von Dr. Dipl. Ing. Helmut Waniczek

Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung

„Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung, Bundestagsdrucksache 20/6875  unter Berücksichtigung der „Leitplanken“ vom 13. Juni 2023 anlässlich der Öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestages am 21. Juni 2023

Kurzbewertung des Gesetzentwurfs

Der vorliegende Gesetzentwurf Drs. 20/6875klärt schon in der Einleitung darüber auf, dass sich der Antragsteller nicht im Klaren ist, welche Folgen die geplanten Maßnahmen haben:

„Eine auf erneuerbaren Energien basierende Wärmeversorgung dürfte mittel- bis langfristig eine sehr viel kalkulierbarere, kostengünstige und stabile Wärmeversorgung gewährleisten.“ (Seite 45 Abs.4)

Nach dem Lesen der unübersichtlichen und vagen Vorlage komme ich zu dem Schluss, dass die Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien eine unkalkulierbare, teure und instabile Wärmeversorgung werden dürfte.

Zur flächendeckenden Installation von Wärmepumpen

Eine ganze Reihe von Maßnahmen scheint unkalkulierbar. Schon die flächendeckende Versorgung mit Wind- und Solarstrom ist zweifelhaft, wenn die Bundesnetzagentur schon jetzt Stromabschaltungen für Wärmepumpen fordert, weil zu wenig Strom vorhanden ist. Aber selbst wenn für die vorliegenden Pläne ausreichend Strom zur Verfügung gestellt würde, wäre das Netz an vielen Stellen nicht geeignet, die nötige Strommenge durchzuleiten. Die Versorgung mit Wasserstoff ist noch nicht einmal im Ansatz geklärt, und die Kosten dafür stehen in den Sternen. Der Fachkräftemangel wird in dem Papier zwar angesprochen und bestätigt, die Lösung des Problems wird aber verschwiegen (S. 149).

Wenn die Bürger nun aller Orten Wärmepumpen einbauen, können unsere Häuser dann so aussehen.

Quelle: kanvag / Fotolia.com

Dieses Bild findet man auf der Seite des Umweltbundesamtes:

https://www.umweltbundesamt.de/themen/blauer-engel-fuer-klimageraete

Mit dem Kommentar: „Klimageräte stoßen nicht nur durch den hohen Stromverbrauch viele Treibhausgase aus: Auch die verwendeten Kältemittel haben negative Auswirkungen auf das Klima.“ Dies stimmt natürlich auch für Wärmepumpen, die zum Heizen verwendet werden. Nun handelt es sich bei dem vorliegenden Gesetz ja nicht um Kühlgeräte, sondern um Heizgeräte, die der Umwelt die Wärme entziehen. In unseren Breiten werden diese Geräte im Winter, wenn das Heizen nötig ist, etwa so aussehen:

Quelle: https://heimwerk.org/waermepumpe-vereist

 

Je mehr diese Wärmepumpen auf engem Raum betrieben werden, umso ineffizienter werden sie, da es wie beim „Stilling-Effekt“ bei den Windrädern dazu kommt, dass eine Anlage der anderen die nötige Wärme entzieht. Rechtliche Fragen, wem denn eigentlich die Wärme außerhalb eines Gebäudes gehört, sind offen. Darf ich vor meinem Fenster der Luft so viel Wärme entziehen, dass beim Nachbarn die Fenster zufrieren? Da die Wärmepumpen an Fassaden auch die Hauswände stark kühlen werden, sind Auswirkungen auf die Bausubstanz zu befürchten. Auch die Innenseiten der Fassaden würden gekühlt und Kondenswasser entstehen, was zu Schimmelbildung führt.

Ein Wust an Vorschriften soll eingehalten und sanktioniert werden. Dies führt entweder dazu, dass der Fachkräftemangel noch verstärkt wird, oder dass die Vorschriften eben nicht eingehalten werden können, und der Bürger immer sanktionierbar ist.

