Wenn die Herren Merz, Söder, Aiwanger und Linnemann in Sachen Kernkraft jetzt nicht handeln, dann wollten sie nie handeln und haben nur so getan als ob. Eine kurze Geschichte der Energiepolitik-Klempner.

von Manfred Haferburg

In den neunziger Jahren hatte Deutschland wohl das sicherste und günstigste Stromnetz der Welt mit einem gesunden Energiemix. Seit der rot-grünen Regierung Schröder im Jahre 2002 schrauben völlig unkundige Ideologen und machtversessene Größenwahnsinnige unverdrossen an der Energiepolitik herum und führen mit ihren Fehlentscheidungen das Land in eine wirtschaftliche Katastrophe. Die deutsche Energieversorgung gleicht einer Achterbahn ohne jede Sicherheitseinrichtung.

  1. Im Jahre 1961 geht das erste deutsche KKW Kahl in Betrieb.
  2. Im Jahr 1965 wird Franz-Joseph Strauß (CSU) der erste deutsche „Atomminister“. Die politische Atomeuphorie begann.
  3. 1965 bis 1985 breite politische Unterstützung der Kernkraft – Bau von 17 Kernkraftwerken, die 30 Prozent Stromerzeugung aus Kernenergie ermöglichten.
  4. Ab 1975 beginnt die Antiatomkraftbewegung mit der Besetzung des Bauplatzes des KKW Whyl, was schließlich auch zur Gründung der Grünen führt.
  5. 1985 wechselt die SPD ins Anti-Atom-Lager und verhindert die Inbetriebsetzung des fertiggestellten schnellen Brüters in Kalkar durch Obstruktion mittels der Genehmigungsbehörde. Durch die blockierten Teilerrichtungsgenehmigungen explodieren die Kosten auf das 14-fache des ursprünglichen Preises.

Im Jahr 2000 begann mit dem Erneuerbaren-Energie-Einspeisegesetz die Energiewende, das Ziel der Netto-Null-CO2-Emmissionen wurde ausgerufen.

  1. Im Jahre 2002 beschloss Rot/Grün unter Schröder mit dem Atomkonsens den Kernenergieausstieg.
  2. Im Jahr 2010 beschloss Schwarz/Rot unter Merkel eine Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke um acht bzw. 14 Jahre.
  3. Im Jahr 2011 beschloss die gleiche Regierung einen Tag nach dem Tsunami in Japan, die Laufzeitverlängerung rückgängig zu machen, schaltete acht Kernkraftwerke verfassungswidrig sofort ab und beschloss eine sukzessive Abschaltung der verbleibenden Kernkraftwerke zum Ende des Jahres 2022.

Im Jahr 2020 begann mit dem Kohleausstiegsgesetz der Kohleausstieg parallel zum Kernenergieausstieg.

  1. Im Jahre 2022 beschloss die Ampelregierung eine Laufzeitverlängerung der letzten drei Kernkraftwerke um 3 ½ Monate. Am 15. April 2023 wurden die letzten drei Kernkraftwerke stillgelegt.

17 Kernkraftwerke mit ca. 20 Gigawatt Kraftwerksleistung wurden vernichtet. Die Kernkraftwerke waren durchschnittlich 32 Jahre alt, als sie verschrottet wurden. Sie hätten gut und gerne noch 30 Jahre sicher produzieren können. Seit 2020 wurden in Deutschland zwölf große Kohlekraftwerksblöcke mit einer Gesamtleistung von etwa 15 GW stillgelegt und damit nahezu die gesamte Grundlastnetzreserve abgeschafft. Dafür wurden 30.000 Windräder mit einer installierten Leistung von ca. 75 Gigawatt und 4,7 Millionen Solarpaneele mit einer installierten Leistung von ca. 95 Gigawatt gebaut – also in Summe ca. 170 Gigawatt Leistung installiert.

Je nach Wetter und Tageszeit stehen davon 0,5 Prozent bis 100 Prozent zur Verfügung, ein Umstand, der das Netz nahezu unregelbar macht, da immer sekundengenau die Menge Strom erzeugt werden muss, die gerade verbraucht wird – sonst droht der Blackout. Der normale Verbrauch an einem Werktag beträgt in Deutschland ca. 75 Gigawatt. Wegen drohender Dunkelflauten sollen nun 20 Gigawatt Gaskraftwerke gebaut werden – das sind 50 große Gasturbinen-Blöcke –, die aber spätestens 2045 wieder abgerissen werden sollen, von denen keiner weiß, wer sie bezahlen soll und wo das Gas für sie herkommt.

