Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden –Württemberg hat im Dezember 2019 zwei Beschlüsse gefasst, die die Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) betreffen.
Der folgende Beitrag soll erläutern, was der VGH entschieden hat, was aus den Entscheidungen folgt und was man als Betroffener unternehmen kann, wenn in der Nachbarschaft eine Windkraftanlage errichtet werden soll.
1. Analyse
Im Südwesten Baden-Württembergs sollen zwei Windkraftanlagen „Blumberg“ und „Länge“ errichtet werden, für die eine Genehmigung im Sinne von § 13 Bundesimmissionsschutz-gesetz (BImSchG) erforderlich ist. Für die Errichtung ist es notwendig, den dort befindlichen Wald (mehrere Hektar) zu roden. Auch für eine solche Rodung zum späteren Betrieb einer WKA ist eine sogenannte Umwandlungsgenehmigung erforderlich.
Obwohl § 13 BImSchG grundsätzlich „alle“ die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen einschließt und die Genehmigungsbehörde ein Vorhaben unter allen öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten prüfen muss (sogenannte Konzentrationswirkung, da alle Entscheidungen bei einer Behörde konzentriert werden), wurde in Baden-Württemberg seit mehreren Jahren anders vorgegangen. Gemäß dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg vom 09.05.2012, Az. 64-4583/404, wurden die Genehmigungsbehörden von der Landesregierung angewiesen, die ggf. erforderliche Rodung eines Waldes als bloße Vorbereitung des Vorhabens anzusehen, die nicht von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst werde. Dementsprechend gingen die Behörden auch bei den beiden WKA Vorhaben „Blumberg“ und „Länge“ vor: Das Regierungspräsidium Freiburg erteilte die Genehmigung zur dauerhaften Umwandlung des Waldes (also Rodung). Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis erteilte – ohne Prüfung der Waldumwandlung – die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen zur Errichtung und dem Betrieb der Windkraftanlagen.
Im Rahmen zweier Eilverfahren hat der VGH Baden-Württemberg mit zwei Beschlüssen vom 17.12.2019, Az. 10 S 566/19 (betreffend die Umwandlungsgenehmigung für den Wald) und Az. 10 S 823/19 (betreffend die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Windkraftanlagen) entschieden, dass alle diese Genehmigungen rechtswidrig sind, weil gegen die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG verstoßen wurde. Mithin hätten sämtliche Entscheidungen durch die für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zuständige Behörde getroffen werden müssen in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren.
2. Folgerungen
Was für Folgerungen kann man aus diesen Entscheidungen nun ziehen?
- a) Zunächst kann man davon ausgehen, dass die in den beiden Beschlüssen zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung (es handelte sich um Beschlüsse in zwei Eilverfahren) vom VGH Baden-Württemberg auch in den entsprechenden Hauptsache-Verfahren sowie in seiner gesamten zukünftigen Rechtsprechung angewendet werden wird.
Damit ist die entsprechende Regelung aus dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg hinfällig. Für Baden-Württemberg haben diese Entscheidungen des VGH also eine erhebliche Bedeutung für zukünftige Genehmigungen von Windkraftanlagen. Für die übrigen Bundesländer dürfte sich die Auswirkung der Beschlüsse in engen Grenzen halten, weil dort schon vorher überwiegend die Auffassung vertreten wurde, dass die Genehmigung einer Waldumwandlung zum Zwecke der Errichtung einer WKA von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst wird (z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 29.08.2013, Az. 4 ME 76/13, sowie die entsprechenden Erlasse der Länder Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz). Die – vom VGH als rechtswidrig festgestellte – Rechtsauffassung in dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg dürfte wohl eher politisch motiviert gewesen sein.
- b) Unter Zugrundlegung dieser Beschlüsse des VGH dürften auch viele andere bereits erteilte Genehmigungen von Windkraftanlagen in Baden-Württemberg rechtswidrig gewesen sein, weil wahrscheinlich in einer Vielzahl von Fällen auch bei anderen WKA-Vorhaben zunächst ein Wald gerodet werden musste, ehe die WKA errichtet werden konnte und weil vermutlich auch in diesen Fällen entsprechend der unzutreffenden Rechtsauffassung aus dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg ein falsches Verfahren angewendet und eine fehlerhafte Genehmigung erteilt wurde.
