966144 ). Diese finanziellen Aufwendungen lassen sich mittels Verwaltungsgebühren, welche den Antragstellern aufgebürdet werden und für weitere Verärgerung sorgen, nur zu einem geringen Teil wieder einspielen. Auch deshalb suchen viele Kommunen verzweifelt nach Kompromissen und schränken den Geltungsbereich der Baumschutzsatzungen mehr und mehr ein. So etwa in der finanziell stets klammen Stadt Weimar. Die erste, rechtlich strittige Satzung von 1991 stellte noch alle Gehölze ab 30cm Stammumfang (in 1 Meter Höhe gemessen) unter Schutz; ab 1998 erhöhte man den Stammumfang auf 50cm, ab Ende 2008 fielen alle Obstgehölze von weniger als 100cm Stammumfang und einem Kronenansatz unter 160cm aus der Satzung. Und momentan ist die Weimarer Satzung schon wieder in Überarbeitung – alle Obstgehölze und Fichten sollen nun nicht mehr geschützt werden… .

Abbildung 2: Diese Aufnahme ist historisch. Auch in Weimar, wo man immer meint, besonders grün zu sein, werden viele Bäume gefällt. Diese Spitzahorne erblühten letztmalig 2011 in ihrem lindgrünen Gewand. Danach mussten sie, zusammen mit mehreren Linden, der Umgestaltung des Herderplatzes und dem Bau eines Kirchenladens weichen. Foto: Stefan Kämpfe

Aber wie sieht es mit öffentlichen Baumpflanzungen in den Kommunen aus? Diese sind meistens sinnvoll und erwünscht- doch manchmal wird auch hier über das Ziel hinausgeschossen. Nämlich immer dann, wenn viel zu große, ungeeignete Bäume in viel zu engen Straßen gepflanzt oder nachbarrechtliche Belange verletzt werden.

Abbildung 3: Selbst am helllichten Tage ist es in dieser Nebenstraße stockfinster, weil viel zu große, dichte Bäume in kaum zwei Metern Abstand zu den Häusern gepflanzt wurden. In vielen Räumen kommt man von Mai bis Oktober auch tagsüber nicht ohne Kunstlicht aus. Foto: Stefan Kämpfe

Diese Fehlentscheidungen sind oft auch eine Folge der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, welche sich nach den Regelungen der Baumschutzsatzungen und der Naturschutzgesetze ergeben. Die massive Bautätigkeit und der hohe Flächenverbrauch der letzten Jahrzehnte führten besonders in Ostdeutschland zu einer Flut an Ersatzpflanzungen, für die es zunehmend an geeigneten Flächen mangelt. Wenn aber Hausbewohner in den von Bäumen verdunkelten Wohnungen mehr elektrisches Licht und wegen des Fehlens der wärmenden Sonnenstrahlen mehr Heizung benötigen, so wird das hohe Ziel des „Umweltschutzes“ verfehlt. Oft kommt es zu massiven Beschwerden, die meist ein rabiates Zurückschneiden oder gar die Fällung von Bäumen nach sich ziehen- verbunden mit erhöhtem Verwaltungsaufwand. Und landauf, landab gammeln und welken zahllose „Ersatzpflanzungen“ vor sich hin, die zwar mit hohem finanziellem Aufwand erstellt wurden, aber wegen des Personal- und Geldmangels nicht dauerhaft zu unterhalten sind.

Fazit: Baumschutzsatzungen bedeuten viel rechtlich-fachliches, vom Bürger kaum durchschaubares bürokratisches Wirrwarr mit hohen Kosten ohne Nutzen für die Umwelt. Hier sollten vom Gesetzgeber dringend Vereinfachungen und Vereinheitlichungen unter Stärkung der Eigenverantwortung und der Eigentumsrechte der Bürger vorgenommen werden. Ersatzpflanzungen von Bäumen sind nicht überall möglich und nur dort sinnvoll, wo sie fachlich funktionieren und Wohnräume oder Gärten nicht zu sehr verschatten. Der Staat ist in Form der öffentlichen Hand kein gutes Vorbild für den Umgang mit Bäumen, denn sehr viele Fällungen gehen auf sein Konto.

Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

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