Dieser absurde Dilettantenstadl hat die Deutschen bisher mehr als eine Billion Euro gekostet. Vom Netto-Null-Ziel ist Deutschland immer noch mehr als 80 Prozent entfernt. Gleichzeitig ist Deutschland auf einem der letzten Plätze im CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde Strom.

CDU/CSU: Das Wort Kernenergie kommt nicht mehr vor

Langsam reicht es mit der Wählertäuschung. Wenn die Herren Merz, Söder, Aiwanger und Linnemann in Sachen Kernkraft jetzt nicht handeln, dann ist eines sonnenklar – sie wollten nie handeln und haben nur so getan als ob. Um die Wähler an der Nase herumzuführen.

Im Wahlprogramm hat die CDU/CSU geschrieben: „Wir halten an der Option Kernenergie fest. Dabei setzen wir auf die Forschung zu Kernenergie der vierten und fünften Generation, Small Modular Reactors und Fusionskraft-werken. Die Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke prüfen wir“.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann prüfen sie noch heute… Im Positionspapier der neuen schwarz-roten Schrampelkoalition kommt das Wort Kernenergie nicht mehr vor. Im Entwurf des Koalitionsvertrages besitzen sie die Frechheit, von den Energieversorgern einen „freiwilligen“ Rückbaustopp zu fordern. Das bedeutet, dass die Energieversorger die Kosten für die völlig verfehlte Kernenergiepolitik des Abrissstopps freiwillig übernehmen sollen.

Ausreden, die ein CDU/CSU-Nichthandeln kaschieren sollen

„Die Kernkraftwerke sind nicht mehr sicher“.

Dies waren glatte Fake-News von Habeck und Schulz, aufbauend auf verfälschten Gutachten ihrer eigenen Behördenmitarbeiter. Dies wurde durch einen Bundestagsuntersuchungsprozess festgestellt.

„Die Beschaffung von Brennstoff dauert Jahre“.

Dies ist ebenfalls unwahr. Die Hersteller Westinghouse und Framatome haben Angebote unterbreitet, Brennelemente in sechs Monaten zu liefern.

„Die Betreiber lehnen die Wiederinbetriebnahme der Kernkraftwerke ab“.

Dies stimmt. Es ist aber auch nicht verwunderlich nach der 20-jährigen politischen Achterbahnfahrt mit Ausstiegsbeschluss (Regierung Schröder), Laufzeitverlängerung (Regierung Merkel), Sofortabschaltung nach Fukushima (Regierung Merkel), Ausstiegsbeschluss (Regierung Merkel), kurze Laufzeitverlängerung (Ampel) und endgültiger Ausstieg April 2023 (Ampel). Es besteht aber die Möglichkeit eines Weiterbetriebes unter der Leitung des Staates.

„Ein Rückholen der Kernkraftwerke ist nicht möglich, da der Rückbau schon zu weit fortgeschritten ist“.

Dies stimmt nicht, es wurde nicht geprüft, da es nicht untersucht werden sollte. Eine Untersuchung ist nur möglich, wenn der Rückbau gestoppt wird, weil sich sonst ständig durch den fortschreitenden Rückbau die Untersuchungsbedingungen ändern. Hier spielt die CDU/CSU aus machttaktischen Erwägungen auf Zeit, wohl wissend, dass die Umkehr zur Vernunft mit fortschreitendem Rückbau immer schwieriger und teurer wird.

Was sagen die echten Fachleute, sind die Kernkraftwerke rückholbar?

Die wirklichen Fachleute sagen: Wenn die Energiewende gerettet werden soll, geht das nur mit Kernenergie.

Welt-Online schreibt hinter der Bezahlgrenze über die Wiederinbetriebnahme der KKW: „Rückkehr zur Atomkraft? Dieses Angebot macht ein Comeback plötzlich realistisch. Die führenden Kerntechnik-Konzerne stehen für eine schnelle Wiederbelebung der deutschen Atomkraftwerke bereit. Das geht aus einer Stellungnahme hervor, die WELT exklusiv vorliegt. Sechs Meiler könnten demnach noch bis 2030 ans Netz gehen. Politisch bleibt das Thema umstritten”.