Für die bereits genehmigten und errichteten Windkraftanlagen werden die Beschlüsse des VGH wahrscheinlich dennoch keine weitere Auswirkung haben, auch wenn die zugrunde liegenden Genehmigungen rechtswidrig waren. Das beruht auf folgenden rechtlichen Erwägungen:
Die Genehmigung einer WKA ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Der Verwaltungsakt ist deshalb begünstigend, weil der Adressat einen rechtlichen Vorteil, nämlich die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der WKA erlangt. Ein Verwaltungsakt wird unanfechtbar, wenn nicht innerhalb der Widerspruchsfrist ein Widerspruch eingelegt wird und ggf. gegen einen ablehnenden Widerspruchsbescheid eine Anfechtungsklage erhoben wird.
In den Fällen, in denen eine WKA bereits errichtet wurde, ist mit Sicherheit die Widerspruchsfrist schon lange abgelaufen. Die Genehmigung für die WKA ist somit unanfechtbar geworden und hat die sogenannte Bestandskraft. Das gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist.
Zwar kann ein rechtwidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, von der Behörde zurückgenommen werden (vgl. § 48 Abs. 1 VwVfG Bund). Das geschieht aber nicht automatisch und immer. Vielmehr ergibt sich aus dem Wort „kann“ (zurückgenommen werden), dass die Behörde ein Ermessen hat, ob sie den rechtswidrigen Verwaltungsakt zurücknimmt. Bei dieser Ermessensentscheidung muss die Behörde abwägen zwischen dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Vertrauensschutz des Begünstigten. Das Gesetz schreibt dazu in § 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG: „Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann“. Diese Regelung gilt zwar unmittelbar nur für begünstigende Verwaltungsakte, durch die eine Geldleistung oder Sachleistung gewährt wird (also z.B. Rentenbescheid oder die Bewilligung eines Stipendiums). Die Regelung gilt aber entsprechend auch für sonstige begünstigende Verwaltungsakte, z. B. also auch für die Genehmigung einer WKA.
Wenn der Betreiber einer WKA also nach der Genehmigung der WKA die Anlage errichtet und viel Geld, meistens wahrscheinlich Millionen von Euro, investiert hat, wird sein Vertrauen in den Bestand der Genehmigung in aller Regel schutzwürdig sein. Die Abwägung wird daher ergeben, dass das Prinzip des Vertrauensschutzes gegenüber dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwiegt. Dann darf der – rechtswidrige – Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden.
Sollte eine Behörde dennoch der Meinung sein, dass das Prinzip der Gesetzmäßigkeit überwiegt, müsste sie dem Begünstigten den Vermögensnachteil ausgleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat (§ 48 Abs. 3 S. 1 VwVfG). Die Behörde müsste dem Begünstigten mit anderen Worten Schadensersatz zahlen. Daran wird keine Behörde ein sonderliches Interesse haben.
Fazit: Die genehmigten und bereits errichteten Windkraftanlagen werden aller Voraussicht nach nicht stillgelegt und nicht abgerissen werden, sondern völlig unverändert weiter betrieben werden.
Anmerkung: Viele juristische Laien sind überrascht oder unzufrieden, wenn sie erstmals davon hören, dass ein rechtswidriger Verwaltungsakt nicht automatisch zurückgenommen wird, sondern dass eine Abwägung mit dem Vertrauensschutz des Begünstigten stattfindet. Diese Regelung des Gesetzes ist aber vernünftig und gerecht. Stellen Sie sich vor, dass Sie ein Haus bauen wollen. Dann müssen Sie eine Baugenehmigung beantragen und vermutlich einen sechsstelligen Kredit aufnehmen. Angenommen Sie bekommen sowohl die Baugenehmigung als auch den Kredit. Sie bauen das Haus und ziehen mit Ihrer Familie dort ein. Drei Jahre nach Ihrem Einzug stellt sich heraus, dass die Ihnen erteilte Baugenehmigung, aus welchen Gründen auch immer (böse Nachbarn können da recht findig sein), rechtswidrig war. Würden Sie es gerecht finden, wenn Ihre Baugenehmigung sofort und automatisch zurückgenommen würde und Sie das Haus abreißen müssten? Sicherlich nicht
3. Ausblick
Was kann man dagegen unternehmen, wenn man den Verdacht hat, dass in der Nachbarschaft eine WKA gebaut werden soll?