Zur flächendeckenden Beimischung von grünem Wasserstoff ins Erdgasnetz

Offensichtlich soll gemäß dem Gesetzentwurf im deutschen Gasnetz dem Erdgas Wasserstoff beigemischt werden. Wie viel das sein soll, ob sich das Mischungsverhältnis im Laufe der Zeit ändern soll, in welchen Zeiträumen diese Änderungen erfolgen sollen, ist nicht ersichtlich. Diese Angaben wären aber zwingend erforderlich, um das Vorhaben überhaupt bewerten zu können. 10 oder 20 Prozent Wasserstoff im Erdgas werden kaum technische Änderungen erfordern. Soll der Wasserstoffgehalt jedoch auf 50 Prozent gesteigert werden, dann werden viele Brenner der Heizungsanlagen schon nicht mehr geeignet sein, und auch das Gasnetz muss nachgerüstet werden, da etwa die doppelte Gasmenge durch die Leitungen transportiert werden muss, um die gleiche Wärmemenge anzubieten. Wenn dann irgend wann 100 Prozent Wasserstoff durch das Deutsche Gasnetz transportiert werden sollen, dann treten wieder die gleichen Probleme wie beim ersten Schritt auf, und zusätzlich werden Materialprobleme einen Austausch erheblicher Rohrleitungen erfordern. Diese Rohrleitungen liegen alle unterirdisch mit dem daraus resultierenden Aufwand.

Dann müssen auch mehr als dreimal so hohe Volumina durch die Rohrleitungen als heute. Die dann erforderlichen Brenner für die Heizungen müssen Spezialbrenner sein, welche heute erst entwickelt werden. Sie müssen gewährleisten, dass das Wasserstoff-Luft-Gemisch vor der Verbrennung optimal durchmischt wird, und dass die Gefahr des Rückzündens vermieden wird. Diese Brenner sind teuer. Denn ein ganz gravierendes Problem hat der Verfasser des Gesetzentwurfes gar nicht erwähnt. Der Verfasser denkt offensichtlich, dass bei der Verbrennung von Wasserstoff nur Wasser entsteht. Die Verbrennung von Wasserstoff erfolgt aber bei wesentlich höheren Temperaturen als die von Erdgas. Dies führt dazu, dass erhöhte Mengen an NOx, Stickoxiden, entstehen. Diese Stickoxide sind Atemgifte.

Dieses Problem ist nur lösbar entweder durch die oben erwähnten Spezialbrenner die in jedem Haushalt eingebaut werden müssen, oder durch Einbau nachgeschalteter Katalysatoren. Dadurch wird die Maßnahme für die Bürger unkalkulierbar teuer.

Der Gesetzgeber hat es bisher versäumt, spezielle Abgasregulierungen für industrielle oder private Wasserstoff-Feuerungen zu erlassen. An der schrittweisen Erhöhung des Wasserstoffanteils im Erdgas wird aber kein Weg vorbeiführen, da der Wasserstoff in der nötigen Menge schlicht nicht vorhanden ist. Dass dies so ist, zeigen die folgenden drei Veröffentlichungen:

Markus Söder (CSU) preist die Pionieranlage in Wunsiedeln am 15.09.2022 an:

Am 29.12.2022 schreibt die Frankenpost: Zweiter Eletrolyseanlage liegt auf Eis:

https://www.frankenpost.de/inhalt.wunsiedel-zweite-elektrolyse-liegt-auf-eis.538e96a9-aa3f-4871-

8f7c-60f49fb406d0.html

Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 15.01.2023, dass die erste Wasserstoffanlage in Bayern stillsteht, weil der Wasserstoff unverkäuflich, weil zu teuer ist:

https://www.sueddeutsche.de/bayern/wunsiedel-wasserstoff-strompreisbremse-bayern-1.5732369

Auch der internationale Handel mit Erdgas wird von dem vorliegenden Vorhaben stark beeinflusst. Durch die Rohrleitungen, durch die mit Wasserstoff angereichertes Erdgas geleitet wird, kann nicht gleichzeitig reines Erdgas geleitet werden. Diese Leitungen fallen für den internationalen Austausch aus. Deutschland hat dann kein Erdgasnetz mehr, um Erdgas durchzuleiten.

Grundsätzlich muss aber zu Wasserstoff als Heizgas erwähnt werden, dass 1 kWh Wasserstoff mit mehr als 2 kWh Strom hergestellt werden muss. Heizen mit Wasserstoff wird deshalb in jedem Fall doppelt so teuer, wie Heizen mit Strom. Deshalb wird die gesamte Wasserstoffstrategie der Bundesregierung nicht an der Machbarkeit scheitern, sondern sie wird an den hohen Kosten scheitern.

