So werden wir beispielsweise – obgleich es überzeugende Anzeichen dafür zu geben scheint – nicht von anpasserischen Politikern, sich selbst bedienenden Lobbyisten, fanatischen Umweltaktivisten und gierigen Wallstreet-Manipulatoren geführt. Das ist eine Illusion.

Doch es gibt einen noch stärkeren (aber kaum sichtbaren) Antreiber hinter dem Anschein. Dieser Unsichtbare ist der Computer-Programmierer. Und wie im Märchen vom „Zauberer von Oz“ soll niemand diesem wirklichen Schicksalslenker auf die Finger schauen.

Als Computer-Programmierer will ich hier alles über den „Zauberer“ ausplaudern. Auch wenn mich das vermutlich meine Mitgliedschaft im Club (auch als Physiker und Umweltaktivist) kosten wird.

Der erste Hinweis auf Probleme wird schon deutlich in der Wikipedia-Erklärung über Computer-Programmierer gegeben: 

Dieses Fach unterscheidet sich von vielen anderen technischen Berufen darin, daß Programmierer im allgemeinen weder Zulassungsprüfungen bestehen noch irgendwelche anderen standardisierten (oder amtlichen) Befähigungsnachweise erbringen müssen, um sich „Programmierer“ oder sogar „Software-Ingenieur“ nennen zu können.

Hmmm. 

Als Laie kann ich mir das nur so erklären, dass die ganze Computer-Programmiererei darin besteht, Annahmen zu treffen und diese in mathematische Gleichungen umzusetzen.

Die ganz große Frage lautet: Kann man wirklich komplexe Lagen aus der wirklichen Welt genau in Einsen und Nullen übersetzen? HAL [Anm. d. Ü.: die Computerstimme aus dem Film „Odyssee im Weltraum“] mag das glauben, doch höher verarbeitende Gehirne sagen Nein. Trotzdem wird es immer wieder mit sehr begrenztem Erfolg versucht. Schauen wir ein wenig genauer hin.

Fangen wir mit einem Beispiel an, wie Annahmen in einem Modell getroffen werden.

Ich habe ein Computer-Programm für Schuldeneintreiber geschrieben. Eine typischer Hergang war, dass dem Schuldner ein Termin für eine Zahlung genannt worden wäre und die Inkasso-Gesellschaft diese nicht rechtzeitig erhalten hätte. Welche Reaktion ist daraufhin angemessen?

In dieser Situation kontaktiert das Computer-Programm automatisch den Schuldner. (Man bedenke, dass es bei den Inkasso-Firmen Tausende von Schuldnern gibt und dass es aus Zeitgründen einfach unmöglich ist, durch persönliche Intervention jeden einzelnen Fall zu prüfen und zu verfolgen.)

Was soll also im Computerbrief an den Schuldner stehen? Nun, es hängt von den Annahmen des Computer-Programmierers ab.

Solche Situationen versucht der Programmierer auf mathematische Optionen zu vereinfachen.

Wie entscheidet der Programmierer (im Modell) über „Ja“ oder „Nein“? Also, da werden andere Hinweise benutzt (z. B. ob frühere Zahlungen rechtzeitig geleistet wurden), um eine statistische Wahrscheinlichkeit zu erzeugen. 

In einer komplexen Lage (z. B. Schuldeneintreibung, Klimawandel, Finanz-Derivate) kann leicht ein ganzes Hundert solcher Wahlmöglichkeiten entstehen, das zu behandeln ist.

Um die Implikationen zu verstehen, soll nur der Fall betrachtet werden, wo es zehn derartige Entscheidungspunkte gibt – jeder mit einer möglichen „Ja-“ oder „Nein-“ Entscheidung. Am Ende des Ablaufs stehen 210  (d. h. 1024) mögliche Antworten. Das bedeutet eine ganze Menge von möglichen Schlussfolgerungen.