Zunächst ist es oft schon ein Problem, rechtzeitig von einem solchen Vorhaben zu erfahren. Damit Ihnen hier nichts entgeht, sollten Sie regelmäßig die an Ihrem Ort weit verbreitete Tageszeitung lesen, regelmäßig das Amtsblatt Ihrer Gemeinde oder Ihres Kreises studieren und auf den Internetseiten Ihres Kreises bzw. Ihrer kreisfreien Stadt suchen. Denn das sind die Medien, auf denen üblicherweise von einem WKA-Vorhaben berichtet wird und auf denen auch die öffentlichen Bekanntmachungen (z.B. nach § 10 Abs. 8 S. 1 BImSchG im förmlichen Genehmigungsverfahren) erfolgen.
Sobald Sie von der Genehmigung einer WKA erfahren, legen Sie sofort Widerspruch ein, am besten als Einschreiben gegen Rückschein, damit Sie die Widerspruchserhebung beweisen können. Wichtig ist dabei erstmal nur, dass Sie den Widerspruch fristgerecht, regelmäßig also binnen eines Monats, einlegen. Die Begründung für Ihren Widerspruch können Sie, u.U. auch mit anwaltlicher Hilfe, später nachreichen.
Inhaltlich gibt es eine Reihe von Punkten, die gegen eine geplante WKA vorgebracht werden können, z. B. Überflugrouten von Vögeln, insbesondere von gefährdeten Vogelarten oder Fledermäusen, schützenswerte Biotope oder auch die Verletzung eines Mindestabstandes zum nächsten Wohnhaus. Dabei können Sie als Nachbar aber nur die Verletzungen von Belangen oder Vorschriften geltend machen, die eine sogenannte nachbarschützende Wirkung haben. Sie können wahrscheinlich nur dann erfolgreich gegen die Genehmigung einer WKA Widerspruch einlegen oder klagen, wenn Sie selbst von den schädlichen Auswirkungen der WKA betroffen sind. Allgemeine Belange des Umweltschutzes, z.B. die Überflugrouten von Fledermäusen oder Vögeln, können in der Regel nur durch Naturschutzverbände geltend gemacht werden.
Günstig ist selbstverständlich auch, wenn sich bereits eine Bürgerinitiative gegen das WKA Vorhaben gebildet hat oder wenn ein Naturschutzverband gegen das WKA Vorhaben vorgeht, dass Sie sich in der Bürgerinitiative bzw. dem Naturschutzverband engagieren. Die Bildung einer solchen Bürgerinitiative können Sie auch selbst initiieren durch eine Anzeige in der Zeitung oder einen Aufruf im Internet. Mit der Zeitung erreichen Sie aber im Zweifel mehr Personen, auch ältere oder solche, die nicht regelmäßig im Internet surfen.
Schließlich müssen Sie, wenn Sie rechtlich gegen eine WKA vorgehen möchten, einen guten Anwalt, am besten einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht einschalten. Als juristischer Laie sind Sie den Verwaltungsbehörden mit deren Rechtsabteilungen ansonsten völlig unterlegen.
Ich wünsche allen Lesern, die sich gegen eine weitere sinnlose WKA wehren wollen, viel Erfolg.
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>> Fündig geworden, bei mir gerade aktuell! Bitte um Hilfe.
Ich bin regelmäßiger Eike-Leser und bin gestern über diesen aufschlußreichen Artikel gestolpert. Und siehe da. Im Internet wurde ich sofort fündig. Bei mir in der Nähe laufen gerade 4 Genehmigungsverfahren für WKA oder sind schon abgeschlossen!
Ost217 in 15518 Briesen: https://lfu.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.654762.de
Ost219 in 17337 Uckerland: https://lfu.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.654770.de
Ost221 in 15848 Friedland: https://lfu.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.656808.de
Ost223 in 6259 Beiersdorf-Freudenberg: https://lfu.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.656916.de
Ich wohne in 15848 Friedland, wo das größte mit 12 Windrädern entstehen soll! siehe Ost221.