Sollte jemand daran denken, dass man mit dem Wasserstoff-haltigen Erdgas Brennstoffzellen betreiben könnte (Wasserstoffbusse, Rückverstromung), so soll hier erwähnt werden, dass dies technisch nicht möglich ist. Für Brennstoffzellen muss Wasserstoff in Reinst-Form eingesetzt werden, da sonst die Elektroden vergiften und die Brennstoffzelle nach kurzer Zeit zum Stillstand kommt.

Aber es gibt auch Kurioses in diesem Gesetzentwurf. Gemäß § 71 d Absatz 2 darf in einem bestehenden Gebäude eine elektrische Direktheizung nur eingebaut und aufgestellt werden, wenn das Gebäude den vorgeschriebenen Wärmeschutz um 45 Prozent unterschreitet. Nun muss eine elektrische Direktheizung nicht eingebaut werden. Es reicht, wenn man den Stecker des Heizlüfters in die Steckdose steckt. Sollen die Millionen in Haushalten existierenden Heizlüfter verboten werden?

Besonders heiter ist der Folgesatz, dass § 71 d Abs. 2 nicht beim Austausch eines bestehenden Heizlüfters anzuwenden ist. Man darf also den Heizlüfter im Wohnzimmer erneuern, aber nicht in das Schlafzimmer tragen.

Und wichtig scheint zu sein, dass § 71 d Abs. 2 nicht für Gebäude gilt, die nicht mehr als zwei Wohnungen haben, und eine davon vom Eigentümer bewohnt wird. Zieht der Eigentümer aus, muss also in der anderen Wohnung der Heizlüfter entfernt werden.

So steht es zumindest im Entwurf. Ob das auch so gemeint ist, weiß man nicht, es wird aber zu großer Verwirrung führen.

Der vorliegende Gesetzentwurf behandelt nur einen kleinen Teil der Maßnahmen, die zur Erreichung des vorgegebenen Zieles, die sogenannte „Wärmewende“ zu erreichen, nötig sind. Die wesentlich umfangreicheren Veränderungen und Investitionen, die dafür nötig werden sind ausgespart und teilweise nur erwähnt. Die Bürger werden zu Maßnahmen verpflichtet werden, deren Auswirkungen und Kosten noch gar nicht bekannt sind. Nach dem Motto – erst bauen, dann planen – wird dem Bürger ein großes Risiko aufgebürdet, und mit Strafmaßnahmen gedroht.

Dr. Helmut Waniczek am 21. Juni 2023

Das obige Video ist ein Zusammenschnitt der Fragen und Antworten an den Sachverständigen seitens einiger Abgeordneter

Und zusätzlich

Auf die Frage an Dr. Engelke vom vzbv (Verbraucherschutz Bundesverband): Welche Rolle könnte Wasserstoff aus ihrer Sicht beim Heizen spielen.

Antwort: Dr. Engelke:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Gasheizungen, die mit reinem Wasserstoff betrieben werden können, die 65% Vorgabe erfüllen. Das Papier geht sogar noch weiter. Die Heizung sollen zum Beispiel auch dann eingebaut werden dürfen, wenn eine kommunale Wärmeplanung ein klimaneutrales Gasnetz vorsieht, das muss aber erst 2045 umgesetzt sein. Wie hoch der Anteil 2030 im Gasnetz sein muss, ist offen. Der vzbv kann diese Position nicht nachvollziehen. Es gibt einen Grundkonsens in der Wissenschaft, dass Wasserstoff für den Gebäudesektor in 2030 oder vielleicht auch 2045 kaum eine Rolle spielen wird. Wasserstoff bleibt also ein knappes und teures gut, Erdgas und seine Infrastruktur werden tendenziell teurer. Verbraucher müssen wissen, dass sie H2-ready-Heizungen gegebenenfalls für Jahrzehnte nur mit Erdgas betreiben können. Wenn jetzt Verbraucherinnen und Verbraucher glauben oder glauben sollen, dass sie mit dem Kauf einer H2-ready-Heizung diese in absehbarer Zeit klimafreundlich und kostengünstig mit grünem Wasserstoff betreiben können, ist das durch Fakten nicht hinreichend unterlegt. Im Gegenteil, Verbraucherinnen Verbrauchern droht eine Kostenfalle. Das muss verhindert werden, die Erfüllungsoptionen von theoretisch mit Wasserstoff betriebenen Erdgasheizungen müssen aus dem Gesetzesvorschlag gestrichen werden.

 

 

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