Leider gibt es aber noch viel mehr Möglichkeiten! Die Annahme, dass diese Schuldner-Situation auf eine „Ja“ oder „Nein“-Antwort verdichtet werden könnte, trifft nicht zu. Denn es gibt viele weitere reale Lagen, die sich einem „Ja“ oder „Nein“ entziehen.

Zum Beispiel: Was ist, wenn der Schuldner niemals zu Anfang eine Nachricht erhalten hätte, dass die Zahlung zu dem Termin fällig war, den das Inkasso-Unternehmen überwachte? Oder: Was, wenn der Schuldner das Geld überwiesen hätte und die Zahlung fehlgeleitet wurde? Oder: Was, wenn der Schuldner die Zahlung an den ursprünglichen Gläubiger geleistet hätte, anstelle an das Inkasso-Unternehmen? Oder: Was, wenn der Schuldner das Geld rechtzeitig überwiesen und das Inkasso-Unternehmen fälschlicherweise die Gutschrift nicht rechtzeitig bewirkt hätte? Usw., usw.

In einem korrekten Computer-Modell müssen alle derartigen Lagen richtig behandelt werden (gesetzlich, zeitlich usw.). Erkennen Sie nun die Komplexität anhand dieses ganz einfachen Beispiels einer nicht fristgerechten Zahlung?

Aber da gibt es noch einen bisher nicht erwähnten weiteren wichtigen Faktor (jetzt schon Nr. 4).  Was ist, wenn der Schuldner nicht bezahlt hat, dies aber darauf zurückzuführen ist, dass sein Kind multiple Sklerose hat und er nicht krankenversichert ist? Wie schreibt ein Computer-Programmierer den Code für so abstrakte Vorstellungen wie „Fairness“? Anders gesagt, können „Einsen“ und „Nullen“ so angeordnet werden, dass sie Nicht-Anfassbares darstellen? Ich denke nein.

Daher steht unter dem Strich die Frage: Kann ein Computer-Programm überhaupt alle Möglichkeiten der realen Welt richtig behandeln – bereits schon in diesem einfachen Fall der Schuldeneintreibung? Die Antwort ist Nein.

Wir haben schon beachtliche Schwierigkeiten beim Übersetzen einer relativ einfachen Sache wie der Sprache – z. B. von griechischen biblischen Texten ins Englische. Wie viele Versionen der Bibel gibt es? Warum nicht nur eine?

Können wir möglicherweise hoffen, einen Vorgang zu übersetzen, der viel komplizierter als Wörter ist? Wir können es versuchen, aber die klare Antwort ist, dass beim Übersetzen jeder komplexen Lage (Schuldner, Energie-Leistung usw.) in mathematische Gleichungen und Computer-Code eine ganze Menge verloren geht.

Manche uninformierte Gruppen glauben, dass der Computernutzer alle Variablen beherrscht und dass er von Hand (und mit Genauigkeit) die Lagen ändern kann. Das stimmt nicht, weil die vom Computernutzer beherrschten Elemente nur einen kleinen Bruchteil der tatsächlichen Faktoren ausmachen, die in ein Computer-Modell eingebaut sind.

Ein ähnlicher Fehler ist, etwa so zu denken: „wir kennen die Annahmen, die die Programmierer trafen, und wir berücksichtigen sie“. Das ist falsch.

Beim Schreiben eines Computer-Programms mit Komplexität werden buchstäblich Hunderte von Annahmen getroffen. Der Computer-Programmierer enthüllt seinem Kunden diese nicht alle, aus dem gleichen Grund, aus dem ein Steuerberater seinem Kunden nicht alle Annahmen bei der Erstellung einer Steuererklärung mitteilt. Er erwähnt nur einige Grundannahmen und sagt dann: „Unterschreiben Sie hier“.

Ja, dieses Beispiel bringt mich auf eine weitere Hauptvariable (Nr. 7): auf die Daten, die der Programmierer als Grundlage bei der Programmerstellung benutzt.