Ich will auf jeden fall möglichst noch ein paar Nachbarn mobiliseren und dann einen Anwalt nehmen. Aber damit wir die Frist einhalten können hätte ich gleich mal eine dringende Frage, die im Artikel nicht behandelt wird.
In der Bekanntmachung Ost221 steht: Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid den Einwendern und auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt.
Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, beim Landesamt für Umwelt, Genehmigungsverfahrensstelle Ost, Postfach 60 10 61 in 14410 Potsdam schriftlich angefordert werden.
Heißt das, daß man jetzt keinen Widerspruch mehr einlegen kann, wenn man zuvor keine Einwendungen erhoben hat? Im anderen Verfahren Ost217 s.o. das sich noch in einer früheren Phase zu befinden scheint steht auch etwas von Einwendungen. Dort ist eine Frist angegeben in der man Einwendungen erheben kann.
Wir wollen uns aber vor allem gegen Ost221 wehren da das hier ganz in der Nähe ist. Also, kann mir ein Leser oder Herr Lex selbst schnell mal meine Frage beantworten: Können wir noch Widerspruch einlegen obwohl wir nicht rechtzeitig Einwendungen eingereicht haben? Also lohnt es sich in den Anwalt zu investieren?
In unserer Zeitung Märkische Oderzeitung MOZ stand nichts darüber, Sauerei!!
Ich habe den von Ihnen benannten Internet-Link zu Ost 221, Betrieb von 12 WKA in Friedland gelesen. Danach war der Antrag mit den Unterlagen ausgelegt. Die Frist zu Geltendmachung von Einwendungen ist anscheinend abgelaufen.
Nach deutschem Recht, nämlich nach § 10 Abs. 3 S. 5 BImSchG, sind alle Personen, die innerhalb der Einwendungsfrist keine Einwendungen erhoben haben, mit weiteren Einwänden und Rechtsmitteln ausgeschlossen (sogenannte materielle Präklusion). Allerdings hat das OVG Nordrhein-Westfalen in Münster unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 15.10.2015, Az. C-137/14, mit Beschluss vom 31.03.2016, Az. 8 B 1341/15 entschieden, dass die Präklusionsvorschrift des § 10 Abs. 3 S. 5 BImSchG unionsrechtswidrig ist, also gegen das Recht der Europäischen Union verstößt. Wenn man dieser Auffassung folgt, könnten Sie also trotz Versäumung der Einwendungsfrist noch Widerspruch einlegen. Da die Genehmigung in diesem Fall mit dem Ende der Auslegungsfrist, hier der 29. Januar, als zugestellt gilt, könnten Sie noch bis zum 28. Februar – maßgebend ist der Eingang des Widerspruches bei der Behörde – Widerspruch einlegen.
Daher mein Tip: Gehen Sie SOFORT zu einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht und lassen sich beraten, zum einen im Hinblick auf die ggf. unionsrechtswidrige Präklusion und zum anderen im Hinblick auf die Einlegung eines Widerpruches und dessen Erfolgsaussichten. Wegen der ggf. unionsrechtswidrigen Präklusion sprechen Sie den Anwalt ausdrücklich auf die von mir erwähnten Entscheidungen an. Viel Erfolg
Werter Herr Lex, besten Dank für Ihre schnelle Auskunft. Könnte ich nicht Sie damit beauftragen? Sie sind ja wohl der kompetenteste in diesem Gebiet. Im Internet finde ich Sie auf die schnelle nicht.
@Admin: Können Sie einen Kontakt herstellen? Dann würde ich Herrn Lex eine PN schicken.
Herr Lex bittet mich Ihnen mitzuteilen, dass er wegen Überlastung nicht zur Verfügung steht.
Verstehe ich richtig? Der vielgelobte Beschluss des VGH Mannheim hat die Aussichten, erfolgreich gegen Windräder zu klagen, überhaupt nicht verbessert?
Besten Dank für den Artikel.
Wie ist das Rechtsgut einer bauartbedingten Zulassung durch
das Kraftfahrzeug-Bundesamt für die Dieselfahrzeuge?
Darf sich der Dieselkäufer auf die Zulassung vom KBA verlassen
oder wird dieses Rechtsgut zur Nutzung niedriger bewertet,
als die falsch aufgestellten Messtationen und die Fehlmessungen
für Feinstaub? Und Fahrverbote hinnehmen?