Kern D zitiert in einer Veröffentlichung führende Manager aus der Branche: „Fakt ist: Die Wiederinbetriebnahme von bis zu sechs Kernkraftwerken ist technisch sicher möglich. Doch die Zeit drängt. Wichtig ist der Neustart-Check, die sofortige Auszeit im Rückbau. Je schneller die Entscheidung fällt, desto weniger Geld kostet es – und desto früher können die grundlastsichernden, klimafreundlichen und strom­kostensenkenden Kraftwerke wieder ans Netz gehen.

Thomas Seipelt, NUKEM Engineering GmbH: „Die Kernkraft kann viel zu den deutschen Klimazielen beitragen und würde die Kosten für die Stromversorgung dabei sogar senken.“

Carsten Haferkamp, Geschäftsführer der Framatome GmbH: Als Erbauer der deutschen Kernkraftwerke ist Framatome mit den Anlagen vertraut und verfügt über die Kompetenzen, um die notwendigen Schritte zu einer sicheren Wiederinbetriebnahme der Anlagen umzusetzen“.

Dr. Jörg Harren, Geschäftsführer der Urenco Deutschland GmbH: „Eine Versorgung der Kraftwerke mit Kernbrennstoff ist ohne Weiteres möglich (auch unabhängig von Russland)

Dr. Martin Pache, Geschäftsführer der Westinghouse Electric Germany GmbH: „Kernenergie wäre in Deutschland die perfekte Ergänzung zu den erneuerbaren Energien. Der Neustart von Kernkraftwerken ist bereits vor 2030 möglich – ohne Abstriche bei der nuklearen Sicherheit.“

Dr. Aldo Weber, Geschäftsführer der Siempelkamp NIS Ingenieurgesellschaft mbH: Auch die kerntechnischen Lehrstühle und Forschungseinrich­tungen stehen bereit, mit Ausbildungs-möglichkeiten und ihrem Know-how eine Wiedernutzung der Kernkraft zu ermöglichen.“

Dr. Thomas Walter Tromm, Programmsprecher Nukleare Entsorgung, Sicherheit und Strahlenforschung (NUSAFE) am Karlsruher Institut für Technologie„Die Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken in Deutschland bringt wirtschaftlichen Nutzen sowie Vorteile für die Umwelt und wird die Kompetenzerhaltung und -entwicklung wesentlich und effektiv fördern. Diese Gelegenheit, international Anschluss zu halten, sollte Deutschland nicht verstreichen lassen.“

Dr. Axel Pichlmaier, Technischer Direktor der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz„Deutschland braucht Forschungsreaktoren für Anwendungen in Forschung, Medizin und Industrie. Die Synergie mit Kernkraftwerken hätte großen Nutzen.“

Frank Apel, Vorstandsvorsitzender der Kerntechnischen Gesellschaft e.V.: „Die deutsche Fachcommunity in der Kerntechnik unterstützt eine Wiederinbetriebnahme unserer sicheren Kernkraftwerke nachdrücklich.“

Energiepolitik ist ein moralischer Imperativ

Liebe Politiker von der CDU/CSU, ich werde Euch jetzt einmal etwas Grundsätzliches ins Stammbuch schreiben: Energiepolitik ist moralischer Imperativ, eine Langzeitstrategie und darf niemals als Tagespolitik missbraucht werden. Die Prinzipien einer gut funktionierenden Energieversorgung müssen unabhängig von individuellen Wünschen oder Zielen eingehalten werden. Energiepolitik muss in Generationen gedacht werden und gehört nicht in die Hände von Gesellschaftsklempnern.

Es dauert ca. sechs Jahre, ein Kraftwerk zu bauen. Dann kann dieses Kraftwerk 60 Jahre Strom zum Wohle der Gesellschaft erzeugen. Liebe Politiker, das bedeutet 66 Jahre Lebenszeit für ein Kraftwerk.

66 Jahre sind 16 Legislaturperioden! Es dauert nur einen Tag, um ein Kraftwerk zu vernichten. Ihr habt in weniger als 10 Jahren schon fast die Hälfte aller Kraftwerke kaputtgemacht.

Wer Energiepolitik in Legislaturperioden denkt, zerstört das Rückgrat der Volkswirtschaft. Ihr seid derzeit dazu auf einem sehr abschüssigen Weg. Ich möchte nicht in Eurer Haut stecken, wenn Euch die Energiewende um die Ohren fliegt.

Lesen Sie demnächst im Teil 2: Die Kernkraft und die CDU/CSU – jetzt aber mal Butter bei die Fische – Der Dual-Fluid-Reaktor

 

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

 

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