So, wie auch die Erstellung einer Steuererklärung auf der Zusammenarbeit zweier Parteien beruht, so ist auch das Schreiben eines Computer-Modells eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler und Programmierer. Wenn der Steuerpflichtige dem Steuerberater unvollständige oder unrichtige Angaben macht, wird das Ergebnis falsch. Das Beunruhigende ist, dass in vielen Fällen keine der Parteien erkennt, dass die Ergebnisse falsch sind.

Gleichermaßen wird das Ergebnis falsch sein, wenn ein Wissenschaftler (unabsichtlich) unvollständige oder ungenaue Daten dem Programmierer für dessen Arbeit gibt. Und keine Partei wird es merken.

Es gibt eine noch bedeutendere Variable (Nr. 8) zu berücksichtigen. Nach der Fertigstellung eines Computer-Modells wird ein „Dolmetscher“ (z. B. das IPCC) die „Ergebnisse“ für Politiker und die Öffentlichkeit (z. B. die Medien) übersetzen.

Und da erleben wir eine Überraschung: Diese Übersetzungen werden von politischen, religiösen, umweltbezogenen, finanziellen und wissenschaftlichen Meinungen beeinflusst. Erklären die Dolmetscher in ihren öffentlichen Äußerungen alle ihre unterschwelligen Vorurteile? Man weiß jetzt die Antwort: ganz gewiss nicht.

Wenn alle diese Faktoren in die Gleichungen eingeführt werden, sind wir offensichtlich schon so weit von den wissenschaftlichen Tatsachen abgewichen, dass diese gar nicht mehr sichtbar sind.

Daher müssen wir sehr sorgfältig nachdenken, bevor wir große Aktionen starten, die fast ausschließlich auf Computer-Modellen beruhen (z. B. viele Billionen Dollar ausgeben wegen der Klimaprognosen, für die Nutzung der Windenergie usw.) 

Was ist zu tun? Alle Computer-Modelle einfach müllen?

Nein, da würden wir ins andere Extrem verfallen. Computer-Modelle haben ihre Verdienste – doch der Schwanz sollte nicht mit dem Hund wedeln.

Wir sollten realistischerweise Computer-Modelle als das sehen, was sie sind: Hilfsmittel beim Ordnen unserer Gedanken und Erzeuger von sehr subjektiven Ergebnissen, die am Anfang von wirklich wissenschaftlicher Analyse stehen sollten.

Alle Computer-Modelle sollten mit einem sehr gesunden Grad von Skepsis betrachtet werden wegen ihrer innewohnenden Begrenzungen (die ich hier nur angerissen habe).

Und um die angemessene Integrität zu gewährleisten, sollten alle Computer-Modelle für wichtige Angelegenheiten der strengen wissenschaftlichen Methodologie unterworfen werden.

Wenn sie nicht genau und ständig die Beobachtungen aus der wirklichen Welt reproduzieren können, dann sollten sie verworfen werden.

Unglücklicherweise geschieht das nicht. 

Wir sind derart süchtig nach der Illusion geworden, dass diese Programme stimmen – und einige Leute lassen sich von politischen Zielen antreiben. Und wir passen schon die Beobachtungen aus der wirklichen Welt an oder stellen sie gar in Abrede, wenn sie nicht mit dem Modell übereinstimmen. Das ist verrückt.

Wenn ein Modell nicht an der vollen Abbildung der Wirklichkeit erprobt worden ist, dann hat es nur sehr begrenzten Nutzen und sollte mit dem gleichen Grad von Berücksichtigung bedacht werden, wie man sie vielleicht einem Horoskop zuerkennt.

John Droz, Jr. ist Naturwissenschaftler und Anwalt. 

Den Originalartikel finden Sie hier: 

Die Übersetzung besorgte Helmut Jäger für EIKE

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