Da wird ja auch der Pollenflug als Feinstaub gemessen.
Wie hat das Stuttgarter Landgericht dieses Rechtsgut im Zuge der Fahrverbote gewürdigt?
Und wie hat das Stuttgarter Landgericht die medizinisch
unbegründeten Grenzwerte bewertet?
Nach mM machen die Gerichte, bis oben hin, einen Diner vor dem Weltenretter Zeitgeist, das ist einem Rechtsstaat unwürdig.
Bei den Diesel-Autos muss man Folgendes feststellen: Bislang ist nach meiner Kenntnis in Deutschland keine einzige Bauart-Zulassung im Sinne von § 20 StVZO und keine Zulassung eines einzelnen Pkw zurückgenommen worden. Alle Diesel-Pkw sind noch immer zugelassen. Vielmehr haben viele deutsche Städte und Kommunen Fahrverbote erlassen, die mit § 40 BImSchG begründet wurden. Diese Fahrverbote wurden vom Bundesverwaltungsgericht als rechtmäßig anerkannt. In dem sogenannten Diesel-Urteil hat das Bundesverwaltungsgerichts auch ausdrücklich entschieden, dass die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit eines Kfz durch örtlich begrenzte Fahrverbote, sofern das jeweilige Fahrverbot im Übrigen verhältnismäßig ist, durch den Auto-Eigentümer entschädigungslos zu dulden ist. Das sei eine zulässige Einschränkung des Eigentums (Urteil vom 27.02.2018, Az. 7 C 26/16 und 7 C 30/17). Das kann man zwar bedauern, aber es ist die Rechtsprechung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichtes.
Daher klagen die Diesel-Besitzer in Deutschland zu Tausenden gegen das jeweilige Autohaus als Verkäufer wegen eines Mangels des Pkw oder – wesentlich seltener – gegen den jeweiligen Autohersteller, also VW, wegen Produkthaftung bzw. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
Auch wenn es enttäuschend ist daß sie nicht stillgelegt werden müssen: Endlich einmal ein Jurist, der die Zusammenhänge für Nichtjuristen verständlich erklären konnte. Vielen Dank an EIKE!
Das heißt, Verkehrsminister Scheuer hätte nur einen Verwaltungsakt zur Maut erlassen müssen, dann hätte er ihn unter Umständen trotz EuGH-Urteil umsetzen können?
Oder müsste nicht die Landesregierung B-W nicht einfach die WKA-Investoren entschädigen, die Opposition einen Untersuchungsausschuss beantragen.
Wo ist der Unterschied?
Wikipedia: „Der Verwaltungsakt, abgekürzt VA, stellt im deutschen Verwaltungsrecht eine Handlungsform der öffentlichen Verwaltung dar. Bei einem Verwaltungsakt, oft als Bescheid bezeichnet, handelt es sich um eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls.“
Das verstehe sogar ich als Medizinerin: Die PKW-Maut ist kein Einzelfall.
Ihre andere Frage (müsste nicht die Landesregierung B-W nicht einfach die WKA-Investoren entschädigen) ist in dem Beitrag beantwortet, oder?
In dem Wikipedia Artikel steht unter 3.1 auch, wer einen Verwaltungsakt erlässt: Jedenfalls nicht die Landesregierung.
Nun, Minister Untersteller ist Teil der Regierung, und er kann Verwaltungsakte erlassen. Wenn ich Justus Lex aber richtig verstehe, geht die Einführung der Maut über einen bloßen Verwaltungsakt hinaus.
„Das heißt, Verkehrsminister Scheuer hätte nur einen Verwaltungsakt zur Maut erlassen müssen, dann hätte er ihn unter Umständen trotz EuGH-Urteil umsetzen können?“
Die Einführung der Maut wäre durch Gesetz bzw. Rechtsverordnung geschehen. Der Bundesverkehrsminister Scheuer hat auch tatsächlich wirksame zuvilrechtliche Verträge abgeschlossen. Da der Bund jetzt diese Verträge nicht erfüllen kann, hat sich der Bund auch tatsächlich schadensersatzpflichtig gemacht. – Das ist ein ähnliches Prinzip wie beim begünstigenden Verwaltungsakt.