In ihrer Arbeit lästert die Rahmstorf-Gruppe auch über den neuen IPCC-Klimabericht, dessen Meeresspiegelprognosen sie als zu harmlos ansieht. Das konnten die IPCC-Autoren natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Am 1. August 2014 veröffentlichten sie in derselben Zeitschrift ein Diskussionspapier mit einer Kritik an der Rahmstorf-Veröffentlichung. Das neunköpfige Autorenteam wird dabei angeführt von Jonathan Gregory von der University of Reading in Großbritannien und besteht ausschließlich aus IPCC-Autoren des 5. Klimazustandsberichts (AR5). Im Gegensatz hierzu gehört kein einziger der vier Forscher aus der Rahmstorf-Gruppe (Benjamin Horton, Stefan Rahmstorf, Simon Engelhart, Andrew Kemp) zur IPCC-AR5-Autorenschaft.
Jonathan Gregory und seine IPCC-Kollegen kritisieren das Rahmstorf-Paper als so sehr “irreführend”, dass eine Korrektur notwendig sei. Es gäbe einen großen Unterschied zwischen einer ‘allgemeinen Kollegenumfrage’ und einer ‘seriösen wissenschaftlichen Analyse’. So hätten mehrere der von Rahmstorf Befragten enorm hohe Meeresspiegelanstiegswerte angegeben, die nicht durch physikalische Prozesse gedeckt seien. Unrealistisch hohe, spekulative Schätzwerte hätten in einer solchen Zusammenstellung aber nichts zu suchen. Interessanterweise enthielt die Rahmstorf-Befragung keinen einzigen Schätzwert der IPCC-Autoren aus der Gregory-Gruppe.
Im Folgenden einige Auszüge aus der Gregory et al.-Kritik an der Rahmstorf-Umfrage:

Horton et al. 2014 diskutieren die Projektionen des mittleren Anstiegs des globalen Meeresspiegels (GMSLR) bis zum Jahr 2100 aus dem AR 4 des IPCC (Meehl et al. 2007) und dem AR 5 (Church et al. 2013a) der Arbeitsgruppe I des IPCC. Unserer Ansicht nach sind einige ihrer Bemerkungen irreführend, und wir würden sie gerne korrigieren. Wir alle waren Autoren des Kapitels zum Meeresspiegel im AR 5, und einer von uns (Gregory) war ein Autor beim AR 4.

[…]

Horton et al. 2014 präsentieren Projektionen des GMSLR bis zu den Jahren 2100 und 2300 basierend auf den Antworten von 90 individuellen Personen auf eine Umfrage; wir waren nicht unter diesen 90. Diese Antwortenden waren eine Untergruppe (18%) der 500 Personen, die Horton et al. aus dem Thompson-Reuters-Netz der Wissenschaft identifiziert haben. Sie haben seit dem Jahr 2007 die größte Anzahl begutachteter Artikel veröffentlicht, in denen es um den Meeresspiegel geht. Die anderen 410 Personen (82%) derjenigen, die identifiziert worden sind, konnten nicht kontaktiert werden, lehnten es ab zu antworten oder lieferten unvollständige und inkonsistente Antworten.

[…]

Rahmstorf hat die Studie von Horton et al. kommentiert, von der er einer der Autoren ist, und zwar im real climate blog. Er merkt an, dass in „Expertenkreisen die IPCC-Berichte weithin als konservativ angesehen werden; die Studie ist die empirische Bestätigung“. Diese Meinung ist inkonsistent mit unserem Vergleich. Es gibt einen großen Unterschied hinsichtlich der Präzision zwischen der IPCC-Zustandsbeschreibung und einer Experten-Erhebung von Antworten. Die IPCC-Zustandsbeschreibung ist geschrieben worden von einer Gruppe, die als Experten in ihren jeweiligen Disziplinen identifiziert wurden. Sie war transparent und stabil abgeleitet aus einer umfassenden Durchsicht veröffentlichter begutachteter Literatur und durchlief drei Runden der Begutachtung durch Wissenschaftler und Regierungen zum Zwecke der wissenschaftlichen Genauigkeit und Klarheit.

Eine Experten-Erhebung ist andererseits undurchsichtig; die Antwortenden werden nicht aufgefordert, ihre Antworten zu rechtfertigen, und wir können nicht wissen, wie sie zu ihren Schlussfolgerungen gekommen sind. Falls ihre Beweisführung nicht aus veröffentlichter begutachteter Literatur abgeleitet werden kann, sollte es einen IPCC-Zustandsbericht nicht beeinflussen. Zum Beispiel zeigt Abbildung 2 in Horton et al., dass viele der Antwortenden das 83-Perzentil für den GMSLR bis zum Jahr 2100 für RCP8,5 über 2,5 platziert haben, d. h. über 1,5 Meter über der Wahrscheinlichkeits-Bandbreite im AR 5, wobei die größte ,Best Estimate‘ bei etwa 6 Metern lag. Keine physikalisch plausiblen Szenarien für so hohe Werte wurden in der Begutachteten Literatur veröffentlicht. Im Gegenteil, es wurde argumentiert, dass sie physikalisch unhaltbar sind (Pfeffer et al. 2008).

Der Prozess zur Vorbereitung der IPCC-Zustandsbeschreibungen ist darauf ausgerichtet, ungerechtfertigte Spekulation außen vor zu lassen, welche zu unter- oder überschätzenden Projektionen führen können. Die IPCC-Zustandsbeschreibung zielt darauf ab, wissenschaftlich robust und konsistent mit der Literatur zu sein. Dieses Verfahren kann zu Recht als sorgfältig beschrieben werden, aber es ist nicht „konservativ“, wie es Rahmstorf charakterisiert hat.

Rahmstorfs Meeresspiegelforschung stößt mittlerweile auf immer mehr Gegenwehr aus der Fachkollegenschaft. Seriöse Forscher haben genug von den alarmistischen Sintflut-Vorhersagen, die das ganze Fach in Misskredit bringen. So scheiterte Ende 2012 ein anderes Meeresspiegel-Manuskript der Rahmstorf-Gruppe im Begutachtungsverfahren des Fachmagazins Climate of the Past. Die Reviewer empfanden die Datenanalyse und Darstellung als entschieden voreingenommen und entdeckten fundamentale Fehler in der Methodik (siehe unseren Blogartikel “Fachzeitschrift ‘Climate of the Past’ lehnt Meeresspiegel-Manuskript von Rahmstorf-Gruppe ab: Gutachter finden fundamentale Fehler in der Methodik“).
Link: http://www.kaltesonne.de/?p=19795
Übernommen aus dem Blog „Kalte Sonne“. Englische Passagen übersetzt von Chris Frey EIKE

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